Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:
"Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin EUR 1.800,59 brutto samt 8,5 % Zinsen aus EUR 830,03 seit 1. 2. 2000 und samt 10,25 % Zinsen aus EUR 970,56 seit 1. 8. 2001 binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der Kammer für Arbeiter und Angestellte für die Steiermark an Aufwandersatz (§ 58a ASGG) für das Verfahren erster Instanz EUR 485 und für das Berufungsverfahren EUR 320 sowie der klagenden Partei EUR 185 an Barauslagen des erstinstanzlichen und des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin die mit EUR 459,10 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten EUR 50,02 USt, EUR 159 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war ab 18. 11. 1999 für die beklagte Partei als Aushilfsexpeditmitarbeiterin tätig. Vom 3. 1. bis 16. 1. 2000 und vom 8. 7. bis 31. 7. 2000 arbeitete sie wegen Krankheit nicht. Die beklagte Partei leistete für diese Zeiträume keine Entgeltfortzahlung.
Die Klägerin ist alleinerziehende Mutter eines 13- und eines 15-jährigen Kindes. Als Hausbesorgerin verdiente sie EUR 436,04 monatlich. Sie bewarb sich bei der beklagten Partei um die Tätigkeit als Expeditaushilfe. Expeditaushilfen legen Werbematerial und die Sonntagsbeilage in Zeitungen.
Die Klägerin erhielt, wie auch die anderen Expeditaushilfsmitarbeiter der beklagten Partei, eine Information folgenden Inhalts:
Wien, im Jänner 1999
"Sehr geehrte Mitarbeiterin!
Sehr geehrter Mitarbeiter!
Für Ihre Tätigkeit als Expedit-Aushilfe, bzw Einleger(in) möchten wir zwecks Klarstellung und verbindlicher Information folgendes festhalten:
Sie haben als nicht ständig beschäftigter Mitarbeiter selbstverständlich das Recht, eine angebotene Tätigkeit abzulehnen. Die täglichen Angebote können Sie über unser spezielles Telefonservice abfragen.
Gleichermaßen steht Ihnen das Recht zu, sich bei Verhinderung von einer geeigneten Person vertreten zu lassen, bzw der Expeditleitung eine(n) Vertreter(in) zu nominieren. Selbstverständlich kommt dafür nur jemand in Frage, der berechtigt ist, eine Beschäftigung in Österreich aufzunehmen. Sollten Sie nicht in der Lage sein, eine Vertretung zu nominieren, so bitten wir Sie, dies zeitgerecht der Expeditleitung bekanntzugeben.
Im Falle der Vertretung steht der Anspruch auf Lohn selbstverständlich der Vertretung zu, die auch anstelle von Ihnen zur Sozialversicherung angemeldet werden muss.
Grundsätzlich haben Sie Anspruch auf tägliche Auszahlung des Lohnes. Organisatorisch einfacher (auch für Sie) ist natürlich die Lohnauszahlung für längere Perioden, da Sie ja bei täglicher Auszahlung viel Zeit verlieren. Diesbezüglich können Sie uns - auch schon mit Rücksicht auf die monatliche Abführverpflichtung von Lohnsteuer und SV-Beiträgen - die Ermächtigung erteilen.
Als Expedit-Aushelfer(-in) erhalten Sie zuzüglich zu dem Ihnen gebührenden Lohn bei Beendigung der jeweiligen Tätigkeit einen kollektivvertraglich geregelten Zuschlag von 35 % ausbezahlt (ausgenommen bei Fremdbeilagen), mit dem ua der Anspruch auf Urlaub finanziell abgegolten ist, da Sie ja als nicht ständig Beschäftigter diesen in natura nicht konsumieren können.
Es erübrigt sich dadurch auch jeweils die komplizierte "Urlaubsvereinbarung", da Sie ja unserer Zustimmung nicht bedürfen, wenn Sie während Ihres Nicht-Einsatzes jene Zeit als Urlaub konsumieren, für die Sie bereits Entgelt erhalten haben (35 %-Zuschlag).
