OGH 9Ob247/02t

OGH9Ob247/02t23.4.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Nanoli B*****, Angestellte, *****, vertreten durch Prof. Dipl. Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B*****GmbH, *****, vertreten durch Dr. Friedrich Aichberger und Dr. Friederike Wallentin-Hermann, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufhebung eines Kaufvertrages und Zahlung von EUR 25.378,95 sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 27. September 2002, GZ 3 R 87/02i-24, womit das Teilurteil des Handelsgerichtes Wien vom 30. Jänner 2002, GZ 23 Cg 186/00d-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Das Verfahren wird im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Beklagte verkaufte der Klägerin auf Grund eines "Kaufvorantrags" vom 24. 8. 1999 einen fabriksneuen PKW um S 268.000,-. Die Übergabe des Fahrzeugs an die Klägerin erfolgte am 2. 9. 1999. Die Klägerin begehrt, den Kaufvertrag aufzuheben und die Beklagte schuldig zu erkennen, der Klägerin Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs den von ihr gezahlten Kaufpreis von S 268.000,-

zurückzuzahlen und ihr S 81.000,- sA zu ersetzen. Ferner erhob die Klägerin ein Eventualbegehren auf Zahlung von S 72.000,-. Der PKW habe eine Reihe gravierender Mängel aufgewiesen. Die Klimaanlage, die Spiegelheizung und die Heckscheibenheizung funktionierten nicht, sodass beschlagene Scheiben weder mit Hilfe der Heizung, noch mit Hilfe des Gebläses oder der Klimaanlage gereinigt werden könnten. Überdies sterbe der warmgelaufene Motor in unregelmäßigen Abständen ab, sodass ein zweckentsprechender Betrieb des Fahrzeugs nicht möglich sei. Der linke Fensterheber stottere und klappere bei Benützung und die Fernbedienung zum Öffnen und Schließen des Fahrzeugs funktioniere teilweise nicht. Die wiederholt zur Mängelbehebung aufgeforderte Beklagte habe zwar Reparaturen durchgeführt, die angeführten Mängel aber nicht behoben. Die Klägerin habe sich bei Abschluss des Kaufvertrags im Irrtum befunden, weil sie angenommen habe, dass sie ein von den beanstandeten Mängeln freies Fahrzeug erhalten werde. Dieser Irrtum sei von der Beklagten veranlasst worden, deren Mitarbeiter ihr entsprechende Zusagen gemacht hätten. Bei Kenntnis der wahren Sachlage hätte sie den Vertrag nicht geschlossen. Die Klägerin begehre daher aus dem Titel der Gewährleistung und des Irrtums die Wandlung bzw. Aufhebung des Kaufvertrages und demgemäß die Rückzahlung des Kaufpreises. Sie stütze ihr Klagebegehren insofern auch auf Schadenersatz, weil ihr im Umfang des Klagebetrages auch ein Schaden erwachsen sei.

Ab 1. 10. 2000 habe die Klägerin das Fahrzeug nicht mehr benützt, sondern ein Ersatzfahrzeug gemietet, für das sie monatlich S 6.000,-

Miete zu zahlen habe. Daraus ergebe sich eine Ersatzforderung von S 81.000,-, die aus dem Titel des Schadenersatzes geltend gemacht werde.

Mit ihrem Eventualbegehren begehrt die Klägerin die Kosten der notwendigen Instandsetzung des Fahrzeugs.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die von der Klägerin geltend gemachten Gewährleistungsansprüche seien verfristet. Die Voraussetzungen für eine Anfechtung des Vertrages wegen Irrtums seien nicht gegeben. Die Beklagte sei nur Händler und habe das fabriksneue Fahrzeug vom Hersteller übernommen; vorhandene Mängel habe sie daher weder veranlasst oder verschuldet, noch hätten sie ihr auffallen müssen. Überdies seien die behaupteten Mängel teilweise nicht vorgelegen, tatsächlich vorhandene Mängel seien - bis auf einen Fehler der Klimaanlage - behoben worden. Für die Reparatur der Klimaanlage habe erst ein zunächst nicht lieferbarer Ersatzteil besorgt werden müssen, nach dessen Einlangen sich die Klägerin jedoch nicht mehr bei der Beklagten gemeldet habe. Überdies fehle es an der Wesentlichkeit der behaupteten Mängel.

