OGH 7Ob243/01p

OGH7Ob243/01p12.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen 1. Sara Amina K*****, und 2. Antonio K***** derzeit bei ihrem Vater Anton K*****, über den Revisionsrekurs der Vaters, vertreten durch Dr. Michael Kinberger und Dr. Alexander Schuberth, Rechtsanwälte in Zell am See, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 1. August 2001, GZ 21 R 206/01t-20, womit infolge Rekurses des Vaters der Beschluss des Bezirksgerichtes Zell am See vom 27. Juni 2001, GZ 3 P 41/98d-15, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern der beiden Kinder wurde gemäß § 55a EheG am 10. 4. 1998 geschieden und dem Vater die Obsorge allein zuerkannt. Die Eltern lebten nach der Scheidung wieder zusammen und schlossen neuerlich die Ehe.

Entscheidungsgegenstand ist der Antrag des Vaters auf Kindesabnahme gemäß § 19 Abs 1 AußStrG, den der Antragsteller im Wesentlichen wie folgt begründet hat, die Mutter habe schuldhaft die eheliche Lebensgemeinschaft aufgegeben und sei mit den Kindern in das Frauenhaus P***** gezogen.

Das Erstgericht wies den Antrag zurück. Die neuerliche Eheschließung der Eltern habe bewirkt, dass die Obsorge gemäß § 144 ABGB wieder beiden Elternteilen zukomme, sodass derzeit kein Titel für die beantragte Kindesabnahme existiere.

Das Rekursgericht bestätigte die Antragszurückweisung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Da rechtsgestaltende Entscheidungen der Gerichte nur im Rahmen des materiellen Rechts Wirkungen entfalten könnten, seien im Hinblick auf die Wiederverehelichung und das weitere Zusammenleben der vormals geschiedenen Eltern ex lege die Bestimmungen der §§ 137 Abs 3 und 144 ABGB über die Obsorgeregelungen bei aufrechter Ehe anzuwenden, sodass durch die neuerliche Eheschließung wiederum beiden Elternteilen die Obsorge zukomme und die anlässlich der Ehescheidung (der nur im Rahmen des § 177 ABGB Gestaltungswirkung zukomme) getroffene Obsorgeregelung unwirksam geworden sei.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zum Verhältnis der Obsorgeregelung nach § 177 ABGB zur gesetzlichen Obsorge nach den §§ 137 Abs 3 und 144 ABGB, soweit ersichtlich, keine richtungsweisende oberstgerichtliche Spruchpraxis bestehe und die konkrete Obsorgeentscheidung eine "über den Einzelfall hinausgehende Rechtsproblematik" darstelle.

Am 23. 7. 2001 teilte der Antragsteller dem Erstgericht telefonisch mit, dass es eine Einigung mit seiner Frau gebe, wonach die Kinder nun vorläufig zu ihm kommen sollen. Eine Rücksprache mit der zuständigen Mitarbeiterin des Jugendamtes, Frau S*****, ergab, dass dies zutraf. Diese vorläufige Lösung habe sich schon während der vergangenen Woche abgezeichnet, da die Mutter mit ihren Kindern im Frauenhaus zur Zeit nicht zurechtkomme. Seitens des Jugendamtes gebe es vorläufig keine Einwände dagegen. Dem Antragsteller wurde daraufhin mitgeteilt, dass es bei Vorliegen einer Einigung zwischen ihm und seiner Frau gegen die geplante Vorgangsweise seitens des Gerichts ebenfalls keine Einwände gebe (ON 19).

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre Fasching Lehrbuch² Rz 1709 ff; Kodek in Rechberger² Rz 9 vor § 461 ZPO) setzt jedes Rechtsmittel eine Beschwer, also ein Anfechtungsinteresse, voraus; es ist nicht Sache der Rechtsmittelinstanzen, rein theoretische Fragen zu entscheiden (RIS-Justiz RS0002495). Die Beschwer muss als Voraussetzung für eine meritorische Entscheidung zur Zeit der Erhebung des Rechtsmittels gegeben sein und zur Zeit der Entscheidung über das Rechtsmittel noch fortbestehen. Kommt es noch vor der Rechtsmittelentscheidung zu einem Wegfall der Beschwer, ist auch ein (allenfalls) ursprünglich zulässig erhobenes Rechtsmittel zurückzuweisen (Kodek aaO mwN; RIS-Justiz RS0041770). Diese Grundsätze gelten auch im Verfahren außer Streitsachen (RIS-Justiz RS0006598; 7 Ob 239/00y, 7 Ob 31/01m mwN).

Durch die aktenkundige Vereinbarung der Eltern über die Rückgabe der Kinder an den Vater, gegen die von Seiten des Jugendamtes und des Pflegschaftsgerichtes keine Einwände bestehen (ON 19), wobei die Mutter inzwischen das Frauenhaus verlassen hat, ins Ausland verreist und schließlich zu ihren Ehegatten zurückgekehrt ist, wurde dem gegenständlichen Kindesabnahmeverfahren die (meritorische) Grundlage entzogen. Der Antragsteller ist daher nur formell beschwert, in seiner Rechtsstellung aber nicht beeinträchtigt, weil eine Kindesabnahme nicht mehr in Frage kommt. Es fehlt ihm daher der Rechtsschutzanspruch auf Entscheidung über seinen Revisionsrekurs gegen die Zurückweisung des Antrages auf Kindesabnahme nach § 19 Abs 1 AußStrG.

Der Revisionsrekurs war daher mangels Beschwer zurückzuweisen.

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