OGH 9ObA10/03s

OGH9ObA10/03s26.2.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Walter Zeiler und Franz Gansch als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Karl T*****, ohne Beschäftigung, *****, vertreten durch Dr. Martin Leys, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Ö***** GesmbH & Co, *****, vertreten durch Dr. Maximilian Ellinger und Dr. Günter Ellmerer, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen Kündigungsanfechtung (Streitwert: EUR 47.783,12 sA), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 9. Oktober 2002, GZ 13 Ra 44/02x-55, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 8. Mai 2002, GZ 48 Cga 152/99i-50, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.785,78 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin EUR 297,63 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, dass die Kündigung des Klägers zwar dessen Interessen wesentlich beeinträchtigt habe, dass sie aber durch in der Person des Klägers gelegene, die betrieblichen Interessen nachteilig berührende Umstände begründet sei (§ 105 Abs 3 Z 2 lit a ArbVG) und dass die deshalb stattzufindende Abwägung der beiderseitigen Interessen an der Aufrechterhaltung bzw. der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu Lasten des Klägers ausfalle. Diese Rechtsauffassung ist zutreffend, sodass es ausreicht, auf die Richtigkeit der ausführlichen Begründung des angefochtenen Urteils zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers entgegenzuhalten:

Rechtliche Beurteilung

Der vom Kläger behauptete Mangel des Berufungsverfahrens (keine Erledigung der in der Berufung erhobenen Beweisrüge) liegt nicht vor. Anders wäre dies nur dann, wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweisrüge überhaupt nicht auseinandergesetzt hätte (RIS-Justiz RS0043162; zuletzt 9 ObA 28/01k). Geht aber - wie hier - aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils hervor, dass das Berufungsgericht seiner Pflicht, die Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu überprüfen, nachgekommen ist, kann - unabhängig davon, ob dabei wirklich auf jedes einzelne Argument des Beschwerdeführers eingegangen wurde - von einem Mangel des Berufungsverfahrens keine Rede sein (RIS-Justiz RS0043162; RS0043268; zuletzt 9 ObA 28/01k). Hier hat sich das Berufungsgericht ausführlich mit der Beweiswürdigung des Erstgerichtes auseinandergesetzt. Ob die dabei angestellten Überlegungen richtig oder fehlerhaft sind, fällt in den Bereich der irrevisiblen Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0043371; zuletzt 9 ObA 28/01k).

Ebenso unberechtigt ist der Einwand, das Berufungsgericht habe seine Entscheidung nur mit einzelnen, vernachlässigbaren Vorfällen begründet, die weder häufig gewesen seien, noch das Betriebsklima nachhaltig negativ beeinflusst hätten. Vielmehr ist den Feststellungen zu entnehmen, dass es durch die "uneinsichtige, unnachgiebige, rechthaberische und herabsetzende bis beleidigende Art", die der Kläger gegenüber den Mitarbeitern an den Tag gelegt hat, seit Sommer 1998 vermehrt zu Problemen gekommen ist, die letztlich zu einer spürbaren Verschlechterung des Betriebsklimas führten. Als sich die Beklagte zur Kündigung entschloss, trugen sich bereits mehrere Mitarbeiter wegen des Verhaltens mit Kündigungsgedanken. Im Gegensatz zur Meinung des Revisionswerbers ist daher der Schluss des Berufungsgerichtes zutreffend, dass die durch die Art des Klägers geschaffenen Probleme die betrieblichen Interessen nachteilig beeinträchtigt haben. Dass die Beklagte das Verhalten des Klägers nie beanstandet hätte, ist ebenfalls nicht richtig. Vielmehr steht fest, dass am 7. 9. und am 7. 11. 1998 mit dem Kläger Gespräche über die zahlreichen Mitarbeiterbeschwerden über ihn geführt wurden und dass ihm auch der Besuch eines Seminars zum Thema Konfliktbewältigung und Steigerung der Konfliktfähigkeit angeboten wurde. Der Kläger hat dieses Angebot aber nicht angenommen.

Der Einwand, die Beklagte habe auf das inkriminierte Verhalten des Klägers nicht unverzüglich reagiert und damit ihr Kündigungsrecht verloren, ist schon deshalb unrichtig, weil es sich bei diesem Verhalten um einen Dauerzustand handelte. Nach dem Rücklangen des Klägers aus seinem dreieinhalbmonatigen Krankenstand bestanden ja die durch seinen Umgang mit Mitarbeitern entstehenden Probleme weiter. Der Kläger versuchte zwar, Konflikten aus dem Weg zu gehen, in dem er versuchte, seine Aufgaben nunmehr weitgehend auf schriftlichem Weg zu erledigen, was aber mit seiner Stellung (Leiter der Qualitätssicherung) nur schwer vereinbar war. Auch Sitzungen, an denen er hätte teilnehmen müssen, blieb er fern. Trotzdem kam es - sowohl im Verhältnis zu Richard B***** als auch insgesamt - zu einer weiteren Verschlechterung in der Zusammenarbeit mit dem Kläger, was - wie schon ausgeführt - dazu führte, dass sich mehrere Mitarbeiter mit Kündigungsgedanken trugen. Von einer Verspätung der Kündigung kann daher keine Rede sein.

Dass das Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit seiner Krankheit zu sehen ist, trifft zwar zu, ändert aber nichts an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung, weil die in der Person des Arbeitnehmers gelegenen Gründe, die der Arbeitgeber zur Rechtfertigung der Kündigung gemäß § 105 Abs 3 Z 2 lit a ArbVG geltend machen kann, nicht vom Arbeitnehmer verschuldet sein müssen (Gahleitner in Cerny/Gahleitner/Kundtner/Preiss/Schneller, ArbVG, Erl 41 zu § 105). Das Berufungsgericht hat vielmehr richtig darauf verwiesen, dass die krankheitsbedingte Verminderung der Leistungsfähigkeit des Klägers, der gerade erst von einem dreimonatigen Krankenstand zurückgekehrt war, nur mehr halbtags und auch dann nur in einem konfliktfreien Umfeld und mit geminderter Belastung hätte eingesetzt werden können, die Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen der Beklagten weiter untermauerte.

Auch der Einwand, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, den Kläger "auf einem allenfalls seinen geminderten Kräften entsprechenden Arbeitsplatz zu verwenden", muss unter diesen Umständen von vornherein ins Leere gehen. Der Kläger, dessen Arbeitsbereich den ständigen Umgang mit anderen Mitarbeitern erforderte, zeigt auch mit keinem Wort auf, wie im Betrieb, in dem durch sein Verhalten das Arbeitsklima bereits nachhaltig gestört war, ein konfliktfreier Halbtagsarbeitsplatz für ihn hätte gefunden werden können. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass seine Leistungsfähigkeit derart eingeschränkt war, dass ihm ab 1. 12. 1999 eine auf 2 Jahre befristete Berufsunfähigkeitspension gewährt wurde; er hat aber "im Hinblick auf dieses Verfahren" nicht um deren Verlängerung angesucht.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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