OGH 5Ob231/03m

OGH5Ob231/03m11.11.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1.) Friederike L*****, vertreten durch Dr. Hermann Spatt, Rechtsanwalt in Salzburg, und 2.) Eduard L*****, vertreten durch DDr. Michael Wagner, Rechtsanwalt in Grödig, wegen Eintragung der Umwandlung einer Dienstbarkeit, über den Revisionsrekurs der Erstantragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 2. Juli 2003, AZ 53 R 205/03h, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Thalgau vom 22. April 2003, TZ 502/03, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Zweitantragsteller ist grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft EZ *****, die mit zahlreichen Pfandrechten belastet ist. Unter C-LNR 13 a ist für die Erstantragstellerin die Dienstbarkeit der Wohnung (ohne weiteren Zusatz) eingetragen.

Am 14. 10. 2002 erwirkte die Erstantragstellerin gegen den Zweitantragsteller beim BG St. Gilgen ein Versäumungsurteil, das diesen ua verpflichtet, in die grundbücherliche Einverleibung der Umwandlung der Dienstbarkeit der Wohnung in ein Fruchtgenussrecht einzuwilligen.

Unter Vorlage einer mit der Bestätigung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit versehenen Ausfertigung dieses Versäumungsurteils (und anderer hier nicht relevanter Urkunden) begehrten die Antragsteller (ua) die Einverleibung der Umwandlung der Dienstbarkeit der Wohnung C-LNR 13 a in ein Fruchtgenussrecht für die Erstantragstellerin.

Das Erstgericht wies dieses Begehren mit der Begründung ab, dass sich Wohn- und Fruchtgenussrecht in ihrer Wertigkeit unterschieden. Im Fall einer Versteigerung der Liegenschaft (die im Übrigen, wie sich aus dem Grundbuch ergibt, seit 1998 betrieben wird) würde ein Fruchtgenussrecht höher bewertet als ein Wohnrecht. Die Umwandlung würde daher eine Schlechterstellung der nachfolgenden Buchberechtigten nach sich ziehen und einen Bruch des Vertrauensgrundsatzes darstellen. Unabhängig davon sei unter C-LNR 17 eine weitere Dienstbarkeit der Wohnung für Andrea, Eduard und den Mj. Lukas Michael L***** einverleibt, was mit der Eintragung eines vorrangigen Fruchtgenussrechtes unvereinbar wäre.

Das von beiden Antragstellern angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Rangordnung der auf einer Liegenschaft verbücherten Rechte könne grundsätzlich nur durch eine Einverleibung oder Vormerkung der Vorrangseinräumung nach § 30 GBG geändert werden. Bei der im Gesetz genannten Dienstbarkeit der Wohnung (§ 521 ABGB) handle es sich entweder um ein bloßes Wohnungsgebrauchsrecht oder um einen Fruchtgenuss (Hofmann in Rummel3, Rz 1 ff zu § 521 ABGB). Von einer Umwandlung in ein Fruchtgenussrecht könne schon begrifflich nur in jenen Fällen gesprochen werden, in denen die verbücherte Dienstbarkeit nach dem Parteiwillen vorerst nur den Inhalt eines Wohnungsgebrauchsrechts haben sollte. Damit komme es zu einer Erweiterung einer bereits bestehenden Dienstbarkeit, wobei eine Einverleibung nach den dargelegten Grundsätzen immer nur im laufenden Rang erfolgen könne. Die Rechtsprechung habe daher auch eine Anmerkung der nachträglichen Erweiterung einer Dienstbarkeit als unzulässig angesehen (RPflSlgG 482), weil die dinglichen Wirkungen einer Eintragung nicht erweitert werden könnten. Änderungen an bereits eingetragenen Rechten könnten zwar im Weg der Einverleibung vorgenommen werden (RPflSlgG 1259), doch sei dies im Rang der früheren Eintragung grundsätzlich nicht zulässig (zur Verlängerung zeitlich beschränkter Rechte vgl RPflSlgG 241). Bestehe ein bücherliches Wohnungsgebrauchsrecht, so könne im Fall einer vertraglichen Erweiterung auf ein Fruchtgenussrecht dieses nur im laufenden Rang verbüchert werden; die nachträgliche Umwandlung einer bereits bestehenden Eintragung komme nicht in Betracht. Gerade im vorliegenden Fall würde dies zu einer Benachteiligung nachfolgender Buchberechtigter führen, die im Zusammenhang mit dem ihnen gebührenden Rang nicht auf eine Löschungsklage nach § 63 ff GBG verwiesen werden dürften.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Zu den behandelten Rechtsfragen fehle nämlich höchstgerichtliche Rechtsprechung.

