OGH 2Ob239/03s

OGH2Ob239/03s16.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 10. April 2002 verstorbenen Herbert P*****, infolge Revisionsrekurses des Rechtsanwaltes Dr. Georg P*****, als Testamentsvollstrecker, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 17. Juli 2003, GZ 43 R 499/03f-52, womit infolge Rekurses des Dr. Georg P***** der Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 21. Mai 2003, GZ 7 A 136/02v-44 bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Erblasser Herbert P***** setzte in seinem eigenhändigen Testament vom 9. 8. 2000 samt Nachsatz vom 15. 5. 2001 (ON 11) seine beiden Kinder Alexander David (*****) und Katherine Rebecca (*****) zu seinen "Universalerben" ein. In einem fremdhändigen Testament vom 17. 1. 2002 setzte er ebenfalls seine beiden Kinder zu "Alleinerben" ein und bestimmte unter Punkt 3. wörtlich:

"3. Ich verfüge ausdrücklich, daß die Leistungen aus meinen Lebensversicherungen, durch die meine Kinder die Begünstigten sind, nicht direkt an meine beiden Kinder ausbezahlt werden, sondern auf ein Konto des Testamentsvollstreckers überwiesen werden und bevollmächtige Herrn RA Dr. Georg P***** in meinem Namen und namens der Verlassenschaft die erforderlichen Erklärungen abzugeben und die hiefür notwendigen Schritte zu setzen."

Punkt 5. des Testamentes lautet:

"5. Zum Testamentsvollstrecker bestimmte ich Herrn Dr. Georg P*****, insbesondere mit dem Auftrag, dafür Sorge zu tragen, daß meinen Kindern laufend bis zur Vollendung ihres 27. Lebensjahres Zahlungen geleistet werden und sie bis dahin nicht allein über ihren Erbteil verfügen können und die Aufteilung meines Nachlasses einvernehmlich erfolgt, wobei vorzeitige Zahlungen im Interesse des Wohles eines Kindes nach reiflicher Überlegung und in Abstimmung mit meinem Bruder Martin zulässig sind. Auch Gelder aus den Lebensversicherungen sind nach diesen Grundsätzen zu behandeln. Wohl verstanden ist, daß sämtliche Gelder, die der Testamentsvollstrecker für meine Kinder zu verwalten hat, bestmöglich zu veranlagen sind."

Diesem Testament wurde der Bruder des Erblassers Martin P***** und deren Eltern Wolfgang und Elisabeth P***** als Testamentszeugen beigezogen.

Mit Schriftsatz vom 26. 6. 2002 gab Rechtsanwalt Dr. Georg P***** dem Erstgericht seine Bereitschaft bekannt, das Amt des Testamentsvollstreckers anzunehmen.

Mit Beschluss vom 10. 7. 2002 (ON 18) in Verbindung mit der Rekursentscheidung vom 12. 11. 2002 (ON 30) wurden unter anderem die von den Kindern auf Grund des (eigenhändigen) Testamentes vom 9. 8 2000 samt Nachsatz vom 15. 5. 2001 je zur Hälfte des Nachlasses mit der Rechtswohltat des Inventars abgegebenen bedingten Erbserklärungen zu Gericht angenommen, weiters wurde ihr Erbrecht als ausgewiesen angesehen und ihnen gemeinsam die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses gemäß § 810 ABGB, § 145 AußStrG zur ungeteilten Hand überlassen.

Am 2. 5. 2003 beantragten die beiden erbserklärten Kinder beschlussmäßig festzustellen, dass Dr. Georg P***** nicht wirksam zum Testamentsvollstrecker bestellt worden und daher nicht Partei des Verfahrens sei. Bereits in der Rekursentscheidung (ON 30) sei die Formungültigkeit des fremdhändigen Testamentes des Erblassers vom 17. 1. 2002, in dem die Testamentsvollstreckung angeordnet worden sei und auf welche sich Dr. Georg P***** berufe, ausdrücklich festgestellt worden, weil mit den Großeltern der Erben keine fähigen Testamentszeugen beigezogen worden seien. Eine außergerichtliche Einigung zwischen dem Erbenmachthaber und Dr. Georg P***** sei daran gescheitert, weil Dr. P***** weiterhin den Standpunkt einnehme, wirksam zum Testamentsvollstrecker bestellt zu sein und daher auch über die Lebensversicherungen, die der Erblasser abgeschlossen habe, verfügen zu wollen.

