OGH 2Ob134/01x

OGH2Ob134/01x20.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ingeborg S*****, vertreten durch Dr. Herbert Kofler, Rechtsanwalt in Landeck, gegen die beklagte Partei politische Gemeinde S*****, vertreten durch den Bürgermeister Georg M*****, dieser vertreten durch Dr. Lukas Purtscher, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung (Streitwert EUR 11.627,65), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 2. März 2001, GZ 4 R 35/01f-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 2. November 2000, GZ 59 Cg 34/00a-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird mit der Maßgabe bestätigt, das sie wie folgt zu lauten hat:

"Die Beklagte ist gegenüber der Klägerin als Alleineigentümerin des Grundstückes Nr 262/1 in EZ 440 GB ***** und ihren Rechtsnachfolgern im Eigentum dieses Grundstücks schuldig, die Benützung des in der Natur ersichtlichen, rund 3,5 m breiten und entlang der südlichen Grundstücksgrenze auf Grundstück Nr 262/1 verlaufenden Wegeteils durch Fußgänger zu unterlassen, ausgenommen durch jene Fußgänger, die eine Berechtigung zur Benützung des vorerwähnten klägerischen Wegeteiles aus den zu Tzl *****, CLN 4 in EZ 440 Grundbuch ***** einverleibten Dienstbarkeitsrecht des Gehens und Fahrens auf den dazu liegenden Grundstück Nr 262/1 der Klägerin oder aus dem nichtverbücherten Recht der Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens über den vorbezeichneten klägerischen Wegeteils zugunsten der Nachbargrundstücke 262/3 und 304 diese Teile der Liegenschaft EZ 536 Grundbuch ***** ableiten können.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen zu Handen deren Vertreter die mit EUR 3.069,80 (= S 42.241,40) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, in denen EUR 428,18 (= S 5.891,90) USt und EUR 500,72 (= S 6.890) Barauslagen enthalten sind, zu bezahlen.

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen zu Handen deren Vertreters die mit EUR 1.784,12 (darin EUR 170,93 USt und EUR 770,33 Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit EUR 608,27 = S 8.370 (darin enthalten EUR 101,38 = S 1.395 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ 440 Grundbuch *****, zu deren Gutsbestand die Grundstücke Nr 262/1, 262/2 und 303 mit dem darauf errichteten Haus B*****, gehören. Auf dem Grundstück 262/1 verläuft entlang der Südgrenze ein rund 3,5 m breiter Privatweg, der nach Osten über die (nicht im Eigentum der Klägerin stehenden) Nachbargrundstücke 272/3 und 272/5 weiterführt und dann in den östlichen P*****weg auf Grundstück 2464 einmündet. Westlich des Grundstückes der Klägerin verläuft der öffentliche Weg auf Grundstück 2338, weshalb der Privatweg auf dem Grundstück der Klägerin sowie auf den (nicht klagegegenständlichen) Grundstücken 262/3 und 262/5 die Verbindung zwischen dem öffentlichen östlichen und westlichen P*****weg darstellt. Auf Grundstück 262/1 ist die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens für die Grundstücke 2466 in EZ 459 und 2465 in EZ 590 eingetragen. Es besteht weiters das nicht verbücherte Recht der Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens zu Gunsten der Nachbargrundstücke 262/3 und 304.

