OGH 8Ob183/02y

OGH8Ob183/02y10.4.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Spenling, Dr. Kuras und Dr. Lovrek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. ***** B***** Baugesellschaft mbH & Co KG, ***** 2. M***** Bau GmbH, ***** beide vertreten durch Dr. Herbert Marschitz, Dr. Hansjörg Zink, Dr. Georg Petzer, Rechtsanwälte in Kufstein, wider die beklagte Partei Stadtwerke H*****, vertreten durch Dr. Christian Margreiter, Dr. Johannes Margreiter, Rechtsanwälte in Hall in Tirol, wegen EUR 546.766,70 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 8. Juni 1999, GZ 5 R 39/98v-44, womit über Berufung der beklagten Partei das Zwischenurteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 6. August 1998, GZ 14 Cg 108/97w-38, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Im Rahmen eines von der Beklagten beabsichtigten Bauvorhabens "Projekt Untere Stadt H*****" erfolgte eine Ausschreibung im offenen Verfahren betreffend die Baumeisterarbeiten für eine dreigeschoßige Tiefgarage, eine Hauptschule mit zehn Klassen, zwei Turnsälen, Räumlichkeiten für den Turn- und den Eislaufverein, eine Kunsteisanlage und eine öffentliche Parkanlage. Die Ausschreibung wurde in den einschlägigen Medien, so auch im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften öffentlich bekannt gemacht. Eine von der Beklagten vorgenommene Berichtigung des Ausschreibungstextes im Sinn der Ö-Norm A2050 und des Tiroler Vergabegesetzes 1994 (TVergG) wurde in einem an sämtliche damals bekannten Bieter gerichteten Schreiben vom 8. 11. 1996 bekannt gemacht, in welchem darauf hingewiesen wurde, dass die Vergabe nach dem im § 40 des Bundesvergabegesetzes (B-VergG) umschriebenen Bestbieterprinzip erfolgen werde.

Im Zeitpunkt der für den 12. 11. 1996, 14,00 Uhr, angesetzten Anbotseröffnung lagen folgende Anbote zur Prüfung vor:

Anbieter

Anbotssumme

1. Firma S***** (Alternativangebot) S 77,684.086,--

2. ARGE B*****-M***** S 77,710.903,10

3. Firma S***** S 78.707.698,01

4. ARGE I*****-F*****-H***** S 79,903.691,40

5. Firma S***** S 88,178.462,50

6. ARGE I***** S 88,899.158,73

7. Firma Josef K***** S 90,797.728,70

8. Firma P***** S 94,577.392,60

Nach entsprechender Antragstellung durch die Kläger trug das Landesvergabeamt der Beklagten mit Bescheid vom 18. 12. 1996 auf, sämtliche (betroffenen) Bieter, welche beim Bauvorhaben rechtzeitig angeboten und eingereicht hätten, schriftlich zu verständigen, dass deren Anbot ausgeschieden oder ihnen der Zuschlag nicht erteilt worden sei, wobei die Entscheidungen entsprechend zu begründen seien. Darüber hinaus wurde der Beklagten bei sonstiger Nichtigkeit der Zuschlagserteilung für die Dauer von zwei Wochen ab dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Zuschlagserteilung untersagt, dem Bestbieter formell den Zuschlag zu erteilen.

Mit Schreiben vom 2. 1. 1997 teilte die Beklagte den Klägern unter Anführung einer aus sieben Punkten bestehenden Begründung mit, dass ihr Anbot ausgeschieden worden sei.

