OGH 6N509/02

OGH6N509/0212.9.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der beim Bezirksgericht Favoriten zu 14 P 61/96w geführten Pflegschaftssache über den Ablehnungsantrag der Ablehnungswerber 1. Gertrude F*****, und 2. Ing. Gebhard F*****, gegen die Mitglieder des 1. Senates des Obersten Gerichtshofes Vizepräsident des Obersten Gerichtshofes Dr. Horst Schlosser, Hofrat Dr. Josef Gerstenecker, Hofrat Dr. Ronald Rohrer, Hofrat Dr. Alfons Zechner und Hofrat Univ. Doz. Dr. Michael Bydlinski sowie das frühere Senatsmitglied Senatspräsident des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Ablehnungsanträge und die damit verbundenen Anträge, die Beschlüsse vom 26. 2. und 30. 4. 2002, AZ 1 Ob 234/01w gemäß § 25 JN aufzuheben und eine Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften einzuholen, werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

In der beim Bezirksgericht Favoriten geführten Pflegschaftssache hatten die Vorinstanzen Besuchsrechtsanträge des Vaters und der Großmutter der beiden 1986 und 1988 geborenen, in Obsorge der Mutter stehenden Kinder, abgewiesen. Der 1. Senat des Obersten Geichtshofs wies mit seiner Entscheidung vom 26. 2. 2002 die außerordentliche Revisionsrekurse des Vaters und der Großmutter zurück (1 Ob 234/01w). Mit seiner zweiten Entscheidung zu derselben Geschäftszahl vom 30. 4. 2002 wies der 1. Senat die Rekurse des Vaters und der Großmutter gegen einen Sachverständigengebührenbeschluss des Rekursgerichtes teilweise zurück und gab den Rechtsmitteln im Übrigen nicht Folge. Mit ihrem gemeinsam eingebrachten, beim Obersten Gerichtshof am 12. 8. 2002 eingelangten Antrag und seiner Ergänzung vom 14. 8. 2002 lehnen der Vater und die Großmutter die namentlich angeführten Richter des 1. Senates und zusätzlich ein früheres Senatsmitglied des 1. Senates ab, stellen einen Antrag auf Aufhebung der Beschlüsse des 1. Senates vom 26. 2. 2002 und vom 30. 4. 2002 gemäß § 25 JN und stellen ferner für den Fall der beabsichtigten Zurück- oder Abweisung dieser Anträge den Antrag, die Sache dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Rechtliche Beurteilung

Sämtliche Anträge sind unzulässig:

1. Die Ablehnung von Richtern ist zwar auch noch nach Fällung der Gerichtsentscheidung grundsätzlich zulässig (RS0041933), niemals aber nach dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, durch die eine allfällige Befangenheit geheilt wird. Die gegenteilige Auffassung führte zu dem systemwidrigen Ergebnis, dass eine rechtskräftige Entscheidung durch ein nachfolgendes Ablehnungsverfahren beseitigt werden könnte. Eine derartige Durchbrechung der Rechtskraft sieht das Gesetz außerhalb der Anwendungsfälle der §§ 529 ff ZPO nicht vor (9 ObA 142/88 uva).

2. Die Besuchsrechtsentscheidung ist rechtskräftig. Selbst wenn man davon ausginge, dass es im Pflegschaftsverfahren nicht auf die Einzelentscheidung über ein Rechtsschutzbegehren, sondern auf den Umstand ankomme, dass das Pflegschaftsverfahren noch fortzuführen ist und der 1. Senat daher in diesem Verfahren später wieder über Rechtsschutzanträge der Ablehnungswerber zu entscheiden haben werde, ist für sie damit nichts gewonnen, weil sie ihre Ablehnung ausschließlich auf die Behauptung einer unrichtigen Sachentscheidung des 1. Senates stützen (dieser habe im Besuchsrechtsverfahren insbesondere den relevierten Verfahrensfehler, nämlich die Berücksichtigung eines unschlüssigen Sachverständigengutachtens als Entscheidungsgrundlage, nicht beachtet). Die Überprüfung der sachlichen Richtigkeit der Entscheidung eines oberstgerichtlichen Senates durch einen anderen Senat im Wege eines Ablehnungsverfahrens ist jedoch unzulässig, weil im innerstaatlichen Instanzenzug Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes nicht mehr - auch nicht über ein Ablehnungsverfahren - überprüfbar sind (RS0111658).

3. Eine Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist nicht erforderlich. Im Ablehnungsverfahren ist keine Rechtsfrage des Gemeinschaftsrechts zu beantworten, die zweifelhaft wäre. Den Parteien kommt auch hier kein Antragsrecht zu.

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