Die Klägerin begehrt "die beklagte Partei als Vertreterin und Verwalterin des öffentlichen Gutes" gegenüber "der Klägerin als Alleineigentümerin des Grundstückes 262/1 in EZ 440 Grundbuch ***** und ihren Rechtsnachfolgern im Eigentum dieses Grundstückes" schuldig zu erkennen, "die Benützung des in der Natur ersichtlichen, rund 3,5 m breiten und entlang der südlichen Grundstücksgrenze auf Grundstück 262/1 verlaufenden Wegeteiles durch Fußgänger zu unterlassen, ausgenommen durch jene Fußgänger, die eine Berechtigung ..." aus diversen näher beschriebenen Dienstbarkeitsrechten ableiten. Der Privatweg sei in den amtlichen Vermessungsplänen nicht eingezeichnet. Dieser Wegteil werde in allen Broschüren der beklagten Partei und ihrer Verbände als "öffentlicher Weg" für Touristen und Gemeindebürger dargestellt. Tatsächlich sei der Weg nicht dem öffentlichen Fußgängerverkehr gewidmet. Die beklagte Partei sei Vertreterin jener nicht zählbaren und damit der Allgemeinheit zuzuordnenden Fußgänger, die den Wegteil zu Hunderten benützten. Es handle sich dabei um eine beliebte Abkürzung zum Ortsteil D***** bzw zur Talstation der Bergbahnen S*****. Der Ortsteil D***** sei erst in den Jahren 1993 und 1994 von der beklagten Partei umgewidmet und touristisch erschlossen worden. Damit habe die beklagte Partei öffentlichen Verkehr über die Privatstraße der Klägerin geschaffen. Die beklagte Partei propagiere den Privatweg als kürzeste Verbindung zur Seilbahn und leiste damit Schützenhilfe für die starke Frequentierung des Weges. Sie habe die Einschaltung eines Ortsplanes von S***** in den jeweiligen Tourismuskatalogen, in denen der Wegeabschnitt als integrierender Bestandteil des öffentlichen P*****weges erscheine, genehmigt und finanziert. Potentielle Benützer der Bergbahnen würden zur Benützung des Wegeteiles veranlasst. Die beklagte Partei hätte die Möglichkeit, die Benützung des Wegeteiles durch die zahlreichen Fußgänger zu unterbinden. Als politische Gemeinde könnte sie das Wegerecht für die Allgemeinheit ersitzen, wenn sich die Klägerin nicht mit der Klage zur Wehr setzen würde. Die beklagte Partei und insbesondere der Bürgermeister hätten im Tourismusverband das Sagen, sie seien in den Organen desselben zahlreich vertreten, sie sei auch als Mitherausgeberin des Kataloges und für deren Inhalt mitverantwortlich. Der Bürgermeister der beklagten Partei bestärke nicht berechtigte Fußgänger zur Benützung des Privatweges und erteile dazu die Erlaubnis. Die beklagte Partei nehme auf den beiden zum umstrittenen Wegteil heranführenden Wegen, nicht aber auf dem umstrittenen Wegteil selbst die Schneeräumung und Streuung vor.

Die beklagte Partei wendete zusammengefasst ein, keine Möglichkeit zu haben, das von der Klägerin monierte Verhalten von Fußgängern zu beeinflussen. Sie gebe auch nicht das Vermieterverzeichnis heraus und habe mit der Erstellung des Ortsplanes nicht unmittelbar zu tun. Die beklagte Gemeinde könne nicht beurteilen, ob der Wegteil bloß durch Dienstbarkeitsberechtigte oder auch von anderen Fußgängern benützt werde. Sie sei als Erhalterin des öffentlichen Wegesystems zur ordnungsgemäßen Betreuung der von der Klägerin genannten Wege verpflichtet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es ging von nachfolgend zusammengefasst wiedergegebenen Feststellungen und einem dem Urteil angeschlossenen Lageplan aus.

Davon ist hervorzuheben:

