OGH 4Ob231/02b

OGH4Ob231/02b5.11.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am ***** verstorbenen Theresia Michaela von der T*****, geboren am *****, zuletzt wohnhaft gewesen in A*****, infolge Revisionsrekurses des Erben Dr. Leo von der T*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 31. Juli 2002, GZ 52 R 3/02a‑190, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Bezau vom 6. Dezember 2001, GZ 2 A 212/98y‑182, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Der Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen die Aufhebung von Punkt 2 des erstgerichtlichen Beschlusses richtet, zurückgewiesen.

2. Im Übrigen wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben. Aus Anlass des Revisionsrekurses wird der Ausspruch der Vorinstanzen über den Schadenersatzanspruch des Rechtsmittelwerbers (Pkt 5 des erstinstanzlichen Beschlusses) als nichtig aufgehoben und der auf diesen Anspruch gestützte Antrag des Rechtsmittelwerbers wegen Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Abhandlungsgericht bestellte mit Beschluss vom 11. 10. 1999 Rechtsanwalt Dr. Markus F***** zum Verlassenschaftskurator. Mit Einantwortungsurkunde vom 27. 4. 2000, ON 117, wurde der Nachlass den 10 Kindern der Erblasserin aufgrund des Gesetzes zu je einem Zehntel rechtskräftig eingeantwortet. Der Rechtsmittelwerber ist ein Sohn der Verstorbenen.

Mit Beschluss vom 6. 12. 2001 genehmigte das Erstgericht die Schlussrechnung des Verlassenschaftskurators mit einem Übernahmeguthaben von 26.042,09 S, Einnahmen von 27.610 S, Ausgaben von 29.115,77 S (Punkt 1), bestimmte die Belohnung mit 6.000 S inklusive Umsatzsteuer und Barauslagen und ermächtigte den Kurator, diesen Betrag vom Schlussguthaben zu beheben (Punkt 2), bewilligte die Auszahlung des verbleibenden Guthabens zu je 1/10 an die eingeantworteten Erben (Punkt 3), enthob den Verlassenschaftskurator seines Amts (Punkt 4) und verwies den Rechtsmittelwerber mit den von ihm behaupteten Schadenersatzansprüchen gegen den Kurator auf den Rechtsweg (Punkt 5). Der Kurator habe laufend berichtet und auch einen ausführlichen Schlussbericht erstattet. Sämtliche Einnahmen und Ausgaben seien durch die Berichte und die angeschlossenen Unterlagen dokumentiert. Dem Kurator stehe ein Anspruch auf Belohnung zu, weil er die in die Verlassenschaft fallende Wohnung verwaltet habe. Seine Tätigkeit sei zum Teil fachspezifische Vertretungstätigkeit gewesen, so dass die Obergrenze nach § 266 ABGB nicht maßgebend sei. Da die Erben für die Entlohnung hafteten, sei der Kurator zu ermächtigen, den ihm zustehenden Betrag vom Schlussguthaben abzuziehen. Zur Verweisung der behaupteten Schadenersatzansprüche auf den Rechtsweg verwies das Erstgericht auf die Begründung der Rekursentscheidung 52 R 63/01y des Landesgerichts Innsbruck (ON 161).

Das Rekursgericht hob Punkt 2 dieses Beschlusses auf und trug dem Erstgericht auf, über den Belohnungsanspruch des Kurators nach Verfahrensergänzung erneut zu entscheiden, im Übrigen bestätigte es den Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Voraussetzungen des behaupteten Schadenersatzanspruchs ließen sich im Außerstreitverfahren nicht zureichend ergründen; dazu sei ein förmliches Beweisverfahren notwendig. Die Entscheidungskompetenz des Abhandlungsgerichts zur Entscheidung über die Schlussrechnung habe nicht mit der Einantwortung geendet. Der Ausspruch, dass der Nachlasskurator seines Amts enthoben werde, habe nur rechtsbekundende Wirkung und diene der Klarstellung der Rechtslage. Die Ausführungen des Rekurswerbers, der Verlassenschaftskurator habe auch die Nachlassaktiven zu veräußern, seien nicht nachvollziehbar. Die Einwendungen gegen einzelne Posten der Schlussrechnung verstießen gegen das Neuerungsverbot. Dem Rekurswerber sei ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt werden, zur Rechnungslegung des Verlassenschaftskurators Stellung zu nehmen. Die Einwände gegen die Bestimmung der Belohnung seien allerdings teilweise berechtigt. Um die Angemessenheit beurteilen zu können, sei es notwendig, die begehrte Belohnung aufzuschlüsseln. Ob der Kurator ermächtigt werden könne, die Belohnung aus dem Mündelgeld zu entnehmen, sei nicht eindeutig geregelt. Grundsätzlich könne die Auffassung des Erstgerichts geteilt werden, wonach der Kurator auch nach der Einantwortung die Belohnung dem von ihm noch verwalteten Vermögen entnehmen könne.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss gerichtete Revisionsrekurs des Miterben Dr. Leo von der T***** ist unzulässig, soweit er sich gegen die Entscheidung über die Belohnung des Verlassenschaftskurators richtet; im Übrigen ist der Revisionsrekurs zwar zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt; aus Anlass dieses Rechtsmittels war von Amts wegen eine Nichtigkeit aufzugreifen.