In einem von den Klägern nach Erteilung des Zuschlages an die ARGE I***** gemäß § 8 TVergG eingeleiteten Nachprüfungsverfahren erging am 25. 2. 1997, VG 32/28, ein Bescheid des Landesvergabeamtes, in dessen Spruch festgestellt wurde, dass im Vergabeverfahren der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt worden sei. Das Landesvergabeamt sprach aus, dass der Antrag der beklagten Partei gemäß § 12 TVergG festzustellen, dass der Bietergemeinschaft B*****-M***** auch bei Einhaltung des TVergG oder einer Verordnung aufgrund dieses Gesetzes der Zuschlag nicht erteilt worden wäre, abgewiesen werde. Die beklagte Partei sowie die Stadtgemeinde H***** erhoben gegen diesen Bescheid des Landesvergabeamtes beim Amt der Tiroler Landesregierung gemäß Art 144 Abs 1 B-VG Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof mit dem Antrag, gemäß § 87 Abs 1 VfGG den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte aufzuheben. Im Stadium des Revisionsverfahrens hob der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 13. 6. 2000, B 835/97-18, den angefochtenen Bescheid, ohne über die übrigen geltend gemachten Verfassungswidrigkeiten abzusprechen, mit der Begründung auf, dass die Beklagte durch den angefochtenen Bescheid in ihrem durch Art 6 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Tribunal verletzt worden sei. Die Zusammensetzung des im vorliegenden Fall tätig gewordenen Organes (Tiroler Landesvergabeamt) entspreche nicht den Anforderungen des Art 6 EMRK.

Mit Beschluss des erkennenden Senates vom 7. September 2000, 8 Ob 268/99s, wurde das Revisionsverfahren bis zur Fassung eines neuerlichen Bescheides betreffend das Nachprüfungsverfahren hinsichtlich der Erteilung des Zuschlages im Vergabeverfahren "Projekt Garagen, Schul- und Sportanlage" unterbrochen. Mit Bescheid vom 11. 9. 2000, VG 32/39, entschied das Landesvergabeamt neuerlich im Sinne seiner ersten Entscheidung, worauf die Kläger mit dem am 12. 10. 2000 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz die Fortsetzung des Revisionsverfahrens beantragten.

Gegen diesen neuerlichen Bescheid des Landesvergabeamtes Tirol erhob die Beklagte am 24. 11. 2000 Beschwerde gemäß § 144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof aus im Wesentlichen denselben Gründen wie in der ersten Beschwerde.

Mit Beschluss vom 26. 11. 2001 wies der Verfassungsgerichtshof zu B 2158/00-12 die Beschwerde zurück, weil die angefochtene Erledigung nicht als Bescheid zu qualifizieren sei: Für beim Inkrafttreten der Novelle LGBl 59/2000 zum Tiroler Vergabegesetz beim Tiroler Landesvergabeamt anhängige Verfahren bestimme Art II Abs 3, dass solche vom Unabhängigen Verwaltungssenat weiterzuführen seien. Mit Beschluss des erkennenden Senates vom 24. 1. 2002 zu 8 Ob 274/00b erfolgte eine neuerliche Unterbrechung des Revisionsverfahrens bis zur Fassung eines Bescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates. Am 6. 5. 2002 erging ein im Wesentlichen den Bescheiden des Landesvergabeamtes gleichlautender Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol (GZ uvs-2002/K11/001-6). Daraufhin beantragten die Kläger die Fortsetzung des Revisionsverfahrens.

Mit Beschluss vom 23. 9. 1992 lehnte der Verfassungsgerichtshof zu B 1116/02 die Behandlung der von der Beklagten gemäß Art 144 Abs 1 B-VG erhobenen Beschwerde gegen diesen Bescheid ab und trat gemäß Art 144 Abs 3 B-VG die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Das Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof ist zu 2002/04/0176 anhängig.

Die Kläger begehren Zahlung von S 7,523.673,85 samt Nebengebühren. Das Landesvergabeamt habe in seinem Bescheid vom 25. 2. 1997 festgestellt, dass der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt worden sei. In Verbindung mit der Abweisung des Feststellungsantrages der Beklagten, dass der klagenden Bietergemeinschaft auch bei Einhaltung des TVergG oder einer Verordnung aufgrund dieses Gesetzes der Zuschlag nicht erteilt worden wäre, ergebe sich, dass die Beklagte verpflichtet sei, den den Klägern entstandenen Schaden zu ersetzen. Dieser setze sich aus Kalkulationskosten (S 174.611 und S 144.826), Deckungsbeiträgen und Schaden (S 6,415.716,19) und Teilnahmekosten am Vergabeverfahren (S 1,107.957,66) zusammen (rechnerisch richtiges Begehren: S 7,843.110,85). Der Ersatz des Erfüllungsinteresses stehe den Klägern nach allgemeinen Rechtsvorschriften, insbesondere nach den Vergaberichtlinien, zu.