Ansprüche auf Abgeltung geleisteter Überstunden, Sonderleistungen usw sind spätestens zum Ablauf des der Leistung folgenden dritten Monats beim zuständigen Organ des Unternehmens schriftlich abzumelden, sonst erlöschen sie.
Wir ersuchen Sie daher, uns mit Ihrer Unterschrift zu bestätigen, dass Sie diese Information zustimmend zur Kenntnis genommen haben und vor allem Ihren Lohn so wie bisher in längeren Perioden abgerechnet haben möchten. Des weiteren bestätigen Sie, dass die Zeiten Ihres Nicht-Einsatzes der Konsumation des bereits erhaltenen Urlaubsentgeltes dienen."
Die Klägerin unterschrieb diese Information.
Die beklagte Partei erstellt für Expeditaushilfen Beschäftigungsanbote. Diese Beschäftigungsanbote hängen vom Umfang des einzulegenden Werbematerials ab. Die Tätigkeit wird in Schichten ausgeführt (Vormittags- Nachmittags- und Nachtschicht). Beteiligte der Vormittagsschicht arbeiten auch an Samstagen und erfahren meist an diesem Tag, wann weitere Einsatzmöglichkeiten bestehen. Die Mitarbeiter der anderen Schichten werden über die nächsten Einsatzmöglichkeiten bereits am Donnerstag oder Freitag informiert oder erhalten eine telefonische Information (gemeint: für die nächste Arbeitswoche).
Die jeweilige Expeditaushilfe gibt der beklagten Partei die Annahme des Anbotes telefonisch unter Verwendung eines bestimmten Telefoncodes bekannt. Die Expeditaushilfen sind auch berechtigt, Beschäftigungsanbote unter Zuhilfenahme eines Zifferncodes per Telefon abzulehnen.
Die Klägerin arbeitete zunächst sowohl in der Vormittags- als auch in der Nachtschicht. Die Vormittagsschicht dauert von 10 bis 14 Uhr, die Nachtschicht von etwa 22 Uhr bis etwa 1 Uhr. Das Arbeitsende ist jeweils variabel. Die Tätigkeit in der Nachtschicht gab die Klägerin in der Folge auf. War die Klägerin als Expeditaushilfe eingeteilt und erkrankte, teilte sie diese Tatsache dem Expeditleiter unter Übermittlung einer Krankenstandsbestätigung mit. Die Klägerin machte von dem ihr eingeräumten Vertretungsrecht nicht Gebrauch, weil sie niemanden kannte, der für sie als Vertreter einspringen konnte.
Das Lohnbüro der beklagten Partei wird über die Anzahl der eingesetzten Expeditaushilfen informiert. Aufgrund dieser Mitteilung erfolgt dann die Lohnberechnung. Im Bereich der Steiermark stehen etwa 100 bis 150 Expeditaushilfen zur Verfügung.
Die beklagte Partei meldete die Klägerin bei der Gebietskrankenkasse als tageweise Aushelferin gemäß § 4 Abs 2 ASVG an und führte 18,2 % an Sozialversicherungsbeiträgen ab.
Die Klägerin begehrt der Höhe nach unstrittige EUR 1.800,59 brutto sA aus dem Titel Entgeltfortzahlung im Krankenstand für die Zeiträume 3. 1. bis 16. 1. 2000 und 8. 7. bis 31. 7. 2001. Ihr stünden arbeitsrechtliche Ansprüche wie bei einem "normalen Dienstverhältnis" zu. Die Klägerin sei wirtschaftlich von der beklagten Partei abhängig gewesen. Alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (mit Ausnahme der vertraglich vorgesehenen telefonischen Bestätigung der Arbeitszeit) seien verwirklicht. Dem entspreche auch die Anmeldung der Klägerin bei der Gebietskrankenkasse.
