OGH 4Ob156/03z

OGH4Ob156/03z21.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. Martha G*****, 2. Dr. Karl G*****, 3. V***** GmbH, *****, alle vertreten durch Hasch & Partner, Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 34.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 3. April 2003, GZ 2 R 32/03w-18, womit der Beschluss des Landesgerichtes Krems an der Donau vom 31. August 2002, GZ 6 Cg 69/02k-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen. Die beklagten Parteien haben die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin erzeugt und vertreibt - ebenso wie die Drittbeklagte - Magnetfeldtherapiegeräte in Österreich. Die Erstbeklagte ist in die Vertriebsorganisation der Drittbeklagten eingebunden. Diese verkauft ihre Magnetfeldtherapiegeräte über ein "Vertriebsnetzwerk", das einem Stufenvertriebssystem nachgebildet ist. Das bedeutet, dass mit fortschreitendem Vertriebserfolg der einzelne Verkäufer in einer Hierarchie aufsteigt, wodurch sich einerseits sein Provisionssatz erhöht und andererseits der Verkäufer einen "Titel" (bis zum "Manager" oder "Direktor") erhält.

Die Erstbeklagte führt aufgrund eines abgeschlossenen Universitätsstudiums den akademischen Titel eines "Doktor med"; das "Ius practicandi" hat sie nicht erworben, den Beruf eines Arztes auch niemals ausgeübt. Sie ist Angestellte des Zweitbeklagten, ihres Ehemannes und als Sprechstundenhilfe in dessen Ordination während des gesamten Ordinationsbetriebs in der Dauer von zumindest 20 Stunden pro Woche tätig. Sie hat vor allem schriftliche Aufgaben zu erledigen, sie führt die Buchhaltung, aufgrund derer der Steuerberater beider Ehegatten die Steuererklärungen verfasst, und sie unterstützt den Zweitbeklagten auch bei medizinischen Tätigkeiten, wie der Vornahme von Bestrahlungen, der Vorbereitung von Infusionen und ähnlichem.

Darüber hinaus betätigt sich die Erstbeklagte als Lebens- und Beziehungsberaterin. Sie führt diese Tätigkeit als selbständige Unternehmerin aus, verfügt über die hiezu erforderliche Gewerbeberechtigung und versteuert ihre diesbezüglichen Einkünfte. Der Umfang dieser Tätigkeit ist gering (drei bis vier Stunden monatlich). Sie übt diese Tätigkeit in den Ordinationsräumen des Zweitbeklagten aus, wenn dieser sie nicht benötigt.

Der Zweitbeklagte ist praktischer Arzt und betreibt seine Ordination in den Erdgeschoßräumen jenes Hauses, in dessen Obergeschoß die Ehegatten wohnen. Ein Raum der Wohnung steht der Erstbeklagten zur Erledigung von Büroarbeiten zur Verfügung. Der Zweitbeklagte verfügt selbst über Magnetfeldtherapiegeräte, welche er zur Behandlung seiner Patienten verwendet, die für die Kosten hiefür aus eigenem aufzukommen haben.

Die Erstbeklagte nahm gemeinsam mit dem Zweitbeklagten am 25. 7. 1999 an einer Veranstaltung der Drittbeklagten teil, bei der sich die Erst- und der Zweitbeklagte daran interessiert zeigten, Vertragspartner der Drittbeklagte zu werden. Die Erstbeklagte füllte handschriftlich das ihr vorgelegte Formular eines Geschäftspartner-Antrags aus, wobei sie mit Wissen und Willen des Zweitbeklagten auch dessen Person als "Mitantragsteller" aufnahm. Anschließend unterfertigte sie das Antragsformular und erhielt auch umgehend den "Beratervertrag" ausgefolgt. Der Zweitbeklagte unterließ allerdings in der Folge die Unterfertigung des Antrags, weil ihm bewusst geworden war, dass der Verkauf der Geräte im Rahmen seiner Ordination nicht in Betracht kommen würde. Er erhielt daher in der Folge auch keine Vertragsurkunde. Er unterließ auch die Aufnahme faktischer Geschäftsbeziehungen mit der Drittbeklagten und übte keine Tätigkeit aus, die der Vermittlung von Kaufverträgen über Magnetfeldtherapiegeräte durch ihn dienlich sein konnte. Er nahm weder Bestellungen entgegen, noch leitete er solche an die Drittbeklagte weiter. Er bezog von dieser auch keine Provisionen und/oder sonstige materielle Vorteile. Er hatte zwar Kenntnis von der Tätigkeit der Erstbeklagten für die Drittbeklagte, bezog aber keine Subprovisionen von ihr.