Die Beklagte wendete im Wesentlichen ein, dass der Bescheid des Landesvergabeamtes aus mehreren, näher bezeichneten Gründen rechtswidrig sei. Den Klägern wäre auch bei Einhaltung der Bestimmungen des TVergG der Zuschlag nicht erteilt worden. Das Alternativanbot der S***** sei das Best- und Billigstangebot gewesen. Das Erfüllungsinteresse könne von den Klägern nicht begehrt werden. Gemäß § 14 Abs 1 TVergG habe ein übergangener Bieter gegen den Auftraggeber nur Anspruch auf Ersatz der Kosten der Anbotsstellung und der durch die Teilnahme am Vergabeverfahren entstandenen sonstigen Kosten, soferne eine schuldhafte Verletzung des Gesetzes nachgewiesen werde. Ein Verschulden könne der Beklagten bei Vergabe des Bauauftrages nicht angelastet werden: Die Organe der Beklagten (Generalversammlung, Aufsichtsrat und Geschäftsführer) hätten sich vor Erteilung des Vergabeauftrages umfassend über das Ergebnis der Anbotsprüfung informieren lassen. Es sei ihnen mit unwiderlegbaren Argumenten dargelegt worden, dass die nach Anbotseröffnung erstgereihten drei Anbote auszuscheiden seien, weil das Anbot der Kläger keine plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises aufgewiesen habe und die Kläger innerhalb der ihnen gestellten Frist keine genügenden Aufklärungen gegeben hätten. Diese Informationen seien den Organen der Beklagten vom Projektleiter Dipl. Ing. Franz N***** erteilt worden. Dieser sei ein äußerst gewissenhafter und erfahrener Bauingenieur. Er habe die Gremien der Beklagten nach bestem Wissen und Gewissen beraten.

Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, dass das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe. Es traf detaillierte Feststellungen über den Gang des Vergabeverfahrens und des Nachprüfungsverfahrens und über den Inhalt des Bescheides vom 25. 2. 1997. Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, dass gemäß § 14 Abs 7 TVergG das Gericht und die Parteien des Verfahrens vor dem Landesvergabeamt an die Feststellung des Landesvergabeamtes gebunden seien. Eine inhaltliche Überprüfung des Bescheides könne daher durch das Gericht nicht erfolgen. Es sei kein Grund ersichtlich, den Bescheid des Landesvergabeamtes beim Verwaltungsgerichtshof anzufechten.

Das Berufungsgericht gab der von der Beklagten gegen dieses Urteil erhobenen Berufung nicht Folge. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob ein festgestellter Verstoß des Auftraggebers gegen vergabegesetzliche Bestimmungen in objektiver Hinsicht eine Sorgfaltspflichtverletzung im Sinne des § 1298 ABGB darstelle. Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, dass die österreichische Rechtsprechung bereits vor Erlassung der Vergabegesetze für den Anbieter im Auswahlverfahren aus der culpa in contrahendo eine gewisse Rechtsposition abgeleitet habe. Der Beweis eines objektiv sorgfaltswidrigen Verhaltens sei den Klägern gelungen, weil gemäß § 14 Abs 7 zweiter Satz TVergG 1994 das Gericht und die Parteien des Verfahrens vor dem Landesvergabeamt an die vom Landesvergabeamt mit Bescheid vom 25. 2. 1997 getroffene Feststellung, wonach im hier in Frage stehenden Vergabeverfahren wegen einer Rechtswidrigkeit der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt worden sei, gebunden seien. Die Kausalität der festgestellten Sorgfaltsverletzung sei aus der gleichfalls erfolgten Abweisung des Antrages der Beklagten auf Feststellung, dass der Bietergemeinschaft B*****-M***** auch bei Einhaltung des TVergG oder einer Verordnung aufgrund dieses Gesetzes der Zuschlag nicht erteilt worden wäre, zu folgern. Sei die Sorgfaltsverletzung bewiesen, so kehre sich nach § 1297 ABGB für den Bereich des Verschuldens die Beweislast um. Die Beklagte sei der ihr obliegenden Beweispflicht, dass ihr die Einhaltung der sich aus den Bestimmungen des TVergG 1994 gebotenen Sorgfalt subjektiv nicht möglich oder unzumutbar gewesen wäre, nicht machgekommen. Sie habe in dieser Richtung auch keine geeigneten Prozessbehauptungen aufgestellt. Es sei unerheblich, welche Organe oder Mitarbeiter der Beklagten, für deren Fehlverhalten die Beklagte wie für ihr eigenes hafte (§ 1313a ABGB) in concreto die rechtswidrige Vergabeentscheidungen veranlasst hätten. Bedenken an der Rechtmäßigkeit des Bescheides des Landesvergabeamtes bestünden nicht.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von der Beklagten erhobene Revision ist zulässig und im Sinne des Eventualantrages auf Aufhebung auch berechtigt. Ein Eingehen auf die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, die darin liegen soll, dass das Berufungsgericht es unterlassen habe, gemäß Art 89 Abs 2 B-VG beim Verfassungsgerichtshof einen Gesetzesprüfungsantrag zu stellen, erübrigt sich schon deshalb, weil der den Entscheidungen der Vorinstanzen zugrunde liegende Bescheid des Tiroler Landesvergabeamtes vom 25. 2. 1997 bereits durch den Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde.

