OGH 6Ob162/02w

OGH6Ob162/02w29.8.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christian Andreas S*****, vertreten durch Dr. Herwig Aichholzer, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Franz Norbert S*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Tautschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Räumung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 14. März 2002, GZ 2 R 42/02g-14 (13), womit das Urteil des Bezirksgerichtes Feldkirchen/Kärnten vom 19. November 2001, GZ 2 C 1341/01z-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten seiner Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger ist Hälfteeigentümer einer Liegenschaft mit einem darauf befindlichen Wohnhaus. Er begehrt Räumung einer im ersten Stock des Gebäudes gelegenen Wohnung, einer Garage und eines Abstellraumes. Der frühere Eigentümer habe ihm mit Übergabsvertrag vom 17. 7. 1998 das Hälfteeigentum übertragen; gleichzeitig sei eine Nutzungsvereinbarung getroffen worden, wonach dem Kläger das alleinige Nutzungsrecht an der Liegenschaft mit Ausnahme des nordwestseitig gelegenen älteren Gebäudeteiles und einer weiteren Garage zustehe. Der Beklagte benutze eine Wohnung in den dem Kläger überlassenen Gebäudeteilen titellos. Weder der Kläger noch sein Vater - der zweite Hälfteeigentümer - hätten dem Beklagten ein Wohnrecht eingeräumt.

Der Beklagte beantragte kostenpflichtige Klagsabweisung und wendete ein, der Vater habe ihm die Übertragung des Eigentums zugesichert. Aufgrund dieses Versprechens habe er die Räumlichkeiten vor ca 10 Jahren adaptiert und bewohne sie seither. Es stehe ihm daher ein zumindest lebenslanges Wohnrecht zu. Der Vater habe dem Beklagten angeboten, den oberen Stock und die dazugehörenden Nebenräumlichkeiten auszubauen und versprochen, das erforderliche Eigentum an der Teilliegenschaft zur ausschließlichen Nutzung des Obergeschosses zu übertragen. Der Beklagte habe die näher angeführten Bauarbeiten vorgenommen und sei als Bauführer, durch Vereinigung, Verarbeitung und Vermischung Eigentümer geworden.

Das Erstgericht verpflichtete den Beklagten zur Räumung. Es stellte fest, dass der Vater der Streitteile als Alleineigentümer der Liegenschaft dem Beklagten 1991 gestattet habe, eine Wohnung für sich im leerstehenden Zubau des Hauses auszubauen. Dabei hätten unter anderem der Kläger, die Eltern der Streitteile und ein weiterer Bruder geholfen. Der Vater habe dem Beklagten angeboten, er werde ihm die Wohnung notariell übergeben, wenn er seiner Schwester zwischen 70.000 S und 100.000 S bezahlen werde. Der Beklagte habe dem nicht zugestimmt und die begehrte Zahlung auch nicht geleistet. Der Vater der Streitteile habe daraufhin die gesamte Liegenschaft einem weiteren Bruder übergeben wollen, dieser habe aber abgelehnt. Mit Notariatsakt vom 17. 7. 1998 habe der Vater dann dem Kläger eine Miteigentumshälfte an der Liegenschaft übergeben. Er habe mit ihm eine Benutzungsvereinbarung getroffen, wonach dem Vater das alleinige Nutzungsrecht am nordwestseitigen alten Teil des Gebäudes sowie an der diesem Teil unmittelbar angrenzenden Garage und dem Kläger das alleinige Nutzungsrecht am gesamten übrigen südostseitigen neuen Teil des Gebäudes zustehe. Der Kläger habe gewusst, dass der Beklagte im Obergeschoss des Neubaues wohne, er habe der Übernahme des Hälfteeigentums der Liegenschaft sowie der Bezahlung von 150.000 S nur deshalb zugestimmt, weil ihm durch die Nutzungsvereinbarung der komplette Zubau zur Verfügung gestellt worden sei und der Beklagte im Zuge von Streitigkeiten auch mitgeteilt habe, er werde aus der Wohnung ausziehen, wenn er etwas anderes bekomme. Eine ausdrückliche Übernahme eines allfälligen Rechts des Beklagten sei nicht erfolgt. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Beklagte habe von seinem Vater ein obligatorisches Wohnungsgebrauchsrecht eingeräumt erhalten. Von einem dinglichen Wohnrecht könne schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil der Vater den Beklagten nur wohnversorgt habe wissen wollen, nicht aber sei es seine Absicht gewesen, ihm ein gegen jedermann wirksames Recht einzuräumen. Dies ergebe sich auch daraus, dass er die Liegenschaft zunächst einem weiteren Bruder angeboten und schließlich dem Kläger ins Miteigentum übertragen habe. Der Kläger habe nur die Einzelrechtsnachfolge nach seinem Vater angetreten ohne in das obligatorische Wohnrechtsverhältnis zum Beklagten einzutreten. Er habe der Übertragung des Hälteanteils auch nur deshalb zugestimmt, weil ihm zugesagt worden sei, dass der Beklagte ohnehin ausziehen werde und ihm durch die Nutzung des gesamten Zubaus zustehe. Es fehle daher sowohl am Willen des Übergebers, die Verbindlichkeit zu überbinden, als auch der Wille des Übernehmers, das Recht zu übernehmen. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes entnommen werden könne, dass der Einzelrechtsnachfolger ein offenkundiges obligatorisches Gebrauchsrecht zu übernehmen habe.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichtes ist die Revision des Beklagten nicht zulässig. Welche Art das Wohnrecht im Einzelfall ist und ob dem Beklagten ein gegen jeden wirkendes dingliches Recht oder ein obligatorisches Gebrauchsrecht eingeräumt wurde, richtet sich nach der Auslegung des Erwerbstitels (WoBl 1996/80; WoBl 1998/205). Dieser Beurteilung kommt im Allgemeinen keine über den konkreten Anlassfall hinausgehende Bedeutung zu. Das Berufungsgericht hat das dem Beklagten eingeräumte Wohnrecht unter Berücksichtigung der konkreten Umstände als ein dem Rechtsvorgänger des Klägers gegenüber begründetes obligatorisches Wohnungsgebrauchsrecht beurteilt, dessen Verbücherung als Servitut nie in Frage gestanden sei (vgl zu einem ähnlich gelagerten Sachverhalt 7 Ob 207/97k).