In einigen wenigen Fällen kam es vor, dass die Erstbeklagte aufgrund von Gesprächen und Fragen ihrer Kaufinteressenten diese an den Zweitbeklagten verwies, welcher ihnen die gewünschten Auskünfte unentgeltlich erteilte. Dabei verhielt er sich so wie auch gegenüber seinen Patienten. Er beurteilte deren Anfragen nach ihrem Gesundheitszustand und empfahl danach die Anwendung der Therapie oder lehnte sie ab. In Zweifelsfällen schlug er auch die versuchsweise Vornahme einer derartigen Behandlung vor, um diese je nach dem Ergebnis abzubrechen oder weiterzuführen. Er ging auch - wenn auch ohne konkrete Kenntnis - davon aus, dass potentielle Kunden der Erstbeklagten in der Ordination anriefen, um sich nach einer Möglichkeit des Erwerbs von Magnetfeldtherapiegeräten zu erkundigen, und dass diese Anrufer an die Erstbeklagte verwiesen wurden.

Es kam auch vor, dass vom Zweitbeklagten mit den Magnetfeldtherapiegeräten zu ihrer Zufriedenheit behandelte Patienten sich danach erkundigten, ob sie solche Geräte erwerben können, worauf er ihnen mitteilte, dass sie die Geräte über die Erstbeklagte beziehen könnten. Gleichlautende Auskünfte erhielten auch solche Personen, die von sich aus in der Ordination des Zweitbeklagten anriefen und sich nach der Möglichkeit des Ankaufs solcher Geräte erkundigten. Anschließend vereinbarte die Erstbeklagte mit solchen Interessenten einen Besprechungstermin, der entweder in dem ihr zur Verfügung stehenden Büroraum, fallweise aber auch in der Wohnung des Interessenten abgewickelt wurde.

Werner F*****, ein von der Klägerin beauftragter Inhaber einer Auskunftei, erhielt auf telefonische Anfrage in der Ordination des Zweitbeklagten die Auskunft, dass zwar "Frau Doktor und Herr Doktor nicht anwesend seien", dass er sie aber am nächsten Tag beide telefonisch erreichen könnte. Er solle sich einen Termin ausmachen; er könne in der Ordination ein Gerät ausprobieren und dann kaufen.

Aufgrund eines Gesprächs, das die Erstbeklagte anlässlich des Vertragsabschlusses mit der Drittbeklagten mit einem der anwesenden Präsentatoren, der das Antragsformular als "Förderer" unterfertigte, führte, stimmte die Erstbeklagte der Nennung ihres Namens sowie jenes des Zweitbeklagten auf der Website der Drittbeklagten zu. Sie suchte gemeinsam mit dem Zweitbeklagten ein Foto aus, das sie beide zeigte, und gab dieses in die Website ein. Davon erfuhr der Zweitbeklagte erst im Laufe dieses Verfahrens.

Unter dem Domain-Namen "v*****.com" können auch "erfolgreiche Geschäftspartner" aufgefunden werden. Darunter befand sich zumindest bis 22. 3. 2002 eine Einschaltung mit einem gemeinsamen Lichtbild der Erst- und des Zweitbeklagten mit dem Text: "Dr. Martha, 1949 und Dr. Karl G*****, 1948. Wir leben im nördlichen Waldviertel und haben das V*****-Geschäft im Juli 1999 auf einem GPS kennengelernt. Wir waren von Anfang an begeistert über das tolle MRS und die seriöse Geschäftsmöglichkeit. Besonders gut gefällt uns die Art und Weise, wie man Kunden und GP gewinnt, nämlich über Kontakte und Gespräche, und das macht viel Spass. Wir sind jetzt Manager 8 und haben vor, in einigen Jahren die Stufe 10 zu erreichen."