Die beklagte Partei wendete ein, dass die Klägerin im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses tätig geworden sei. Die "Einteilung" der Expeditaushilfskräfte erfolge in zwei Schritten: Jeden Mittwoch werde ein vom Expeditleiter erstellter Plan mit Arbeitsanboten im Betrieb ausgehängt, aus dem für jeden Mitarbeiter die für ihn vorgeschlagenen Arbeitszeiten für die kommende Woche ersichtlich seien. Anschließend sei es Aufgabe des Eingeteilten, diese Arbeitszeit entweder telefonisch zu bestätigen oder mitzuteilen, dass er nicht kommen werde. Das funktioniere mit Hilfe eines Codes. Falls ein Arbeiter über einen längeren Zeitraum nicht beschäftigt werden wolle, teile er dies dem Exepeditleiter im Vorhinein mit. Bei Krankheit werde einfach der Code für "Nichtkommen" eingegeben. Die Klägerin als Expeditaushilfe habe daher die freie Entscheidung gehabt, ob sie die für sie vorgesehene Schicht tatsächlich verrichten wolle. Eine Arbeitspflicht habe sie nicht getroffen. Die Ablehnung einer Schicht habe weder disziplinäre noch dienstrechtliche Konsequenzen nach sich gezogen. Der Klägerin stehe ein Vertretungsrecht zu. Entgeltfortzahlung gebühre der Klägerin mangels Vorliegens eines Arbeitsvertrages nicht. Die Abführung von 18,2 % der Bezüge der Klägerin an die Gebietskrankenkasse sei aufgrund eines "Agreements" mit allen Gebietskrankenkassen Österreichs im Interesse der Expediteinleger erfolgt, denen sonst im Krankheitsfall kein Entgeltfortzahlungsanspruch zustünde.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es traf die eingangs wiedergegebenen - zum Teil in der Beweiswürdigung enthaltenen - Feststellungen und erachtete rechtlich, dass das Vertragsverhältnis als freier Dienstvertrag zu qualifizieren sei. Es liege in der freien Entscheidung der Klägerin, ob sie überhaupt zur Arbeit erscheine. Eine persönliche Arbeitspflicht bestehe nicht.
Über Berufung der Klägerin bestätigte das Berufungsgericht dieses Urteil und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig. Das Berufungsgericht übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen und teilte im Wesentlichen die Rechtsauffassung des Erstgerichtes. Die Merkmale eines freien Dienstvertrages seien überwiegend: Die Klägerin sei zwar während der Verrichtung ihrer Dienste betreffend Arbeitszeit, Arbeitsort und Arbeitsabfolge in die betriebliche Organisation der beklagten Partei eingegliedert und den Weisungen ihres Vertragspartners unterworfen gewesen. Es sei aber an ihr gelegen, ob sie die für sie vorgesehenen Dienste habe verrichten wollen. Sie habe auch ein Vertretungsrecht gehabt. Mangels persönlicher Arbeitspflicht bestehe kein echtes Dienstverhältnis. Damit scheide auch ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung aus.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil gerichtete außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig: Das Berufungsgericht wich von den in JBl 2003, 126 wiedergegebenen Grundsätzen über die Zulässigkeit der Beschäftigung nach dem "Bedarf - Konsensprinzip" ab, die auch für den hier zu beurteilenden Fall anwendbar sind.Die Revision ist auch berechtigt.
