OGH 5Ob266/03h

OGH5Ob266/03h24.2.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Edit F*****, vertreten durch Mag. Nadja Horvath, Mietvereinigung, Landesorganisation Wien, 1010 Wien, Reichsratsstraße 15, gegen die Antragsgegner 1. Walter C*****, 2. Csilla B*****, 3. Gabriela F*****, 4. Ibolya N*****, 5. Zvezdana R*****, 6. Franziska J*****, wegen § 37 Abs 1 Z 13 MRG (§ 45 MRG), über den Revisionsrekurs des Erstantragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 5. Mai 2003, GZ 39 R 135/03x-35, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 15. November 2002, GZ 26 Msch 30/99y-25, als nichtig aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Rekursgerichtes wird ersatzlos behoben und dem Rekursgericht die Entscheidung über den Rekurs unter Abstandnahme vom gebrauchten Nichtigkeitsgrund aufgetragen.

Text

Begründung

Die Antragstellerin ist aufgrund des am 15. 5. 1960 mit der damaligen Vermieterin abgeschlossenen Vertrages Mieterin eines Siedlungshauses auf der Liegenschaft EZ *****, Grundbuch *****, die im Miteigentum der Antragsgegner steht. Auf den Erstantragsgegner entfällt ein 156/1156-Anteil.

1993 wurde die Liegenschaft zur Vorbereitung des Verkaufs durch die damalige Alleineigentümerin in sechs Grundstücke geteilt. Auf jedem Grundstück mit eigener Grundstücksnummer befindet sich ein kleines Siedlungshaus. Mit Ausnahme der Antragstellerin kauften die bisherigen Mieter die Liegenschaftsanteile den Grundstücksnummern entsprechend. Im Kaufvertrag ist vereinbart, dass die Käufer verpflichtet seien, die von ihnen bisher benutzten Teile anderer Bauplätze dem jeweiligen "Eigentümer des betreffenden Bauplatzes" bestand- und nutzungsfrei sowie geräumt von eigener Fahrnis zu übergeben. Die Käufer verpflichteten sich, eine Einfriedung entlang der Grundstücksgrenzen der "in ihrem Eigentum" befindlichen Flächen zu errichten. Nach dem Verkauf der Liegenschaftsanteile wurden die einzelnen Grundstücke eingezäunt und es erhielt jedes Häuschen einen eigenen Strom- und Wasserzähler. Es kann nicht festgestellt werden, dass zwischen den Antragsgegnern als Miteigentümer der Liegenschaft eine Benützungsvereinbarung des Inhalts besteht, wonach jeder Miteigentümer auf die ihm aus seinem Miteigentumsanteil erfließenden Nutzungsrechte gegenüber den anderen Miteigentümern verzichte und die Antragsgegner sich wechselseitig das ausschließliche Nutzungsrecht an den von ihnen benützten Parzellen einräumten.

Die Antragstellerin begehrt die Feststellung der Nutzflächen des von ihr gemieteten Hauses, dass die Anhebung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages für Jänner 1999 bis Mai 1999 nicht zulässig sei und um welchen Betrag das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten wurde.

Nur der Erstantragsgegner rief das Gericht nach § 40 MRG an. Er brachte vor, dass das MRG auf dieses Bestandverhältnis nicht zur Anwendung komme und sämtliche "Bestandeinheiten der Liegenschaft rechtsunabhängig" von einander seien.

Das Erstgericht wies die Anträge der Mieterin ab.

Das Rekursgericht hob aus Anlass des Rekurses der Antragstellerin den erstinstanzlichen Sachbeschluss als nichtig auf und trug dem Erstgericht zur Sanierung des nichtigen Verfahrens die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens auf. Der Erstantragsgegner als Minderheitseigentümer sei nicht berechtigt gewesen, allein das Gericht gemäß § 40 MRG anzurufen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob auch ein Minderheitseigentümer, dem aufgrund einer Benützungsregelung die ausschließliche Nutzung am vermieteten Objekt überlassen worden sei, im ausschließlich dieses Bestandobjekt betreffenden Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 13 MRG alleine zur Anrufung des Gerichtes legitimiert sei, fehle.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Erstantragsgegners mit einem Abänderungsantrag.

