Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.642,35 EUR bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (ohne Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin ist Inhaberin des österreichischen Patents Nr E 75275 (EPA-Veröffentlichungsnummer 0278419) mit der Priorität vom 13. 2. 1987 (Bundesrepublik Deutschland) mit dem Titel "wasserundurchlässige Dichtungsmatte, bestehend im Wesentlichen aus einer Trägerschicht, einer Zwischenschicht aus quellfähigem Ton und einer Deckschicht".
Die Beklagte erzeugt und vertreibt Dichtungs-Bentonit-Matten unter der Bezeichnung "L*****".
Mit der Behauptung, die Merkmale des Anspruchs 1 des Patents der Klägerin seien bei der Bentonit-Matte L***** äquivalent verwirklicht, machte die Klägerin mit der am 21. 8. 1998 beim Handelsgericht Wien zu 17 Cg 31/98k eingebrachten Klage Ansprüche wegen Patentverletzung gemäß § 147 Abs 1 PatG geltend.
Am 10. 2. 1998 hatte die Beklagte als Antragstellerin bei der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamts zu N 5/88 gemäß § 163 Abs 1 PatG die Feststellung begehrt, dass die von ihr in der Feststellungsbeschreibung näher beschriebene Dichtungsmatte (Feststellungsgegenstand) weder ganz noch teilweise unter das Patent Nr E 75275 falle (s PBl 2001, 100).
Mit Urteil vom 5. 5. 2000, 17 Cg 31/98k-33, wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Es kam zum Ergebnis, dass die Ausführung des Eingriffsgegenstands die Merkmale des Anspruchs 1 des Klagepatents nicht äquivalent verwirkliche. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung mit Urteil vom 21. 6. 2001, 2 R 168/00s-38. Der Oberste Gerichtshof wies mit Beschluss vom 16. 10. 2001, 4 Ob 223/01z, die außerordentliche Revision der Klägerin zurück.
Schon im Rechtsmittelverfahren hatte die Klägerin geltend gemacht, dass nach dem Urteil erster Instanz der Oberste Patent- und Markensenat mit Erkenntnis vom 27. 9. 2000 die den Feststellungsantrag abweisende Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamts bestätigt hat, weil im dortigen Verfahren eine äquivalente Benützung der patentierten Erfindung angenommen wurde und nach dieser Auffassung daher der Feststellungsgegenstand zur Gänze unter das Patent der Klägerin (der dortigen Antragsgegnerin) falle (Op 4/99 = PBl 2001, 100).
Am 9. 1. 2001 begehrte die Klägerin die Wiederaufnahme des handelsgerichtlichen Verfahrens gemäß § 156 Abs 5 PatG iVm § 530 Abs 1 ZPO unter Hinweis auf das Erkenntnis des Obersten Patent- und Markensenats (OPM) vom 27. 9. 2000. Dass der OPM dort die Wirksamkeit des Klagepatents anders beurteilt habe als das Handelsgericht Wien, rechtfertige die Wiederaufnahme. Da das Erkenntnis des OPM der Klägerin am 30. 11. 2001 zugestellt worden sei, sei die Wiederaufnahmsklage innerhalb der Frist des § 534 ZPO (unter Einrechnung der Gerichtsferien) eingebracht worden. Der Feststellungsgegenstand im patentamtlichen Verfahren sei mit dem Eingriffsgegenstand des handelsgerichtlichen Verfahrens identisch.