Ferner wendete die Beklagte eine Gegenforderung von S 98.222,-

compensando ein. Dabei handle es sich um das angemessene Benützungsentgelt, das die Klägerin für die Benützung des Fahrzeugs während eines Jahres zu zahlen habe.

Das Erstgericht wies die Klagehauptbegehren ab und behielt die Entscheidung über das Eventualbegehren der Endentscheidung vor. Soweit im Revisionsverfahren von Interesse, stellte es folgenden Sachverhalt fest:

Am 13. 9. 1999 machte die Klägerin erstmals Mängel des ihr am 2. 9. 1999 übergebenen Fahrzeugs geltend, darunter auch den Umstand, dass der Motor sowohl in warmem als auch in kaltem Zustand absterbe. Mit Ausnahme des gerügten Absterbens des Motors wurden die geltend gemachten Mängel repariert; das Absterben des Motors konnte jedoch von der Beklagten, die eine Überprüfung mit einem Fehlerdiagnosegerät durchführte, nicht verifiziert werden. Der Klägerin wurde das Fahrzeug am 15. 9. 1999 mit dem Hinweis wieder ausgefolgt, dass die Ursache für das Absterben nicht gefunden worden sei, dass das Fahrzeug allerdings erst eingefahren werden müsse.

Die Klägerin kontaktierte die Beklagte in der Folge erst wieder am 7. 4. 2000, also mehr als sechs Monate nach dem letzten Kontakt, weiters am 11. 4. und am 20. 4. 2000. Anlass für diese Kontakte waren ein von der Beklagten routinemäßig angebotener Fahrzeugtest, ein Reifenwechsel und die Reparatur einiger nicht klagegegenständlicher Mängel. Über die in der Klage geltend gemachten Mängel wurde dabei nicht gesprochen.

Diverse nunmehr zum Anlass für das Wandlungsbegehren herangezogene Mängel machte die Klägerin - die zu diesem Zeitpunkt mit dem Fahrzeug bereits ca 15.000 km gefahren war - am 27. 4. 2000 geltend. Sie beanstandete wieder das (zuletzt am 15. 9. 1999 geltend gemachte) Absterben des Motors sowie Leerlaufprobleme, ferner - erstmals seit Übergabe des Fahrzeugs - Geräusche beim Heben oder Senken der Fenster und das Nichtfunktionieren der Klimaanlage. Am 2. 5. 2000 und am 9. 5. 2000 bemängelte die Klägerin überdies ein Problem bei Klimaanlage, Gebläse und Heckscheibenheizung. Die Beklagte führte (kostenfrei) Reparaturarbeiten am rechten Fenster durch und bestellte für die Reparatur der Klimaanlage einen bei ihr nicht vorhandenen Ersatzteil nach. Das Vorliegen der übrigen Mängel konnte sie nicht verifizieren. Die Klägerin nahm das Fahrzeug wieder entgegen, gab sich zunächst mit der nach Einlangen des bestellten Ersatzteils in Aussicht gestellten Instandsetzung der Klimaanlage zufrieden, nicht jedoch mit der von ihr als unergiebig empfunden Erklärungen der Beklagten über das Absterben des Motors und das - von der Beklagten auf Fehlbedienung zurückgeführte - Umluftproblem. Die Klägerin schlug vor, diese Probleme während einer von ihr geplanten fünftägigen Auslandsreise umfassen zu überprüfen. Die Beklagte erklärte sich dazu auch bereit; das Vorhaben scheiterte jedoch an Unstimmigkeiten über die Frage, wie die Klägerin von der Beklagten zum Flughafen bzw. von dort wieder zurück gelangen sollte.

Anfragen der Klägerin bei der Beklagten im Mai und im Juni 2000 ergaben, dass der bestellte Ersatzteil für die Instandsetzung der Klimaanlage noch nicht eingetroffen war. Die Klägerin ging in weiterer Folge davon aus, dass sie vom Einlangen dieses Ersatzteils verständigt werde.

