OGH 14Os22/03

OGH14Os22/0324.6.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Juni 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart der Rechtspraktikanten Mag. Allmayer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Erika H***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall, Abs 3 erster Fall SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Erika H***** und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 1. Oktober 2002, GZ 26 Hv 80/02p-136, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Staatsanwalt Mag. Oshidari, des Verteidigers Dr. Wabnegg (für T*****) und der Angeklagten T*****, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten H***** und I***** zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Erika H***** wird verworfen. Die Berufung der Staatsanwaltschaft wegen Schuld wird zurückgewiesen.

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft und aus deren Anlass (§ 290 Abs 1 StPO) wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch A. 1. betreffend die Angeklagten Erika H*****, Rosana T***** und Gerlinde I***** sowie im Rosana T***** betreffenden Freispruch vom Anklagevorwurf B. des als Vergehen nach § 28 Abs 1 zweiter Fall SMG inkriminierten Besitzes von 55 Gramm Kokain, demgemäß auch in den alle Angeklagten treffenden Strafaussprüchen (einschließlich der Vorhaftanrechnungen) mit Ausnahme des Einziehungserkenntnisses nach § 34 SMG aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen. Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft verworfen.

Der Berufung der Angeklagten Erika H***** gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche wird nicht Folge gegeben. Mit ihrer Berufung betreffend die drei Angeklagten wird die Staatsanwaltschaft auf die kassatorische Entscheidung verwiesen. Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen den drei Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden - soweit für das Nichtigkeitsverfahren von Relevanz - Erika H*****, Gerlinde I***** und Rosana T***** zu A. 1. des Schuldspruchs jeweils des Verbrechens nach § 28 Abs 2 (zweiter und dritter Fall) und Abs 3 erster Fall SMG, Erika H***** und Gerlinde I***** als Beteiligte nach § 12 (dritter Fall) StGB schuldig erkannt.

Danach haben sie den bestehenden Vorschriften zuwider gewerbsmäßig ein Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) aus- und eingeführt, "um es in Verkehr zu setzen", indem Gerlinde I***** im März 2001 im Auftrag der Erika H***** 3.000 US-Dollar nach Brasilien brachte und dort einem gewissen "William" zwecks Beschaffung von Kokain übergab und Rosana T***** im Juli 2001 im Auftrag der Erika H***** (die mit dem von Gerlinde I***** überbrachten Bargeld inzwischen beschafften) 60 Gramm hochwertiges Kokain von Brasilien nach Österreich transportierte, wobei Rosana T***** selbst an ein Suchtgift gewöhnt war und die Tat vorwiegend deshalb beging, um sich für den eigenen Gebrauch ein Suchtmittel zu beschaffen. Erika H***** wurde zu C. 1. des Schuldspruchs überdies schuldig erkannt, sie habe mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereicheren, dadurch, dass sie bei der A***** eine Schadensmeldung machte, wobei sie angab, ihr Gartenhaus sei aus unbekannter Ursache in Brand geraten, und dabei verschwieg, dass Gerlinde I***** über ihre Anstiftung und ihre Beihilfe die Gartenhütte in Brand gesetzt habe, sohin durch Täuschung über Tatsachen zur Auszahlung eines Versicherungsbetrages von 353.889 S (=

25.718 EUR) verleitet und die genannte Versicherung an ihrem Vermögen um diesen Betrag geschädigt.

Von der weiter wider Gerlinde I***** und Erika H***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG sowie gegen Rosana T***** wegen des Vergehens nach § 28 Abs 1 zweiter Fall SMG erhobenen Anklage, es haben den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift in einer großen Menge, und zwar

1. Gerlinde I***** und Erika H***** im Jänner 2001 gewerbsmäßig dadurch aus- und eingeführt "bzw in Verkehr gesetzt", dass Gerlinde I***** nach Organisation und im Auftrag der Erika H***** Kokain in einer unbekannten (jedenfalls großen) Menge im Wert von mindestens 50.000 S von Brasilien nach Österreich brachte (Anklagefakten A. 1. a. und b.);