Von der beklagten Partei wird die winterdienstliche Betreuung des Weges westlich und östlich anschließend an das Grundstück der Klägerin durchgeführt, während der auf dem Grundstück der Klägerin verlaufende Privatweg dabei ausgespart bleibt. Etwa 1994 wurde auf dem Grundstück 2460 das Hotel "J***** Schlössl" errichtet, dem in der Umgebung zahlreiche Hotels und Pensionen folgten. Der bis dahin bestehende Feldweg östlich der Liegenschaft wurde von der beklagten Partei zur Erschließung dieses Ortsteils ausgebaut, wobei die neu errichteten Pensionen vom Osten her erreichbar sind und daher eine Benützung des Privatweges der Klägerin nicht notwendig war. Insgesamt kam es seit 1994 zu einer stärkeren Frequentierung des östlichen und auch des westlichen P*****weges. Etwa 1993 oder 1994 brachte der Ehemann der Klägerin im Bereich des Privatweges ein gelbes Schild mit der Aufschrift "Privatweg, Unbefugten ist das Begehen und Befahren verboten" an. Zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt etwa 1994 wurde von der Klägerin an der Ostseite ihres Grundstückes im Bereich der Grenze zwischen Grundstück 262/1 und 262/3, das im Eigentum von Franz A***** steht, ein 2 m breiter Metallschranken in einer Höhe von 80 cm angebracht. Dieser ist nicht versperrt und kann durch Niederdrücken der Betonklotzbelastung an seinem nördlichen Ende jederzeit geöffnet werden. Auf dem Schranken ist ein Schild "Fahrverbot" mit dem Zusatz "Ausgenommen Haus E*****, Haus A***** und K*****" angebracht. Unmittelbar neben dem Schranken befindet sich südlich ein von der Klägerin errichtetes unversperrtes Holzgatter, das durch bloßes "Aufstoßen" geöffnet werden kann. Schranken und Gatter erstrecken sich über die gesamte Breite des Privatweges der Klägerin. Im Verfahren 2 C 1805/97w des Bezirksgerichtes Landeck wurde das Begehren von Franz A***** als grundbücherlichem Eigentümer des Grundstückes 262/3, 262/4 und .304 (EZ *****) auf Entfernung des Schrankens sowie der darauf angebrachten Schilder sowie des Holzgatters mit der Begründung abgewiesen, dass die mit dem Schranken verbundene Erschwernis dem Dienstbarkeitsberechtigten zumutbar sei, weil er eine geeignete Maßnahme darstelle, den gutgläubigen Erwerb dinglicher Rechte durch unberechtigte Personen zu verhindern. Der P*****weg wird in der Wintersaison von bis zu 600 Personen täglich benützt, wobei es sich dabei neben den Servitutsberechtigten sowohl um Schifahrer auf dem Weg zu oder von der K*****seilbahn sowie um Einheimische handelt. Dieser Fußgängerverkehr bedeutet eine beträchtliche Störung für die Klägerin und ihre Pensionsgäste. Allein die Menge der Fußgänger bringt eine erhebliche Lärmbelästigung mit sich. Dazu kommt, dass insbesondere am Abend der Weg immer wieder von Betrunkenen benützt wird, die etwa ihre Notdurft verrichten, Müll wegwerfen oder Beschädigungen anrichten. Außer dem oben beschriebenen Schranken, dem Holzgatter und dem Schild mit dem Hinweis auf die Natur des Weges als Privatweg hat die Klägerin keine weitere Maßnahmen getroffen, um den Fußgängerverkehr über ihr Grundstück einzudämmen. Vom Tourismusverband S***** wurde sowohl für die Wintersaison 1999/2000 als auch für 2000/2001 ein Prospekt herausgegeben, der neben dem Vermieterverzeichnis und Preisinformationen auch einen Ortsplan enthält. In diesem Ortsplan ist die Pension der Klägerin neben dem P*****weg eingezeichnet, dieser aber nicht als Privatweg ausgewiesen. Es kann nicht festgestellt werden, dass Organe der beklagten Partei irgendwelchen Personen die Benützung des Privatweges über das Grundstück der Klägerin ausdrücklich oder schlüssig erlaubt oder sie dazu ermuntert haben. Auch vom Bürgermeister wurde der über das Grundstück der Klägerin führende Weg nie als öffentlicher Weg bezeichnet oder Gästen die Auskunft gegeben, dass dieser Weg benützt werden könne. Als sich Anrainer des P*****weges bei ihm erkundigten, warum die Klägerin einen Schranken errichte, erteilte er die Auskunft, dass es sich bei dem Weg über das Grundstück der Klägerin um einen Privatweg handle. Am Ende des öffentlichen P*****weges wurde von der beklagten Partei das Schild "Sackgasse" angebracht. Absperrungen auf dem Grundstück der Klägerin wurden von der beklagten Partei nicht errichtet und sonstige Vorkehrungen auch nicht getroffen.