Die Beklagte beantragt die Abweisung der Wiederaufnahmsklage. Der geltend gemachte Wiederaufnahmsgrund liege nicht vor. Weder das Feststellungs- noch das Eingriffsverfahren hätten die Identität der in den beiden Verfahren behandelten Gegenstände ergeben. Die Gültigkeit und Wirksamkeit des Patents sei nicht Gegenstand der Entscheidung, sodass § 156 Abs 5 PatG nicht anwendbar sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne Durchführung eines Beweisverfahrens mit Urteil ab. Selbst bei Unterstellung der nicht geprüften und nicht zu prüfenden Identität des Feststellungsgegenstands im patentamtlichen und des Eingriffsgegenstands im gerichtlichen Verfahren müsse davon ausgegangen werden, dass der OPM nicht über die Gültigkeit oder Wirksamkeit des Klagepatents abgesprochen, sondern sich ausschließlich mit dem Schutzumfang des Patents befasst habe und zu dem Ergebnis gekommen sei, dass lediglich ein Merkmal der patentierten Vorrichtung durch die Beklagte unter Einsatz eines äquivalenten Mittels ersetzt worden sei, für dessen Einsatz es keiner erfinderischen Leistung bedurft hätte; der Feststellungsgegenstand falle daher zur Gänze unter das Klagepatent. Auch im gerichtlichen Verfahren sei von der Gültigkeit und Wirksamkeit des Klagepatents ausgegangen worden, sodass diese Frage von den beiden Behörden nicht unterschiedlich beurteilt worden sei. Anders beurteilt worden sei lediglich die dem Gericht im Verletzungsstreit vorbehaltene Frage des Eingriffs durch den "Eingriffsgegenstand bzw Beschreibungsgegenstand" in das gültige und wirksame Patent der Klägerin. Das verwirkliche keinen im Gesetz normierten Wiederaufnahmstatbestand.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diese Entscheidung gleichfalls mit Urteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Entscheidungswesentlich sei, was unter "Wirksamkeit" des Patents iSd § 156 Abs 5 PatG zu verstehen sei. Der Beklagten sei darin beizupflichten, dass die Klägerin Wirksamkeit mit Wirkung verwechsle. Die Feststellung, ob ein beschriebener Gegenstand (§ 163 Abs 4 PatG) im Falle seiner betriebsmäßigen Herstellung ein Patent verletzen würde, könne stets nur dessen Wirkung, nicht aber dessen Wirksamkeit betreffen. Der OPM und das Erstgericht hätten somit nicht nur die Gültigkeit, sondern auch die Wirksamkeit des Klagepatents übereinstimmend bejaht. Nur in der Frage der Äquivalenz der Benutzung der patentierten Erfindung wichen die Entscheidungen der Behörden voneinander ab. Damit werde aber nicht der Wiederaufnahmsgrund des § 156 Abs 5 PatG verwirklicht. Auch der vom Obersten Gerichtshof in seinem Zurückweisungsbeschluss 4 Ob 223/01z erwähnte Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 6 ZPO könne nicht herangezogen werden, setze dieser doch voraus, dass die früher ergangene Entscheidung im Zeitpunkt der Fällung des späteren Urteils bereits rechtskräftig gewesen sei. Nur in einem solchen Fall könne die Rechtskraft einer Vorentscheidung verletzt worden sein. Das treffe aber hier nicht zu, weil die Entscheidung des OPM am 30. 11. 2000 rechtskräftig geworden, das handelsgerichtliche Verfahren erster Instanz aber schon mit Urteil vom 5. 5. 2000 beendet worden sei. Auch der Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO sei zu verneinen. Selbst wenn man das Erkenntnis des OPM als neues Beweismittel ansehen wollte, fehlte es doch an der Voraussetzung, dass dieses Beweismittel schon zur Zeit des Vorprozesses vorhanden gewesen wäre.
Rechtliche Beurteilung
Das gegen diese Entscheidung erhobene Rechtsmittel der Klägerin ist entgegen der Meinung der Beklagten zwar zulässig, aber nicht berechtigt.