2. Rosana T***** am 31. Juli 2001 in Wels ca 55 g Kokain mit dem Vorsatz besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde (Anklagefaktum B.),

wurden die drei Angeklagten jedoch gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Gemäß § 369 Abs 1 StPO wurden Erika H***** und Gerlinde I***** zur ungeteilten Hand schuldig erkannt, der A***** AG 25.718 EUR bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Nach den maßgeblichen Urteilskonstatierungen unternahm Gerlinde I***** im Jänner 2001 "oder etwas früher" eine Reise nach Brasilien. Sie hatte zu diesem Zweck 5.000 S von Erika H***** erhalten. Ihre Hoffnung, ein "Suchtgiftkontaktmann" des Sohnes der Angeklagten Erika H***** namens "William" könnte ihr in Brasilien Suchtgift zur Einfuhr nach Österreich zur Verfügung stellen, erfüllte sich nicht, zumal I***** über keine finanziellen Mittel zum Ankauf verfügte. Bei ihrer Rückkehr wurde "keinerlei Suchtgift festgestellt" (US 6 f). Im März 2001 reiste I***** neuerlich nach Brasilien. Dabei übergab sie einen von Erika H***** übernommenen, dem Ankauf von Kokain gewidmeten Betrag von 3.000 US-Dollar auftragsgemäß an "William", der jedoch vor Herausgabe des Suchtgiftes noch die Eignung der Angeklagten I***** als Schmugglerin überprüfen wollte. Da dieser das probeweise Verschlucken von Karottenstücken in der Größe von üblichen Suchtgiftportionen ("body-packs") nicht gelang, beschlossen "William" und der als Organisator des Suchtgifttransportes im Hintergrund wirkende (in der Zwischenzeit verstorbene) Andreas H***** nach zahlreichen Telefonaten, das Suchtgift der später nachkommenden Rosana T***** mitzugeben. I***** kehrte ohne die verbotenen Substanzen nach Österreich zurück. Im Juli 2001 flog T***** im Auftrag der Erika H***** nach Brasilien und übernahm dort von "William" 60 Gramm Kokain in 12 Teilpackungen, welche sie verschluckte und nach Österreich schmuggelte (US 7 ff). Die an Suchtgift gewöhnte Rosana T***** beging diese Tat, um sich für den eigenen Gebrauch ein Suchtmittel zu beschaffen (US 9). Der Schöffensenat wertete die im Zuge der Brasilienreise vom Jänner 2001 entfaltete Tätigkeit der Gerlinde I***** "bestenfalls" als straflose Vorbereitungshandlung. Aus diesem Grund verneinte er auch einen strafbaren Tatbeitrag der Erika H***** im Sinne des § 12 (dritter Fall) StGB (US 7).

Die im Auftrag der Erika H***** erfolgten Brasilienfahrten der Angeklagten I***** und T***** im März und Juli 2001 wertete das Erstgericht (abweichend von der Beurteilung durch die Anklagebehörde, die insoweit zwei deliktische Angriffe inkriminierte) als eine einheitliche "Suchtgiftaktion" (US 8 f, 17). Es verurteilte T***** als unmittelbare Täterin, hingegen I***** und H***** als Beitragstäterinnen zur (letztendlich im Juli 2001) vollendeten Suchtgifteinfuhr nach § 28 Abs 2 zweiter Fall, Abs 3 erster Fall SMG (US 17 f).

Den der Rosana T***** als Vergehen nach § 28 Abs 1 zweiter Fall SMG zur Last gelegten Besitz von 55 Gramm Kokain (Anklagepunkt B.) erachtete der Gerichtshof als nicht strafbar, weil "diese Suchtgiftmenge" bereits in dem die Einfuhr von 60 Gramm Kokain betreffenden Schuldspruch A. 1. "enthalten" sei (US 9). Die auf Z 5, 7, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft richtet sich einerseits gegen die Zusammenfassung der Anklagefakten A. 2. und 3. zu einer von sämtlichen Angeklagten (in unterschiedlicher Beteiligung) zu verantwortenden Tat (Schuldspruch A. 1.), andererseits gegen die Freisprüche von den als weiteres Verbrechen nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall, Abs 3 erster Fall SMG hinsichtlich Gerlinde I***** und Erika H***** (Anklagepunkt A. 1.) sowie als das Vergehen nach § 28 Abs 1 zweiter Fall SMG betreffend Rosana T***** (Anklagepunkt B.) inkriminierten Sachverhalten.