Rechtlich erörterte das Erstgericht, dass die Klägerin das Begehen des Privatweges durch Servitutsberechtigte zu dulden habe. Einschränkungen des Eigentumsrechts der Klägerin durch die Allgemeinheit seien nie behauptet worden. Die Klägerin sei berechtigt, alle anderen Benutzer des Weges mit geeigneten Maßnahmen auszuschließen. Sie habe durch Errichtung von Hindernissen geeignete Maßnahmen getroffen, den gutgläubigen Erwerb dinglicher Rechte durch Unberechtigte zu verhindern; die Klageführung könnte daher diesem Zweck nicht dienen. Gegenüber der Beklagten könne die Klägerin aber nur dann durchdringen, wenn diese entweder einzelnen Personen oder der Öffentlichkeit gegenüber erklärt habe, dass der Weg für den öffentlichen Verkehr freigegeben sei, sie entsprechende Hinweisschilder angebracht oder auf sonstige Art und Weise in das Eigentum der Klägerin eingegriffen hätte. Dies sei aber nicht der Fall. Die bloße Schneeräumung bis zu den Grundstücksgrenzen reiche als Eingriff in das Eigentum der Klägerin nicht aus. Der Prospekt, aus dem sich kein Hinweis auf den Privatweg der Klägerin ergebe, sei vom Tourismusverband als mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattetem Rechtsträger herausgegeben worden, weshalb der beklagten Partei in diesem Zusammenhang nichts vorgeworfen werden könne. Die bloße Erschließung eines Ortsteiles bedeute nicht einen Eingriff in das Eigentumsrecht der Klägerin.

Das von der klagenden Partei angerufene Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahingehend ab, dass es die beklagte Partei gegenüber der Klägerin schuldig erkannte, auf diejenigen Fußgänger, die keine Berechtigung zur Benützung des rund 3,5 m breiten und näher beschriebenen Wegeteils aus den ebenfalls näher umschriebenen einverleibten und nicht verbücherten Dienstbarkeiten zu Gunsten dieses Wegeteiles ableiten können, dahingehend einzuwirken, dass diese die Benützung des Wegeteiles unterlassen. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

Ausgehend von den Feststellungen des Erstgerichtes erörterte es rechtlich, dass der Eigentümer einer Liegenschaft gegen einen Störer seines Eigentumsrechtes mit der auf die Freiheit des Eigentums gestützten Feststellungsklage und/oder mit einer Unterlassungsklage nach § 523 ABGB vorgehen und damit auch den Bestand eines von diesem Beklagten etwa beanspruchten Rechtes zum Gegenstand der Freiheitsklage machen könne. Aus dem aus § 362 ABGB folgenden materiellen Recht des Eigentümers, andere von der Sachbenützung auszuschließen, bleibe es dem Eigentümer auch unbenommen, dann, wenn ihm zwar Störungen und die Gefahr weiterer Eingriffshandlungen einer bestimmten Person bekannt seien, er aber etwa den vom Störer für sich in Anspruch genommenen Rechtstitel nicht kenne, nur auf Unterlassung künftiger Störungen zu klagen, ohne im Sinn des § 523 ABGB die Anmaßung oder das Nichtbestehen eines vom Beklagten beanspruchten Rechtes zum Gegenstand der Eigentumsfreiheitsklage zu machen. Ob Gegenstand des Rechtsstreites auch eine vom Beklagten behauptete Dienstbarkeit sei oder nicht, bestimme das Begehren und das dieses stützende Tatsachenvorbringen des Klägers, nicht aber die Einwendungen des Beklagten, selbst wenn sich dieser darin zur Rechtfertigung seines Verhaltens auf eine Dienstbarkeit berufe. Hier behaupte die Klägerin nicht, dass sich die beklagte Partei eine Dienstbarkeit anmaße, sondern bezeichne sie vor allem als Vertreterin derjenigen zahlreichen Personen, die in ihrer Eigenschaft als Gemeindebürger oder Touristen in großer Zahl laufend ihren Weg frequentierten. Eine politische Gemeinde könne ein Wegerecht als unregelmäßige Dienstbarkeit im Sinn des § 479 ABGB erwerben, wobei die erforderliche Redlichkeit und Echtheit des Besitzes im Zweifel vermutet würden. Der Besitzwille könne sich durch die bloße Benützung eines Weges durch die Allgemeinheit dokumentieren, wobei es genüge, dass die Benützung zum allgemeinen Vorteil so erfolge, wie wenn es sich um einen öffentlichen Weg handle. Damit sei bis zum Beweis des Gegenteils auch davon auszugehen, dass die Gemeinde als Träger des Interesses für das Wohl dieser Personen einen durch diesen vermittelten Besitz ausüben und erhalten wolle. Danach müsse der Eigentümer des durch die Benützung durch die Allgemeinheit belasteten Grundstückes seine Klage gegen diese richten, wolle er die Ersitzung durch die Allgemeinheit zu Gunsten der politischen Gemeinde verhindern. Dies müsse auch für eine schlichte Unterlassungsklage nach § 362 ABGB gelten. Könne nämlich die Allgemeinheit zu Gunsten der politischen Gemeinde den für die Ersitzung notwendigen Besitzwillen in deren Interesse dokumentieren, sei nicht einzusehen, warum der belastete Grundeigentümer die schlichte Unterlassungsklage gegen jeden einzelnen Störer richten müsse und nicht auch gegen die politische Gemeinde erheben könne, weil diese die Ausübung des Besitzwillens zu ihren Gunsten annehmen könne und auch gewöhnlich in der Lage sei, derartige Störungshandlungen zu unterbinden. Es sei dem zur Unterlassung Verpflichteten überlassen, welche Maßnahmen er ergreife, um seiner Verpflichtung zu entsprechen. Die beklagte Partei habe zwar eingewendet, dass es ihr unmöglich sei, auf die das Grundstück der Klägerin benützenden Fußgänger in einer Weise einzuwirken, die das Unterlassen des Betretens durch Unbefugte zur Folge hätte. Es sei aber nicht ausreichend konkret dargelegt worden, aus welchen Gründen dies tatsächlich unmöglich sein sollte. Das bloße Aufstellen einer Tafel, die auf eine Sackgasse hinweise, bedeute noch nicht, dass das weitere Betreten des in der Natur erkennbaren Weges jedenfalls untersagt sei. Dass gewisse Personen zum Begehen des umstrittenen Wegestückes befugt seien, bedeute ebenfalls noch nicht, dass andere davon nicht ausgeschlossen werden könnten. Die vom Bürgermeister erteilte Auskunft, dass es sich bei dem Weg um einen Privatweg handle, sei ohne Bedeutung, da auch ein Privatweg - wie hier der Fall - von der Allgemeinheit benützt werden könne. Es sei auch nicht ausreichend behauptet und unter Beweis gestellt, dass die Gemeinde den dadurch dokumentierten Besitzwillen nicht für sich gelten lassen wolle.