Nach Abschluss des "Beratervertrags" erwirkte die Erstbeklagte die Gewerbeberechtigung eines "Warenpräsentators" und nahm ihre Verkaufstätigkeit für die Magnetfeldtherapiegeräte auf. Sie sprach Personen aus dem gemeinsamen Freundes- und Bekanntenkreis der Beklagten, aber auch Patienten des Zweitbeklagten außerhalb der Ordination an und führte bei Interesse auch weiterführende Gespräche, wozu sie den ihr für Bürotätigkeit dienenden Raum benutzte, fallweise die Interessenten aber auch zu Hause besuchte. Entschloss sich der Interessent zum Ankauf eines solchen Geräts, ließ die Erstbeklagte das entsprechende Formular unterfertigen, welches sie anschließend an die Drittbeklagte übermittelte, die ihrerseits die Lieferung und Bezahlung des Geräts abwickelte. Nach Erhalt des Geräts suchte die Erstbeklagte den Käufer auf, instruierte ihn über die Anwendungsmethode und installierte das Gerät auch. Im Laufe des der Zustellung des Geräts folgenden Monats erfolgte die Zahlung der Provisionen entsprechend den Gepflogenheiten der Drittbeklagten.

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragten die Klägerin, der Erst- und dem Zweitbeklagten mit einstweiliger Verfügung für die Dauer dieses Rechtsstreites zu verbieten, gegen Entgelt am Verkauf von Magnetfeldtherapiegeräten der Drittbeklagten mitzuwirken, und der drittbeklagte zu untersagen, Personen, denen im Rahmen der Verschreibung, Abgabe, Beschaffung für Einrichtungen des Gesundheitswesen, Errichtung, Inbetriebnahme oder Anwendung von Medizinprodukten Aufgaben zukommen, für den Verkauf von Magnetfeldtherapiegeräten eine Prämie, finanzielle oder materielle Vorteile zu gewähren, anzubieten oder zu versprechen. Die Drittbeklagte verkaufe über ein Vertriebsnetzwerk, welches einem Schneeballsystem oder Stufenvertriebssystem nachgebildet sei, Magnetfeldtherapiegeräte. Damit stehe sie mit der Klägerin in einem Konkurrenzverhältnis, weil diese ebenfalls Magnetfeldtherapiegeräte verkaufe. Im Vertriebssystem der Drittbeklagten verdienten insbesondere auch Ärzte ein "Zusatzeinkommen". Der Zweitbeklagte sei Arzt und unterhalte eine Ordination für Allgemeinmedizin. Die Erstbeklagte sei an derselben Adresse ohne räumliche oder administrative Trennung (mit gleicher Ordinationstelefonnummer) in enger Kooperation mit dem Zweitbeklagten als Sexualpädagogin, Lebens- und Sozialberaterin tätig. Sie begingen die gegenständlichen Wettbewerbsverstöße gemeinsam. Nach den Provisionsrichtlinien der Drittbeklagten erhalte ein Verkäufer eine Mindestprovision von 20 % des Verkaufspreises eines Magnetfeldtherapiegeräts. Derartige Zuwendungen gegenüber der Erst- und dem Zweitbeklagten verstießen gegen § 108 MPG und seien daher verboten. Die Beklagten verstießen damit im bewussten und gewollten Zusammenwirken gegen die Bestimmungen des UWG.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsantrags. Die Erstbeklagte sei einerseits als Sozial- und Lebensberaterin beschäftigt, andererseits als Sprechstundenhilfe in der Ordination des Zweitbeklagten. Überdies sei sie Geschäftspartnerin einer V***** International Trading Anstalt mit Sitz in L*****. Die drei Beschäftigungsbereiche würden ohne jeden Bezug zueinander ausgeübt. Es bestehe definitiv kein Zusammenhang mit der ärztlichen Tätigkeit des Zweitbeklagten. Die Erstbeklagte zähle daher nicht zu dem in § 108 MPG genannten Personenkreis. Der Zweitbeklagte sei Arzt mit eigener Ordination und habe niemals ein Magnetfeldtherapiegerät verkauft oder dafür Provisionen oder sonstige Entgelte erhalten. Dass der Zweitbeklagte auf dem Geschäftspartnerantrag der Erstbeklagten als "Mitantragsteller" ausgewiesen sei, sei bedeutungslos, weil diese Kategorie abgeschafft worden sei und der Zweitbeklagte nie die Stellung eines Geschäftspartners erreicht habe.