OGH 5Ob99/02y

OGH5Ob99/02y11.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadt Wien, MA 17-Wiener Wohnen, Doblhoffgasse 6, 1082 Wien, vertreten durch Mag. DI Markus Petrowsky, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Margarethe B***** , vertreten durch Dr. Christian Streit, Rechtsanwalt in Wien, wegen Vertragsaufhebung und Räumung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 31. Dezember 2001, GZ 40 R 330/01b-16, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 30. Juli 2001, GZ 42 C 30/00z-11, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichtes (Punkt 1.) wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 3.767,85 (darin EUR 587,35 USt und EUR 243,74 Barauslagen) bestimmten Kosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Erstgericht gab dem am 12. 1. 2000 erhobenen (später um das Räumungsbegehren eingeschränkten) Klagebegehren, der zwischen den Parteien abgeschlossene Mietvertrag über ein bestimmtes Bestandobjekt werde als rechtsunwirksam aufgehoben, statt. Es ging hiebei unter anderem von folgenden Feststellungen aus:

Die Beklagte war seit Juni 1998 Leiterin des Kundendienstzentrums für den 3., 4. und 11. Bezirk der MA 17-Wiener Wohnen. Ing. Paul U***** war als Gruppenleiter-Stellvertreter für den technischen Bereich zuständig. Als Vorgesetzte war die Beklagte ihrem Stellvertreter gegenüber grundsätzlich weisungsbefugt, wobei sie aber in technischen Fragen auf seine Fachkompetenz vertrauen musste.

Die Gemeindewohnhausanlage 1030 Wien, L*****straße 98 wurde im Zuge eines § 18 MRG-Verfahrens saniert, die Mietzinserhöhung nach § 18 MRG wurde mit 1. 1. 1994 wirksam. Das streitgegenständliche Objekt top Nr 22 auf Stiege 3 wurde früher als Wohnung benutzt, jedoch vor mehr als zwei Jahrzehnten vom Gesundheitsamt wegen Feuchtigkeit gesperrt. In der Folge wurde das Objekt als Magazin geführt. Der Vorschlag, das Magazin im Zuge der Erhaltungsarbeiten im Haus ebenfalls zu sanieren und dann den Mietern als allgemein zugänglichen Aufenthaltsraum zur Verfügung zu stellen, wurde von den Mietern wegen der damit verbundenen Kosten, die sie im Zuge des § 18 MRG-Verfahrens zu tragen gehabt hätten, abgelehnt. Während der Sanierungsarbeiten im Haus wurde das Magazin als Baubüro genutzt. Sonst war es meist nur kurze Zeit vermietet und wurde von den Mietern wegen der Feuchtigkeit bald wieder aufgegeben. Zuletzt war das Magazin im Jahr 1997 vermietet; in der damals aufgenommenen Leerstehungsmeldung wurde festgehalten, dass die Wände feucht sind und der Holzfußboden aufgewölbt ist. Das Magazin war jedoch in der zinstragenden Fläche mitberücksichtigt, die sich aus der § 18 MRG-Erhöhung ergebenden Beträge und die Betriebskosten mussten auf Grund der Leerstehung des Objektes von der klagenden Partei selbst getragen werden.

Das 115,70 m2 große, mit einem WC ausgestattete Magazin ist nicht unterkellert, sodass in den Mauern und am Boden Schäden durch aufsteigende Grundfeuchtigkeit bestanden. Da sich im Anschluss an das Magazin ein Lichthof mit einem Kanal befindet, muss für die Hausbesorgerin für Reinigungsarbeiten der Zugang zum Lichthof durch das Magazin möglich sein. Die Hausbesorgerin hatte im Vorraum des Magazins einen Schlauchwagen stehen, weshalb durch aus dem Schlauch austretendes Wasser der Fußboden im Vorraum zusätzlich in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Im Frühjahr oder Sommer 1998 teilte die Beklagte Ing. U***** mit, dass das streitgegenständliche Objekt schon lange leerstehe; sie ersuchte ihn, sich dieses Objekt einmal anzuschauen, um abzuklären, ob man wieder eine Vermietung vornehmen kann. Ing. U***** besichtigte in der Folge gemeinsam mit einem Werkmeister das Objekt, wobei sie feststellten, dass sowohl die Außenmauern des Magazins als auch die Mittelmauer teilweise feucht waren. Daraufhin wurde eine Kostenaufstellung für eine Sanierung des Magazins gemacht, in der auch die Entfernung des Holzbodens und die Aufbringung eines feuchtigkeitsdichten Asphaltbodens vorgesehen war; wegen der hohen Kosten sollten diese Arbeiten im Fall der Sanierung aber nicht durchgeführt, sondern nur der Holzboden instandgesetzt werden. Damals war noch kein konkreter Interessent für das Magazin vorhanden, sodass auch keine Arbeiten vorgenommen wurden.

