Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
In dem von ihr zu 7 C 38/99i des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien gegen ihren geschiedenen Ehemann Dr. Nikolaus Qu***** angestrengten Unterhaltsverfahren lehnte die Klägerin (im Folgenden nur mehr Ablehnungswerberin genannt) die zuständige Richterin Mag. Christine W***** als befangen ab.
Der Vorsteher des genannten Bezirksgerichtes wies den Ablehnungsantrag nach meritorischer Prüfung - entsprechend der üblichen (an § 24 Abs 2 zweiter Fall JN orientierten) Terminologie - "zurück".
Dagegen brachten sowohl die Ablehnungswerberin persönlich, als auch der für sie im Unterhaltsverfahren als Verfahrenshelfer einschreitende anwaltliche Vertreter Mag. August Schulz Rekurse ein, die jeweils am 24. 6. 2002 zur Post gegeben wurden und am 25. 6. 2002 beim Erstgericht einlangten.
Das Rekursgericht wies den von der Ablehnungswerberin selbst verfassten Rekurs - im Hinblick auf das gleichzeitig durch den Verfahrenshelfer eingebrachte Rechtsmittel - als unzulässig zurück und gab dem vom Verfahrenshelfer namens seiner Mandantin erhobenen Rekurs - nach meritorischer Prüfung - nicht Folge.
Dagegen richtet sich der (von der Ablehnungswerberin selbst erhobene "außerordentlicher Revisionsrekurs", der sich sowohl gegen die Zurückweisung des einen, als auch gegen die Abweisung des anderen Rekurses wendet und mit dem - erschließbar - eine Abänderung der Entscheidung der Vorinstanzen dahin angestrebt wird, dass dem Ablehnungsantrag Folge gegeben werde.
Rechtliche Beurteilung
Die Bekämpfung der Abweisung des vom Verfahrenshelfer erhobenen Rekurses ist jedenfalls (absolut) unzulässig. Die Bekämpfung der Zurückweisung des von der Ablehnungswerberin persönlich erhobenen Rekurses ist mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO ebenfalls unzulässig.
Zur Bekämpfung der Rekursabweisung:
Nach einhelliger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0074402; RS0098751, jeweils mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen, zuletzt etwa 9 Ob 35/02s und 6 Ob 115/02h) ist die Spezialnorm des § 24 Abs 2 JN so auszulegen, dass gegen die Entscheidung der zweiten Instanz, mit der die Zurückweisung (in Wahrheit, weil über die Ablehnung materiell entschieden wird: die Abweisung) eines Ablehnungsantrages bestätigt wurde, kein weiteres Rechtsmittel zulässig ist. Soweit sich der "außerordentliche Revisionsrekurs" der Ablehnungswerberin gegen die meritorische (bestätigende) Entscheidung des Rekursgerichtes richtet, ist das Rechtsmittel daher absolut unzulässig und deshalb zurückzuweisen.
Zur Bekämpfung der Rekurszurückweisung:
Der Ausschluss eines weiteren Rechtszuges gegen eine rekursgerichtliche Entscheidung in Ablehnungssachen gemäß § 24 Abs 2 JN gilt nach stRsp dann nicht, wenn das Gericht zweiter Instanz den Rekurs gegen die Ablehnung der Annahme einer Befangenheit des Richters durch das Gericht erster Instanz ohne Vornahme einer meritorischen Prüfung der Ablehnungsgründe aus formellen Gründen zurückgewiesen hat. In diesem - hier in Ansehung des von der Ablehnungswerberin selbst verfassten Rekurses gegebenen - Fall steht der Rechtsweg an die dritte Instanz zwecks Prüfung dieser formellen Gründe offen (RIS-Justiz RS0046065 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen), sofern die Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO (Vorliegen einer im Sinne dieser Gesetzesstelle erheblichen Rechtsfrage) gegeben sind (RIS-Justiz RS0044509, zuletzt etwa 9 Ob 35/02s).
Das Rekursgericht führt in der Begründung seines (zur Gänze angefochtenen) Beschlusses aus, der Revisionsrekurs "gegen diesen Beschluss" sei iSd § 24 Abs 2 JN jedenfalls unzulässig. Offenbar weil der Revisionsrekurs also - rechtsirrig - auch insoweit als jedenfalls unzulässig erachtet wurde, hat das Rekursgericht auch hinsichtlich der Rekurszurückweisung einen Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses unterlassen.