Vorausgeschickt sei, dass sich die Vorinstanzen in der Bezeichnung ihrer Entscheidung vergriffen haben. Sowohl das Gericht erster als auch das Gericht zweiter Instanz haben das Vorliegen eines Wiederaufnahmstatbestands allein auf Grund des Klagevorbringens verneint. In einem solchen Fall ist aber - auch wenn wie hier eine mündliche Verhandlung abgehalten wurde - die Klage durch Beschluss zurückzuweisen (§§ 538 und 543 ZPO). Eine unschlüssige Wiederaufnahmsklage ist eben - anders als sonstige unschlüssige Klagen - nicht mit Urteil ab-, sondern in jeder Lage des Verfahrens mit Beschluss zurückzuweisen (RZ 1990/71; Kodek in Rechberger, ZPO2, § 543 Rz 1). Hat sich das Gericht in der Entscheidungsform vergriffen und trotzdem mit Urteil erkannt, liegt in Wahrheit dennoch ein Beschluss vor, welcher mit Rekurs anzufechten ist (Kodek aaO mwN aus der Rsp). Mit welchem Rechtsmittel eine Entscheidung anfechtbar ist, hängt nicht davon ab, welche Entscheidungsform das Gericht tatsächlich gewählt hat, sondern nur davon, welche Entscheidungsform die richtige ist; ein Vergreifen in der Entscheidungsform ändert nichts an der Zulässigkeit eines Rechtsmittels oder dessen Behandlung (Kodek aaO Vor § 461 Rz 6 mwN aus der Rsp). Die unrichtige Bezeichnung des Rechtsmittels als Revision ist unerheblich (§ 84 Abs 2 letzter Satz ZPO). Das Rechtsmittel der Klägerin ist demnach als Revisionsrekurs zu behandeln.
Die Klägerin hält an ihrer Rechtsauffassung fest, dass das im Widerspruch zur Entscheidung im Vorprozess stehende Erkenntnis des OPM einen Wiederaufnahmsgrund nach § 156 Abs 5 PatG bilde, weil im Feststellungsverfahren gemäß § 163 PatG die "Wirksamkeit" des Patents beurteilt werde. Das Patentgesetz unterscheide nämlich nicht zwischen "Wirkung" (zB § 22 PatG) und "Wirksamkeit".
Der erkennende Senat hat hiezu erwogen:
§ 156 PatG idF BGBl 1984/234 regelt die Behandlung der Vorfragen im gerichtlichen Verletzungsstreit nach den §§ 147 ff PatG. Nach seinem Absatz 1 kann das Gericht grundsätzlich die Gültigkeit oder Wirksamkeit eines Patents, auf das die Verletzungsklage gestützt wird, selbständig als Vorfrage beurteilen. Nur dann, wenn ein Urteil - nicht auch ein Beschluss - davon abhängt, ob ein Patent nichtig (§ 48 PatG) ist, ist die Unterbrechung - sofern die Nichtigkeit nicht offenbar zu verneinen ist - zwingend vorgeschrieben (§ 156 Abs 3 Satz 1 PatG). Hält der Beklagte nicht die Monatsfrist des § 156 Abs 3 Satz 2 PatG ein, hat das Gericht das Verfahren auf Antrag des Klägers fortzusetzen und in der Folge ohne Rücksicht auf den Einwand der Nichtigkeit zu entscheiden. Eine vor Schluss der mündlichen Verhandlung ergehende Entscheidung der Nichtigkeit ist gleichwohl zu berücksichtigen (§ 156 Abs 3 Satz 3 PatG). In jedem Fall hat das Gericht, das sein Verfahren wegen eines beim Patentamt anhängigen Verfahrens unterbrochen hat, nach Rechtskraft der Entscheidung über die Vorfrage diese Entscheidung seinem Urteil zu Grunde zu legen (§ 156 Abs 4 PatG).
§ 156 Abs 5 PatG sieht sodann einen Wiederaufnahmsgrund eigener Art vor: Ist die Gültigkeit oder Wirksamkeit eines Patents vom Patentamt oder vom OPM anders beurteilt worden als vom Gericht im Verletzungsstreit, so kann darauf eine Wiederaufnahmsklage gestützt werden. Hier kommt es also - anders als nach § 530 Abs 1 Z 6 ZPO - nicht darauf an, dass die Entscheidung der Frage, welche im gerichtlichen Verletzungsstreit eine Vorfrage gebildet hat, durch die andere Behörde vor Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess ergangen ist.