Im Herbst 1998 fragte Dr. Christoph S***** bei der Beklagten als Leiterin des Kundendienstzentrums an, ob an ihn ein Objekt als Ordination in diesem Bereich der L*****straße vermietet werden könne. Die Beklagte meinte, dass sie ihm nur das Objekt im Haus L*****straße 98 anbieten könne und er sich dieses anschauen solle, ob es für seine Zwecke geeignet ist. In der Folge besichtigte Dr. S***** das Objekt und bekundete Interesse an dessen Anmietung als Ordination. Das Magazin entsprach grundsätzlich seinen Vorstellungen, er bemängelte jedoch, dass es feucht ist. Es wurden daraufhin Gespräche über die notwendigen Sanierungsarbeiten geführt.

Die Verhandlungen mit Dr. S***** bezüglich der Sanierung des Objektes zogen sich von Herbst 1998 bis Februar 1999 hin. Mit Schreiben vom 15. 12. 1998 ersuchte Dr. S***** offiziell um Vermietung der Räumlichkeiten zum Zweck einer Ordination. Am 11. 12. 1998 beauftragte die Beklagte die MA 40 mit der Erstellung eines Gutachtens bezüglich des angemessenen Mietzinses für das Objekt im Hinblick auf die geplante Vermietung als Ordination. Die MA 40 teilte in ihrer Stellungnahme vom 29. 12. 1998 mit, dass unter Berücksichtigung der Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, des Ausstattungs- und Erhaltungszustandes der angemessene monatliche Hauptmietzins für den 115 m2 großen Mietgegenstand (Ordination Hochparterre) zum Stichtag 28. 12. 1998 mit S 6.900,-- eingeschätzt werde. Bei dieser Einschätzung wurde ein auf Kosten der klagenden Partei trockengelegter Zustand des Objekts zugrundegelegt. Mitte Februar 1999 drängte Dr. S***** auf die rasche Durchführung der Sanierung des Objekts, weil er gegenüber der Krankenkasse die Adresse seiner zukünftigen Ordination bekannt geben musste, um den Kassenvertrag als Internist nicht zu verlieren. Daraufhin wurde ein Bauunternehmen telefonisch beauftragt, mit dem Abschlagen der Mauern im Magazin zu beginnen. Auf Grund der Dringlichkeit wurde ein Bestellschein für diese Arbeiten erst später von Ing. U***** ausgestellt. Vom Bauunternehmen wurden die Arbeiten zum Abschlagen der Mauern tatsächlich am 22. 2. 1999 begonnen.

Dr. S***** fand auf Grund eines Zeitungsinserates für seine Ordination geeignete Räumlichkeiten, die wesentlich schneller fertig gestellt werden konnten. Er rief daher Mitte Februar 1999, nur wenige Tage nach dem Drängen auf Durchführung der Sanierung, die Beklagte über ihr Handy an und teilte ihr mit, dass er eine andere passende Lokalität für die Ordination gefunden hat und dass er das klagsgegenständliche Objekt nicht anmieten wird. Die Beklagte erklärte Dr. S***** in diesem Telefonat, dass der Beginn der Arbeiten bevorsteht und das Bauunternehmen noch in dieser Woche kommt; Dr. S***** blieb aber bei seiner ablehnenden Erklärung. Die Beklagte, die zur Zeit dieser Information Urlaub hatte, teilte Ing. U***** an ihrem nächsten Arbeitstag mit, dass Dr. S***** jetzt kein Interesse mehr an der Anmietung des Objekts hat. Zu diesem Zeitpunkt waren die Arbeiten zur Trockenlegung des Magazins aber bereits im Gange. Die Beklagte ersuchte Ing. U*****, die Arbeiten zu stoppen. Ing. U***** entschied aber, dass die Arbeiten nicht abgebrochen werden, weil mit dem Abschlagen der Mauern bereits begonnen worden war; die Instandsetzungsarbeiten sollten im Hinblick auf eine spätere Vermietung an einen anderen Interessenten fortgeführt werden. Von der Beklagten wurden keine weiteren Schritte gesetzt, um die Durchführung der Trockenlegungsarbeiten zu stoppen; sie nahm keine Information der Leiterin der MA 17 vor, um von dieser eine Weisung bezüglich der weiteren Vorgangsweise einzuholen.

