OGH 2Ob163/02p

OGH2Ob163/02p8.8.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Friedrich F*****, vertreten durch Hasch & Partner AnwaltsgesellschaftmbH in Linz, gegen die beklagten Parteien 1.) S***** OEG, ***** 2.) Gustav S***** und 3.) Othmar P*****, alle vertreten durch Dr. Julius Brändle, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen EUR 36.336,42 (S 500.000) sA über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 29. April 2002, GZ 2 R 40/02v-32, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 8. November 2001, GZ 30 Cg 113/99t-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die erstbeklagte Partei ist eine im Firmenbuch des Landesgerichtes Linz eingetragene Offene Erwerbsgesellschaft; persönlich haftende Gesellschafter sind der Zweit - und der Drittbeklagte. Die erstbeklagte Partei gab in der Zeit von 1996 bis Jänner 2000 die Zeitschrift "ankick" heraus, die unentgeltlich in Fußballstadien verteilt wurde und während der jeweils laufenden Meisterschaft der österreichischen Bundesliga einmal wöchentlich erschien. Die Zeitung sollte sich durch Inserate und Werbemaßnahmen finanzieren. Die erstbeklagte Partei ließ noch im Jahr 1996 die grafischen Arbeiten, die für die Produktion der Zeitschrift notwendig waren, durch eine Grafikfirma durchführen. Der Kläger, der Mitarbeiter dieser Firma war, lernte dadurch den Zweit- und den Drittbeklagten kennen. Da die Beklagten bei den grafischen Arbeiten Geld sparen wollten, kam es zu Gesprächen zwischen ihnen und dem Kläger, worauf der Kläger für zwei Ausgaben der Zeitschrift im Dezember 1996 die grafischen Arbeiten durchführte und diese Arbeiten auch mit S 2.400 abrechnete. Zur selben Zeit bekundete der Kläger den Beklagten gegenüber sein Interesse, Mitgesellschafter der erstbeklagten Partei zu werden und begründete dies, dass er die relativ teuren Fremdleistungen (grafischen Arbeiten) im Falle einer Beteiligung an der erstbeklagten Partei mit einem entsprechenden Anteil am Gewinn dieser Gesellschaft als Gesellschafter erbringen könne. Es kam darauf zu einem Treffen zwischen dem Kläger und dem Zweit- und Drittbeklagten. Dabei wurde vereinbart, dass der Kläger der erstbeklagten Partei als Gesellschafter beitreten sollte, nachdem er sich den Betrieb eine zeitlang "angesehen" habe. Der Eintritt des Klägers in die Gesellschaft sollte in Form eines schriftlichen Gesellschaftsvertrages und durch eine entsprechende Firmenbucheintragung vollzogen werden. Der Kläger sollte auch an den Zweit- und den Drittbeklagten jeweils S 30.000 zahlen. Dieser Betrag sollte bei Eintritt des Klägers in die Gesellschaft den Kaufpreis für die ihm abzutretenden Gesellschaftsanteile darstellen. Der Kläger bezahlte im März 1997 an den Zweit und den Drittbeklagten jeweils S 30.000 und erbrachte in der Folge weitere grafische Werkleistungen für die Zeitschtrift vorerst kostenlos. Nach Ablauf der Frühjahrssaison 1997 wollte er seinen Eintritt in die Gesellschaft vollziehen. Dieser Wunsch scheiterte, weil sich der Drittbeklagte gegen den Eintritt des Klägers in die Gesellschaft aussprach. Ein für 13.11.1997 vereinbarter Termin bei einem Notar zur Unterfertigung des Firmengesuches kam nicht zustande, weil der Drittbeklagte sich weigerte, die erforderlichen Unterschriften zu leisten. Inzwischen hatte sich zwischen dem Kläger und dem Zweitbeklagten eine Freundschaft entwickelt, weshalb zwischen diesen überlegt wurde, welche