Der erkennende Senat führte in dem zu 8 ObA 277/01w ergangenen Vorabentscheidungsersuchen (JBl 2003, 126) aus, dass die sogenannte "Beschäftigung nach beiderseitigem Bedarf - Konsensprinzip", bei welcher die Möglichkeit des Arbeitnehmers besteht, Beschäftigungsanbote des Dienstgebers nach seinem eigenen Bedarf abzulehnen, insoweit unwirksam ist, als die Vereinbarung Ausmaß und Lage der Arbeitszeit von einem völlig der Willkür des Arbeitgebers überlassenen Anbot abhängig macht. Der Arbeitnehmer befindet sich bei einer entsprechenden Vertragsklausel über die Beschäftigung nach dem "Bedarf - Konsensprinzip" in einer Art dauerndem Verhandlungszustand über Ausmaß und Lage der Arbeitszeit. Die Vereinbarung läuft darauf hinaus, dass der Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses auf den ihm gemäß §§ 19c und 19d AZG zwingend (vgl § 19g AZG) eingeräumten Anspruch auf vertragliche Festlegung des Ausmaßes der Arbeitszeit verzichtet. Dabei geht es nicht bloß um die Unvorhersehbarkeit der Lage der Arbeitszeit, sondern auch darum, dass der Arbeitnehmer mit einem bestimmten Entgelt nicht mehr rechnen kann. Im Übrigen besteht die Gefahr, dass die Vorschriften über die Fortzahlung des Entgelts, insbesondere bei Erkrankung des Arbeitnehmers, und über die Tragung des wirtschaftlichen Risikos durch den Arbeitgeber unterlaufen werden. Gerade solche Konstellationen will der Gesetzgeber verhindern. Darüber hinaus sind auf Arbeitgeberseite keine billigenswerten sachlichen Gründe für eine solche Vertragsklausel ersichtlich. Es muss möglich sein, den Personalbedarf einzuschätzen und entsprechende Vereinbarungen zur Lage und zum Ausmaß der Arbeitszeit zu treffen.
Entgegen der Meinung der beklagten Partei sind die im genannten Vorabentscheidungsersuchen dargelegten Grundsätze zur Gänze auch auf den hier zu beurteilenden Fall übertragbar: Die Revisionsbeantwortung vertritt dazu die Auffassung, dass zum Unterschied von dem dem Vorabentscheidungsersuchen zugrunde liegenden Sachverhalt hier ein echter freier Dienstvertrag vorliege, auf den § 19d AZG nicht anzuwenden sei.
Allerdings übersieht die beklagte Partei, dass hier - ebenfalls völlig vergleichbar dem zu 8 ObA 277/01w zu beurteilenden Fall - das Rechtsverhältnis der Klägerin zur beklagten Partei schon nach der Bezeichnung und Gestaltung der von der Klägerin unterfertigten "Information", jedenfalls aber nach der - maßgeblichen - tatsächlichen Handhabung des Vertragsverhältnisses (SZ 54/75; 8 ObA 2158/96b; 9 ObA 10/99g uva) als echter Arbeitsvertrag zu qualifizieren ist: Der echte Arbeitsvertrag unterscheidet sich nach herrschender Lehre und Rechtsprechung sowohl vom freien Dienstvertrag als auch vom Werkvertrag durch die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber (Krejci in Rummel 3 § 1151 ABGB, Rz 36 bis 61; Strasser, Abhängiger Arbeitsvertrag oder freier Dienstvertrag, DRdA 1992, 93 [94]; Wachter, Der sogenannte freie Dienstvertrag, DRdA 1984, 405 [408], Tomandl, Arbeitsrecht I3 198; DRdA 1990/38 [Runggaldier]; SZ 70/52; SZ 70/167; RIS-Justiz RS0021743; RS0021306; RS0021332 uva).
Dabei wurden insbesondere von der Rechtsprechung verschiedene Kriterien erarbeitet, deren Vorhandensein und deren Bedeutung im konkreten Fall zu prüfen sind, und die dann zusammenfassend in einem Gesamtbild darauf zu bewerten sind, ob die für das Vorliegen eines Arbeitsvertrages geforderte persönliche Abhängigkeit ausreichend begründet ist oder nicht. Diese für das Vorliegen einer persönlichen Abhängigkeit sprechenden Merkmale sind vor allem Weisungsgebundenheit, die persönliche, auf Zeit abgestellte Arbeitspflicht des Arbeitnehmers, die Fremdbestimmtheit der Arbeit, deren wirtschaftlicher Erfolg dem Arbeitgeber zukommt, die funktionelle Autorität des Arbeitgebers, die sich in organisatorischer Gebundenheit, insbesondere hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und Kontrolle auswirkt und schließlich die Beistellung des Arbeitsgerätes durch den Dienstgeber (vgl dazu Strasser aaO [96 ff], Wachter aaO [407 f], Krejci in Rummel 3 aaO Rz 38, 40, 55, 56, 57, 58 und 59; SZ 70/52 uva). Dabei ist in Lehre und Rechtsprechung ebenfalls unbestritten, dass nicht alle Bestimmungsmerkmale der persönlichen Abhängigkeit gemeinsam vorliegen müssen und in unterschiedlich starker Ausprägung bestehen können. Entscheidend ist, ob bei einer Gesamtbetrachtung nach der Methodik des beweglichen Systems (vgl Strasser aaO [94]) die Merkmale der persönlichen Abhängigkeit ihrem Gewicht und ihrer Bedeutung nach überwiegen (SZ 70/52; zuletzt 8 ObA 163/01f; 8 ObS 273/01g).