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die Erstbeklagte zähle als Sprechstundenhilfe nicht zu den in § 108 MPG genannten Personen. Es widerspreche dieser Bestimmung daher nicht, wenn sich die Drittbeklagte der Tätigkeit der Erstbeklagten bediene und ihr für die vermittelten Kaufgeschäfte Provisionen zahle. Der Zweitbeklagte gehöre zwar dem Personenkreis des § 108 MPG an, ihm falle aber kein Verstoß gegen die dort aufgestellten Verbote zur Last, weil er keine materiellen Vorteile entgegengenommen habe. Auch unter dem Gesichtspunkt des § 53 Abs 2 ÄrzteG sei das Verhalten des Zweitbeklagten unbedenklich. Da er nicht entgeltlich tätig geworden sei, hafte er auch nicht als Geschäftsherr dafür, dass die Erstbeklagte eine durch ihre Mitarbeit in der Ordination des Zweitbeklagten entstandenen "ärztlichen Anschein" oder als "unmittelbare Täterin" sittenwidrig ausnütze.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss dahin ab, dass es die beantragte einstweilige Verfügung erließ. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei. Die Erstbeklagte sei zu dem von § 108 MPG umschriebenen Personenkreis zu rechnen. Die Arztpraxis des Zweitbeklagten sei eine Einrichtung des Gesundheitswesens im Sinne der Begriffsbestimmung des § 2 Abs 23 MPG. Da § 108 MPG generell auf eine einwandfreie Fachwerbung und ein korrektes Beschaffungswesen für Medizinprodukte in Einrichtungen des Gesundheitswesens abziele, sei der Personenkreis absichtlich weit umschrieben, weil keineswegs auszuschließen sei, dass auch Personen, die untergeordnet oder auch bloß hilfsweise Aufgaben bei der Anwendung von Medizinprodukten zu besorgen haben, Einfluss auf das Beschaffungswesen nehmen könnten, werde doch vernünftiger Weise bei der Anschaffung von Medizinprodukten auf die in die Anwendung Einbezogenen zurückzukommen sein. Die Erstbeklagte sei nicht bloß "Sprechstundenhilfe" in der Ordination des Zweitbeklagten, sondern umfassend und insbesondere bei medizinischen Tätigkeiten unterstützend für den Zweitbeklagten tätig. Damit kämen ihr unzweifelhaft Aufgaben im Zusammenhang mit der Anwendung von Medizinprodukten im Sinne des § 108 MPG zu. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung beeinträchtige den freien Leistungswettbewerb und verschaffe dem Verletzer einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern, weshalb das Verhalten der Erstbeklagten konkret sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG sei. Dass die Erstbeklagte in das Vertriebssystem der Drittbeklagten eingebunden sei, rechtfertige die passive Klagelegitimation der Drittbeklagten. Die Haftung des Zweitbeklagten folge aus seiner Stellung als Gehilfe. Er erteile von der Erstbeklagten "überwiesenen Interessenten" die gewünschten Auskünfte unentgeltlich, schlage in Zweifelsfällen die versuchsweise Vornahme einer Behandlung mit Magnetfeldtherapiegeräten vor und informiere zufriedene, bei ihm behandelte Patienten über die Erwerbsmöglichkeit bei der Erstbeklagten. Dem Zweitbeklagten sei die beanstandete Tätigkeit der Erstbeklagten bekannt und bewusst gewesen, weshalb das Verhalten des Zweitbeklagten eine bewusste Förderung des Wettbewerbsverstoßes der Erstbeklagten gewesen sei. Damit hafte aber auch er für den Wettbewerbsverstoß. Wenngleich er bloß fremden Wettbewerb gefördert habe, sei seine Wettbewerbsabsicht nach den konkreten Umständen, in denen eine typisch auf die Förderung fremden Wettbewerbs gerichtete Handlung bescheinigt sei, zu vermuten.