Möglichkeiten es gebe, den Kläger gegen den Willen des Drittbeklagten in die Gesellschaft aufzunehmen, bzw den Drittbeklagten herauszubringen. Da der Kläger nach wie vor Interesse an der Erlangung einer Gesellschafterstellung hatte, wurden auch die weiteren grafischen Leistungen von ihm im Herbst 1997 und im Frühjahr 1998 erbracht. Im Sommer 1998 hatte der Kläger sein Interesse an der Erlangung der Gesellschafterstellung verloren, weil sich die Einstellung des Drittbeklagten zum gewünschten Gesellschaftsbeitritt des Klägers nicht änderte. Der Kläger erklärte den Beklagten, sie sollten sich einen anderen Grafiker für die notwendigen Arbeiten suchen, der Zweitbeklagte überredete ihn aber, weiter die Grafik für die Zeitschrift zu machen, man werde eine gütliche Einigung finden, die nicht zum Schaden des Klägers führe. Der Kläger erklärte sich daher bereit, auch im Herbst 1998 für die erstbeklagte Partei weiter zu arbeiten. Als er die Beklagten mit seinen Honoraransprüchen konfrontierte, entgegneten sie ihm, er habe seine Leistungen als Mitgesellschafter erbracht und habe daher keinen Honoraranspruch. Der Kläger schlug auf Grund dieser Argumentation vor, es solle einfach die Firma (Gesellschaft) bewertet werden; die Beklagten sollten ihm ein Drittel des Firmenwertes als Honorar auszahlen. Damit waren die Beklagten ursprünglich einverstanden. Der Kläger wandte sich darauf an seinen Steuerberater mit dem Ersuchen, die Firma der erstbeklagten Partei zu bewerten. Dieser forderte vom Steuerberater der Beklagten Buchhaltungsunterlagen, was von diesem mit dem Hinweis, der Kläger sei nicht Gesellschafter der erstbeklagten Partei zunächst verweigert wurde. In der Folge wurde der Kläger bzw dessen Steuerberater vom Steuerberater der Beklagten verständigt, dass die Buchhaltungsunterlagen bereit lägen. Dem Kläger wurde auch am 30. 11. 1998 eine Übernahmebestätigung per Telefax übermittelt, nach welcher ihm in seiner Eigenschaft als Gesellschafter der erstbeklagten Partei eine Saldenliste und die Konten für 1997 übergeben werden. Auf Grund des Textes der Bestätigung, die auf eine Gesellschafterstellung des Klägers hinwies, holte er die Buchhaltungsunterlagen nicht ab. Anlässlich eines Gespräches mit dem Steuerberater der Beklagten vertrat dieser die Ansicht, dass der Wert der erstbeklagten Partei mit S 0,00 anzusetzen und es daher sinnlos sei, eine mit zusätzlichen Kosten verbundene Unternehmensbewertung durchzuführen. Dieser Argumentation schlossen sich der Zweit- und der Drittbeklagte an. Der Kläger beauftragte darauf seinen Steuerberater mit der Geltendmachung seiner Honoraransprüche. Dieser forderte mit Schreiben vom 10. 12. 1998 im Namen des Klägers Honorar für den Zeitraum Herbst 1998 von netto S 90.000; weiters wurde darauf hingewiesen, dass der Kläger im Zeitraum Frühjahr 1997 bis Frühjahr 1998 zahlreiche weitere Leistungen erbracht habe, deren Vergütung er sich vorbehalte. Am 11. 1. 1999 wurden schließlich für den gesamten Zeitraum 1997 und 1998 gegenüber der erstbeklagten Partei Honorar von S 620.040,- geltend gemacht. Der Kläger erbrachte grafische Leistungen für die erstbeklagte Partei im Zeitraum Frühjahr 1997 bis einschließlich Frühjahr 1998 im Hinblick auf die von ihm gewünschte Gesellschafterstellung, ab dem Herbst 1998 im Hinblick auf eine ihm zunächst vom Zweitbeklagten in Aussicht gestellte außergerichtlich Einigung über seine Werklohnansprüche.