Die behauptete Verletzung der das Berufungsgericht gemäß § 182 Abs 1 ZPO treffenden Anleitungspflicht liegt nicht vor: Die Beklagte wurde durch die Auslegung des Berufungsgerichtes nicht mit einer von keiner der Parteien vorgebrachten Rechtsansicht überrascht: Vielmehr erstattete die Beklagte bereits im erstinstanzlichen Verfahren jene nun wiederholten Prozessbehauptungen, aus denen sich nach ihrer Auffassung ihr mangelndes Verschulden an allfälligen Fehlern bei der Auftragsvergabe ergebe. Die Beklagte wurde daher durch die Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes, § 1298 ABGB sei anzuwenden, nicht überrascht. Eine Anleitungspflicht bestand nicht (EvBl 1993/138; 9 Ob 47/01d).

In der Rechtsrüge wiederholt die Revisionswerberin ihren Standpunkt,

der Bescheid des Landesvergabeamtes vom 25. 2. 1997 sei rechtswidrig.

Jedenfalls entfalte der Bescheid nur im Umfang der Bejahung der

Rechtswidrigkeit Bindungswirkung, nicht aber in der vom Zivilgericht

selbständig zu prüfenden Frage der Kausalität und des Verschuldens.

Vorauszuschicken ist, dass dem Obersten Gerichtshof eine

abschließende Entscheidung schon deshalb verwehrt ist, weil jener Bescheid des Landesvergabeamtes vom 25. 2. 1997, auf den sich die Urteile der Vorinstanzen gründeten, mit Erkenntnis des VfGH aufgehoben wurde. Wie bereits in den zitierten Vorentscheidungen des erkennenden Senates dargelegt, kommt aus diesem Grund eine Nichtigerklärung des Verfahrens und eine Zurückweisung der Klage nicht in Betracht, weil dies zu einer prozessual unökonomischen Nutzlosigkeit des bisherigen Prozessaufwandes führen würde (vgl SZ 71/175). Zwar sehen sowohl § 14 Abs 7 TVergG 1994 wie auch der im Wesentlichen inhaltsgleiche § 25 Abs 7 TVergG 1998 und § 25 Abs 7 TVergG idF LGBl 59/2000 vor, dass eine Schadenersatzklage nur zulässig ist, wenn zuvor eine Feststellung des Landesvergabeamtes nach § 12 Abs 2 TVergG 1994 bzw § 20 TVergG 1998 bzw eine Feststellung des UVS nach § 20 TVergG idF LGBl 59/2000 erfolgt ist, wobei das Gericht und die Parteien des Verfahrens an eine solche Feststellung gebunden sind. Es bestehen allerdings keine Bedenken dagegen, dass sich die Kläger zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Schadenersatzklage auf den nun erlassenen Bescheid des UVS stützen können. Es liegt im Interesse der Kläger, den bisherigen Prozessaufwand zu erhalten, soweit dies möglich ist. Aus Art 6 Abs 1 Satz EMRK ist ein Anspruch des Klägers auf Entscheidung über den von ihm im rechtmäßig beim Gericht eingeleiteten Rechtsstreit geltend gemachten Anspruch abzuleiten. Es besteht daher das Bedürfnis nach einer diesem Rechtsschutzgewährungsanspruch soweit als möglich Rechnung tragenden Lösung (SZ 71/175 mwN). Allerdings gebieten es die Grundsätze eines fairen Verfahrens, dass sich die Parteien zu diesem erst im Stadium des Revisionsverfahrens erlassenen Bescheid äußern können. Schon aus diesem Grund ist eine Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen unumgänglich.