1. Zum Revisionsrekurs gegen die Entscheidung über die Belohnung des Verlassenschaftskurators:

Nach § 14 Abs 2 Z 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs gegen Entscheidungen im Kostenpunkt jedenfalls unzulässig. Den Kostenpunkt betreffen alle Entscheidungen, mit denen in irgendeiner Form - sei es materiell, sei es formell - über Kosten abgesprochen wird. Der Rechtsmittelausschluss gilt daher nicht nur für die Kostenbemessung, sondern auch für die Entscheidung, von welcher Seite und aus welchen Mitteln Kosten zu erstatten sind (1 Ob 547/95 = SZ 68/104 mwN). Kosten in diesem Sinn sind auch die Kuratorskosten (Fucik, AußStrG² , 37 mwN).

Soweit daher das Rekursgericht über die Belohnung des Verlassenschaftskurators und dessen Ermächtigung, den zuerkannten Betrag aus dem nach der Abrechnung verbliebenen Überschuss zu entnehmen, entschieden hat, ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig. Das Rechtsmittel war insoweit zurückzuweisen.

2. Zum Revisionsrekurs gegen die Genehmigung der Schlussrechnung:

Der Rechtsmittelwerber macht geltend, dass die Tätigkeit des Verlassenschaftskurators mit der Einantwortung geendet habe. Das Verlassenschaftsgericht sei nach diesem Zeitpunkt nicht mehr berechtigt gewesen, über die Rechnungslegung und den Belohnungsanspruch des Kurators zu entscheiden und diesem Aufträge zu erteilen. Der Verlassenschaftskurator sei nicht berechtigt gewesen, nach der Einantwortung noch Zahlungen für die Verlassenschaft zu leisten.

Der Rechtsmittelwerber bestreitet damit, dass das Abhandlungsgericht nach der Einantwortung für die Entscheidung über die Rechnungslegung und den Belohnungsanspruch des Nachlasskurators zuständig sei. Das Gesetz regelt diese Frage nicht ausdrücklich.

Auf den Verlassenschaftskurator sind die für den Vormund geltenden Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, weil der Verlassenschaftskurator die Verwaltung des Nachlasses nach den für den Vormund geltenden Grundsätzen zu führen hat (Knell, Die Kuratoren im österreichischen Recht 105). Der Vormund hat nach § 262 ABGB längstens binnen zwei Monaten nach Beendigung der Vormundschaft dem Gericht seine Schlussrechnung zu übergeben; gemäß § 263 ABGB hat er dem volljährig Gewordenen das Vermögen herauszugeben. Zuständig für die in diesem Zusammenhang nach Beendigung der Vormundschaft zu treffenden Verfügungen ist das Pflegschaftsgericht, das im Außerstreitverfahren zu entscheiden hat (s § 217 Abs 1 AußStrG; 2 Ob 223/59 = EvBl 1959/365). Nachdem die Regelung für den Vormund sinngemäß auf den Verlassenschaftskurator anzuwenden ist, ist auch die Vermögensübergabe durch den Verlassenschaftskurator im Verfahren außer Streitsachen durchzusetzen; das Abhandlungsgericht hat den Verlassenschaftskurator nötigenfalls zur Vermögensübergabe anzuweisen (7 Ob 676, 677/88 = SZ 61/239). Für die Prüfung der Schlussrechnung nach der Einantwortung kann nichts anderes gelten. Auch für sie bleibt das Abhandlungsgericht zuständig. Die Einwendungen des Rechtsmittelwerbers sind daher insoweit nicht berechtigt.