Die Antragstellerin beantragt, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, in eventu, ihn abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, er ist auch berechtigt.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass ein Minderheitseigentümer zur Anrufung des Gerichtes gemäß § 40 MRG grundsätzlich nicht legitimiert ist (5 Ob 68/01p, 5 Ob 230/00k mwN, RIS-Justiz RS0105778, M. Mohr in Vonkilch/Hausmann, Wohnrecht, § 40 MRG Rz 19 mwN, Würth/Zingher/Kovani, Miet- und Wohnrecht21, § 40 MRG Rz 2 mwN). Verwaltungshandlungen, wozu auch die Anrufung des Gerichts nach § 40 MRG zählt (RIS-Justiz RS0105778) können, wenn kein gemeinsamer Verwalter bestellt wurde, nur von der Mehrheit gesetzt werden. Schlichtes Miteigentum wie hier ist vom Wohnungseigentum, das die alleinige Verfügungsmacht über reale Teile der gemeinsamen Sache vermittelt, streng zu unterscheiden ist. Die Grenze der Verfügungsmacht des Miteigentümers über den ihm zur Alleinbenützung überlassenen Teil der gemeinsamen Sache liegt nämlich dort, wo wichtige Interessen der übrigen Miteigentümer berührt werden (5 Ob 37/92 mwN). Der Wohnungseigentümer kann über sein Objekt grundsätzlich frei und allein disponieren, während der schlichte Miteigentümer durch Verfügungen über reale Teile der gemeinsamen Sache in die Rechte der Teilhaber eingreift (§ 828 ABGB). Benützungsregelungen zwischen den Miteigentümern begründen grundsätzlich nur obligatorische Rechte (5 Ob 37/92).

Im vorliegenden Fall wurde nach den Feststellungen des Erstgerichtes zwar eine ausdrückliche Benützungsvereinbarung zwischen den Miteigentümern nicht getroffen, das Berufungsgericht ging aber zutreffend - wie sich aus dem Zulassungsausspruch ergibt - davon aus, dass zwischen den Miteigentümern eine schlüssige Benützungsvereinbarung bestand. Fest steht nämlich, dass die Miteigentümer, die bisher Mieter bestimmter Objekte gewesen waren, diese nun als Miteigentümer ausschließlich benützen und dass die einzelnen Grundstücke umzäunt und damit den anderen Miteigentümern entzogen sind. Dies kann nur als konkludente Benützungsvereinbarung der Gestalt beurteilt werden, dass die einzelnen Miteigentümer zur auschließlichen Nutzung und Verwendung der ihnen zugewiesenen Siedlungshäuser und Teilliegenschaften (Grundstücknummmer) berechtigt sein sollten.

Wird einem Miteigentümer aber der physischen Besitz eines Teils der Liegenschaft eingeräumt so beinhaltet dies nach der Rechtssprechung auch eine Verwaltungsvollmacht, zB auch zur Vermietung dieses Teiles im Namen der anderen Miteigentümer (5 Ob 143/02v, 5 Ob 37/92, RIS-Justiz RS0107643, RS0042537, RS0013607). Das heißt in diesem Fall, dass der Minderheitseigentümer hinsichtlich des ihm zur alleinigen Benützung zugewiesenen Teiles der Liegenschaft Verwaltungsvollmacht hat. Er ist daher als gemeinsam bestellter Verwalter auch berechtigt, allein Verwaltungshandlungen vorzunehmen, wozu - wie oben dargelegt - auch die Anrufung des Gerichtes nach § 40 MRG gehört. Der vom Rekursgericht herangezogene Nichtigkeitsgrund liegt daher nicht vor.

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