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der Beklagten ist mangels Rechtsprechung zu dem von § 108 MPG erfassten Personenkreis, den verkaufsfördernden Handlungen der dort genannten Personen sowie zur Haftung des Ordinationsbetreibers für selbständige Vertriebstätigkeiten seiner Sprechstundenhilfe und Ehefrau zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

§ 108 MPG verbietet im Rahmen der Verkaufsförderung für Medizinprodukte bei den Personen, denen im Rahmen der Verschreibung, Abgabe, Beschaffung für Einrichtungen des Gesundheitswesens, Errichtung, Inbetriebnahme oder Anwendung Aufgaben zukommen, diesen eine Prämie, finanzielle oder materielle Vorteile zu gewähren, anzubieten oder zu versprechen, es sei denn, sie sind von geringem Wert und für die medizinische oder medizintechnische Praxis von Belang. Diesen Personen ist es untersagt, die genannten Vorteile zu fordern, sich versprechen zu lasen oder anzunehmen.

Die Beklagten vertreten den Standpunkt, die Erstbeklagte gehöre nicht zu den in § 108 MPG aufgezählten Funktionsträgern, weil Personen aus diesem Kreis auszuscheiden seien, die keinerlei Einfluss darauf haben, ob und mit welchen Medizinprodukten ein Patient behandelt werde. Gerade bei hier interessierenden Magnetfeldtherapiegeräten werde ein Arzt nicht auf die Ratschläge seiner Sprechstundenhilfe angewiesen sein. Daran ändere sich auch nichts, wenn man berücksichtige, dass die Erstbeklagte auch unterstützende medizinische Tätigkeiten verrichte, weil diese einfachen Arbeiten keine Befähigung zur Beurteilung der therapeutischen Verwendbarkeit eines eher komplexeren Medizinprodukts wie eines Magnetfeldtherapiegeräts voraussetze.

Diese Argumentation übersieht allerdings, dass die Erstbeklagte nicht bloß eine Sprechstundenhilfe ohne medizinische Vorbildung und über ihre Hilfstätigkeit hinausgehende Beziehung zu ihrem ärztlichen Arbeitgeber ist, sondern einerseits aufgrund eines abgeschlossenen Medizinstudiums über fundierte Vorbildung verfügt und andererseits als Ehefrau des Zweitbeklagten in einem besonderen Naheverhältnis zu diesem steht, sodass ihr ein wesentlicher Einfluss auf Entscheidungen des Zweitbeklagten zukommt. Der Normzweck des § 108 MPG, die Entscheidung über Einsatz und Auswahl von Medizinprodukten möglichst nicht durch finanzielle Interessen der Entscheidungsträger zu beeinflussen, trifft daher auf die Erstbeklagte in gleicher Weise zu wie auf den Zweitbeklagten, sollte dieser als Arzt, der Magnetfeldtherapiegeräte einsetzt, gegen Provision den Ankauf solcher Geräte vermitteln. Das Rekursgericht hat daher die Erstbeklagte zutreffend zu jenen Personen gezählt, denen im Zusammenhang mit der Verschreibung, Abgabe, Beschaffung für Einrichtungen des Gesundheitswesens, Errichtung, Inbetriebnahme oder Anwendung von Medizinprodukten Aufgaben zukommen, weshalb sie materielle Vorteile weder fordern noch sich versprechen lassen oder annehmen dürfen.

