Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die am 12. 7. 1949 geborene Klägerin war als Reinigungskraft berufstätig. Es ist ihr noch ganztägig leichte Arbeiten im Gehen, Stehen oder Sitzen bzw in unregelmäßigem Wechsel dieser Positionen möglich. Nach einer Arbeitsdauer von jeweils etwa vier Stunden hat die Klägerin eine Pause in der Dauer von ca 15 Minuten einzuhalten, wobei sie zum Abbau des durch jede arbeitsmäßige Belastung hervorgerufenen Lymphstaus im linken Arm diesen und die linke Hand entlasten und dabei spezielle Übungen in der Form durchführen muss, dass der Arm über Herzniveau gehalten und dabei leichte, gewaltlose Kreisbewegungen im Handgelenk durchgeführt werden.
Die Arbeiten können in geschlossenen Räumen unter konsequentem Schutz vor Nässe, Kälte und Zugluft durchgeführt werden. Zu vermeiden sind Arbeiten mit mehr als einstündiger Zwangshaltung der Wirbelsäule, das Heben und/oder Tragen von schweren Lasten, das Tragen von Lasten über 5 kg mit der linken Hand, überdurchschnittlich häufiges Bücken, Überkopfarbeiten, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, an Maschinen, am Fließband sowie im Akkord bzw unter besonderem Stress.
Das Erstgericht sprach der Klägerin iSd § 255 Abs 3 ASVG die Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß ab dem Stichtag 1. 5. 2002 zu. In seiner rechtlichen Beurteilung führte es aus, dass bei einer Gesamtdauer der Tagesarbeitszeit von mehr als sechs Stunden die Arbeitszeit durch eine Ruhepause von mindestens einer halben Stunde zu unterbrechen sei. Darüber hinaus würden behinderungsbedingte Kurzpausen in einer täglichen Gesamtzeit bis zu etwa 20 Minuten im Allgemeinen in der Wirtschaft toleriert, sodass die davon betroffenen Arbeitnehmer nicht auf ein besonderes Entgegenkommen des Arbeitgebers angewiesen und deshalb nicht vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen seien. Demgegenüber würden notwendige zusätzliche Arbeitspausen von je 15 Minuten vormittags und nachmittags (etwa zur Einnahme von Zwischenmahlzeiten) über das von Arbeitgebern ohne besonderes Entgegenkommen tolerierte Ausmaß hinausgehen. Die Klägerin müsse nach jeweils vier Stunden Arbeit nicht nur die Arbeit unterbrechen, sondern auch Entstauungsübungen durchführen. Dadurch dass diese Übungen aber durch die vorangegangene Arbeit bedingt seien, sei die erforderliche Zeit als Abschlussarbeit iSd § 8 Abs 1 AZG und somit als Arbeitszeit anzusehen. Damit werde aber das Ausmaß der am allgemeinen Arbeitsmarkt tolerierten zusätzlichen Kurzpausen von 20 Minuten bei einem ganztägigen Arbeitsverhältnis (bzw von 10 Minuten bei einer halbtägigen Beschäftigung) deutlich überschritten, sodass die Klägerin auf ein besonderes Entgegenkommen des Arbeitgebers angewiesen wäre, das sie vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausschließe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und änderte im klagsabweisenden Sinn ab. Das Erfordernis, nach einer Arbeitsdauer von jeweils etwa vier Stunden zur Durchführung medizinisch erforderlicher Entstauungsübungen eine Arbeitspause in der Dauer von etwa 15 Minuten einzuhalten, bewirke keinen Ausschluss vom allgemeinen Arbeitsmarkt, weil zusätzliche Arbeitspausen in diesem Ausmaß in der Wirtschaft im Allgemeinen noch toleriert würden. Die nach einer weiteren Arbeitsdauer von wiederum etwa vier Stunden neuerlich erforderliche Entstauungsübung in der Dauer von wiederum etwa 15 Minuten könne von der Klägerin auch bei vollschichtiger Beschäftigung nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit durchgeführt werden, sodass das Erfordernis einer weiteren Entstauungsübung keines besonderen Entgegenkommens eines Arbeitgebers bedürfe. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts handle es sich dabei nicht um eine Abschlussarbeit iSd § 8 AZG. Überdies wäre die Klägerin jedenfalls auf eine Halbtagsbeschäftigung verweisbar, durch sie die Lohnhälfte erzielen könne.
Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, da eine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliege.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht zulässig.
In der Zulassungsbeschwerde führt die Klägerin aus, dass höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob durch die Arbeit bedingte therapeutische Übungen als Abschlussarbeit zur Arbeitszeit zählen und ob nach Ende der Dienstzeit anfallende therapeutische Übungen, die durch die Arbeit bedingt seien und zwangsläufig noch im Betrieb durchzuführen seien, im Sinne des Arbeitszeitgesetzes als Pause oder als Abschlussarbeit zu werten seien.
Bei diesen Ausführungen lässt die Klägerin außer Acht, dass für die Annahme eines besonderen Entgegenkommens des Dienstgebers entscheidend ist, ob und inwieweit in der Wirtschaft ein bestimmtes Ausmaß von zusätzlichen Pausen im Allgemeinen toleriert wird (10 ObS 201/01h = RIS-Justiz RS0084389 [T5]). Geht das Berufungsgericht davon aus, dass das Erfordernis, nach einer Arbeitszeit von jeweils etwa vier Stunden eine Arbeitspause in der Dauer von etwa 15 Minuten zur Durchführung von Entstauungsübungen einzuhalten, in der Wirtschaft im Allgemeinen noch toleriert werde, handelt es sich dabei um eine unter Anwendung des § 269 ZPO getroffene offenkundige Feststellung, die zu überprüfen der Oberste Gerichtshof - der nicht Tatsacheninstanz ist - nicht berechtigt ist (SSV-NF 14/7; 10 ObS 228/01d; 10 ObS 155/02w; RIS-Justiz RS0084528 [T18]).
Darauf, wie die Zeit für die Durchführung der Übungen arbeitszeitrechtlich zu bewerten ist, kommt es für die Beurteilung der Verweisbarkeit nach § 255 Abs 3 ASVG nicht an.
Da eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliegt, ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.
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