Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.063,80 (darin enthalten EUR 177,30 an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin kaufte am 10. 12. 1994 die gegenständlichen Miteigentumsanteile, mit denen Wohnungseigentum untrennbar verbunden ist. Der Verkäufer verkaufte und übergab an die Klägerin alle Rechte und Vorteile, mit denen er das Kaufobjekt bisher besessen und benützt und zu besitzen und zu benützen berechtigt war.
In der Wohnung der Klägerin kam es zu Setzungen und Rissbildungen, wobei ihr diese Schäden erstmals im Jahr 1995 aufgefallen waren. Setzungsschäden sind grundsätzlich bereits seit Errichtung des Gebäudes bekannt. Als die Beklagte als Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage im Februar 2000 die Wohnungseigentümer auf die verstärkten Rissbildungen und Schäden an Türstöcken udgl hinwies, stimmten 75 % der Eigentümer schriftlich der Beauftragung der bautechnischen Versuchs- und Forschungsanstalt zu, um die Ursache der Schäden zu ermitteln. Mit Schreiben vom 27. 6. 2000 gab die Beklagte dem Klagevertreter das Ergebnis der Untersuchung bekannt. Die Ursache dürfte danach in Setzungsdifferenzen zwischen den Streifenfundamenten liegen. Die Beklagte ließ gebrochene Rohre der Dachentwässerung im Bereich der Wiese erneuern, den Zustand der geschädigten Wohnungen aufnehmen und veranlasste letztlich die Sanierung der Fundamente, was einen Kostenaufwand von S 481.971,57 verursachte. Der Betrag wurde anteilig durch Sondervorschreibungen aufgebracht. In der Folge kam es zu keinen weiteren Gebäudesetzungen.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Bezahlung des Klagsbetrages aus dem Titel des Schadenersatzes, weil sie ihre Verwalterpflichten gemäß § 17 Abs 2 WEG, nämlich die Wahrung der Interessen aller Miteigentümer, dadurch verletzt habe, dass sie die Klägerin nicht auf die drohende Verjährung der Schadenersatzansprüche gegen den Erstverkäufer (diese seien ihr im Rahmen des Kaufvertrages von ihrem Rechtsvorgänger zediert worden) im März 2000 hingewiesen habe. Der Wert ihrer Wohnung sei um 15 % gemindert worden.
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage mit der Begründung, dass der Klägerin keine vertraglichen Ansprüche gegen den Erstverkäufer zustünden. Das Gebäude sei am 16. 3. 1970 fertiggestellt und übergeben worden. Die betraute Baufirma existiere seit dem Jahr 1994 nicht mehr, sodass gegen sie im Jahr 1995 nicht mehr hätte vorgegangen werden können. Die Schäden an den Einzelwohnungen seien nicht von der Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern von den einzelnen Wohnungseigentümern geltend zu machen. Es treffe sie keine Verletzung von Hausverwalterpflichten.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren vollinhaltlich ab. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, dass nur der Erwerber, nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft forderungsberechtigt gewesen wäre. Der Klägerin sei die Tatsache von Baumängeln seit dem Jahr 1995 bekannt gewesen, sodass es ihre Sache gewesen wäre, bis Ende der absoluten Verjährungsfrist im März 2000 Verfügungen zu treffen und letztendlich juristischen Rat einzuholen. Der Klägerin hätte nach dem Verhalten der Beklagten klar sein müssen, dass diese nicht den Weg der gerichtlichen Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen, sondern jenen der Sanierung auf Kosten der Miteigentümer, gehe. Das Erteilen von Rechtsberatungen zur Frage der Verjährungsproblematik zähle nicht zu den Aufgaben der ordentlichen Verwaltung.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Hinsichtlich der Geltendmachung von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen sei nur der Erwerber, nicht jedoch die Wohnungseigentümergemeinschaft, forderungsberechtigt. Die dem Verwalter gemäß § 17 Abs 1 WEG obliegende Verwaltung der Liegenschaft und Vertretung aller Miteigentümer umfasse daher nicht die Wahrnehmung von Schadenersatz- und Gewährleistungsansprüchen aus den einzelnen von den Wohnungseigentümern mit dem Bauträger abgeschlossenen Kaufverträgen. Die Beklagte treffe daher als Hausverwalterin keine gesetzliche Pflicht zur Rechtsberatung der Wohnungseigentümer hinsichtlich dieses Anspruches. Eine "umfassende" Fürsorgepflicht dadurch, dass im Hausverwaltungsvertrag ein über die nach außen wirkende Bevollmächtigung hinausreichender Auftrag zur Rechtsberatung im Innenverhältnis enthalten sei, behaupte die Klägerin selbst nicht. Dies wäre auch ein untypischer Vertragsinhalt.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, da es an oberstgerichtlicher Rechtsprechung zur Interpretation des Begriffes "Interessenwahrung" im Sinne des § 17 Abs 2 WEG fehle.
Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache zur Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
Die Revisionswerberin stützt sich neuerlich darauf, dass es eine Verletzung der Verwalterpflichten der Beklagten bedeute, wenn sie den einzelnen Miteigentümer nicht auf die Gefahr der Verjährung von Ansprüchen aus Baumängeln hinweise, weshalb sie für die verlorene Regressmöglichkeit hafte.
Nach den hier anzuwendenden Bestimmungen vor Inkrafttreten des WEG 2002 (mangels Rückwirkungsanordung durch den Gesetzgeber sind auf den rechtserheblichen Sachverhalt jene materiellen Normen anzuwenden, die im Zeitpunkt seiner Verwirklichung gegolten haben [RIS-Justiz RS0107268, RS0101471]) ist der Verwalter verpflichtet, die Interessen aller Miteigentümer (als Miteigentümerschaft) zu wahren und demgemäß Weisungen der Mehrheit zu befolgen und die Aufgaben nach Abs 1 leg cit zu erfüllen (§ 17 Abs 2 WEG).
Der Hausverwalter hat demnach nicht nur die Interessen der Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern auch des einzelnen Wohnungseigentümers zu wahren (vgl zum Spannungsverhältnis E.M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 20 WEG zu Rz 10; Löcker, Die Wohnungseigentümergemeinschaft, S 301 f). Eine allgemeine Definition der Interessenswahrungspflicht läßt sich auf Grund der Vielzahl der denkbaren Lebenssachverhalte nicht geben. Die Interessenswahrungspflicht kann sich oftmals nur aus den Umständen des Einzelfalls ergeben.
Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die Behebung der Baumängel nach Beschlussfassung durch die Wohnungseigentümer auf deren Kosten durchgeführt wurde und die Klägerin für den von ihr angestrebten Schadenersatzanspruch selbst forderungsberechtigt gewesen wäre (RIS-Justiz RS0108157, RS0013430 ua). Die Klägerin konnte nicht darauf vertrauen, dass die Beklagte Ansprüche gegen den Erstverkäufer verfolge und damit ihre Ansprüche wahre, da sie von vornherein erklärtermaßen nur die Sanierung der Mängel auf Kosten der Wohnungseigentümer betrieb.
Eine abstrakte Rechtsbelehrungspflicht dem einzelnen Wohnungseigentümer gegenüber über allgemeine Verjährungsfristen eines dem Wohnungseigentümer selbst gegen den Erstverkäufer zustehenden Anspruches geht über die Interessenswahrungspflicht des Verwalters hinaus. Gerade Fragen der Verjährung können im Einzelfall überaus diffizil sein und die Beiziehung eines Rechtskundigen notwendig machen. Es gehört nicht zu den typischen Verwalterpflichten nicht von ihm selbst geltend zu machende Ansprüche evident zu halten und den Berechtigten vor einer allgemeinen Verjährung zu warnen. Es wäre an der Klägerin gelegen, ihre Regressansprüche zu wahren und rechtzeitig einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.
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