Es geht bei der von der Erstbeklagten als unzulässiger Weise ihre Erwerbsmöglichkeiten beschränkend und daher im Widerspruch zum verfassungsgesetzlich geschützten Recht auf Erwerbsfreiheit nach Art 6 Abs 1 StGG stehend sowie gleichheitswidrig kritisierten Bestimmung des § 108 MPG nicht darum, unentgeltliche Leistungserbringung zu verlangen. Diese Bestimmung soll nicht nur der Förderung eines korrekten Beschaffungswesens im Gesundheitsbereich dienen, die Erläuternden Bemerkungen nennen als Ziel ganz allgemein eine "einwandfreie Fachwerbung". Darunter ist im Sinne der Erläuterungen zu den besonderen Bestimmungen für Betrieb, Abgabe, Verschreibung und Werbung (abgedruckt bei Schwamberger, MedizinprodukteG, 242 ff) die Abwehr von Gefahren für die menschlich Gesundheit ganz allgemein, sowie der Verbraucherschutz zu verstehen. Die Beschränkung der Erwerbsmöglichkeit wird also durch den Zweck des Gesetzes gerechtfertigt, die sachgerechte Beratung des Patienten dadurch abzusichern, dass der mögliche finanzielle Vorteil nicht Einfluss auf die Entscheidung haben soll, welches Medizinprodukt (welches Heilmittel oder welcher behandelnde Arzt/Krankenanstalt) empfohlen wird. Die dadurch bewirkte Einschränkung der Erwerbsmöglichkeiten der Erstbeklagten wie auch aller anderen vom § 108 MPG erfassten Personen dient dem Schutz der Gesundheit und damit einem grundsätzlich höherwertigen Rechtsgut. Es liegt daher keine unsachliche und damit gleichheitswidrige Differenzierung vor, die einen Verstoß gegen Art 7 B-VG bzw Art 2 StGG bedeutete (H. Mayer, B-VG2, Art 2 StGG, III mwN). Die Erstbeklagte wird daher auch in ihrem verfassungsgesetzlich geschützten Recht auf Erwerbsfreiheit nicht verletzt (vgl VfSlg 13.635; D 1205/01), zumal deren Beschränkung im öffentlichen Interesse (hier Gesundheits- und Verbraucherschutz) zulässig ist (H. Mayer aaO, Art 6 StGG, C. II mwN). Mangels Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der hier anzuwendenden gesetzlichen Bestimmung war daher von einer - von den Revisionswerbern angeregten - Antragstellung iSd Art 89 Abs 2 B-VG Abstand zu nehmen.

Ein Gesetzesverstoß begründet nur dann sittenwidriges Handeln iSd § 1 UWG, wenn er subjektiv vorwerfbar und geeignet ist, dem Verletzer einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen. Maßgebend ist dafür, ob die Auffassung des Beklagten über die Auslegung der verletzten Norm durch das Gesetz soweit gedeckt ist, dass sie mit gutem Grund vertreten werden kann (stRsp RIS-Justiz RS0077751; ÖBl 1983, 40 - Metropost I uva; zuletzt etwa 4 Ob 99/03t). Im Gegensatz zu der von den Beklagten vertretenen Auffassung durfte die Erstbeklagte im Hinblick auf den klaren Gesetzeswortlaut des § 108 MPG nicht darauf vertrauen, dass ihr Verhalten rechtskonform sei. Die Erstbeklagte ist nicht bloß angestellte Sprechstundenhilfe des Zweitbeklagten ohne nennenswerten Einfluss auf diesen, sondern vielmehr auch selbständige Lebens- und Beziehungsberaterin mit abgeschlossenem Medizinstudium und Ehefrau des Zweitbeklagten.

Zur Haftung des Zweitbeklagten:

§ 18 UWG normiert die Haftung des Unternehmers für Wettbewerbsverstöße, die im Betrieb seines Unternehmens begangen wurden. Im "Betrieb seines Unternehmens" werden insbesondere Personen tätig, die im Auftrag des Unternehmers bestimmte Arbeiten für das Unternehmen verrichten. Handeln sie im Zusammenhang damit wettbewerbswidrig, so hat der Unternehmer für ihre Handlungen einzustehen, wenn er aufgrund seiner Beziehung zum Handelnden die rechtliche Möglichkeit hat, den Wettbewerbsverstoß abzustellen (SZ 49/147 - fingierte Kundenbefragung; ÖBl 1990, 123 - Gemeinschaftswerbung; RIS-Justiz RS0079674).