Das Abschlagen der Mauern in dem Magazin bis zu einer Höhe von 2 m wurde in der Zeit vom 22. 2. bis 28. 2. 1999 durchgeführt. Das Bauunternehmen verrechnete der klagenden Partei für die Abschlagsarbeiten mit Rechnung vom 27. 2. 1999 S 65.950,82. Da eine Instandsetzung auf Kategorie C vorgesehen war, musste die undichte Gasleitung erneuert werden. Auf Grund des von den technischen Mitarbeitern erteilten Auftrages vom 1. 3. 1999 wurden daher von einem Sanitär- und Heizungstechnikunternehmen in der Zeit vom 15. 3. bis 19. 3. 1999 die Gasrohre erneuert; weiters wurde eine Waschtischanlage installiert. Für diese Arbeiten wurden mit Rechnung vom 1. 7. 1999 der Betrag von S 69.462,82 verrechnet, der von der klagenden Partei bezahlt wurde. Da die elektrischen Leitungen auf Grund des Eingriffs in die Bausubstanz nicht mehr den geltenden ÖVE-Vorschriften entsprachen, mussten auch diese erneuert werden. Für die Erneuerung der gesamten elektrischen Anlage wurden von einem Elektrounternehmen ein Betrag von S 83.336,50 in Rechnung gestellt, der von der klagenden Partei beglichen wurde. Der Auftrag zur Durchführung dieser Installationsarbeiten wurde mit Wissen der Beklagten mit Ing. U***** erteilt. Nach den Installationsarbeiten wurde vom Bauunternehmen im Zeitraum 19. 4. bis 25. 4. 1999 Verputzarbeiten durchgeführt, wofür mit Rechnung vom 7. 5. 1999 S 30.528,26 verrechnet wurden. In der Zeit vom 3. bis 9. 5. 1999 und vom 24. bis 30. 5. 1999 wurde auf den abgeschlagenen Mauern ein Sanierputz aufgebracht, durch den die Feuchtigkeit nach außen abgeleitet wird. Da inzwischen ein Kanalgebrechen behoben werden musste, verzögerten sich die Verputzarbeiten etwas. Das Bauunternehmen verrechnete für das Aufbringen des Sanierputzes mit Rechnung vom 1. 6. 1999 S 284.215,44; nach einer Korrektur der Rechnung wurden von der klagenden Partei S 277.276,44 bezahlt. Nach dem Aufbringen des Sanierputzes wurden zunächst keine weiteren Arbeiten in dem Magazin durchgeführt.

Im Frühjahr 1999 schaute sich die Beklagte das Objekt an, wobei sie feststellte, dass die Mauertrockenlegung durchgeführt worden war. Es war bereits bis zu einer Höhe von 2 m ein Sanierpuutz aufgebracht; am Fußboden waren keine Arbeiten vorgenommen worden, die Türen waren verzogen.

Am 21. 4. 1999 übergab die Beklagte dem für das Haus L*****straße 98 zuständigen kaufmännischen Referenten, Roman F*****, das Schreiben von Dr. S***** vom 15. 12. 1998, in welchem er um die Vermietung des gegenständlichen Objektes ersuchte, zur Ablage, weil Dr. S***** nunmehr doch kein Interesse an der Anmietung habe. Roman F***** vermerkte daher auf der Rückseite dieses Schreibens in einem Aktenvermerk, dass laut der Beklagten das Ansuchen hinfällig ist. Durch dieses Schreiben erfuhr Roman F***** erstmals von dem Umstand, dass Dr. S***** Interesse an der Anmietung des Objektes gehabt hatte. Mit der Beklagten wurde über das Magazin nicht gesprochen, der Referent F***** wusste daher nichts von den bereits vorgenommenen Instandsetzungsarbeiten im Objekt.