Das Erstgericht hat beschlussmäßig festgestellt, "dass Dr. Georg P***** nicht wirksam zum Testamentsvollstrecker bestellt bzw ernannt wurde und nicht Partei des Verfahrens ist". Bei der letztwilligen Verfügung des Erblassers vom 17. 1. 2002, in der Dr. Georg P***** zum Testamentsvollstrecker bestimmt wurde, handle es sich um ein fremdhändiges Testament, dem als Testamentszeugen die Großeltern der eingesetzten Erben beigezogen worden seien, die keine fähigen Testamentszeugen seien; dieses Testament sei daher formungültig, weshalb der Erblasser Dr. Georg P***** nicht wirksam zum Testamentsvollstrecker ernannt habe. In der Folge werde das Verlassenschaftsverfahren ohne Beteiligung des Dr. Georg P***** mit den erbseklärten Erben durchzuführen und zu beenden sein.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Dr. Georg P***** nicht Folge und bestätigte diesen Beschluss. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Ein Testamentsvollstrecker könne zwar nicht Träger erblasserischer Rechte sein, sondern habe nur als Machthaber für die Vollziehung der Anordnungen des Erblassers zu sorgen; im Hinblick auf diese Aufgaben seien ihm die Parteistellung und das Rekursrecht soweit zuzugestehen, als seine Agenden von verlassenschaftsgerichtlichen Verfügungen betroffen würden. Hier sei die vom Rekurswerber behauptete Parteistellung im außerstreitigen Verfahren zu klären. Nach der Judikatur könne ein wirksam bestellter Testamentsvollstrecker aus wichtigen Gründen im Verlassenschaftsverfahren abberufen werden, weshalb auch die Prüfung der Wirksamkeit einer behaupteten Bestellung zum Testamentsvollstrecker im Verlassenschaftsverfahren zulässig sein müsse. Der Erblasser habe Dr. Georg P***** nur in seinem fremdhändigen Testament vom 17. 1. 2002 zum Testamentsvollstrecker bestimmt. Als Testamentszeugen seien die Großeltern der beiden als Erben eingesetzten Kinder beigezogen worden. Großeltern der in einem Testament Begünstigten seien keine fähigen Testamentszeugen nach § 594 ABGB, weil nach § 42 ABGB unter "Eltern" alle Verwandten in der aufsteigenden Linie zu verstehen seien. Das Testament vom 17. 1. 2002 sei formungültig und stelle keinen tauglichen Erbrechtstitel dar. Zwar könne ein Testamentsvollstrecker sowohl in einem Testament als auch in einem Kodizill bestellt werden, doch müsse diese letztwillige Verfügung gültig sein. Wesentliche Aufgabe des Testamentsvollstreckers sei es, die Durchführung des letzten Willens des Erblassers zu überwachen, doch könne hier dieser letzte Wille nicht vollzogen werden, weil keine wirksame letztwillige Verfügung vorliege. Die letztwillige Anordnung und die damit verbundene Bestellung eines Testamentsvollstreckers stünden in einem untrennbaren Zusammenhang. Die Ungültigkeit der letztwilligen Verfügung erfasse auch die damit verbundene Einsetzung eines Testamentsvollstreckers. Da Dr. P***** nicht wirksam zum Testamentsvollstrecker bestellt worden sei, komme ihm auch keine daraus ableitbare Parteistellung zu.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Zulässigkeit eines Feststellungsbeschlusses im Verlassenschaftsverfahren über die gültige Einsetzung eines Testamentsvollstreckers und zur Frage, ob die Ungültigkeit der letztwilligen Verfügung auch die dort erfolgte Einsetzung eines Testamentsvollstreckers umfasse, fehle.

Im Revisionsrekurs des Dr. Georg P***** wird zugestanden, dass Großeltern keine tauglichen Testamentszeugen sind, aber - zusammengefasst - releviert, dass sich die Unfähigkeit eines Testamentszeugen nur auf die Zuwendung beziehe, die dem Zeugen selbst oder einer in § 594 ABGB genannten Person zukommen solle. Andere darin enthaltene letztwilligen Verfügungen seien gültig. Bei der Bestellung eines Testamentsvollstreckers handle es sich nicht um eine Zuwendung an die als Erben eingesetzten Enkelkinder des Testamentszeugen, weshalb die Bestellung wirksam erfolgt sei; dies auch unter Berücksichtigung des "favor testamenti". Ergänzend wird darauf verwiesen, dass die Verfügung des Erblassers in Punkt 3 des Testaments vom 17. 1. 2002 betreffend Lebensversicherungen mit Bezugsberechtigung für seine Kinder das Verlassenschaftsverfahren gar nicht betreffe, weil Lebensversicherungen mit Bezugsberechtigung zugunsten namentlich bezeichneter Personen nicht in den Nachlass fielen.