Eine persönliche Unterlassungspflicht treffe zwar nur denjenigen, der an der beanstandeten Störung entweder selbst mitgewirkt oder andere dazu veranlasst habe, weshalb im Allgemeinen nur begehrt werden könne, das Verhalten des tatsächlichen Störers abzustellen, was heiße, auf ihn in dessen Sinn einzuwirken. Ein solches Begehren sei gewöhnlich gegenüber dem Begehren, derartige Störungen selbst zu unterlassen, kein minus, sondern ein aliud. Die Klägerin habe gar nicht behauptet, dass die beklagte Partei selbst Störungshandlungen gesetzt habe, sondern vorgebracht, dass sie dafür einzustehen habe, dass zahlreiche Fußgänger tagtäglich unbefugterweise über die Liegenschaft der Klägerin gehen. Sie habe damit ausdrücklich zu erkennen gegeben, dass nicht die beklagte Partei als juristische Person selbst, sondern die Allgemeinheit in Form von Fußgängern die Benützung des Wegteiles zu unterlassen hätte. Da damit zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht worden sei, dass eigentliches Prozessziel die der beklagten Partei aufzuerlegende Verpflichtung sei, auf unbefugte Fußgänger im Sinne einer Unterlassung von Störungshandlungen einzuwirken, sei dem Urteilsspruch eine klare und deutlichere, vom Begehren abweichende Fassung zu geben.

Da zur Frage, ob bei einem wie hier vorliegenden Sachverhalt eine "schlichte Unterlassungsklage im Sinn des § 362 ZPO (richtig: ABGB) auch gegen eine Gemeinde eingebracht werden könne", keine Entscheidungen des Höchstgerichts vorlägen und auch von der in ständiger Rechtsprechung festgeschriebenen Rechtsmeinung abgegangen worden sei, wonach ein Begehren, auf ein Verhalten des tatsächlichen Störers einzuwirken, ein aliud gegenüber jenem sei, derartige Störungen selbst zu unterlassen, sei die ordentliche Revision zulässig.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, sie dahingehend abzuändern, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei beantragte der Revision nicht Folge zu geben. Die Revision nicht berechtigt.