Das Gesetz definiert nicht, was unter "Gültigkeit" und unter "Wirksamkeit" des Patents zu verstehen ist. Diese Begriffe waren schon in § 107 PatG 1897 RGBl 30 enthalten, der - ähnlich § 156 PatG idgF - das Recht der Strafgerichte vorsah, selbständig über die Vorfrage der Gültigkeit oder Wirksamkeit des verletzten Patents abzusprechen, aber auch das Urteil bis zum Eintreffen der rechtskräftigen Entscheidung des Patentamts über die Vorfrage auszusetzen, um dann diese Entscheidung dem eigenen Urteil zu Grunde zu legen. Nach § 108 PatG 1897 galt das Gleiche für den Zivilrichter. Auch damals waren die Begriffe der Gültigkeit und Wirksamkeit des Patents nicht definiert. Beck von Mannagetta (Das neue österreichische Patentrecht [1897] 110/111 Anm 1) führte aus, die "Giltigkeit eines Patentes berühren die Fragen der Rücknahme, der Nichtigkeit und der Aberkennung des Patentes. - Die Wirksamkeit eines Patentes berühren die Fragen der Abhängigkeit, der Wirkungslosigkeit, des Lizenzrechtes und des Umfanges des Patentes". Munk (Das österreichische Patentgesetz [1901] 391 f) befasste sich eingehender mit diesen Begriffen: Nach seiner Lehre seien unter "Giltigkeit" lediglich die Frage der Nichtigkeit und die der Aberkennbarkeit, nicht aber die der Erlöschung und auch nicht die der Rücknahme zu verstehen; unter Wirksamkeit falle lediglich die Frage des Vorbenützerrechts und der Abhängigkeit, nicht aber die des Lizenzrechts oder des Umfangs des Patents.
Die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage der Patentrechtsnovelle 1984 BGBl 234 - mit welcher (ua) der erste Satz des § 156 Abs 3 PatG dahin geändert wurde, dass das Gericht das Verfahren wegen eines Nichtigkeitseinwandes nur zu unterbrechen hat, "sofern die Nichtigkeit nicht offenbar zu verneinen ist", und dem § 156 der Abs 5 angefügt wurde - führen hiezu aus:
"Da auf Grund der Neufassung des § 156 Abs 3 im Gegensatz zur derzeitigen Rechtslage nicht mehr jeder Nichtigkeitseinwand zur Unterbrechung des Verletzungsverfahrens und Befassung der Patentbehörde führen wird, ermöglicht es der neue Abs 5 des § 156, eine Wiederaufnahmsklage darauf zu stützen, dass die Patentbehörde ein Patent nichtig erklärt hat, dessen Nichtigkeit vom Gericht als Vorlage geprüft und verneint worden war.
Darüber hinaus lässt der neue Abs 5 eine Wiederaufnahme in allen Fällen zu, in denen die Gültigkeit oder die Wirksamkeit eines Patentes von der Patentbehörde anders beurteilt worden ist als vom Gericht im Verletzungsstreit, sodass zB auch die Ergebnisse von Aberkennungsverfahren (§ 49) und von streitigen Verfahren betreffend Vorbenutzungsrechte (§ 23 Abs 4) berücksichtigt werden können".
