Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Klägerin begehrte die Wiederaufnahme des Verfahrens AZ 11 C 1024/97y bzw 1 R 675/98s des Bezirksgerichts bzw Landesgerichts Innsbruck aus dem Grunde des § 530 Abs 1 Z 6 ZPO. Zwischen den Streitteilen seien zu AZ 11 C 1024/97y bzw 17 C 203/98h je des BG Innsbruck Verfahren anhängig gewesen. Im Verfahren AZ 17 C 203/98h habe das Landesgericht Innsbruck als Berufungsgericht am 9. 2. 1999 zu AZ 2 R 28/99b entschieden; diese Entscheidung sei der Klägerin am 22. 2. 1999 zugestellt und sofort rechtskräftig geworden. Dieses Urteil entfalte gegenüber der zu AZ 1 R 675/98s ergangenen Entscheidung vom 4. 2. 1999 Bindungswirkung, weil in beiden Verfahren die gleiche Vereinbarung (vom 23. 4. 1985) auszulegen gewesen sei, wobei aber die Rechtsmittelsenate die Vorfrage unterschiedlich gelöst hätten.
Das gemäß § 532 Abs 2 ZPO zur Behandlung der Wiederaufnahmsklage zuständige Berufungsgericht wies die Wiederaufnahmsklage zurück und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands S 52.000, nicht aber S 260.000 übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Der Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 6 ZPO diene dem Schutz der Rechtskraft. Er sei im vorliegenden Fall schon deshalb nicht gegeben, weil in dem Verfahren, dessen Wiederaufnahme begehrt werde, die Entscheidung am 4. 2. 1999 ergangen sei, demgegenüber die zu AZ 2 R 28/99b ergangene Entscheidung erst am 9. 2. 1999. § 530 Abs 1 Z 6 ZPO setze aber voraus, daß eine der Entscheidung im wiederaufzunehmenden Verfahren widersprechende Entscheidung bereits vor der Entscheidung im wiederaufzunehmenden Verfahren ergangen und zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits in Rechtskraft erwachsen sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der Klägerin ist nicht berechtigt.
Der Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 6 ZPO dient dem Schutz der Rechtskraft (JBl 1992, 396; Fasching, Lehrbuch2 Rz 2059; derselbe, Kommentar IV 508). Das bedeutet, daß die früher ergangene Entscheidung im Zeitpunkt der Fällung des späteren Urteils bereits rechtskräftig gewesen sein muß, um als Wiederaufnahmsgrund gemäß § 530 Abs 1 Z 6 ZPO tauglich zu sein, denn nur in einem solchen Fall kann die Rechtskraft einer Vorentscheidung verletzt worden sein. Es genügt also nicht, daß das aufgefundene Urteil, das den Wiederaufnahmsgrund darstellen soll, vor Eintritt der Rechtskraft der mit Wiederaufnahmsklage anzufechtenden Entscheidung rechtskräftig geworden ist, wie Fasching in seinem Kommentar IV 509 ohne jede weitere Begründung ausführt. Fasching selbst legt in dem auf diesen mißverständlichen Satz folgenden Absatz übrigens auch dar, die Wiederaufnahmsklage gemäß § 530 Abs 2 ZPO sei nur dann zulässig, wenn die Partei "ohne ihr Verschulden außerstande war, die 'Rechtskraft des Urteils' vor Schluß der mündlichen Verhandlung, auf welche das Urteil erster Instanz erging, geltend zu machen". Dann muß das "aufgefundene Urteil" aber schon zu diesem Zeitpunkt rechtskräftig gewesen sein. § 530 Abs 1 Z 6 ZPO soll eben dazu dienen, der Mißachtung von Entscheidungswirkungen entgegentreten zu können (vlg Bajons, Zivilverfahren, Rz 210); von einer solchen Mißachtung könnte indes erst dann gesprochen werden, wenn eine bereits bei Fällung einer anderen Entscheidung in Rechtskraft erwachsene Entscheidung dort unbeachtet bliebe.
Im vorliegenden Fall ist die Entscheidung, derentwegen die Wiederaufnahme des Verfahrens begehrt wird, erst nach der zu AZ 1 R 675/98s des Berufungsgerichts gefällten Entscheidung ergangen, sodaß der Vorwurf, das Berufungsgericht habe eine rechtskräftige Entscheidung mißachtet, völlig ins Leere geht. Auf den Zeitpunkt der Zustellung der Entscheidung des Berufungsgerichts im wiederaufzunehmenden Rechtsstreit kommt es dabei nicht an, ist es doch für die Entfaltung einer Bindungswirkung allein maßgeblich, ob eine bindende rechtskräftige Entscheidung bereits im Zeitpunkt der Urteilsfällung vorlag.
Dem Rekurs ist demnach ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Rekurskosten beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.
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