Ein Eingehen auf die behauptete Rechtswidrigkeit des Bescheides des Landesvergabeamtes vom 25. 2. 1997 erübrigt sich infolge dessen Aufhebung. Dieser Bescheid kann daher auch nicht mehr Grundlage der Schadenersatzklage der Kläger sein. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren den Parteien Gelegenheit zu geben haben, ein Vorbringen zu dem nun erlassenen Bescheid des UVS zu erstatten. Stützen sich die Kläger im fortgesetzten Verfahren auf diesen Bescheid und erstattet die Beklagte ein Vorbringen, mit welchem sie die Rechtswidrigkeit auch dieses Bescheides behauptet, liegt es im pflichtgemäßen Ermessen des Erstgerichtes, ob es das derzeit anhängige Verfahren beim VwGH zum Anlass für eine Verfahrensunterbrechung nach § 190 Abs 1 ZPO nimmt (vgl dazu die obligatorisch angeordnete Unterbrechung des Rechtsstreites in jenen Fällen, in welchen das Gericht den Bescheid selbst für rechtswidrig hält [§ 14 Abs 8 TVergG 1994]).

Im fortgesetzten Verfahren wird überdies zu beachten sein, dass materiellrechtlich weiterhin die Vorschriften des TVergG 1994 anzuwenden sind (§ 29 Abs 1 TVergG 1998 bzw § 29 TVergG idF LGBl 59/2000).

§ 4 TVergG 1994 bestimmt mit hier nicht maßgeblichen Abweichungen, dass auf die Vergabe von Aufträgen die Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes sinngemäß anzuwenden sind. Dieser Verweis bezieht sich auf das zum Zeitpunkt der Erlassung des TVergG 1994 in Kraft stehende B-VergG 1993 (BGBl Nr 462/1993). Lediglich verfahrensrechtlich sind nunmehr die Bestimmungen des TVergG 1998 idF LGBl 59/2000 anzuwenden (vgl auch § 188 Abs 1 BVergG 2002 - BGBl I 99/2002).

Die Frage der Bindungswirkung der Feststellung nach § 12 Abs 2 TVergG 1994 ist im Gesetz ausdrücklich geregelt. Gemäß § 14 Abs 7 TVergG 1994 zweiter Satz sind das Gericht und die Parteien des Verfahrens an eine Feststellung nach § 12 Abs 2 leg cit gebunden. Damit ist klargestellt, dass das Gericht die Frage der Rechtswidrigkeit der Zuschlagserteilung nicht selbständig prüfen darf.

Grundsätzlich zutreffend führt die Revision aus, dass die Bindungswirkung der Feststellung weder das Verschulden noch die Kausalität umfasst: Die Abweisung des Antrages auf Feststellung, dass der klagenden Bietergemeinschaft auch bei Einhaltung des TVergG oder einer Verordnung aufgrund dieses Gesetzes der Zuschlag nicht erteilt worden wäre, beinhaltet nicht die bindende Feststellung, dass bei Einhaltung der Vergabevorschriften der Vertrag mit dem übergangenen Bieter geschlossen worden wäre. Der Beweis des Kausalzusammenhanges zwischen dem rechtswidrigen Verhalten und dem eingetretenen Schaden obliegt auch in den Fällen der Beweislastumkehr nach § 1298 ABGB grundsätzlich dem Geschädigten (RIS-Justiz RS0022664; JBl 1997, 587; Schwimann/Harrer ABGB² VII § 1295 Rz 37). Diese Grundsätze gelten auch für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen wegen Vergabeverstößen (7 Ob 148/01t = JBl 2002, 115).

Nur im Umfang der hier ebenfalls begehrten Kosten der Angebotstellung und der durch die Teilnahme am Vergabeverfahren entstandenen sonstigen Kosten bedarf es infolge der ausdrücklichen Anordnung des § 14 Abs 1 TVergG 1994 keines Nachweises, dass der Kläger Bestbieter gewesen wäre: Hier genügt, dass keine Feststellung im Sinne des § 12 Abs 2 zweiter Satz TVergG getroffen wurde.