Der Kläger begehrt Zahlung von S 500.000. Er habe über 4 Fußballsaisonen die grafischen Werkleistungen für die Zeitschrift "ankick" erbracht. Eine unentgeltliche Leistungserbringung sei nicht vereinbart worden. Für die Erbringung der grafischen Leistungen sei die Aufnahme des Klägers in die Gesellschaft in Aussicht gestellt worden, was an der Weigerung des Drittbeklagten gescheitert sei. Dennoch sei der Kläger zur Sicherstellung seiner weiteren Leistungsbereitschaft vom Zweitbeklagen auf spätere Zeitpunkte zum Erwerb der Gesellschafterstellung vertröstet worden. Im Sommer 1998 habe er sein Interesse an der Gesellschafterstellung verloren, worauf ihn der Zweitbeklagte wieder damit vertröstet habe, man werde ein gütliche Einigung finden. Aus diesem Grund habe er noch im Herbst 1998 Leistungen erbracht.

Die beklagten Parteien wendeten dagegen ein, der Kläger sei gemeinsam mit dem Zweit- und dem Drittbeklagten Mitgesellschafter der erstbeklagten Partei, wobei jeder der drei Gesellschafter zu einem Drittel am Stamm der Gesellschaft, am Gewinn und am Verlust beteiligt seien. Diese Gesellschafterstellung habe er über eigenen Wunsch mit dem Argument erlangt, als Teilhaber könne er die grafischen Arbeiten für die Produktion der Zeitschrift kostenlos erbringen. Zur Abgeltung der dem Kläger abgetretenen Gesellschafteranteil habe er jeweils S 30.000 bezahlt, wobei diese Beträge als Privateinlage in das Unternehmen eingebracht worden seien. Ein Auseinandersetzungsguthaben bestehe nicht, weil die erstbeklagte Partei nie Gewinn erzielt habe. Selbst wenn der Kläger nicht Gesellschafter der erstbeklagten Partei gewesen sei, stehe ihm eine Entlohnung für die geleisteten Arbeiten nicht zu, weil er diese im Hinblick auf den Erwerb der Gesellschafterstellung erbracht habe. Das Klagebegehren wurde der Höhe nach außer Streit gestellt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Nach den eingangs wiedergegebenen Feststellungen sei der Anspruch des Klägers als Bereicherungsanspruch im Sinne des § 1435 ABGB zu beurteilen, weil er seine Leistungen zumindest bis einschließlich Frühjahr 1988 im Hinblick auf den Erwerb der Gesellschafterstellung erbracht habe, wobei dieser Erfolg nicht eingetreten sei. Als Ausgleich für die zweckverfehlten Leistungen sei ein angemessenes Entgelt in Höhe des verschafften Nutzens zu leisten, wobei sich die Höhe des Nutzens nach dem Zeitpunkt des Eintritts bestimme. Die erstbeklagte Partei sei bei jeder einzelnen Ausgabe der Zeitschrift "a*****" um die vom Kläger erbrachten Leistungen bereichert gewesen. Ein Gesellschaftsverhältnis mit dem Kläger sei nicht zustande gekommen, weil zwar für den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages nach den §§ 4 EGG, 105 HGB keine besondere Form vorgeschrieben sei, aber der Wunsch des Klägers, Geselschafter der erstbeklagten Partei zu werden, am Widerstand des Drittbeklagten gescheitert sei. Es sei daher zu keinem Zeitpunkt eine Einigung hinsichtlich eines Gesellschafterbeitrittes durch den Kläger vorgelegen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und trat auch dessen rechtlicher Beurteilung bei. Den Berufungsbehauptungen, nach den erstgerichtlichen Feststellungen habe der Kläger vorgeschlagen, dass einfach die Firma bewertet werden solle und die Beklagten ihm dann ein Drittel des Firmenwertes als Honorar auszahlen sollten, womit die Beklagten ursprünglich einverstanden gewesen seien, hielt es entgegen, dass damit wohl eine Novation der vertraglichen Beziehungen der Parteien bzw eine vergleichsweise Regelung zu Stande gekommen, aber eine derartige Behauptung im Verfahren erster Instanz nicht aufgestellt worden sei und gegen das Neuerungsverbot verstoße. Auf diese Feststellung könne daher nicht eingegangen werden. Schließlich sei die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie auf die oben wiedergegebene überschießende Feststellung gestützt sei.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil dem Berufungsgericht bei Beurteilung des Vorbringens der Beklagten ein Fehler unterlaufen ist. Sie ist auch im Sinne des Eventualantrages berechtigt.

Die Beklagten haben immer behauptet, die Streitteile seien überein gekommen, den Kläger als Mitgesellschafter aufzunehmen, wobei Kläger, Zweit- und Drittbeklagter zu einem Drittel am Stamm der Gesellschaft, am Gewinn und Verlust beteiligt gewesen seien. Der Kläger habe nur Anspruch auf ein allfälliges Auseinandersetzungsguthaben. Er sei immer wieder an den Zweit- und Drittbeklagten mit Vorschlägen zu einer gütlichen Bereinigung herangetreten, doch sei es nie zu einer schriftlichen Niederlegung einer Vereinbarung gekommen.

"Überschießende" Feststellungen sind im Rahmen des Prozessvorbringens zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0027972), wobei die Frage, ob sie in den Rahmen des Prozessvorbringens fallen, einzelfallbezogen ist (RIS-Justiz RS0044273); 3 Ob 73/01h). Eine offenbare Fehlbeurteilung des Vorbringens ist aber zu beachten (1 Ob 10/01d).

Das Verfahren erster Instanz war von der Frage der Gesellschafterstellung beherrscht (Ersturteil S 7). Die Feststellung, der Kläger habe vorgeschlagen, dass die Firma bewertet werde und die Beklagten ihm ein Drittel des Firmenwertes als Honorar auszahlen, womit die Beklagten einverstanden waren, ist im Zusammenhang mit der behaupteten Gesellschafterstellung des Klägers zu sehen und daher entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes vom Prozessvorbringen der Beklagten umfasst und beachtlich.

Danach ist es zu einer vergleichsweisen Regelung der Streitteile dahin gekommen, dass der Wert der erstbeklagten Partei (zum Zeitpunkt dieser Einigung) ermittelt und dem Kläger ein Drittel des Wertes ausbezahlt wird. Da allerdings Feststellungen über den Wert der erstbeklagten Partei zum Zeitpunkt der getroffenen Vereinbarungen fehlen, ist eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen zur Nachholung dieser Feststellung unumgänglich.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 50 ZPO.

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