§ 18 UWG stellt damit auf die rechtliche Möglichkeit des Unternehmens ab, den Wettbewerbsverstoß zu verhindern. Diese besteht jedenfalls dann, wenn der Unternehmer dem Handelnden Weisungen erteilen kann, und zwar auch dann, wenn der Unternehmer - etwa bei weisungswidrigen Verhalten des Handelnden - faktisch nicht in der Lage war, den Wettbewerbsverstoß zu verhindern; die Haftung nach § 18 UWG ist eine reine Erfolgshaftung (EvBl 2002/171 mwN).

Im vorliegenden Fall ist die Erstbeklagte als Sprechstundenhilfe im Unternehmen des Zweitbeklagten (Arztordination) angestellt und daher seinen Weisungen unterworfen. Der Zweitbeklagte hat daher die rechtliche Möglichkeit, die infolge Missachtung des § 108 MPG wettbewerbswidrige Tätigkeit der Erstbeklagten abzustellen. Er haftet daher nach § 18 UWG für die oben dargelegten Wettbewerbsverstöße der Erstbeklagten, das Rekursgericht hat den gegen den Zweitbeklagten gerichteten Unterlassungsanspruch somit zu Recht als bescheinigt angesehen.

Überdies richtet sich der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch nicht nur gegen den unmittelbaren Täter (Störer), sondern auch gegen Mittäter, Anstifter und Gehilfen des eigentlichen Störers. Für wettbewerbswidriges Verhalten eines anderen hat jeder einzustehen, der den Wettbewerbsverstoß durch eigenes Verhalten gefördert oder überhaupt erst ermöglicht hat (ÖBl 1999, 229 - Erinasolum; ÖBl 2003, 22 - Das versteckte Mikrofon je mwN). "Gehilfe" im Sinne dieser Rechtsprechung ist derjenige, der den Täter bewusst fördert (ÖBl 1991, 101 - Einstandsgeschenk ua). Er muss - wie es § 12 StGB und § 7 VStG formulieren - zur Ausführung der Tat beitragen oder diese erleichtern (ÖBl 2003, 22 - Das versteckte Mikrofon mwN).

Der Zweitbeklagte stellt der Erstbeklagten nicht bloß fallweise seine Ordinationsräumlichkeiten zur Verfügung, woraus die Revisionsrekurswerber die Überspannung des vom Rekursgericht angelegten Haftungsmaßstabs ableiten wollen, sondern er hat nach dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt Kenntnis von der Tätigkeit seiner Ehefrau für die Drittbeklagte, weshalb die Ordinationsüberlassung eine bewusste Förderung der Erstbeklagten ist. Darüber hinaus verwies der Zweitbeklagte Kaufinteressenten an die Erstbeklagte und unterstützte sie darüber hinaus dadurch, dass er von der Erstbeklagten erwünschte Auskünfte an ihre Interessenten unentgeltlich erteilte. Dieses aufgrund des Naheverhältnisses der Eheleute der Lebenserfahrung entsprechende Zusammenwirken rechtfertigt jedenfalls die Haftung des Zweitbeklagten für die Wettbewerbsverstöße der Erstbeklagten.

Ebensowenig wie die Erstbeklagte kann sich der Zweitbeklagte mit Erfolg darauf berufen, dass er die von ihm unterstützte Tätigkeit der Erstbeklagten als rechtskonform angesehen habe. Angesichts des klaren Wortlautes der Bestimmung des § 108 MPG hätte auch ihm der Gesetzesverstoß und damit die Wettbewerbswidrigkeit auch seines Verhaltens bewusst sein müssen.

Die vom Rekursgericht zutreffend ausgesprochene Haftung der Drittbeklagten für die Wettbewerbsverstöße der Erst- und des Zweitbeklagten bekämpfen die Revisionsrekurswerber lediglich unter dem - unzutreffenden - Gesichtspunkt, dass eine Haftung der Drittbeklagten zu verneinen sei, weil weder die Erst- noch der Zweitbeklagte einen zurechenbaren Verstoß gegen die Bestimmungen des UWG gesetzt hätten.

Dem Revisionsrekurs musste daher ein Erfolg versagt bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO, jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.

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