Mit Schreiben ihres Rechtsvertreters vom 26. 6. 2000 erklärte die Klägerin unter Hinweis auf das Absterben des Motors, auf Mängel im Zusammenhang mit der Klimaanlage und der Fernbedienung sowie auf Geräusche des linken vorderen Fensters den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte die Rückzahlung des Gesamtkaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Die Beklagte lehnte dies ab und bot stattdessen den Eintausch des Fahrzeugs zu "besten Konditionen" oder eine gemeinsame technische Überprüfung des Fahrzeugs an. Die Klägerin machte in weiterer Folge keine Anstalten, das Fahrzeug für eine technische Überprüfung zur Verfügung zu stellen. Da auch kein Einvernehmen über die Höhe eines Rücknahmepreises erzielt wurde, brachte die Klägerin am 18. 9. 2000 die vorliegende Klage ein. Die Beklagte ist unverändert zur Behebung allenfalls hervorkommender, in ihrer Sphäre gelegener und verifizierbarer Mängel bereit. Am 18. 6. 2001 wies das Fahrzeug einen Kilometerstand von 25.000 auf. Die bisher verifizierbaren Mängel (Klimaanlage, Schalter für die Heckscheiben- und Spiegelheizung, Umluftklappe, diverse Aspekte der Motorelektronik) sind behebbar. Hinsichtlich des Absterbens des Motors ist das Beweisverfahren noch nicht abgeschlossen. Die Klägerin benützt das Fahrzeug seit Ende September 2000 nicht mehr. Sie wendete in der Zeit zwischen 1. 10. 2000 und 15. 11. 2001 S 81.000,- für die Miete eines im Wesentlichen vergleichbaren Ersatzfahrzeugs auf. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin - hätte sie das gekaufte Fahrzeug ab Anfang Juni 2000 der Beklagten oder einem anderen Fachmann zur Verfügung gestellt - ab 1. 10. 2000 zur Anmietung eines Ersatzfahrzeugs veranlasst gewesen wäre. Vielmehr ist davon auszugehen, dass unter dieser Voraussetzung die strittigen Aspekte vor dem 1. 10. 2000 definitiv geklärt worden wären.

In der Zeit zwischen 15. 9. 1999 und 27. 4. 2000 erfolgte das Absterben des Motors - sofern es hiezu gekommen ist (das Beweisverfahren ist insofern noch nicht abgeschlossen) - in solchen Intervallen (allenfalls monatlich), dass es für die Klägerin wohl ein gewisses Ärgernis darstellte, ihr jedoch wieder in Vergessenheit geriet und keinen Anlass darstellte, der Sache nachzugehen. "Es kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin den Ankauf des Fahrzeugs unterlassen hätte, wenn bei Vertragsabschluss thematisiert worden wäre, dass auch Neufahrzeuge gewisse behebbare Mängel im Allgemeinen aufweisen können bzw. im Besonderen ein fallweises, nur schwer verifizierbares Absterben des Motors etwa im Monatsabstand mit allfälligem Erfordernis einer eingehenden Ursachenanalyse nicht ausschließbar ist".

Eine Fehlfunktion der Klimaanlage bereits zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs kann nicht festgestellt werden.

Auf dieser Grundlage vertrat das Erstgericht folgende Rechtsauffassung:

Die von der Klägerin geltend gemachten Gewährleistungsansprüche seien verfristet. Die Anfechtung des Vertrages wegen Irrtums sei nicht erfolgreich, weil die am Fahrzeug vorhandenen Mängel nicht wesentlich seien. Der Käufer eines Neuwagens beziehe das Vorliegen gewisser behebbarer Mängel in seine Kaufüberlegungen ein. Anfänglichen Nachbesserungserfordernissen kämen Neuwagenhändler - wie hier auch die Beklagte - bereitwillig nach. Käme es einem Käufer tatsächlich auf die absolute Mängelfreiheit (bei sonstiger Vertragsauflösung) an, würde er keinen Vertragspartner finden und daher vom Neuwagenkauf ausgeschlossen sein. Auch die Klägerin habe das Fahrzeug mehr als sechs Monate benützt, ohne gegenüber der Beklagten jemals wieder auf das Absterben des Motors zurückzukommen. Daraus sei abzuleiten, dass dieser Umstand wohl lästig sein möge, jedoch kein die Vertragserklärung in ihren Wurzeln erschütternder Umstand sei. Vielmehr wolle die Klägerin den Vertrag offenbar auf Grund der Unstimmigkeiten im Zusammenhang mit der Mängelbehebung auflösen. Der nachvertragliche Umgang zwischen Verkäufer und Verkäufer sei jedoch nicht nach Irrtumsrecht, sondern nach Gewährleistungsregeln zu beurteilen. Das Begehren auf Wandlung des Vertrages und Rückzahlung des Kaufpreises sei daher abzuweisen. Gleiches gelte für das Begehren auf Ersatz der Mietwagenkosten, deren Auflaufen nicht durch das Verhalten der Beklagten sondern durch das Verhalten der Klägerin selbst verursacht worden sei.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen und vertrat folgende Rechtsauffassung:

Selbst beim Neuwagenkauf müsse mit geringfügigen Mängeln gerechnet werden. Davon, dass wesentliche Mängel vorliegen, die den ordentlichen Gebrauch der Sache verhindern, werde der Käufer regelmäßig nicht ausgehen. Bei Kaufentschluss fielen derartige - nur im Einzelfall auftretende - Fehlerhaftigkeiten aber nicht ins Gewicht, weil eine Herstellung des vertragsgemäßen Zustands durch Austausch gegen einen mängelfreien Neuwagen möglich sei. Das Erstgericht habe daher - auch im Hinblick auf die Würdigung des Verhaltens der Klägerin - zu Recht den geltend gemachten Irrtum als nicht wesentlich qualifiziert. Ein von der Klägerin in der Berufung geltend gemachter Irrtum über die Person des Vertragspartners sei in erster Instanz nicht geltend gemacht worden. Zudem habe sich die Beklagte nicht als vertragswidrig handelnder, ungeeigneter und unzuverlässiger Vertragspartner erwiesen, sodass nicht zu erkennen sei, welchem wesentlichen Irrtum die Klägerin unterlegen sein solle. Auf allfällige Gewährleistungsansprüche komme die Klägerin im Berufungsverfahren nicht mehr zurück. Die Rechtsauffassung, dass sämtliche Gewährleistungsansprüche verfristet seien, sei im Übrigen zutreffend.

Auch die geltend gemachten Mietwagenkosten seien der Klägerin nicht zuzusprechen, weil die mögliche Verbesserung der Mängel letztlich an ihrem Verhalten gescheitert sei.

Die ordentliche Revision sei nicht zuzulassen, weil eine Rechtsfrage der in § 502 Abs 1 ZPO genannten Art nicht zur Entscheidung angestanden sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens (richtig: der Klagehauptbegehren) abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagte beantragte, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig, weil die Ausführungen des Berufungsgerichtes zur Wesentlichkeit des geltend gemachten Irrtums der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht entsprechen. Sie ist auch - im Sinne der Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen - berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Wesentlich ist ein Irrtum, wenn der Erklärende ohne ihn das Geschäft nicht abgeschlossen hätte, wogegen ein unwesentlicher Irrtum vorliegt, wenn das Geschäft mit anderem Inhalt abgeschlossen worden wäre (RIS-Justiz RS0082957; SZ 55/2). Die Beurteilung der Wesentlichkeit oder Unwesentlichkeit des Irrtums muss zunächst durch Feststellung des hypothetischen Willens der konkreten Parteien versucht werden. Erst wenn dies unmöglich ist, ist zu fragen, wie normale Personen redlicherweise gehandelt hätten (RIS-Justiz RS0016201; zuletzt etwa 1 Ob 617/95; Rummel in Rummel, ABGB³, Rz 4 zu § 871). Demgemäß hat die Klägerin im hier zu beurteilenden Fall vorgebracht, dass sie bei Kenntnis des wahren Sachverhaltes (also im Wissen, dass das von ihr gekaufte Fahrzeug die von ihr geltend gemachten Mängel aufweisen werde), den Kaufvertrag nicht geschlossen hätte. Zu dieser Behauptung hat das Erstgericht aber keine Feststellungen getroffen; vielmehr hat es lediglich in Form einer negativen Feststellung als nicht feststellbar erachtet, dass die Klägerin den Kauf unterlassen hätte, wenn beim Kauf thematisiert worden wäre, dass Neufahrzeuge gewisse behebbare Mängel aufweisen können. Diese negative Feststellung schließt aber nicht aus, dass die Klägerin - wie sie behauptet - den Vertrag nicht abgeschlossen hätte, wenn sie gewusst hätte, dass der PKW die von ihr geltend gemachten Mängel tatsächlich hat. Dazu fehlt - wie die Revisionswerberin zutreffend geltend macht - eine entsprechende (positive oder negative) Feststellungen, sodass nicht gesagt werden kann, dass der hypothetische Wille der Klägerin nicht feststellbar ist. Dessen ungeachtet hat das Berufungsgericht seine Beurteilung, die geltend gemachten Mängel seien unwesentlich, mit allgemeinen Ausführungen über das Kaufverhalten von Neuwagenkäufern begründet und damit einen Maßstab herangezogen, der erst dann herangezogen werden darf, wenn klar ist, dass der hypothetische Parteiwille der tatsächlich handelnden Parteien nicht feststellbar ist. Dass das Berufungsgericht zur Untermauerung seiner Rechtsauffassung ohne nähere Konkretisierung auch auf die "Würdigung des Verhaltens der Klägerin" verweist, ändert daran nichts, weil Feststellungen, dass die Klägerin den Vertrag bei Kenntnis der geltend gemachten Mängel abgeschlossen hätte, fehlen. Eine Klarstellung des hypothetischen Parteiwillens der Klägerin ist aber nur dann erforderlich, wenn im hier zu beurteilenden Fall die Anfechtung des Vertrages wegen Irrtums überhaupt in Betracht kommt.