Zwischen der Beklagten und ihrem Stellvertreter Ing. U***** bestanden bezüglich der Leitung des Kundendienstzentrums gravierende Auffassungsunterschiede; ab Jahresanfang 1999 waren die Differenzen so massiv, dass die Zusammenarbeit zwischen den für Verwaltungs- und den für technische Angelegenheiten zuständigen Mitarbeitern beeinträchtigt war. Am 30. 6. 1999 verkündete die Leiterin der MA 17 nach Gesprächen mit den betroffenen Personen mangels eines anderen zielführenden Lösungsvorschlages die Entscheidung, dass sie sowohl Ing. U***** als auch die Beklagte vom Kundendienstzentrum für den 3., 4. und 11. Bezirk abziehen werde, damit keiner der beiden in dem Konflikt als Sieger erscheine. Sie erklärte der Beklagten, dass sie nicht mehr Leiterin des Kundendienstzentrums sein werde, aber einen Dienstposten im Rechtsreferat der MA 17 bekommen werde. Sie meinte, dass weder die Beklagte noch Ing. U***** in der Dienststelle etwas von ihrer Versetzung sagen sollen, da sie selbst am 12. 7. 1999 in das Kundendienstzentrum kommen werde, um den Mitarbeitern die Versetzung mitzuteilen.

Die Beklagte war in den folgenden Tagen weiterhin als Leiterin des Kundendienstzentrums tätig. Am 9. 7. 1999 wurde der Beklagten von der stellvertretenden Leiterin des Personalreferates telefonisch mitgeteilt, dass sie am nächsten Montag, dem 12. 7. 1999, ihren Dienst im Rechtsreferat anzutreten habe und nicht mehr im Kundendienstzentrum sein werde. Mit Schreiben vom 8. 7. 1999 wurde die Versetzung der Beklagten in das Rechtsreferat mit Wirkung zum 12. 7. 1999 auch offiziell mitgeteilt, dieses Schreiben wurde der Beklagten am 9. 7. 1999 zugestellt. In der Zeit vom 30. 6. 1999 bis zum Dienstantritt im Rechtsreferat teilte die Beklagte den Mitarbeitern des Kundendienstzentrums nichts von ihrer bevorstehenden Versetzung mit.

Die Beklagte hatte seit Jahren im Haus S*****straße 106-108 ein ca 40 m2 großes Magazin von der klagenden Partei gemietet, in welchem sie Möbel eingestellt hatte. Der Mietzins für das Magazin betrug ca S 2.000,-- monatlich. Das Magazin befand sich im Nachbarhaus des jetzigen Kundendienstzentrums für den 3., 4. und 11. Bezirk im Haus S*****straße 108a. Nachdem der Beklagten mitgeteilt worden war, dass sie als Leiterin des Kundendienstzentrums versetzt wird, war der Beklagten klar, dass sie nicht mehr in das neue Kundendienstzentrum in die S*****straße 108a übersiedeln werde. Sie wollte deshalb das Magazin im Nachbarhaus aufgeben, um mit den früheren Mitarbeitern im neuen Kundendienstzentrum nicht zusammenzutreffen. Die Beklagte überlegte, wo sie in Zukunft ihre Möbel einlagern könnte; dabei fiel ihr das Magazin im Haus L*****straße 98 ein. Als Ersatz für das bisherige Magazin, das sie aufgab, wollte die Beklagte daher das gegenständliche Magazin anmieten.