Die Revision stellt nicht in Abrede, dass der Kläger das mit seinem Rechtsvorgänger vereinbarte Wohnrecht des Beklagten nicht übernommen hat, meint jedoch die Kenntnis des Klägers reichte für die Wirksamkeit des Wohnrechts auch ihm gegenüber aus.

Die in diesem Zusammenhang zitierte Rechtsprechung, wonach der Einzelrechtsnachfolger auch eine vertragliche (nicht verbücherte) Dienstbarkeit gegen sich gelten lassen müsse, wenn er von ihr bei Erwerb Kenntnis gehabt hätte oder hätte haben müssen - die Dienstbarkeit somit für ihn offenkundig sei - bezieht sich auf Fälle, in denen dem Berechtigten (nach der Vereinbarung) ein gegen jedermann wirkendes (dingliches) Recht eingeräumt werden sollte. Dass ein bloß auf die Benutzung einer Wohnung gerichtetes obligatorisches Recht einer nicht verbücherten Dienstbarkeit keineswegs gleichgesetzt werden kann, hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen (MietSlg 48.027). Nach herrschender Auffassung geht ein ohne dingliche Wirkung begründetes, auf die Benützung einer Wohnung gerichtetes obligatorisches Wohnrecht auf den Einzelrechtsnachfolger des Verpflichteten nur dann über, wenn er es ausdrücklich oder schlüssig übernommen hat (MietSlg 39.038; MietSlg 42.025; MietSlg 48.027; MietSlg 51.035). Es ist daher nicht schon dann gegenüber dem Einzelrechtsnachfolger des Verpflichten wirksam, wenn er von diesem Recht wusste; er tritt vielmehr in ein obligatorisches Schuldverhältnis im Wege der Vertragsübernahme ein (MietSlg 42.025; MietSlg 41.035; RIS-Justiz RS0011871). Die in der Entscheidung MietSlg 43.042 zur Frage der Offenkundigkeit zitierten Entscheidungen betrafen ebenso wie die Entscheidungen 1 Ob 128/98z und 4 Ob 285/00s vertragliche nicht verbücherte Dienstbarkeiten; sie sind daher für das hier zu beurteilende (bloß) obligatorisch eingeräumte Wohnrecht nicht einschlägig.

Das Berufungsgericht hat eine Vertragsübernahme angesichts der anlässlich des Übergabsvertrags getroffenen Benutzungsregelung verneint. Seine Auffassung ist nicht zu beanstanden, zumal die damals getroffene Benützungsregelung auch die vom Beklagten bewohnten Räumlichkeiten betraf, sodass ganz offensichtlich sowohl der Wille des Übergebers, seine Verpflichtung zu überbinden, als auch jener des Klägers, diese zu übernehmen, fehlten.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits erkannt, dass dem obligatorisch Wohnberechtigten kein Zurückbehaltungsrecht zusteht, das ihn nur gegen Abgeltung seiner Investitionen Zug-um-Zug zur Räumung verpflichten könnte (7 Ob 207/97k).

Nach ständiger Rechtsprechung schließt das Vorliegen einer Vereinbarung über die Bauführung zwischen Grundeigentümer und Bauführer die Anwendung der subsidiären Vorschriften des § 418a ABGB aus (RIS-Justiz RS0011052). Ein Eigentumserwerb durch Bauführung im Sinn des § 418 ABGB scheidet hier schon deshalb aus, weil die Bauführung weder ein Bauwerk mit selbständiger Bedeutung betraf (Klicka in Schwimann ABGB2 § 418 Rz 2 mwN) noch ohne Wissen und Willen des Eigentümers erfolgte.

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage wird die Revision des Beklagten zurückgewiesen. Der Kläger hat in seiner Revisionsbeantwortung nicht auf das Fehlen einer erheblichen Rechtsfrage hingewiesen; sein Schriftsatz diente damit nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, sodass ein Kostenzuspruch nicht erfolgen konnte.

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