Im Umfang des ebenfalls begehrten Erfüllungsinteresses hingegen müssen die Kläger den Nachweis führen, dass sie bei Einhaltung der Vergabevorschriften den Zuschlag erhalten hätten (JBl 2002, 115). Der in erster Instanz erhobene Einwand der Beklagten, dass infolge § 14 Abs 1 TVergG 1994 zweiter Satz ("der Ersatz eines entgangenen Gewinnes kann nicht geltend gemacht werden") das Erfüllungsinteresse nicht begehrt werden könne, ist unbegründet: Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass dem übergangenen Bestbieter bei Verletzung des Gleichheitsgebotes das Erfüllungsinteresse zu ersetzen ist (RIS-Justiz RS0030354; SZ 67/182; SZ 71/133). Im Hinblick auf den bei der Auftragsvergabe der öffentlichen Hand zu beachtenden Gleichbehandlungsgrundsatz besteht die Möglichkeit des Zuspruches des Erfüllungsinteresses (Rummel, Zivilrechtliche Probleme des Vergaberechts, ÖZW 1999, 1 [11 f]; Heid, Vergabeverstoß und Schadenersatz ecolex 1996, 7 [8]; SZ 67/182; RIS-Justiz RS0030354; RS0113629). Entgegenstehende landesgesetzliche Bestimmungen (hier der im vorliegenden Fall anzuwendende § 14 Abs 1 TVergG 1994 zweiter Satz) sind unbeachtlich, da der gänzliche Ausschluss des Erfüllungsinteresses als ersatzfähiger Schaden des übergangenen Bieters nach der Judikatur des EuGH unzulässig wäre (vgl dazu JBl 2002, 115 mwN).

Zur vom Berufungsgericht als erheblich bezeichneten Rechtsfrage, ob § 1298 ABGB anwendbar ist, ob also die Beklagte ein fehlendes Verschulden an den eingetretenen Schäden behaupten und beweisen müsste, hat sich mittlerweile eine gefestigte Judikatur entwickelt, wonach die Beklagte behaupten und beweisen muss, dass sie an den durch Verstoß gegen Vergabevorschriften resultierenden Schutzgesetzverletzungen kein Verschulden getroffen habe (SZ 73/62; 7 Ob 200/00p = JBl 2002, 117; [Rummel]; Rummel aaO 11; vgl auch Heid aaO 8). Das Berufungsgericht ist daher zutreffend von der Anwendbarkeit des § 1298 ABGB ausgegangen. Dabei muss sich die Beklagte das Verschulden des von ihr beigezogenen Projektleiters iSd § 1313a ABGB zurechnen lassen. Da es sich bei der Haftung der vergebenden Stelle um jene eines "Sachverständigen" iSd § 1299 ABGB handelt, ist die Berufung auf das Fehlen individueller Fähigkeiten und damit auf insofern mangelnde subjektive Vorwerfbarkeit ausgeschlossen (vgl Rummel aaO 12).

Schließlich wird noch zu beachten sein, dass die Kläger nicht gleichzeitig begehren können, so gestellt zu werden, wie wenn der Vertrag erfüllt worden wäre und andererseits auch jene Aufwendungen ersetzt zu erhalten, die sie für das Zustandekommen des Vertrages getätigt haben. Auch der siegreiche Bieter hätte regelmäßig die Kosten der Teilnahme am Vergabeverfahren nicht ersetzt erhalten. Den Bietern steht also die Wahl zu, entweder zu begehren, dass sie wie beim Vertragsabschluss gestellt werden, oder sie können den Ersatz der Kosten im Sinne des § 14 Abs 1 zweiter Satz TVergG begehren. Beides zugleich ist nicht möglich. Es bestehen nur alternativ zustehende Ersatzansprüche. Ohne eine entsprechende Wahl des Bieters ist das Begehren als unbestimmt anzusehen. Es wird daher mit den Klägern zu erörtern sein, welche Ansprüche sie geltend machen wollen (JBl 2002, 117 [Rummel]). Dabei wird auch die rechnerische Unschlüssigkeit des Begehrens aufzuklären sein.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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