Mag. Sabine R***** war im Rechtsreferat der MA 17 Mitte 1999 die zuständige Juristin für das Kundendienstzentrum für den 3., 4. und 11. Bezirk; sie suchte im Abstand von ca 14 Tagen das Kundendienstzentrum auf. Der Abschluss eines Mietvertrages fällt nicht in den Aufgabenbereich des Rechtsreferates, sondern werden Mietvertragsabschlüsse in den Außenstellen der MA 17 durchgeführt. Für einen Mietvertragsabschluss muss nicht die Zustimmung des Rechtsreferates eingeholt werden, dies auch dann nicht, wenn der Mietvertrag mit einem Beamten der klagenden Partei abgeschlossen wird. Das Rechtsreferat ist den Kundendienstzentren nicht übergeordnet und nicht anweisungsbefugt, es muss aber bei bestimmten Rechtsproblemen eingeschaltet werden.

Die Beklagte trat bei einem routinemäßigen Besuch am 2. 7. 1999 an Mag. R***** wegen der Anmietung des Magazins heran und fragte diese, ob es möglich sei, dass sie das Magazin zu einem Kategorie-D-Mietzins ohne Zuschlag der § 18 MRG-Erhöhung anmieten könne. Bei diesem Gespräch teilte die Beklagte Mag. R***** mit, dass in dem Magazin die Wände feucht seien, sich der Holzboden aufstelle und die Feuchtigkeit nicht zurückzudrängen sein werde; das Magazin sei seit Jahren unvermietet, weiters sei ein Zugang zu dem Lichthof durch das Magazin erforderlich. Bezüglich der Höhe des Mietzinses meinte die Beklagte, dass es für die klagende Partei besser sei, den Kategoriemietzins als überhaupt keine Einnahmen zu erhalten. Dass bereits Arbeiten zur Trockenlegung des Magazins mit einem Kostenaufwand von fast S 400.000,-- durchgeführt worden waren, erwähnte die Beklagte gegenüber Mag. R***** mit keinem Wort; auch über die Stellungnahme der MA 40 bezüglich des angemessenen Mietzinses informierte sie Mag. R***** nicht. Auf Grund der Angaben der Beklagten und daher unter der Annahme, dass das Magazin tatsächlich seit Jahren leerstand, es sich um ein feuchtes, desolates Objekt handelt und keine Einnahmen erzielt werden konnten, und ohne Wissen um die bereits erfolgten Sanierungsarbeiten erklärte Mag. R*****, dass sie damit einverstanden ist, dass die Beklagte selbst das Magazin anmietet. Mag. R***** fragte nicht nach, ob die Angaben der Beklagten stimmen. Sie informierte vor dem Abschluss des Mietvertrages auch keinen anderen Mitarbeiter der klagenden Partei von dem Gespräch mit der Beklagten und von der von ihr erteilten Zustimmung zum Vertragsabschluss. Die Rechtsabteilung bzw Mag. R***** selbst waren für den Vertragsabschluss nicht zuständig, ihre Zustimmung war zum Abschluss eines solchen Mietvertrages nicht erforderlich. Mag. R***** erfuhr erst im September 1999, dass im gegenständlichen Objekt Instandsetzungsarbeiten mit einem Kostenaufwand von insgesamt über S 600.000,-- durchgeführt worden sind.

Die Beklagte hielt auf einem Computerausdruck des EDV-Auskunftssystems vom 2. 7. 1999, auf welchem das Objekt als Magazin mit Kategorie D und einem Mietzins von S 3.297,28, Betriebskosten von S 2.106,22, besonderen Aufwendungen von S 296,42 und der Umsatzsteuer in der höhe von S 1.159,98, somit mit einem monatlichen Mietzins von S 6.959,90 beschrieben war, handschriftlich den Inhalt des Gespräches mit Mag. R***** fest. In diesem Aktenvermerk führte die Beklagte an, dass Mag. R***** zugestimmt hat, dass das Magazin aus den bereits festgestellten Gründen mit dem Kategorie D-Zins vermietet werden kann. Zuletzt hielt die Beklagte fest, dass sie selbst das Magazin per 1. 9. 1999 anmieten möchte; der Mietbeginn war mit Mag. R***** aber nicht besprochen worden. Der EDV-Ausdruck mit den Daten des Objektes war von der Beklagten auch nicht Mag. R***** gezeigt worden. Die Beklagte wollte das Magazin nur zu dem Kategorie D-Mietzins zuzüglich Betriebskosten und Umsatzsteuer anmieten; an einer Anmietung zu einem höheren Mietzins, insbesondere um den in den Computerdaten aufscheinenden Betrag von S 6.959,90 (inklusive § 18-MRG-Erhöhung) war die Beklagte nicht interessiert. Der Referent Roman F***** war für Verwaltungsangelegenheiten zuständig, was auch den Abschluss von Mietverträgen umfasst. Ihm war auf Grund seiner Verwaltungstätigkeit bekannt, dass das streitgegenständliche Objekt seit längerer Zeit leerstand und erfolglos zur Vermietung angeboten worden war. Er wusste, dass sich das Objekt in einem schlechten Zustand befunden hatte; er selbst war aber nie im Magazin gewesen. Da die Instandsetzung eines Objekts über die für technische Angelegenheiten zuständigen Mitarbeiter abgewickelt wird, hatte der Referent F***** mit der Entscheidung bezüglich der Sanierung des Magazins und der entsprechenden Investitionen nichts zu tun.