Dem Rechtsmittelwerber kann auch nicht gefolgt werden, wenn er die Berechtigung des Verlassenschaftskurators bestreitet, noch nach der Einantwortung Zahlungen für die Verlassenschaft zu leisten:

Das Amt des Verlassenschaftskurators erlischt nach überwiegender Lehre und Rechtsprechung mit seiner Enthebung und nicht bereits mit der Einantwortung (Weiß in Klang² III 131, 1017; Ehrenzweig, System² II/2, 499; Knell aaO 106; Schwimann/Eccher, ABGB² § 811 Rz 4 mwN; 3 Ob 501/79; s auch 10 Ob 534/94 = NZ 1995, 278). Im Gegensatz dazu stellt die Entscheidung 5 Ob 505/81 (= EvBl 1981/199) auf die Einantwortung ab und vertritt - ohne sich mit der gegenteiligen Rechtsprechung und Lehre auseinanderzusetzen - die Auffassung, dass die Enthebung nur deklarative Bedeutung habe. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Der Verlassenschaftskurator ist aufgrund seines Amts verpflichtet, die Interessen der Verlassenschaft wahrzunehmen. Solange er nicht enthoben ist, bleibt diese Verpflichtung aufrecht. Würde der Enthebung nur deklarative Bedeutung beigemessen, so wäre der Verlassenschaftskurator gezwungen, sich vor jeder Maßnahme zu vergewissern, ob die Verlassenschaft nicht mittlerweile eingeantwortet wurde, weil ihm - wie auch im vorliegenden Fall - die Einantwortungsurkunde oftmals nicht zugestellt wird.

Nach dem Inhalt der Schlussrechnung hat der Verlassenschaftskurator nach der Einantwortung für die Verlassenschaft laufende Zahlungen, wie Stromabschlagszahlungen und Gemeindeabgaben, entrichtet. Er hat damit im Interesse der Verlassenschaft verhindert, dass Mahnspesen aufliefen oder sonstige Nachteile aus dem Zahlungsverzug, wie zB die Unterbrechung der Stromversorgung, entstanden. Dazu war er aufgrund seines Amts bis zu seiner Enthebung auch verpflichtet; die Tatsache, dass die Verlassenschaft in diesem Zeitpunkt bereits eingeantwortet war, kann daher einer Genehmigung der Schlussrechnung nicht entgegenstehen.

Der Verlassenschaftskurator hat auch ungeachtet dessen im Interesse der Verlassenschaft gehandelt, dass die Wohnung nur bis August 1999 bewohnt war. Das versteht sich für die Versicherungsprämie von selbst, gilt aber auch für die Stromkosten und Gemeindeabgaben, nachdem allgemein bekannt ist, dass derartige Zahlungen auch dann entrichtet werden müssen, wenn ein Haus unbewohnt ist. Die vom Verlassenschaftskurator gezahlten Kosten der Grabstätte gehören zu den Begräbniskosten im Sinne des § 549 ABGB (Welser in Rummel, ABGB³ § 549 Rz 6 mwN). Auch diese Kosten hat der Verlassenschaftskurator daher zu Recht aufgewendet.

Umfang und Art der Tätigkeit des Verlassenschaftskurators hängen vom Bestellungsgrund ab (Knell aaO 104). Der Verlassenschaftskurator kann daher beauftragt sein, die Nachlassaktiven zu veräußern (1 Ob 341/99z = NZ 2001, 205); er ist aber keineswegs in jedem Fall dazu verpflichtet. Im vorliegenden Fall war es Aufgabe des Verlassenschaftskurators, die in den Nachlass fallende Wohnung zu verwalten. Er war jedoch nicht beauftragt, die Wohnung oder andere Nachlassaktiven zu veräußern. Durch die Unterlassung einer Veräußerung kann der Verlassenschaftskurator daher auch nicht pflichtwidrig gehandelt haben.