Dazu sind folgende Überlegungen anzustellen:

Die völlig herrschende Rechtsprechung geht - in Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre - davon aus, dass die Ansprüche aus Gewährleistung mit der Irrtumsanfechtung konkurrieren (Rummel, ABGB³ Rz 22 zu § 871 mit Nachweisen aus Lehre und Rechtsprechung; RIS-Justiz RS0016255; RS0014903).

Beim Kauf eines fabriksneuen Neuwagens handelt es sich in aller Regel (allerdings nicht zwingend; dazu und zur Frage, ob dies hier der Fall ist, siehe unten) um einen Gattungskauf.

Es ist daher aufzugreifen, dass in der Lehre seit längerem die Auffassung vertreten wird, dass beim Gattungskauf die Irrtumsanfechtung ausgeschlossen ist, wenn der Irrtum des Käufers lediglich Eigenschaften des letztlich gelieferten Stücks, nicht aber die gesamte Gattung betrifft.

Ausgangspunkt dieser Überlegungen ist der auch von der Revisionswerberin angesprochene Umstand, dass beim Gattungskauf beim Vertragsabschluss die zu liefernde Sache oft noch nicht hergestellt oder zumindest nicht spezifiziert ist und daher zu diesem Zeitpunkt "Mängel überhaupt nicht vorliegen können" (S 271 der Revision). F. Bydlinski (in Klang IV/2 156) folgert daraus, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses beim Gattungskauf ein Irrtum über die Beschaffenheit bestimmter Sachen, nämlich jener, die später für einen Erfüllungsversuch verwendet und daher übergeben werden, gar nicht vorstellbar sei, weil sich der Vertrag gar nicht auf bestimmte Sachen beziehe, über deren Eigenschaften man im Irrtum sein könne. Der Vertrag habe noch keinen in den Gesichtskreis der Parteien getretenen Gegenstand, so dass man sich über dessen Eigenschaften auch noch nicht irren könne.

Auf diesen Umstand weist auch Kerschner (Irrtumsanfechtung [1984], 162 f) hin, der den Irrtum über die vertragsgemäße Erfüllung einer Gattungsschuld als Irrtum über Zukünftiges begreift. Die damit naheliegende Ablehnung der Irrtumsanfechtung bei Gattungsschulden führe aber zu einem gravierenden Wertungswiderspruch zur Rechtslage beim Kauf von Speziessachen, für die die herrschende Auffassung die Irrtumsanfechtung (in Konkurrenz zu den Ansprüchen aus Gewährleistung) zulasse. Um diesen Wertungswiderspruch zu vermeiden, schlägt Kerschner als "Kompromiss" vor, als entscheidendes Kriterium für die Frage der Anwendbarkeit der Irrtumsregeln die Möglichkeit der einwandfreien Leistung durch den Schuldner heranzuziehen. Demgemäß plädiert er dafür, die Konkurrenz zwischen Irrtumsanfechtung und Gewährleistung auch bei Speziessachen einzuschränken: Sei die Speziessache mit einem bloß behebbaren Mangel behaftet, habe sich der Gläubiger - wie bei der Gattungsschuld - innerhalb der kurzen Gewährleistungsfrist um die Mängelbeseitigung zu bemühen; die Irrtumsanfechtung solle also nur bei unbehebbaren Mängeln möglich sein. Andererseits sei der Irrtum über die vertragsgemäße Erfüllung ausnahmsweise auch bei Gattungsschulden dann für beachtlich zu werten, wenn dem Schuldner während der Gewährleistungsfrist aus objektiven oder subjektiven Gründen die versprochene Leistung unmöglich sei (Kerschner, aaO 163 f und 167).

