OGH 10Ob7/03g

OGH10Ob7/03g27.5.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*****-GmbH, *****, vertreten durch Bichler & Zrzavy, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei P***** OEG, *****, vertreten durch Dr. Haimo Sunder-Plassmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 14. November 2002, GZ 38 R 204/02k-24, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Bei der Unterscheidung zwischen Geschäftslokalmiete und Unternehmenspacht kommt es immer auf die Gesamtheit der Umstände des Einzelfalles an, weshalb der Lösung dieser Frage im allgemeinen (von einer auffallenden, im Interesse der Rechtssicherheit zu korrigierenden Fehlbeurteilung abgesehen) keine erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zukommt (RIS-Justiz RS0020338 [T10]; RS0020486 [T2]; RS0020513 [T5]; RS0031183 insb [T4 und T5]).

Soweit das Berufungsgericht zur Rechtsauffassung gelangt ist, dass hier - zusammengefasst - die Übernahme eines "lebenden Geschäftslokals" mit Kundenstock und kompletter Ausstattung für das Vorliegen eines Pachtverhältnisses sprechen, während die fehlende Rückstellungsverpflichtung hier nicht ausschlaggebend, und eine Betriebspflicht ohnedies zu Grunde zu legen sei, sodass ein Pachtverhältnis und nicht, wie das Erstgericht meint, bloße Geschäftsraummiete vorliege, hat es sich an die von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Abgrenzungskriterien (RIS-Justiz RS0020261; RS0020338; RS0020351; RS0020398; RS0020451 insb [T10]; RS0020486; RS0020513 insb [T18 bis T20]; RS0020521; RS0108391 ua) gehalten und den Vertrag jedenfalls in vertretbarer Weise ausgelegt (zuletzt: 9 Ob 31/02b).

Daran, dass die bekämpfte Entscheidung des Berufungsgerichtes mit den zitierten, in der oberstgerichtlichen Rechtsprechung ständig vertretenen Rechtssätzen in Einklang steht, vermag die (neuerliche) Auflistung von - in der angefochtenen Entscheidung bereits berücksichtigten - Umständen, die für ein Mietverhältnis sprechen, nichts zu ändern; kann doch (bei der Abwägung der verschiedenen Argumente) eine Unternehmenspacht nach stRsp durchaus auch dann bejaht werden kann, wenn nicht alle für die Fortführung eines Unternehmens erforderlichen Merkmale gegeben sind (RIS-Justiz RS0020513 [T5]; RS0020398; RS0020486 [T9]; RS0020521; zuletzt: 6 Ob 36/03t mwN), und auch der Umstand, dass zwischen den Streitteilen nicht ausdrücklich die Rückstellung eines lebenden Unternehmens bedungen war, spricht nicht in jedem Fall gegen die Annahme eines Pachtvertrages (vgl SZ 70/184 [Einkaufszentrum] und RIS-Justiz RS0108391 [T1 bis T3: Institut für Computertomographie]).

Die Zulassungsbeschwerde beruft sich nun darauf, dass die angefochtene Entscheidung insofern von der Rsp des Obersten Gerichtshofes abweiche, als das Vorliegen einer konkludenten Betriebspflicht bejaht werde, obwohl auf Seiten der Beklagten kein wirtschaftliches Interesse an der Weiterführung des übergebenen Unternehmens (!) bestanden habe und die Klägerin zudem auch keine vertragliche Verpflichtung getroffen habe, ein lebendes Unternehmen an die Beklagte zurückzustellen (Hervorhebung durch den erkennenden Senat).

Dem ist zu erwidern, dass die Betriebspflicht nicht ausdrücklich vereinbart werden muss, sondern sich nach stRsp auch schlüssig aus den näheren Umständen ergeben kann (MietSlg 37.125/7 und 49.105 jeweils mwN; 6 Ob 106/99b mwN; RIS-Justiz RS0020351; RS0020513 [T18]), wobei auch die, im vorliegenden Rechtsmittel erörterten Fragen (des wirtschaftlichen Interesses des Bestandgebers an Bestehen und Art des Betriebes bzw jene der Rückgabeverpflichtung) der Beurteilung im Einzelfall unterliegen (RIS-Justiz RS0031183 [T7]; 6 Ob 106/99b; SZ 70/184; 3 Ob 274/02v).

Der Revisionswerberin gelingt es somit nicht, eine Rechtsfrage von der im § 502 Abs 1 ZPO genannten Bedeutung aufzuzeigen. Eine nach leg cit aufzugreifende Fehlbeurteilung ist nicht zu erkennen. Die außerordentliche Revision erweist sich daher als unzulässig.

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