Rechtliche Beurteilung

Ihr kommt teilweise Berechtigung zu.

A. Zur Beschwerde der Erika H***** und zur Berufung der Staatsanwaltschaft wegen Schuld:

Diese Angeklagte hat auch bei Anmeldung (ON 139) ihres (nicht ausgeführten) Rechtsmittels keine der im § 281 Abs 1 Z 1 bis 11 StPO aufgezeigten Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet. Gemäß § 285a Z 2 iVm § 285b Abs 1 StPO hätte sie daher schon der Vorsitzende zurückweisen müssen. Da dies nicht geschehen ist, war die Nichtigkeitsbeschwerde am Gerichtstag zu verwerfen. Die Berufung der Staatsanwaltschaft "wegen Schuld" (S 561/II) war zurückzuweisen, weil ein derartiges Rechtsmittel gegen Urteile von Kollegialgerichten in der Strafprozessordnung nicht vorgesehen ist.

B. Zur Beschwerde der Staatsanwaltschaft:

Zum Schuldspruch A. 1. (§ 28 Abs 2 und 3 erster Fall SMG) ist vorweg festzuhalten, dass entscheidende Tatsachen nicht festgestellt wurden (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO iVm § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO). Abgesehen davon, dass das Urteil keine Konstatierungen zur subjektiven Tatseite der drei Angeklagten enthält, blieb auch der Reinsubstanzgehalt des von ihnen arbeitsteilig nach Österreich eingeführten Kokains gänzlich unerörtert. Die bloße Nennung der Gesamtmenge von "60 Gramm hochwertigem Kokain" unter Hinzufügung der Bezeichnung als insgesamt "große" Menge im Urteilsspruch (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO - US 2) vermag die Feststellung des konkreten, auf der Basis der Reinsubstanz zu bestimmenden Suchtgiftquantums nicht zu ersetzen (vgl zuletzt 12 Os 3/03), welches der Beurteilung als große Menge (§ 28 Abs 6 SMG iVm der Suchtgift-GrenzmengenVO) zu Grunde zu legen wäre.

Damit fehlt es aber an den Voraussetzungen für die Subsumtion der Tat unter § 28 Abs 2 SMG, wodurch auch der Anwendung des § 28 Abs 3 erster Fall SMG die Grundlage entzogen ist (vgl 13 Os 169/01). Abgesehen davon ließe sich aber auch anhand der (sonstigen) Urteilsannahmen nicht beurteilen, ob die Angeklagten gewerbsmäßig im Sinn des § 28 Abs 3 erster Fall SMG, also in der Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) handelten, sich durch die wiederkehrende (hier aktuelle) Aus- und Einfuhr jeweils großer Suchtgiftmengen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Mangels Behebbarkeit dieser sich zum Nachteil aller Angeklagten auswirkenden (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO) Feststellungsmängel durch den Obersten Gerichtshof ist eine neue Hauptverhandlung und Entscheidung in erster Instanz nicht zu vermeiden.

Im Übrigen zeigt die Staatsanwaltschaft in ihrer (undifferenziert auf die Z 5, 7 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten) Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend auf, dass die Zusammenfassung der beiden von ihr gesondert inkriminierten Suchtgiftbeschaffungsfahrten im März und Juli 2001 als eine einheitliche Tat eine beweiswürdigende Auseinandersetzung mit den - vor allem in zeitlicher Hinsicht entgegenstehenden, allerdings in Bezug auf die Bestimmungsaktivitäten widersprüchlichen - Beweisergebnissen erfordert hätte (Z 5 zweiter Fall), wonach Rosana T***** erst einige Monate später im Auftrag der Erika H***** (US 8 und 13 f) bzw über Bitte des Andreas H***** (vgl US 17: "... eben erst später seine Freundin ... dazu motivierte ...") eine Suchtgiftschmuggelfahrt nach Brasilien unternommen hatte. Hingegen entbehrt die in diesem Kontext überdies (offenbar im Sinn der Z 10) erhobene (verfehlt auf Z 7 gestützte - vgl Ratz in WK-StPO § 281 Rz 523; 15 Os 27, 60/02) Rüge der gebotenen deutlichen und bestimmten (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO) Bezeichnung von Verfahrensergebnissen, welche über die vom Schuldspruch A. 1. erfasste Aus- und Einfuhr von 60 Gramm Kokain hinaus die Feststellung einer ausführungsnahen Handlung in Bezug auf den Rosana T***** und einer Bestimmungs- bzw Beitragshandlung in Bezug auf den Erika H***** als Teil des Anklagefaktums A. 3. angelasteten Versuch der Aus- und Einfuhr einer zusätzlichen Menge von 40 Gramm Kokain indizieren (vgl Ratz aaO Rz 600 f).

