OGH 9Ob238/02v

OGH9Ob238/02v18.12.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ.Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Alfons Klaunzer und Dr. Josef Klaunzer, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei 1) Dr. Johannes P*****, Rechtsanwalt, *****, vertreten durch Dr. Markus Heis, Rechtsanwalt in Innsbruck, 2) Alfred G*****, Steuerberater, *****, vertreten durch Dr. Peter Planer und Dr. Barbara Planer, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wegen EUR 22.084,65 sA, über die außerordentliche Revision der erstbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 27. September 2002, GZ 4 R 155/02d-22, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionswerber meint, seine Haftung als Vertragserrichter und Treuhänder scheitere daran, dass er mit dem vorsätzlich eine Schädigung der Klägerin in Kauf nehmenden Verhalten der finanzierenden Sparkasse und der Verkäuferin nicht habe rechnen müssen und dafür auch nicht einzustehen habe. Durch das Verhalten der Sparkasse und der Verkäuferin sei der Kausalzusammenhang zwischen dem Schaden und dem Verhalten des Revisionswerbers unterbrochen; es fehle auch am Rechtswidrigkeitszusammenhang.

Auf die in der Revision zitierten Ausführungen von Reischauer (in Rummel, ABGB II² Rz 18 ff) kann sich der Revisionswerber dabei nicht mit Erfolg stützen. Reischauer weist nämlich - wie das Berufungsgericht schon zutreffend ausgeführt hat - darauf hin, dass auch bei vorsätzlicher Schädigung durch einen Dritten der Ersttäter nicht zwangsläufig haftungsfrei sein müsse; z.B. habe Verwahrung auch den Zweck, vor Diebstahl oder vorsätzlicher Beschädigung zu schützen, weshalb der Verwahrer in diesen Fällen nicht schon wegen des Vorsatzes eines Dritten frei werden könne. Wer für das Gut eines anderen sorgepflichtig sei, werde nicht wegen des Fehlverhaltens Dritter von der Haftung frei (Reischauer, aaO, Rz 20). Diese Überlegung kommt - wie ebenfalls schon vom Berufungsgericht ausgeführt - naturgemäß auch im Falle der Haftung eines Vertragserrichters und Treuhänders zum Tragen, der ja gerade deshalb mit seiner Aufgabe betraut wird, weil er den Betroffenen vor Übervorteilung durch andere am Geschäft Beteiligte bewahren soll. Wird der Betroffene in der Folge von anderen Beteiligten tatsächlich (allenfalls auch vorsätzlich) überfordert, ist dies weder inadäquat noch außerhalb des Rechtswidrigkeitszusammenhangs und nicht geeignet, den fahrlässig handelnden und dadurch die Übervorteilung ermöglichenden Vertragserrichter und Treuhänder von seiner Haftung zu befreien.

Auch die - insoweit keineswegs uneinheitliche - Rechtsprechung vertritt den Standpunkt, dass das Hinzutreten einer gewollten rechtswidrigen Handlung eines Dritten adäquat ist und daher den Erstschädiger haftbar macht, wenn die Handlung des Dritten nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit lag (RIS-Justiz RS0022918; RS0022940; zuletzt etwa 1 Ob 296/98f).

Ob ein Rechtsanwalt seine im konkreten Fall geschuldete Sorgfaltspflicht verletzt hat, ist eine Frage des Einzelfalls, die - von Fällen krasser Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz abgesehen - nicht revisibel ist. Von einer krassen Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz kann hier nicht die Rede sein.

Der Einwand, dass der Revisionswerber nicht nur die Interessen der Klägerin sondern auch jene der Sparkasse zu beachten gehabt habe, ist nicht geeignet, das vom Berufungsgericht in vertretbarer Weise als sorgfaltswidrig qualifizierte Verhalten gegenüber der Klägerin zu exkulpieren.

Dass sich die Klägerin in erster Instanz nie auf die vom Berufungsgericht zur Begründung der Haftung des Erstbeklagten herangezogenen Umstände gestützt habe, ist nicht richtig. Die Klägerin hat im Laufe des Verfahrens ausdrücklich vorgebracht, dass der Beklagte auch deshalb hafte, weil er - ungeachtet der Vertragsbestimmung, nach der er im Falle der Inanspruchnahme des Käufers die in Rede stehenden Beträge vom Kaufpreis hätte abziehen können - den treuhändig verwalteten Betrag an die Sparkasse weitergeleitet habe. Dem hat zwar der Erstbeklagte ein Einverständnis der Klägerin mit der Sparkasse entgegengehalten. Demgegenüber hat aber die Klägerin - wenn auch generell - immer behauptet, vom Erstbeklagten über die mögliche (und für den Erstbeklagten keinesfalls unvorhersehbare) Inanspruchnahme durch die Gebietskrankenkasse nicht aufgeklärt worden zu sein.

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