In JBl 1989, 541 führt Kerschner zum hier zu beurteilenden Problem lediglich aus, dass im Falle der Leistung mangelhafter Gattungssachen zwar Gewährleistung greife, nicht aber in der Regel die Irrtumsanfechtung.

Aicher (in Rummel, ABGB³ Rz 34 zu § 1053) vertritt ebenfalls die Auffassung, dass beim Gattungskauf im Falle der Lieferung einer mangelhaften Sache die Irrtumsanfechtung wegen eines Eigenschaftsirrtums ausscheide. Im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses stehe noch nicht fest, mit welcher konkreten Sache aus der Gattung erfüllt wird, sodass man sich über das Fehlen der geschuldeten Eigenschaft der dann später geleisteten Sache im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht irren könne, es sei denn, die ganze Gattung sei mit dem gleichen Fehler (zB Konstruktionsmangel) behaftet. Dem schließt sich auch P. Bydlinski (Grundzüge des Privatrechts5 Rz 461) an, der ebenfalls die Auffassung vertritt, dass auf den Vertragsabschlusszeitpunkt abzustellen und daher der Gegenstandsirrtum praktisch nur bei Speziesschulden von Bedeutung sei; werde hingegen ein mangelhaftes Stück aus der geschuldeten Gattung geleistet, kämen regelmäßig bloß Gewährleistungsfolgen zum Tragen. Anders sei dies nur dann, wenn in der Gattung überhaupt keine vertragsgemäßen Stücke vorhanden seien.

Die Rechtsprechung hat sich mit diesen Lehrmeinungen - soweit überblickbar - noch nicht fundiert auseinandergesetzt. In SZ 49/56 bezeichnet der Oberste Gerichtshof die Meinung Bydlinskis (in Klang IV/2 156), dass bei einer Gattungsschuld ein Irrtum schon rein logisch nicht in Betracht kommen könne, als "im Regelfall zutreffend". Er hält es dessen ungeachtet aber nicht für ausgeschlossen, die Bestimmung des § 870 ABGB auch bei Arglist des Verkäufers bei der Konzentration einer Gattungsschuld anzuwenden. In welchem Verhältnis § 871 ABGB zur Gattungsschuld steht, lässt der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung ausdrücklich offen. Apathy (in Schwimann, ABGB V² Rz 2 zu § 870) und Rummel (in Rummel, ABGB³ Rz 2 zu § 870) haben aber auch der Aussage des Obersten Gerichtshofs zu § 870 ABGB widersprochen und ihr entgegengehalten, dass diese Bestimmung nur bei einer arglistigen Täuschung vor oder bei Vertragsabschluss anzuwenden sei, während eine Täuschung bei der Konzentration nur Gewährleistungs- oder Nichterfüllungsansprüche zur Folge habe.

Auf der Grundlage des wiedergegebenen Meinungsstandes geht auch der Oberste Gerichtshof davon aus, dass bei einem Gattungskauf, bei dessen Abschluss noch nicht feststeht, mit welcher konkreten Sache aus der Gattung erfüllt wird, im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ein Irrtum über die Eigenschaften der später zu leistenden Sache nicht denkbar ist, sofern nicht die ganze Gattung mit dem gleichen Mangel behaftet ist. Damit ist aber beim Gattungskauf im Falle der Lieferung einer mangelhaften Sache die Irrtumsanfechtung wegen eines Eigenschaftsirrtums ausgeschlossen, sofern nicht die ganze Gattung vom Irrtum betroffen ist.