In der Revision wird geltend gemacht, dass die beklagte Partei gar nicht behauptet habe, eine Servitut ersessen zu haben. Im Bereich des Privatweges sei - vom Ehemann der Klägerin - ein gelbes Schild mit der Aufschrift "Privatweg, Unbefugten ist das Begehen und Befahren verboten" angebracht worden. Darüber hinaus befinde sich im Bereich der Grenze ein Metallschranken, auf welchem das Schild "Fahrverbot" mit dem Zusatz "Ausgenommen Haus E*****, Haus A***** und K*****" angebracht sei. Die beklagte Partei habe am Ende des öffentlichen P*****weges das Schild "Sackgasse" angebracht, damit habe sie alles Zumutbare getan, um Eingriffe Dritter in das Eigentum der Klägerin zu verhindern. Die beklagte Partei sei im Übrigen gar nicht in der Lage, das Klagebegehren zu erfüllen; schließlich sei das Begehren auch im Exekutionsweg nicht durchsetzbar, weil eine Unterscheidung zwischen Leuten, die das Wegstück benützen, um zu den Pensionen der Dienstbarkeitsberechtigten zu gelangen und Leuten, die das Wegstück benützten, ohne eine solche Absicht zu haben, nicht möglich sei. Die beklagte Partei habe weder eine Dienstbarkeit behauptet, noch jemanden ermutigt, das Wegstück vor dem Haus der Klägerin zu benützen.

Rechtliche Beurteilung

Dazu wurde erwogen:

Die Klägerin macht mit ihrer Eigentumsfreiheitsklage geltend, dass unbefugte Personen den Privatweg trotz entsprechenden Hinweisschildes (Privatweg, Unbefugten ist das Begehen und Befahren verboten) bzw trotz vorhandenen Schrankens und Holzgatters seine die gesamte benützen. Dieses Verhalten sei der beklagten Partei zuzurechnen. Es trifft zwar zu, dass nach Lehre und nunmehr ständiger Rechtsprechung zur - hier nicht behaupteten - Ersitzung eines Wegerechtes für die Allgemeinheit durch eine Gemeinde ein nachträglicher Gemeinderatsbeschluss nicht erforderlich ist. Es genügt vielmehr, dass alle nach der räumlichen Nähe in Betracht kommenden Personen einen Weg offenkundig zum allgemeinen Vorteil benützen (SZ 59/50; RIS-Justiz RS0010120; zuletzt 7 Ob 207/99p). Einer allfälligen Ersitzung eines Wegerechtes durch die Allgemeinheit hat sich bereits die Klägerin bereits erfolgreich zur Wehr gesetzt, weil sie durch ihren Ehemann ein Schild anbringen ließ, das auf die Natur des Weges als Privatweg ausdrücklich hinwies und diesen Weg überdies durch Errichtung eines Holzgatters bzw eines Schrankens absperrte. Damit hat sie die ungehinderte Benützung des Weges auf gewöhnliche und allgemeine Art verhindert, was die Ersitzung eines Klagerechts ausschließt (vgl dazu NZ 1995, 105, JBl 1982, 32, auch 10 Ob 144/99w). Sohin hat die Klägerin bereits alles Erforderliche getan, um eine allfällige Ersitzung von Wegerechten durch die Allgemeinheit vorzubeugen.