Die Parteien haben hier eine umfassende und unbefristete Vereinbarung für die Erbringung solcher Dienste geschlossen, bei der sich die Klägerin jedenfalls beim jeweiligen Arbeitseinsatz in der dargestellten persönlichen Abhängigkeit befunden hat (organisatorische Gebundenheit hinsichtlich Arbeitsort und Arbeitszeit durch die Schichten, funktionelle Einbindung der Dienstleistung in das betriebliche Weisungsgefüge des Dienstgebers). Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass das einzige Merkmal, das gegen die Beurteilung des Rechtsverhältnisses als echter Arbeitsvertrag spricht, die vereinbarte Möglichkeit für den Arbeitnehmer ist, Beschäftigungsanbote der beklagten Partei auszuschlagen. Ebenfalls völlig vergleichbar dem dem Vorabentscheidungsersuchen zu 8 ObA 277/01w zugrunde liegenden Sachverhalt ist jedoch hier - insbesondere aufgrund der Feststellungen des Erstgerichtes über das "gelebte" Vertragsverhältnis - davon auszugehen, dass die Parteien ein durchgehendes Dauerschuldverhältnis anstrebten. Die vereinbarte einvernehmliche Festlegung des konkreten Arbeitseinsatzes steht dieser Beurteilung im Hinblick darauf, dass schon die als Rahmenvertrag zu wertende "Information" eine fortgesetzte Erbringung und Entgegennahme von Arbeitsleistungen beabsichtigte, nicht entgegen. Auch das "gelebte Vertragsverhältnis" manifestiert die bereits ursprünglich beabsichtigte fortgesetzte Erbringung und Entgegennahme von Arbeitsleistungen: Dafür spricht vor allem, dass die Klägerin in fixen Schichten tätig war und Erkrankungen unter Vorlage einer Krankenstandsbestätigung dem Expeditleiter meldete.Die beklagte Partei verweist selbst darauf, dass die Schichten zeitlich von vornherein feststanden.
Das der Klägerin eingeräumte Vertretungsrecht ändert nichts: Die Vereinbarung einer generellen Vertretungsbefugnis schließt die persönliche Abhängigkeit und Dienstnehmereigenschaft nur dann aus, wenn das Vertretungsrecht tatsächlich genutzt wird oder bei objektiver Betrachtung zu erwarten ist, dass eine solche Nutzung erfolgt (vgl dazu Rebhahn, Dienstnehmerbegriff und persönliche Abhängigkeit bei Vertretungsbefugnis, WBl 1998, 277 [278]). Nach den Feststellungen nützte die Klägerin das Vertretungsrecht tatsächlich nicht. Im Hinblick auf die fixe Einteilung in Schichten, die die Klägerin mit Ausnahme von festgestellten Krankenständen immer verrichtete, war bei objektiver Betrachtung auch nicht zu erwarten, dass das Vertretungsrecht tatsächlich genutzt werde. Das der Klägerin eingeräumte Vertretungsrecht kann somit an der Qualifikation des Rechtsverhältnisses als echter Arbeitsvertrag nichts ändern, weil dieses Recht weder genutzt wurde noch bei objektiver Betrachtung zu erwarten war, dass eine solche Nutzung erfolgen würde. Weder der in der Revisionsbeantwortung erstattete Hinweis auf die Journalistengesetznovelle 1999 noch das in der Revisionsbeantwortung hervorgehobene Arbeitsablehnungs- recht, aus dem die beklagte Partei ableiten will, dass die Klägerin keine persönliche Arbeitspflicht getroffen habe,kann dem Standpunkt der beklagten Partei dienen: Die Stellung eines journalistisch tätigen Mitarbeiters, der - wie die Revisionsbeantwortung selbst hervorhebt - einer ständig wechselnden Anzahl von Medienunternehmen bzw Mediendiensten