§ 49 PatG sieht vor, dass ein Patent dem Patentinhaber aberkannt wird, wenn es ihm aus näher bestimmten Gründen nicht hätte erteilt werden dürfen; dem obsiegenden Antragsteller steht es frei, binnen einem Monat nach dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung die Übertragung des Patents auf seine Person zu begehren (Abs 5). Nach § 23 Abs 1 PatG tritt die Wirkung des Patents gegen denjenigen nicht ein, der bereits zur Zeit der Anmeldung im guten Glauben die Erfindung im Inland in Benützung genommen oder die zu solcher Benützung erforderlichen Veranstaltungen getroffen hat (Vorbenützer). Der Vorbenützer kann nach Abs 4 dieser Gesetzesstelle verlangen, dass seine Befugnis vom Patentinhaber durch Ausstellung einer Urkunde anerkannt wird. Wird diese Anerkennung verweigert, so hat auf Antrag das Patentamt über den erhobenen Anspruch in dem für den Anfechtungsprozess vorgesehenen Verfahren zu entscheiden.
Zu prüfen ist somit, ob eine Entscheidung des Patentamts über Feststellungsanträge gemäß § 163 PatG diesen Fällen gleichgehalten werden kann und demnach die "Wirksamkeit" des Patents im Sinne des § 156 Abs 1 und 5 PatG betreffen. Nach § 163 Abs 1 PatG kann derjenige, der einen Gegenstand auf eine der dort näher bezeichneten Arten verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, gegen den Inhaber eines Patents oder den ausschließlichen Lizenznehmer beim Patentamt die Feststellung beantragen, dass der Gegenstand oder das Verfahren weder ganz noch teilweise unter das Patent fällt. Nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle (in der nach Aufhebung des § 163 PatG durch den Verfassungsgerichtshof wegen Verletzung des Art 94 B-VG [VfGHSlg 7021] erlassenen Fassung) kann der Patentinhaber oder ausschließliche Lizenznehmer umgekehrt gegen jemanden, der einen Gegenstand in einer näher bestimmten Weise gebraucht oder solche Maßnahmen beabsichtigt, beim Patentamt die Feststellung beantragen, dass der Gegenstand oder das Verfahren ganz oder teilweise unter das Patent fällt. Solche Anträge nach den Abs 1 und 2 sind aber nach Abs 3 zurückzuweisen, wenn der Antragsgegner nachweist, dass bei Gericht zwischen denselben Parteien eine vor Überreichung des Feststellungsantrags eingebrachte Verletzungsklage, die denselben Gegenstand oder dasselbe Verfahren betrifft, anhängig ist.
Sinn und Zweck dieses Feststellungsverfahrens ist die Entscheidung, ob ein bestimmter Gegenstand oder ein bestimmtes Verfahren unter ein Patent fällt oder nicht (OPM PBl 2001, 100 ua; Weiser, Österreichisches Patentgesetz § 163 Rz 1). Der Gesetzgeber (schon des § 111 PatG 1897 als der Vorläuferbestimmung des § 163 PatG) wollte damit "dem Industriellen und dem Gewerbetreibenden noch vor dem Verletzungsstreit die Möglichkeit ein....räumen, feststellen zu lassen, dass dasjenige, was er erzeugen, in den Verkehr bringen oder gebrauchen will, oder das Verfahren, das er anwenden oder benützen will, nicht gegen ein Patent verstößt. Ohne solche Feststellungen sind derartige Personen auch bei den redlichsten Absichten nur zu oft im Unklaren, wie weit ihre Befugnisse gehen; durch diese Ungewissheit leidet aber der Unternehmungsgeist gerade derjenigen Personen, die es mit ihrem Vorgehen am Gewissenhaftesten halten (EB 1897 in Friedl/Schönherr/Thaler, Patent- und Markenrecht, Anm 1 zu § 163 PatG).