Damit ist allerdings noch nicht ihr Interesse an der geltend gemachten Unterlassung künftiger Störungshandlungen befriedigt. Die beklagte Partei ist zwar als politische Gemeinde nicht selbst in der Lage, derartige Störungshandlungen zu begehen. Es ist aber zu prüfen, ob sie für die festgestellten massiven Störungshandlungen Dritter (Gemeindeangehörige und Gäste der Gemeinde) haftet. Im Allgemeinen wird nicht wegen Handlungen Dritter gehaftet (SZ 50/10), außer der Beklagte hat den Eingriff veranlasst oder es ist sonst von ihm Abhilfe zu erwarten, weil er den Eingriff zu hindern befugt und im Stande wäre. Dieser Rechtssatz ist soweit zu verdeutlichen, dass eine bloß faktische Möglichkeit der Einflussnahme auf Dritte nicht genügt. Der Beklagte muss die rechtliche Möglichkeit oder gar Pflicht gehabt haben, den Eingriff durch Verbote oder Anweisungen abzustellen (vgl dazu Hofmann in Rummel ABGB3 Rz 9 zu § 523 mwN). In der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes wurde eine Unterlassungsklage auch gegen denjenigen zugelassen, der durch Einräumung von Rechten an Dritte deren rechtsverletzendes Verhalten herbeiführt oder fördert, damit er seiner Pflicht, dieses rechtsverletzende Tun zu hindern, entsprechend nachkommt (ZBl 1936/220). Geklagt werden kann zB auch der aus einem Geh- und Fahrrecht Berechtigte, der durch die Errichtung eine Jausenstadion bzw eines Gasthauses eine Intensivierung der Wegenützung herbeiführt. Auch hier wurde ausgesprochen, dass die sich aus der unzulässigen Ausdehnung des Dienstbarkeitsrechtes ergebende Unterlassungspflicht auch die Verpflichtung in sich schließe, auf den Dritten im Sinne einer Unterlassung einzuwirken. Ebenfalls wurde eine Seilbahngesellschaft und ein Fremdenverkehrsverband verantwortlich gemacht, die eine Schiabfahrtsmöglichkeit so angelegt hatten, dass die Benützung von Grundstücken des Klägers durch Schifahrer geradezu aufgedrängt wurde (JBl 1979, 429). In all diesen Fällen wurde die Klage gegen die dortigen Beklagten zugelassen, weil sie die Störungshandlungen Dritter unmittelbar veranlasst hatten, indem sie durch ihre Handlungen oder Unterlassungen die Voraussetzungen dafür schufen, dass Dritte die Störung begehen konnten (EvBl 1982/93). Der aus dem Eigentum der klagenden Partei abgeleitete Abwehranspruch kann sich daher unter den genannten Voraussetzungen auch gegen denjenigen richten, der die Störung nur mittelbar veranlasst hat; die Störereigenschaft wird dabei nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Dritten aus eigenem antrieb und selbstverantwortlich handeln (3 Ob 509/96 mwN).

Eine derartige Situation ist hier gegeben. Die beklagte Partei hat zur Erschließung eines östlich des Grundstücks der Klägerin gelegenen Ortsteils, auf dem in der Folge zahlreiche Hotels und Pensionen errichtet wurden, einen östlich gelegenen Feldweg zur Erschließung dieses Ortsteils ausgebaut. Zwar ist dieser Ortsteil nicht nur über das Grundstück der Klägerin erreichbar, doch hat die beklagte Partei durch Übernahme des Winterdienstes vom westlich des Grundstücks der Klägerin gelegenen P*****weg bis zum klägerischen Grundstück und weiters danach auf dem von der beklagten Partei ausgebauten ehemaligen Feldweg und nunmehrigen P*****weg bis zu den neu errichteten Hotels und Pensionen einen Bedarf geschaffen und damit mittelbar veranlasst, dass Gemeindebewohner und Gäste den in der Natur vorhandenen kürzesten Weg zum neu erschlossenen Ortsteil und zur Seilbahnstation benützen und damit, wenn auch eigenverantwortlich das klägerische Grundstück massiv als Gehweg benützen. Seit der Neuerschließung des östlich des Grundstücks der Klägerin gelegenen Ortsteils ist es auch zu einer sprunghaften Steigerung der Fußgängerfrequenz gekommen (bis zu 600 Personen täglich). Damit hat aber die Beklagte den Eingriff in das Eigentum des Klägers durch Steigerung der Benützung seines Grundstückes zu verantworten, weil sie durch den Ausbau des östlich gelegenden P*****weges eine Sachlage geschaffen hat, bei der ein Gehen über das Grundstück des Klägers in hohen Maß zu erwarten war. Hat aber die beklagte Partei durch Ausbau des Weges die unbefugte Benützung des Privatweges durch zahlreiche Unbefugte mittelbar veranlasst, so hat sie die damit verbundene Störung des Eigentums der Klägerin zu verantworten. Auf welche Weise die Beklagte ein Unterbleiben der gesteigerten Benützung des Grundstücks der Klägerin herbeiführt, ist ihr überlassen (vgl dazu JBl 1979, 429). Dem Unterlassungstitel kann auch der Inhalt der Unterlassungspflicht der Beklagten eindeutig entnommen werden. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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