Spruch:
Dem Delegierungsantrag wird stattgegeben. Anstelle des Bezirksgerichtes Oberndorf bei Salzburg wird das Bezirksgericht Döbling zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt.
Text
Begründung
Mit ihrer am 23. 2. 2001 beim Bezirksgericht Oberndorf bei Salzburg eingebrachten Klage begehrt die Klägerin die Scheidung ihrer am 19. 6. 1999 geschlossenen Ehe aus dem alleinigen Verschulden des Beklagten sowie die Festsetzung eines vorläufigen Unterhalts bis zur rechtskräftigen Beendigung des Ehescheidungsverfahrens (dieser Antrag auf Festsetzung eines vorläufigen Unterhalts wurde mit Beschluss vom 20. 6. 2001 abgewiesen). Der Beklagte stellte sich "nicht grundsätzlich gegen die Scheidung der Ehe", doch liege das von der Klägerin behauptete Alleinverschulden nicht vor; vielmehr sei der Klägerin selbst das überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe anzulasten. Außer Urkundenbeweisen und der Parteienvernehmung sind von den Parteien keine weiteren Beweisanträge gestellt worden. Mit Beschluss vom 20. 6. 2001 trug das Bezirksgericht Oberndorf beiden Parteien den Erlag eines Kostenvorschusses in Höhe von je 15.000 S "für voraussichtliche Kosten des SV-Gutachtens" auf und bestellte einen Buchsachverständigen mit dem Auftrag, Befund und Gutachten über das Nettoeinkommen des Beklagten, allenfalls die Höhe der Privatentnahmen in den Jahren 1999/2000 zu erstellen.
Am 22. 8. 2001 hielt das Gericht in einem Aktenvermerk fest: "Durch den Nichterlag der aufgetragenen Kostenvorschüsse ist entspr. d. Rspr. zu § 365 ZPO (vgl RZ 1967, 152) ein faktischer Verfahrensstillstand eingetreten, mit Jahresablauf ist der Akt abzustreichen." Am 25. 7. 2003 beantragte die Klägerin die Fortsetzung des Verfahrens, worauf sie vom Bezirksgericht Oberndorf bei Salzburg darauf hingewiesen wurde, es möge ihr bewusst sein, dass sie die Ehescheidungsklage auch auf Unterhaltsverletzung durch den Beklagten gestützt habe. Zu diesem Zweck habe das Gericht beiden Parteien den Erlag von Kostenvorschüssen aufgetragen; wegen Nichterlags sei ein faktischer Verfahrensstillstand mangels Mitwirkung der Parteien eingetreten. Bleibe die Geltendmachung der Eheverfehlung der Unterhaltsverletzung aufrecht, werde der Klägerin wiederum der Erlag eines Kostenvorschusses auferlegt werden. Wie bereits in dem am 25. 7. 2003 eingebrachten Schreiben stellte die - mittlerweile in 1180 Wien wohnhafte - Klägerin am 9. 9. 2003 erneut einen Antrag auf Delegierung der Scheidungssache an das Bezirksgericht Döbling. Der Beklagte sei bereits seit Jahren unauffindbar und bezahle weder Alimente noch Unterhalt. Als alleinerziehender Mutter zweier schulpflichtiger Kinder sei es ihr unmöglich, einen Termin beim Bezirksgericht Oberndorf bei Salzburg wahrzunehmen, da sie allein für die Hinfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln etwa vier bis fünf Stunden brauchen würde. Es bestehe kein Bedarf an Zeugen, die für das Verfahren extra nach Wien reisen müssten.
Eine Äußerung des Beklagten zum Delegierungsantrag konnte im Hinblick auf dessen unbekannten Aufenthalt nicht eingeholt werden. Das Bezirksgericht Oberndorf bei Salzburg legte den Delegierungsantrag mit folgender Äußerung vor:
"Der Beklagte ist unbekanntes Aufenthaltes. Beide Parteien sind nicht mehr durch Rechtsanwälte vertreten. Für die Tatbestände des § 49 EheGes. (Alleinlassen bei aufrechter Ehe, ehebrecherische Beziehung, Unterhaltsverletzung, Verlassen) sind keine Zeugen geführt. Für die Unterhaltsverletzung wäre ein SV-Gutachten über sein Einkommen aus der OEG ON 18 geboten, das allenfalls auch im RH-Weg eingeholt werden könnte, wobei mit der Klägerin die Sinnhaftigkeit eines solchen Gutachtens zu erörtern wäre im Hinblick auf den AV in ON 18."
Rechtliche Beurteilung
Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Im Allgemeinen soll eine Delegierung nur den Ausnahmefall darstellen und keinesfalls durch eine großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden (RIS-Justiz RS0046441 [T5], RS0046589 [T5]).
Im gegebenen Fall liegen die im § 31 Abs 1 JN angeführten Gründe der Zweckmäßigkeit vor, weil keine der Parteien mehr einen örtlichen Bezug zum angerufenen Gericht hat (die Klägerin ist nach Wien übersiedelt; der zuletzt in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaft gewesene Beklagte ist unbekannten Aufenthalts) und die begehrte Delegierung für die Klägerin eine beträchtliche Erleichterung der Verfahrensführung darstellt. Auswärtige Zeugen sind nach dem derzeitigen Verfahrensstand nicht zu vernehmen. Die Delegierung ist geeignet, eine Verkürzung und Verbilligung des Verfahrens zu bewirken (Mayr in Rechberger, ZPO2, § 31 JN Rz 4 mwN).
Dem Delegierungsantrag war daher stattzugeben.
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