Gegen den rekursgerichtlichen Beschluss hat die Erstantragstellerin Revisionsrekurs mit dem Antrag erhoben, ihn so abzuändern, dass die begehrte Grundbuchseintragung bewilligt wird. Hilfsweise soll dies mit der Maßgabe geschehen, dass bei der Eintragung angemerkt wird, die unter C-LNR 17 einverleibten Rechte der Andrea, des Eduard Andreas und des Lukas Michael L***** würden durch die Eintragung berührt. Dazu wurden in Verkennung des grundsätzlichen Verbots von Zwischenerledigungen in Grundbuchssachen auch noch Aufhebungsanträge gestellt.

In der Sache wiederholt die Rechtsmittelwerberin im Wesentlichen ihre schon dem Rekursgericht vorgetragenen Argumente. Das Grundbuchsgericht habe nach § 94 Abs 1 Z 3 GBG nur zu prüfen, ob das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet sei. Eine Prüfung der Gültigkeit des Titels - noch dazu bei einem Urteil - stehe ihm nicht zu. Außerdem hätte das Grundbuchsgericht davon ausgehen müssen, dass die zugunsten der Rechtsmittelwerberin eingetragene Dienstbarkeit der Wohnung schon immer ein Fruchtgenussrecht gewesen sei. Da dieses Recht auf der ganzen Liegenschaft laste, sei der für das Wohnrecht an einem Haus geltenden Vermutung zu folgen, es liege ein Fruchtgenussrecht vor. Dass im Fall der Versteigerung der Liegenschaft ein Fruchtgenussrecht höher bewertet werde als ein Wohnungsgebrauchsrecht könne die Abweisung des Grundbuchsgesuchs nicht rechtfertigen, weil das Grundbuchsgericht beweispflichtige Tatsachen gar nicht aufwerfen dürfe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar mangels einschlägiger Judikatur zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Die zugunsten der Rechtsmittelwerberin im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeit der Wohnung kann nach § 521 ABGB (auf dessen Aussage mangels klarstellender Zusätze im Grundbuch zurückgegriffen werden muss) einerseits ein Fruchtgenussrecht, andererseits ein Gebrauchsrecht sein. Diese Wohnungsdienstbarkeiten unterscheiden sich darin, dass das bloße Gebrauchsrecht auf die persönlichen Bedürfnisse des Berechtigten zugeschnitten ist, während das Fruchtgenussrecht ohne diese Einschränkung vollen Genuss der Sache, die nur in ihrer Substanz zu bewahren ist, gewährt und dementsprechend auch die Gebrauchsüberlassung an Dritte ermöglicht (5 Ob 206/99a = NZ 2001, 140/488 mwN). Zumindest umfänglich geht daher ein Fruchtgenussrecht über ein bloßes Gebrauchsrecht hinaus (vgl Hoyer zu NZ 2001, 140/488 und zu 5 Ob 83/97k = NZ 1998, 306). Die von der Rechtsmittelwerberin angestrebte Umwandlung ihrer Dienstbarkeit der Wohnung in ein Fruchtgenussrecht unter Beibehaltung des ursprünglichen bücherlichen Rangs zielt unter Berücksichtigung dieses Umstandes auf die Änderung eines dinglichen Rechts, die nach § 4 GBG iVm § 445 ABGB einer konstitutiven Eintragung bedarf. Dass die Rechtsänderung einzuverleiben ist, hat die Rechtsmittelwerberin selbst erkannt und ihr Begehren entsprechend formuliert und urkundlich belegt. Folglich hat sich gemäß § 29 Abs 1 GBG auch der Rang der begehrten Eintragung nach dem Zeitpunkt zu richten, in dem die Eingabe beim Grundbuchsgericht eingelangt ist. Die rangwahrende Umwandlung des eingetragenen Rechts würde, wie schon die Vorinstanzen erkannten, das Rangprinzip verletzen. Es besteht daher schon in Ansehung des einzutragenden Rechts ein sich aus dem Grundbuch ergebendes Eintragungshindernis iSd § 94 Abs 1 Z 1 GBG. Die Rechtsmittelausführungen zu den Grenzen grundbuchsrichterlicher Kognition setzen sich über diese Rechtslage hinweg.

Im Übrigen kann gemäß § 126 Abs 3 GBG auf die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichtes verwiesen werden. Die Frage einer Stattgebung des Eintragungsgesuches im laufenden Rang stellt sich nicht, weil die Rechtsmittelwerberin eine solche Eintragung beim derzeitigen Stand des Zwangsversteigerungsverfahrens ganz offensichtlich nicht anstrebt.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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