Ebenso wenig legt die gegen den Freispruch der Gerlinde I***** und der Erika H***** vom Vorwurf der Aus- und Einfuhr von Suchtgift im Jänner 2001 (Anklagepunkte A. 1. a. und b.) gerichtete (gleichfalls undifferenziert ausgeführte) Mängel- und Rechtsrüge (sachlich allein Z 9 lit a) deutlich und bestimmt dar, welche vor Abreise der Gerlinde I***** (noch) in Österreich stattgefundenen Gespräche und Vereinbarungen zwischen den Tatbeteiligten der Urteilsannahme entgegenstehen sollen, dass die im Zuge der (nachfolgenden) Brasilienreise entfaltete Tätigkeit der Gerlinde I***** ("bestenfalls") als Vorbereitungshandlung zu werten war (US 6 f). Die in der Beschwerde ausgeführte Aussage der Gerlinde I*****, wonach sie aufgefordert worden sei, im Jänner 2001 Suchtgift aus Brasilien nach Österreich zu verbringen, bezog sich auf Gespräche mit dem in der Zwischenzeit verstorbenen Andreas H***** ohne Einbindung seiner Mutter (S 484 f/II). Daher können daraus keine Anhaltspunkte für eine versuchte, indes misslungene Bestimmungstäterschaft der Erika H***** gewonnen werden. Soweit die Anklagebehörde unter Bezug auf Ausführungen der Gerlinde I***** (S 484/II) über eine undifferenzierte "Organisation" dieses Suchtgifttransportes durch Rosana T***** einen Tatbeitrag auch dieser Angeklagten erblickt, ist ihr zu entgegnen, dass Rosana T***** eine Beteiligung an der in der Anklageschrift zu A. 1. inkriminierten Tat nicht zur Last gelegt wurde.

Die eine "allfällige" Beurteilung des letztgenannten Anklagesachverhaltes als verbrecherisches Komplott nach § 277 Abs 1 StGB anstrebende Beschwerde benennt prozessordnungswidrig keine Beweisresultate, die auf die Planung eines gemeinsam - somit in unmittelbarer (Mit-)Täterschaft im Sinne des § 12 erster Fall StGB - auszuführenden (vgl Steininger in WK2 § 277 StGB Rz 5; Fabrizy StGB8 § 277 StGB Rz 2) Suchtgiftschmuggels hinweisen.

In ihrer gegen den Freispruch vom Anklagefaktum B. gerichteten Rechtsrüge (Z 9 lit a) wendet die Staatsanwaltschaft zutreffend ein, dass ein der Rosana T***** weiters zur Last gelegter - subjektiv besonders geprägter - (Inlands-)Besitz einer großen Menge Suchtgift nach § 28 Abs 1 zweiter Fall SMG mit der von ihr zuvor bewirkten Aus- und Einfuhr einer (insoweit) identen Suchtgiftmenge nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall SMG real konkurrieren kann (vgl Ratz in WK2 Vorbem zu §§ 28 bis 31 Rz 82; 15 Os 58/00; 15 Os 181/99; 12 Os 157/96). Aufgrund einer verfehlten gegenteiligen Rechtsansicht (US 9) unterließ jedoch der Gerichtshof die für die rechtsrichtige Beurteilung dieses inkriminierten Sachverhalts erforderlichen Feststellungen zu einem Verteilungsvorsatz der Angeklagten, sodass auch insoweit Urteilsaufhebung und Verfahrensneudurchführung unvermeidlich sind.

