Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Rekursgericht die Entscheidung über den Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluss unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Text
Begründung
Über Antrag der Kindesmutter verpflichtete das Erstgericht den Vater, zusätzlich zu der ihm aufgrund des Scheidungsvergleiches auferlegten Unterhaltsleistung von bisher S 2.000 beginnend ab 1. 9. 1999 bis 31. 3. 2000 einen weiteren Betrag von monatlich S 1.700 und ab 1. 4. 2000 einen weiteren Betrag von monatlich S 2.000 an Unterhaltszahlungen zu leisten.
Nachdem dieser Beschluss des Erstgerichtes an der zuletzt aktuellen Adresse des Vaters (B***** 4/2, *****) nicht zugestellt werden konnte, weil dieser laut Auskunft des Postamtes ohne Hinterlassung einer Adresse ins Ausland verzogen war, bestellte das Erstgericht mit Beschluss vom 21. 5. 2002 RA Dr. Georgia Alince gemäß § 6 AußStrG, § 116 ZPO zum Zustellkurator. Die Zustellung des erstgerichtlichen Beschlusses an die Zustellkuratorin erfolgte am 24. 6. 2002.
Am 12. 8. 2002 konnte schließlich die Zustellung des erstgerichtlichen Beschlusses an den Vater an der nun aktuellen Adresse M***** 28/4, ***** Wien, durch Hinterlegung bewirkt werden.
Den am 22. 8. 2002 vom Vater gegen den erstgerichtlichen Beschluss erhobenen Rekurs wies das Rekursgericht als verspätet zurück. Über Abänderungsantrag des Vaters änderte das Rekursgericht seinen Ausspruch über die Zulässigkeit des weiteren Rekurses dahin ab, dass es diesen mit der Begründung für zulässig erklärte, dass keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Rechtsfrage vorliege, ob trotz rechtswirksamer Bestellung einer Zustellkuratorin der Unterhaltspflichtige nach Verstreichen der ab Zustellung an die Kuratorin gerechneten Rekursfrist rechtzeitig Rekurs gegen den Unterhaltserhöhungsbeschluss erheben könne.
Rechtlich begründete das Rekursgericht seinen Zurückweisungsbeschluss damit, dass maßgeblich für den Beginn der 14-tägigen Rechtsmittelfrist die Zustellung des angefochtenen Beschlusses an die Zustellkuratorin sei.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen vom Vater erhobene Rekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist. Er ist auch berechtigt.
Das Erstgericht hat für den Vater gemäß § 116 ZPO iVm § 6 AußStrG einen Kurator bestellt, ohne dass die Voraussetzungen für eine solche Maßnahme vorgelegen wären. Gemäß dem nach § 6 AußStrG auch im Verfahren außer Streitsachen anzuwendenden § 116 ZPO hat das Gericht für Personen nur dann einen Kurator zu bestellen, wenn die Zustellung wegen deren unbekannten Aufenthaltes nur durch öffentliche Bekanntmachung geschehen könnte. Gemäß § 25 Abs 1 ZustG sind solche Zustellungen ua nur dann vorzunehmen, wenn nicht gemäß § 8 ZustG vorzugehen ist (RZ 1986, 9).
Gemäß § 8 Abs 1 ZustG - der auch im Verfahren außer Streitsachen anzuwenden ist (vgl 9 Ob 296/00w; Gitschthaler in Rechberger ZPO² § 87 ZPO [§ 8 ZustG] Rz 4), hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen. Bei Unterlassen dieser Mitteilung ist gemäß § 8 Abs 2 ZustG die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.
Diese Voraussetzungen lagen hier vor.
Das Erstgericht hätte daher, nachdem es festgestellt hatte, dass der Vater von der bisherigen Abgabestelle ohne Hinterlassung einer neuen Anschrift verzogen war, alle weiteren Zustellungen im Verfahren nicht an einen Kurator, sondern gemäß § 8 Abs 2 ZustG (durch Hinterlegung ohne vorhergehenden Zustellversuch gemäß § 23 ZustG) vornehmen müssen. Das Erstgericht hat somit bei dieser Verfahrenslage zu Unrecht die Zustellkuratorin bestellt. Ihre Bestellung und die an sie bewirkte Zustellung ist demnach nichtig. Mangels wirksamer Bestellung des Kurators ist die Rechtsmittelfrist erst mit Zustellung der Beschlussausfertigung an den Vater in Gang gesetzt worden (§ 7 ZustG; vgl dazu RZ 1986, 9; 6 Ob 601/86).
Der Rekurs des Vaters ist daher rechtzeitig.
Im fortgesetzten Verfahren wird das Rekursgericht die vom Erstgericht vorgenommene Unterhaltserhöhung inhaltlich zu überprüfen haben.
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