Soweit der Rechtsmittelwerber rügt, dass der Verlassenschaftskurator die von ihm geltend gemachten Kosten für Trauerkleidung und Blumen nicht ersetzt hat, ist ihm zu entgegen, dass die Kosten für Trauerkleidung nur dann zu den Begräbniskosten im Sinne des § 549 ABGB gehören, wenn dadurch kein weiterer persönlicher Bedarf gedeckt wird (6 Ob 297/98i = EFSlg 87.167). Der Rechtsmittelwerber hat in diesem Zusammenhang die Rechnung für einen Mantel vorgelegt, aus der aber nicht ersichtlich ist, dass er den Mantel nicht auch zu anderen Anlässen tragen könnte. Die Kosten für die Blumen für das Begräbnis seiner Mutter kann der Rechtsmittelwerber nicht ersetzt verlangen, weil es sich dabei um persönliche Aufwendungen handelt.

3. Zum Revisionsrekurs gegen die Verweisung auf den Rechtsweg.

Der Rechtsmittelwerber rügt, dass das Abhandlungsgericht nicht über die Schadenersatzansprüche entschieden hat, die er gegen den Verlassenschaftskurator erhoben hat. In seiner Äußerung zum Abschlussbericht des Verlassenschaftskurators hat der Rechtsmittelwerber vorgebracht, durch die Nichtvermietung der Wohnung seiner Mutter sei ihm hinsichtlich seines 1/10‑tel Anteils ein Schaden von 12.000 S entstanden. Er hat erklärt, vorläufig diesen Betrag gegen den Verlassenschaftskurator geltend zu machen und gegen allfällige Ansprüche des Kurators aufzurechnen (ON 136).

Schadenersatzansprüche sind, soweit keine Ausnahmen bestehen, grundsätzlich im Rechtsweg zu verfolgen. Das Gesetz enthält weder für den Verlassenschaftskurator noch für den Vormund eine ausdrückliche Regelung, ob und in welchem Umfang Schadenersatzansprüche im Außerstreitverfahren zu erledigen sind. Soweit der Rechtsmittelwerber darauf verweist, dass das Konkursgericht im Rechnungslegungsverfahren nach den §§ 121 ff KO über Schadenersatzansprüche gegen den Masseverwalter zu entscheiden hat, ist ihm zu entgegen, dass dies nur für Schadenersatzansprüche gilt, die gegen den Masseverwalter wegen eines Vermögensnachteils erhoben werden, die dieser durch pflichtwidrige Führung seines Amts der Konkursmasse zugefügt hat (9 ObA 237/91 = RdW 1992, 317; 8 Ob 300/98w = ecolex 1999/269 [Wilhelm]). Handelt es sich hingegen um einen Individualanspruch eines Geschädigten gegen den Masseverwalter, so ist dieser auch während des Konkursverfahrens im streitigen Rechtsweg geltend zu machen (9 ObA 237/91 = RdW 1992, 317; 8 Ob 300/98w = ecolex 1999/269 [Wilhelm] mwN).

Für Schadenersatzansprüche gegen den Verlassenschaftskurator kann nichts anderes gelten. Individualansprüche können nicht im Rechnungslegungsverfahren erhoben werden, sondern sind im streitigen Rechtsweg geltend zu machen. Da der vom Rechtsmittelwerber erhobene Antrag damit nicht in das Außerstreitverfahren gehört, bedarf es keiner Auseinandersetzung mit der Frage, ob ein Erbe vor der Einantwortung überhaupt legitimiert ist, Schadenersatzansprüche wegen einer (behaupteten) Schädigung des Nachlasses geltend zu machen.

Fehlt es somit an der Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs für diesen Anspruch des Rechtsmittelwerbers, war dieser Nichtigkeitsgrund wahrzunehmen (§ 42 Abs 1 JN; Mayr in Rechberger, ZPO2 § 42 JN Rz 8 und Vor § 1 JN Rz 15); der darüber ergangene Ausspruch der Vorinstanzen waren als nichtig aufzuheben und der Antrag zurückzuweisen. Ob die Auffassung der Lehre zutrifft, § 2 Abs 2 Z 7 AußStrG sei obsolet, weil der Außerstreitrichter heute den Sachverhalt genauso feststellen könne wie der Richter im Zivilprozess, kann mangels Relevanz offenbleiben (Klicka/Oberhammer, Außerstreitverfahren³ Rz 50 mwN).

Der Revisionsrekurs musste erfolglos bleiben.

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