Die Besonderheit dieses Verfahrens besteht darin, dass - ähnlich einer Feststellungsklage nach § 228 ZPO - die Möglichkeit geschaffen wurde, schon vor einem Verletzungsstreit, ja sogar schon vor Benützung eines Gegenstands oder Verfahrens, rechtliche Klarheit darüber zu erlangen, ob eine solche Verwendung einen Eingriff in ein Patent bedeuten würde und daher rechtswidrig wäre. Damit wird aber eine Frage entschieden, die im Verletzungsstreit selbst eine Hauptfrage bildet, steht doch die Klagebefugnis nur demjenigen zu, der in einer der ihm aus einem Patent zustehenden Befugnisse verletzt worden ist oder eine solche Verletzung zu besorgen hat (§ 147 Abs 1 PatG). Die Lösung der Frage, ob eine solche Verletzung vorliegt (oder droht), hat der Gesetzgeber ausdrücklich dem Handelsgericht Wien übertragen (§ 162 Abs 1 PatG). Nur zur Vermeidung solcher Verletzungsstreitigkeiten ist das Feststellungsverfahren vorgesehen. Das ergibt sich auch deutlich aus § 163 Abs 3 PatG, wonach Feststellungsanträge zurückzuweisen sind, wenn dem Patentamt bekannt wird, dass schon vor Überreichung dieses Antrags eine Verletzungsklage bei Gericht anhängig wurde.
Damit unterscheidet sich aber die Entscheidung über den Feststellungsantrag von solchen wie etwa über die Nichtigkeit eines Patents, über dessen Aberkennung und über Anerkennung des Vorbenützerrechts, sind doch all diese Fragen als Hauptfragen allein von der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts zu entscheiden (§ 60 Abs 3 lit c PatG).
Aus der Vorschrift des § 156 Abs 2 PatG, wonach das Gericht erster Instanz dem Patentamt von jedem Urteil, in dem die Gültigkeit oder Wirksamkeit eines Patents beurteilt worden ist, eine mit der Rechtskraftbestätigung versehene Ausfertigung zum Anschluss an die Erteilungsakten zu übermitteln hat und wonach auf ein solches Urteil im Patentregister hinzuweisen ist, geht hervor, dass darunter nur solche Entscheidungen zu verstehen sein können, die allgemeine Aussagen über das Patent - wie etwa über die (fehlende) Nichtigkeit, die Person des Berechtigten oder eines Vorbenützers - enthält, nicht aber darüber, ob ein konkreter einzelner Gegenstand unter das Patent fällt oder nicht. Die Entscheidung etwa, dass ein bestimmter Gegenstand Merkmale des Patents äquivalent verwirklicht oder nicht, würde sich für die Eintragung im Patentregister nicht eignen. Eine Entscheidung, die ganz allgemein den - strittigen - Schutzumfang eines Patents (§ 22a PatG) klarstellt, mag als solche über die Wirksamkeit des Patents angesehen werden (idS Weiser aaO § 156 Anm 3); die Beurteilung des Eingriffs im Einzelfall kann aber nicht unter den Begriff der Wirksamkeit des Patents subsumiert werden. Der Lehrmeinung Weisers (aaO § 156 Anm III), wonach zwar wegen eines Feststellungsverfahrens das gerichtliche Verfahren nicht zwingend zu unterbrechen ist, bei einer vom Gericht abweichenden Beurteilung im Feststellungsverfahren aber die Wiederaufnahme zu bewilligen sei, ist daher nicht zu folgen.
Mit Recht haben die Vorinstanzen im Einklang mit der Beklagten den Wiederaufnahmsgrund des § 156 Abs 5 PatG verneint.