Beiträge am "freien Markt" anbietet, ist mit der Arbeitssituation einer Expeditaushilfe, die Werbematerial bzw Fernsehbeilagen in Zeitungen einlegt, nicht einmal im Ansatz vergleichbar. Die einzige Gemeinsamkeit zwischen einem journalistischen Mitarbeiter und einer Expeditaushilfe liegt darin, dass sie Tätigkeiten für ein Medienunternehmen erbringen. Diese Gemeinsamkeit reicht im Hinblick auf die gänzliche Unterschiedlichkeit der Art der verrichteten Dienste und der organisatorischen Eingliederung der Expeditaushilfe in das Medienunternehmen nicht aus, Wertungen des Journalistengesetzes auf die Rechtsstellung von Expeditaushilfen zu übertragen.
Die Revisionsbeantwortung erkennt selbst, dass dem von ihr hervorgehobenen "Arbeitsablehnungsrecht"nur dann die Bedeutung zukommen könnte, dass keine persönliche Arbeitspflicht vorliegt,wenn es tatsächlich ausgeübt wird. Gerade daran fehlt es hier jedoch. Vergleichbar der in der Revisionsbeantwortung zitierten Entscheidung 8 ObA 2347/96x (= SZ 70/167) unterlag auch die Klägerin hier während ihres (Schicht-)Einsatzes der vollständigen Kontrolle durch die beklagte Partei, in deren Betrieb sie fest eingegliedert war. Auch bei dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt bestand keine Verpflichtung, Aufträge anzunehmen. Dass die Klägerin trotz des Schichtdienstes für die beklagte Partei (wobei nach den Feststellungen die Arbeitseinsätze der Klägerin anfangs sogar zwei Schichten jeweils vier Stunden täglich umfassten) als Hausbesorgerin tätig war, lässt nicht den Schluss zu,dass ein freier Dienstvertrag vorliegt. Nicht nur der Vollzeitbeschäftigte kann Partner eines echten Arbeitsvertrages sein, sondern auch der Teilzeitbeschäftigte. Sachverhaltsfremd sind die Ausführungen in der Revisionsbeantwortung, die darauf abzielen, dass die Klägerin infolge ihrer Tätigkeit als Hausbesorgerin darauf bestanden habe, Aufträge ablehnen zu können, damit sie ihren Verpflichtungen aus dem Hausbesorgerdienstverhältnis nachkommen könne. Eine entsprechende Feststellung haben die Vorinstanzen nicht getroffen.
Daraus folgt zusammengefasst, dass das Rechtsverhältnis der Klägerin zur beklagten Partei als echter Arbeitsvertrag zu qualifizieren ist, an dem die Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer die Möglichkeit habe, Beschäftigungsanbote nach seinem eigenen Bedarf abzulehnen, nichts ändert. Auf die in der Revisionsbeantwortung ebenfalls aufgeworfene Frage der steuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Behandlung des Vertragsverhältnisses kommt es daher nicht an. Der Revisionsbeantwortung ist in diesem Zusammenhang zuzugestehen, dass die steuerrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Behandlung mit der zivilrechtlichen Beurteilung, ob ein echter Arbeitsvertrag vorliegt oder nicht, in keinem unmittelbaren Zusammenhang steht (RIS-Justiz RS0021265).
Da die Höhe des Klagebegehrens von der beklagten Partei ausdrücklich außer Streit gestellt wurde, konnte eine Abänderung der Entscheidung der Vorinstanzen im Sinne einer gänzlichen Stattgebung des Klagebegehrens erfolgen.
Die Entscheidung über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO iVm § 58a ASGG.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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