OGH 6Ob3/04s

OGH6Ob3/04s4.3.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Klaus F*****, vertreten durch Dr. Gregor Schett, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei 1. V*****GmbH, ***** 2. Mag. Susanne Z*****, beide vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, und 3. Nadja A*****, wegen Unterlassung, über den Revisionsrekurs der Erst- und Zweitbeklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 23. Mai 2003, GZ 3 R 58/03a-23, mit dem die einstweilige Verfügung des Landesgerichtes St. Pölten vom 5. Februar 2003, GZ 29 Cg 237/02s-14, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Hält der Oberste Gerichtshof entgegen dem ihn nach § 508a Abs 1 iVm § 521a Abs 2 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes den Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage gemäß § 528 Abs 1 ZPO für nicht zulässig, kann sich die Zurückweisung des ordentlichen Revisionsrekurses auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz, § 528a ZPO).

Das Rekursgericht begründete seinen gemäß § 508 Abs 3 ZPO nachträglich abgeänderten Zulässigkeitsausspruch damit, dass die Rechtsfrage erheblich sei, ob sich Medieninhaber und Redakteure auf ein überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit berufen können, wenn die Äußerung einer dritten, im öffentlichen Interesse stehenden Person über den höchstpersönlichen Lebensbereich des Klägers wahrheitsgemäß wiedergegeben werde.

Rechtliche Beurteilung

Es entspricht jedoch der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtsshofes, dass die Verletzungshandlung, mit der in das durch § 1330 ABGB geschützte Persönlichkeitsrecht eingegriffen wird, auch in der Weitergabe der Behauptung eines Dritten bestehen kann, ohne dass sich der Verbreiter mit der Äußerung identifizieren müsste. In diesem Fall ist zu prüfen, ob sich aus der gebotenen Interessenabwägung ein Rechtfertigungsgrund ergibt. Die Weiterverbreitung ist dann gerechtfertigt, also nicht rechtswidrig, wenn das Interesse der Öffentlichkeit an der Kenntnis der Äußerung die Interessen des Verletzten überwiegt, etwa wegen der besonderen Stellung des Zitierten in der Öffentlichkeit oder wegen der aktuellen, besonderen Wichtigkeit des Themas (RIS-Justiz RS0111733).

Der Oberste Gerichtshof hat auch schon wiederholt ausgesprochen, dass selbst das Verbreiten wahrer Tatsachen rechtswidrig in den Schutzbereich des Betroffenen eingreifen kann; das trifft jedenfalls dann zu, wenn dessen Interessen unnötig verletzt werden, wenn also insbesondere kein überwiegendes Informationsbedürfnis der Allgemeinheit oder des Mitteilungsempfängers vorliegt (RIS-Justiz RS0031649). Es hat eine Interessenabwägung einerseits der Interessen des Verletzten an seinem guten Ruf (vgl. 6 Ob 100/02b mwN) und der Achtung seiner durch Art 8 MRK geschützten Intimssphäre (6 Ob 11/95 = MR 1995, 137) und andererseits der Interessen des Erklärenden und des Erklärungsempfängers stattzufinden. Die Beurteilung der Rechtswidrigkeit des Eingriffs in Persönlichkeitsrechte ist daher von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig, der im Allgemeinen keine über diesen hinausgehende Bedeutung zukommt. Die Ansicht der Vorinstanzen, dass das durch Art 8 MRK geschützte Interesse des Klägers auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, insbes des nicht öffentlich in Erscheinung getretenen (behaupteten) Sexualverhaltens schon deshalb überwiegt, weil er keine Funktion ausübt, die für die Öffentlichkeit von irgendeiner Bedeutung wäre, steht mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (6 Ob 11/95 mwN) in Einklang. Dass das Recht auf Persönlichkeitsschutz durch die Behauptung, jemand sei homosexuell, verletzt wird, hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrmals ausgesprochen (6 Ob 11/95, 6 Ob 2197/96y; Swoboda, Das Recht der Presse² 136;

Berka/Höhne/Noll/Polley, MedienG [2002] § 7 Rz 9).

Der Revisionsrekurs ist mangels eines Abweichens der Entscheidungen der Vorinstanzen von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes als unzulässig zurückzuweisen.

Aufgrund ihrer Ausführungen zur Unzulässigkeit des Revisionsrekurses ist die Revisionsrekursbeantwortung als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig anzusehen. Der Kläger hat jedoch gemäß § 393 Abs 1 EO deren Kosten zunächst selbst zu tragen.

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