Ein solcher Ausspruch wäre allerdings zu treffen gewesen: Hängt doch die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses, wie bereits erwähnt, davon ab, ob eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO vorliegt. Ein Auftrag an das Rekursgericht, seine Entscheidung durch einen solchen Ausspruch zu ergänzen, ist hier aber entbehrlich. Nach ständiger Rechtsprechung ist im Fall einer Entscheidung über die Ablehnung eines Richters die in der Klage geltend gemachte Forderung Entscheidunsgegenstand (2 Ob 504/91; 6 Ob 592/94; 5 Ob 253/98m ua). Da der Entscheidungsgegenstand im vorliegenden (zu den familienrechtlichen Streitigkeiten gemäß § 49 Abs 2 Z 2 JN zählenden) Unterhaltsprozess - und damit auch im Ablehnungsverfahren - gemäß § 58 Abs 1 JN EUR 232.920 (das Dreifache der begehrten Unterhaltsjahresleistung; das Unterhaltsbegehren wurde zuletzt [Schriftsatz ON 95] auf monatlich EUR 6.470 ausgedehnt) beträgt, also EUR 20.000 übersteigt, konnte bei Fehlen des Ausspruchs zugleich das demnach jedenfalls zustehende Rechtsmittel des außerordentlichen Revisionsrekurses ergriffen werden. Die Revisionsrekurswerberin wird dadurch nicht schlechter gestellt, weil der Oberste Gerichtshof bei der Prüfung der Zulässigkeit des Revisionsrekurses ohnehin an den Ausspruch des Rekursgerichtes nicht gebunden wäre.
Die (also sogleich vorzunehmende) Überprüfung der Gründe, die das Rekursgericht zur Zurückweisung des von der Ablehnungswerberin selbst verfassten Rekurses veranlasst haben, führt zu dem Ergebnis, dass eine erhebliche Rechtsfrage in diesem Zusammenhang nicht beantwortet werden musste: Nach stRsp, an der auch nach der Einführung des § 84 Abs 3 ZPO durch die ZVN 1983 festgehalten wurde, steht jeder rechtsmittelwerbenden Partei grundsätzlich nur ein Schriftsatz zu (Kodek in Rechberger2 Rz 12 vor § 461 mwN). Gegen diesen Grundsatz der "Einmaligkeit des Rechtsmittels" wurde seitens der Anfechtungswerberin hier verstoßen, weil gleichzeitig zwei Rechtsmittel eingebracht wurden, von denen das eine vom bevollmächtigten Rechtsanwalt und das andere von der Partei selbst verfasst wurde. In einem solchen Fall hat der Oberste Gerichtshof bereits zu 1 Ob 321/71, JBl 1972, 274 = NZ 1973, 77 = SZ 44/180 ausgesprochen, dass im Zweifel das vom rechtskundigen Vertreter eingebrachte Rechtsmittel vorgeht und das von der Partei selbst eingebrachte Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen ist; dies insbesondere dann, wenn das von der Partei selbst verfasste kein weitergehendes Rechtsmittel darstellt.
Auch letzteres trifft hier zu. Wie schon das Rekursgericht richtig hingewiesen hat, sind die beiden gegenständlichen Rekurse im Wesentlichen inhaltsgleich; die - angebliche - Befangenheit der Verhandlungsrichterin wird im Wesentlichen auf die nämlichen - von den Vorinstanzen für nicht stichhältig erachteten - Gründe gestützt. Auch der Rechtsmittelantrag ist derselbe. Damit steht die gegenständliche Zurückweisung des von der Ablehnungswerberin selbst verfassten Rekurses mit gesicherter oberstgerichtlicher Judikatur im Einklang. Reicht doch, um eine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes annehmen zu können, das Vorliegen schon einer, ausführlich begründeten, grundlegenden und veröffentlichten Entscheidung, der keine gegenteiligen entgegenstehen, insbesondere dann, wenn sie auch im Schrifttum nicht auf beachtliche Kritik gestoßen ist (RdW 1998, 406; RIS-Justiz RS0103384 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen; Kodek aaO Rz 3 zu § 502). Diese Voraussetzungen werden von der Entscheidung 1 Ob 321/71 alle erfüllt. Auch in Ansehung der Rekurszurückweisung erweist sich das Rechtsmittel der Ablehnungswerberin daher als unzulässig. Da, wie bereits betont wurde, die beiden Rekurse im Wesentlichen die nämlichen Umstände bzw Argumente geltend machen, deren Stichhältigkeit ohnehin vom Rekursgericht meritorisch geprüft wurde, kann sich die Ablehnungswerberin dadurch, dass der von ihr selbst verfasste Rekurs zurückgewiesen wurde, im Übrigen letztlich auch gar nicht tatsächlich beschwert erachten.
Das Rechtsmittel der Ablehnungswerberin war spruchgemäß zurückzuweisen.
Der Vollständigkeit halber ist noch zu erwähnen, dass die Revisionsrekurswerberin ihren Ausführungen noch angefügt hat, es sei für sie unverständlich, "dass der Rekurs von eben der Richterin, Frau Dr. K*****, behandelt wird, die bereits im Verfahren 10 F 18/98 den Betrug und Amtsmissbrauch ignoriert hat und das Verfahren gegen mich entschieden hat. Es ist doch davon auszugehen, dass diese Richterin nicht ihr Urteil widerrufen wird, sondern eher davon, dass sie dieses erneut gegen mich entscheidet. Die Entscheidung des Rekurses hätte von einem unbefangenen Richter gefällt werden sollen". Da es sich beim Vorsitzenden des Rekurssenates Dr. Erwin K***** um einen Mann handelt, die Revisionsrekurswerberin aber unmissverständlich und wiederholt von einer Richterin spricht, liegt offenbar eine Personen- oder Namensverwechslung vor, weshalb der im Revisionsrekurs erhobene Befangenheitsvorwurf keine weiteren Veranlassungen erfordert.
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