Rechtliche Beurteilung

Dazu ist auszuführen:

Vorweg ist festzuhalten, dass - wie der Revisionsrekurswerber zutreffend darstellt - Lebensversicherungen mit Begünstigung, sofern der Versicherungsnehmer irgendwie über seine Ansprüche verfügt hat, aus dem Nachlass auszuscheiden sind und nur dann Bestandteil des Nachlasses sind, wenn schlechterdings kein Begünstigter vorhanden ist (7 Ob 158/98f = EF 89.949; 7 Ob 254/99z = SZ 72/171 = NZ 2000, 218). Soweit daher Lebensversicherungen vom Erblasser mit Begünstigung abgeschlossen worden sind, sind diese aus dem Nachlass auszuscheiden.

Zur vom Rekursgericht aufgeworfenen Frage der Zulässigkeit eines Feststellungsbeschlusses im Verlassenschaftsverfahren über die Wirksamkeit der Bestellung eines Testamentsvollstreckers ist zunächst auf die Entscheidung des erkennenden Senates 2 Ob 105/98z (= EF 87.260) zu verweisen, in der zum Ausdruck gebracht wurde, dass einer vom Erblasser bestimmten Person, wenn sie durch einen gesonderten Beschluss des Verlassenschaftsgerichtes mit der Verwaltung des gesamten Nachlasses oder der Vornahme einzelner Verwaltungshandlungen betraut wurde, dann durch einen vom Verlassenschaftsgericht im Verfahren außer Streitsachen zu fassenden Beschluss die ihr übertragenen Befugnisse zu entziehen sind, wenn wichtige Gründe dies geboten erscheinen lassen. Damit wurde - unter Berücksichtigung der Judikatur, der Testamentsvollstrecker könne vom Abhandlungsgericht bei Vorliegen wichtiger Gründe von seiner Funktion enthoben werden - jedenfalls die Zulässigkeit des Verfahrens außer Streitsachen bei Abberufung eines Testamentsvollstreckers bejaht (weitere Nachweise in 2 Ob 105/98z). Da aber die selben Grundsätze auch zur Klärung der Frage, ob ein Testamentsvollstrecker überhaupt wirksam bestellt wurde und als Partei dem Verlassenschaftsverfahen beizuziehen ist, zum Tragen kommen, ist der Rechtsmeinung des Rekursgerichtes, das Verlassenschaftsgericht sei befugt, über die Wirksamkeit einer Bestellung zum Testamentskurator abzusprechen, beizutreten (so schon ZBl 1918/117). Der in der Entscheidung NZ 1935, 77 geäußerten, vereinzelt gebliebenen und nicht näher begründeten Rechtsansicht kann nicht gefolgt werden.

Der Testamentsvollstrecker wird nicht vom Gericht bestellt, sondern vom Erblasser ernannt: Die Ernennung muss in einem formgültigen letzten Willen, also in einem Testament oder Kodizill erfolgen. Eine formlose Erklärung des Erblassers genügt nicht (Welser in Rummel ABGB3 Rz 1 zu § 816 mwN).

Unbestritten sind Großeltern keine tauglichen Testamentszeugen im Sinne des § 594 ABGB, weshalb das fremdhändige Testament vom 17. 1. 2002 formungültig ist.

Der Revisionsrekurswerber verweist auf die Rechtsprechung, die Ungültigkeit einer letztwilligen Verfügung erfasse jeweils nur die Zuwendung, auf die sich die Unfähigkeit des Zeugen beziehe; die Bestellung zum Testamentsvollstrecker beziehe sich nicht auf die "Zuwendung" und sei daher wirksam erfolgt.

Es trifft zwar zu, dass nach ständiger Rechtsprechung und Lehre eine an sich formungültige letztwillige Anordnung insoweit formgültig bleibt, als sie weitere Verfügungen enthält, auf die sich die von Gesetzes wegen angenommene und daher unwiderlegbare Befangenheit der Testementszeugen nicht erstreckt (1 Ob 600/89 mwN aus der Lehre = SZ 62/131 = JBl 1990, 51). Der Oberste Gerichtshof teilt aber die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, dass die im (formungültigen) Testament vom 17. 1. 2002 verfügte Erbseinsetzung der Kinder des Erblassers im unlösbaren Zusammenhang mit der gleichzeitig erfolgten Bestellung eines Testamentsvollstreckers steht und in diesem Falle die Ungültigkeit der Erbseinsetzung auch die Ungültigkeit der Bestellung eines Testamentsvollstreckers nach sich zieht (vgl Koziol/Welser II12 457 mwN).

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