Soweit die Klägerin auch noch auf den (ausdrücklich zwar erst im Rechtsmittelverfahren, dem Inhalt nach aber schon in der Klage geltend gemachten) Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 6 ZPO zurückkommt - den der erkennende Senat im Zurückweisungsbeschluss vom 16. 10. 2001, 4 Ob 223/01z erwähnt hat - muss sie aus dem schon vom Berufungsgericht zutreffend angeführten Grund scheitern:
Nach dieser Bestimmung kann ein Verfahren auf Antrag einer Partei wieder aufgenommen werden, wenn die Partei eine über denselben Anspruch oder über dasselbe Rechtsverhältnis früher ergangene, bereits rechtskräftig gewordene Entscheidung auffindet oder zu benützen in den Stand gesetzt wird, welche zwischen den Parteien des wiederaufzunehmenden Verfahrens Recht schafft. Dieser - der deutschen ZPO (§ 580 Z 7 lit a dZPO) entnommene - Wiederaufnahmsgrund, der dem Schutz der Rechtskraft dient (JBl 1992, 396; Fasching IV 508; derselbe LB2 Rz 2059) setzt - wie sich aus § 530 Abs 2 ZPO ergibt - voraus, dass das "aufgefundene Urteil" schon vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz in Rechtskraft erwachsen war (1 Ob 180/99y). Diesen Wiederaufnahmsgrund kann eine Partei aber auch nur dann geltend machen, wenn sie ohne ihr Verschulden außerstand war, die Rechtskraft der Entscheidung vor Schluss der mündlichen Verhandlung, auf welche die Entscheidung erster Instanz erging, geltend zu machen (§ 530 Abs 2 ZPO).
Wäre im vorliegenden Fall die Entscheidung des OPM vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz im Vorprozess ergangen und zugestellt worden, dann hätte darauf nur in dem - kaum praktischen - Fall eine Wiederaufnahmsklage gestützt werden können, dass die Wiederaufnahmsklägerin ohne ihr Verschulden von dem (wirksam zugestellten) Erkenntnis erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz erfahren hätte. Andernfalls aber hätte die Partei diesen Umstand als Verletzung der Rechtskraft (EB 1977 in Friedl/Schönherr/Thaler aaO § 163 Anm 13, wonach die frühere ausdrückliche Bestimmung des § 163 Abs 6 PatG im Hinblick auf den Grundsatz "res iudicata" als entbehrlich entfallen könne, weil selbstverständlich sei, dass rechtskräftige Feststellungsentscheidungen [nur] zwischen den Parteien wirken), im Rechtsmittelverfahren geltend machen können.
Der Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO liegt schon deshalb nicht vor, weil ein rechtskräftiges behördliches Erkenntnis nach der öZPO - anders als nach der dZPO (Fasching LB2 Rz 2059) - nicht unter den Begriff der "neuen Tatsachen oder Beweismittel" fällt, wären doch sonst die Wiederaufnahmsgründe nach § 530 Abs 1 Z 5 und 6 ZPO überflüssig. Im Übrigen muss die neue Tatsache schon vor Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz entstanden sein (Kodek aaO § 530 Rz 5 mwN aus der Rsp). Zwar können auch später entstandene Beweismittel als Wiederaufnahmsgrund geltend gemacht werden, diese müssen sich aber auf bereits früher vorhandene Tatsachen beziehen (Kodek aaO). Die Tatsache der Rechtskraft der Entscheidung des OPM ist aber erst nachträglich eingetreten.
Selbst wenn man die Auffassung vertreten wollte, die Bestimmung des § 69 Abs 1 Z 3 AVG (wonach Wiederaufnahme zu bewilligen ist, wenn der Bescheid gemäß § 38 AVG von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde [Gericht] in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde), sollte mittels großzügiger Rechtsanalogie (§ 7 ABGB) auch als Wiederaufnahmsgrund im Sinn der ZPO herangezogen werden können, um eine Rechtsschutzlücke zu schließen (in diesem Sinne Gamerith, Der Oberste Patent- und Markensenat, eine Höchstinstanz in Konkurrenz zum OGH?, ÖBl 1999, 111 [120 linke Spalte]), wäre für die Klägerin nichts zu gewinnen, weil eben nach dem oben Gesagten die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung im Feststellungsverfahren keine Vorfrage für den Verletzungsstreit, sondern dessen Hauptfrage, betroffen hat.
Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Beschlusses.
Der Kostenausspruch gründet sich auf §§ 41, 50, 52 ZPO. Die Beiziehung eines Patentanwalts zur Abfassung der Revisionsrekursbeantwortung diente nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, weil es hiebei nicht um technische, sondern um verfahrensrechtliche Fragen ging.
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