Diese Lösung ist auch sachgerecht, weil andernfalls bei Gattungsschulden das System des Leistungsstörungsrechts beinahe völlig wertlos werden würde. Obwohl einwandfreie Leistung möglich ist, solange die Gattung als solche existiert, und obwohl dem Gläubiger alle Nichterfüllungs- und Gewährleistungsbehelfe zur Verfügung stehen, müsste er - wie Kerschner (Irrtumsanfechtung 163) zutreffend ausführt - auch nach Leistungsannahme nicht innerhalb der kurzen Fristen auf "Erfüllung" drängen, sondern könnte seine "Säumnis" im Wege des Irrtumsrechtes sanieren. Durch die Änderungen des Gewährleistungsrechtes mit dem am 1. 1. 2002 in Kraft getretenen (hier noch nicht anzuwendenden) Gewährleistungsrechts-Änderungsgesetz, das den Vorrang der Verbesserungs- und Austauschansprüche vor den übrigen Gewährleistungsansprüchen bringt, wird diese Überlegung noch zusätzlich untermauert.

Soweit Kerschner allerdings - wie oben wiedergegeben - vorschlägt, dass zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zur Rechtslage beim Spezieskauf die Irrtumsanfechtung sowohl beim Gattungs- als auch beim Spezieskauf bei behebbaren Mängeln unzulässig, bei unbehebbaren Mängeln hingegen zulässig sein soll, ist ihm allerdings nicht zu folgen. Die damit vorgeschlagene Lösung widerspricht dem eben erwähnten und auch von Kerschner selbst betonten Umstand, dass beim Gattungskauf im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses - vom Irrtum über die gesamte Gattung abgesehen - ein Irrtum über die erst herzustellende oder auszuwählende Sache nicht denkbar ist. Zudem stellt die von Kerschner angesprochene unterschiedliche Behandlung von Spezies- und Gattungsschulden keinen unerträglichen Wertungswiderspruch dar, weil sie ihre Rechtfertigung in der Überlegung findet, dass beim Spezieskauf der Käufer über Gegenwärtiges konkret irrt, sodass sich seine Schutzbedürftigkeit aus seinem Informationsdefizit über Umstände ergibt, deren Erkennen möglich ist. Demgegenüber geht es beim Gattungskauf um zukünftige Umstände (die zu liefernde Sache muss erst hergestellt oder ausgewählt werden), die man nicht kennt und auch zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht kennen kann, sodass es aus irrtumsrechtlicher Sicht gerechtfertigt ist, das Risiko der zukünftigen Entwicklung dem (über Zukünftiges) Irrenden aufzubürden (in diesem Sinne Bydlinski, Zum Wegfall der Geschäftsgrundlage im österreichischen Recht, ÖBA 1996, 499 [502]). Ein nicht hinnehmbares Rechtschutzdefizit ist damit wegen der dem Betroffenen ohnedies zustehenden Ansprüche des Leistungsstörungsrechtes nicht verbunden. Zusammenfassend geht der Oberste Gerichtshof daher davon aus, dass beim Gattungskauf im Falle der Lieferung einer mangelhaften Sache die Irrtumsanfechtung wegen eines Eigenschaftsirrtums ausgeschlossen ist, sofern nicht die ganze Gattung vom Irrtum betroffen ist. Damit stellt sich die Frage, ob - wie das beim Neuwagenkauf in der Regel der Fall sein wird - auch der hier zu beurteilende Kauf ein Gattungskauf ist.

Ob eine Stück- oder eine Gattungsschuld vorliegt, hängt vom Willen der Parteien des Schuldverhältnisses ab. Werden fabriksneue Kraftfahrzeuge serienmäßig hergestellt, so sind sie vertretbare Sachen. Bildet eine vertretbare Sache den Gegenstand des Schuldverhältnisses, so ist im allgemeinen eine Gattungsschuld anzunehmen, sofern nicht besondere Umstände auf einen abweichenden Parteiwillen schließen lassen. Es ist daher auch der Kauf eines fabriksneuen serienmäßig hergestellten Kraftwagens einer bestimmten Marke und Type im Allgemeinen eine Gattungsschuld (RIS-Justiz RS0019904; SZ 65/10 mwN; vgl auch Koziol/Welser II 26 f; Aicher in Rummel, ABGB I³ Rz 32 zu § 1053).