Im zweiten Rechtsgang wird daher zunächst zu berücksichtigen sein, dass die in der Anklage unter Punkt A. 2. und A. 3. inkriminierten Sachverhalte nach den bisherigen Verfahrensergebnissen (in tatsächlicher Hinsicht) nur dann als eine einheitliche, arbeitsteilig begangene Tat (Suchtgiftaus- und -einfuhr) beurteilt werden könnten, wenn Gerlinde I***** im März 2001 - entweder ohne von vornherein selbst den Kokaintransport durchführen zu wollen oder im Fall eines antizipierten Scheiterns desselben - durch die Übergabe des Geldes einen Tatbeitrag für den anschließend von Rosana T***** im Juli 2001 durchgeführten Suchtgiftschmuggel geleistet hätte. Das Erstgericht wird somit Feststellungen zum Tatplan und der diesbezüglichen subjektiven Ausrichtung der Beteiligten unter Berücksichtigung jener Beweisergebnisse zu treffen haben, wonach I***** dem brasilianischen "Suchtgiftkontaktmann" erst in Brasilien als "body-packer" nicht verlässlich oder geeignet erschienen war (US 8, 9, 16) und zwischen den beiden Brasilienfahrten von I***** und T***** mehrere Monate verstrichen waren.

Im Falle jeweils eigenständiger Beurteilung der Suchtgiftbeschaffungsfahrten im März 2001 und Juli 2001 aber wird bei (neuerlicher) Annahme einer das Entwicklungsstadium des Versuchs nicht erreichenden Handlung der Gerlinde I***** zu prüfen sein, ob bei dieser Angeklagten durch den von Erika H***** erhaltenen Auftrag zur Überbringung eines Geldbetrages von 3.000 US-Dollar an die (in Brasilien wohnhafte) Kontaktperson "William" (in objektiver und subjektiver Hinsicht) der Tatentschluss im Sinne des § 12 zweiter Fall StGB zur Suchtgiftaus- und -einfuhr erweckt wurde (vgl US 12 und 13), sodass - bejahendenfalls - bei Erika H***** insoweit (strafbare) versuchte Bestimmung in Betracht zu ziehen wäre (vgl Fabrizy in WK2 § 12 Rz 72 ff; Hager/Massauer in WK2 §§ 15, 16 Rz 22). Weiters wird das Tatgericht auf Basis mängelfreier Feststellungen zum Wirkstoffgehalt des geschmuggelten Suchtgiftes zu beurteilen haben, ob eine "große Menge" im Sinne des § 28 Abs 6 SMG aus- und eingeführt wurde. Zudem werden ausreichende Konstatierungen zu den tatbestandsessentiellen Vorsatzerfordernissen sowie zur gewerbsmäßigen Begehung des aktuellen (einmaligen) Suchtgifttransportes zu treffen sein.

Schließlich wird bei sachverhaltsmäßiger Bejahung der Aus- und Einfuhr einer großen Suchtgiftmenge durch Rosana T***** zu beachten sein, dass (gegebenenfalls) der nachfolgende Inlandsbesitz eines ebenfalls großen Teilquantums (Anklagefaktum B.) bei entsprechendem Verteilungsvorsatz zusätzlich Strafbarkeit nach § 28 Abs 1 zweiter Fall SMG begründen kann.

Der lediglich angemeldeten (ON 139), aber nicht ausgeführten Berufung der Angeklagten Erika H***** wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche war nicht Folge zu geben, weil sich dieser Zuspruch an die Privatbeteiligte A***** AG auf den - zum rechtskräftig gewordenen Schuldspruch C. 1. wegen des Vergehens des schweren Betruges - festgestellten Schaden stützte (US 19). Es lagen alle materiellen und formellen Voraussetzungen nach §§ 365 ff StPO vor, weshalb das Erstgericht gemäß § 369 Abs 1 StPO der Geschädigten die Schadloshaltung zuzuerkennen hatte, zumal sowohl der Betrug als auch die geschädigte Versicherungsanstalt mit Zuverlässigkeit bestimmt werden konnte.

Mit ihrer Berufung war die Staatsanwaltschaft auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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