Wie ausgeführt, kann aber bei entsprechendem Parteiwillen auch eine vertretbare Sache Gegenstand eines Spezieskaufes sein, was im hier zu beurteilenden Fall beispielsweise dann der Fall wäre, wenn Gegenstand des Kaufvertrags ein bei der Beklagten schon vorhandener, ganz bestimmter und von den Parteien genau bezeichneter PKW gewesen wäre und nach dem Willen der Parteien der Vertrag nur durch die Übergabe dieses PKW hätte erfüllt werden können.

Derartige oder andere besondere Umstände, aus denen geschlossen werden könnte, dass der hier zu beurteilende Neuwagenkauf ein Speziesgeschäft gewesen ist, sind bislang weder dem Parteivorbringen noch den Feststellungen zu entnehmen. Diese Frage hat aber im bisherigen Verfahren auch keine Rolle gespielt. Es erweist sich daher als erforderlich, die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und das Verfahren an die erste Instanz zurückzuverweisen, um den Parteien Gelegenheit zu geben, zu dieser Frage geeignetes Vorbringen zu erstatten.

Sollte sich auf der so gewonnenen Grundlage ergeben, dass das zu beurteilende Geschäft ein Gattungskauf war, käme im Sinne der dargestellten Rechtslage die Anfechtung des Vertrages wegen eines Irrtums über die Beschaffenheit des Kaufgegenstandes nicht in Betracht.

Einen Irrtum über die Person des Vertragspartners hat die Klägerin - wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - in erster Instanz nicht geltend gemacht. Auf ihr dazu erstattetes Vorbringen ist daher nicht einzugehen.

Ist das zu beurteilende Geschäft ein Gattungsgeschäft, müsste daher das Aufhebungssbegehren der Klägerin erfolglos bleiben, zumal Ansprüche aus dem Titel der Gewährleistung bereits vom Erstgericht unbekämpft als verfristet verneint wurden.

Handelt es sich beim zu beurteilende Geschäft hingegen um einen Spezieskauf, ist die Anfechtung wegen Irrtums grundsätzlich möglich, sodass im fortgesetzten Verfahren die Voraussetzungen der Irrtumsanfechtung - insbesondere die anhand des (bislang nicht geklärten) hypothetischen Parteiwillens zu prüfende Wesentlichkeit des Irrtums - zu beurteilen wären.

Auch hinsichtlich des Begehrens der Klägerin auf Ersatz der Mietwagenkosten erweist sich das Verfahren noch nicht als spruchreif. Abgesehen davon, dass aus den eben angestellten Überlegungen derzeit noch nicht gesagt werden kann, ob sich die (unter Umständen auch für die Beurteilung dieses Begehrens relevante) Anfechtung des Kaufvertrages wegen Irrtums als berechtigt erweist, haben die Vorinstanzen die Abweisung dieses Begehrens primär damit begründet, dass die für die Anmietung eines Mietwagens ursächliche Fehlerhaftigkeit des gekauften Fahrzeugs zeitgerecht behoben worden wäre, wenn die Klägerin bei der Mängelbehebung entsprechend mitgewirkt hätte. Diese Annahme, die sich auf eine negative Feststellung des Erstgerichtes gründet (es kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin ein Fahrzeug hätte anmieten müssen, wenn sie das gekaufte Fahrzeug ab Anfang Juni 2000 der Beklagten zur Verfügung gestellt hätte), steht allerdings in einem Spannungsverhältnis dazu, dass sich das Erstgericht im angefochtenen Teilurteil zu keinen endgültigen Feststellungen über den Mangel der Motorelektronik im Stande sah, weil insofern das Beweisverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Damit entbehrt aber auch die weitere Annahme des Erstgerichtes, der insofern gegebenen Mangel des Absterbens des Motors sei behebbar, einer rechtfertigenden Grundlage. Insofern fehlt es daher in Wahrheit an einer für eine endgültige Entscheidung ausreichenden, widerspruchsfreien und schlüssigen Tatsachengrundlage. In Stattgebung der Revision waren daher die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen, das das Verfahren im aufgezeigten Sinn zu ergänzen und sodann neuerlich über die Sache zu entscheiden haben wird. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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