Die Beklagte trat in der letzten Woche, in der sie noch als Leiterin des Kundendienstzentrums tätig war, an den Referenten F***** heran und teilte ihm mit, dass sie selbst das gegenständliche Objekt anmieten darf, weil sie bereits mit Mag. R***** vom Rechtsreferat gesprochen hat und diese mit einer Anmietung einverstanden ist. Die Beklagte übergab Roman F***** den kaufmännischen Akt für das Objekt und den Aktenvermerk vom 2. 7. 1999, aus dem sich das Gespräch mit Mag. R***** und deren Zustimmung zu einer Anmietung zum Mietzins der Kategorie D ohne § 18 MRG-Erhöhung ergab. Die Beklagte ersuchte den Referenten, den Mietvertrag zu erstellen, was dieser als dienstliche Anweisung auffasste. Er bereitete daraufhin den Mietvertrag vor, wobei ihm der Aktenvermerk der Beklagten als seiner Vorgesetzten, wonach das Rechtsreferat mit der Vermietung einverstanden ist, ausreichte und er die Angaben im Aktenvermerk nicht weiter überprüfte. Dem Referenten F***** war damals nicht bekannt, dass bereits Sanierungsarbeiten in dem Objekt durchgeführt worden waren. Er wusste zu diesem Zeitpunkt auch nicht, dass die Beklagte als Leiterin der Außenstelle der MA 17 versetzt wird. Nachdem er den Mietvertrag vorbereitet hatte, brachte er ihn am 7. 7. 1999 der Beklagten zur Unterfertigung in deren Büro, wo sie ihn gleich unterschrieb. Für die klagende Partei unterfertigte der Referent F***** den Mietvertrag. Er ließ eine Durchschrift bei der Beklagten und nahm den Original-Mietvertrag gleich wieder mit. Inhalt des Mietvertrages war die Vermietung des 115,79 m2 großen Magazins ab September 1999 zu einem Hauptmietzins von S 995,79 monatlich zuzüglich der Betriebskosten und besonderen Aufwendungen von S 2.106,22 sowie der Umsatzsteuer in der Höhe von S 620,40, somit zu einem monatlichen Mietzins S 3.722,41 an die Beklagte. Der Referent F***** erfuhr erst im nachhinein, dass in diesem Objekt Sanierungsarbeiten durchgeführt worden waren, weil sein Referat mit den Rechnungen, die für solche Instandsetzungsarbeiten vorgelegt werden, nicht befasst ist. In dem kaufmännischen Akt befanden sich auch keine Unterlagen über die im Magazin vorgenommenen Investitionen. Für den Referenten war der Abschluss eines Mietvertrages für ein Magazin zu einem Mietzins nach Kategorie D unter der Voraussetzung, dass es sich tatsächlich um ein desolates, schon lange Zeit leerstehendes Objekt handelt, nicht ungewöhnlich; wenn es sich aber um ein frisch renoviertes Objekt handelt, war der Abschluss eines solchen Mietvertrages für ihn ungewöhnlich. Als nach dem Gespräch mit Mag. R***** feststand, dass die Beklagte das Magazin anmieten wird, wurden (von der Beklagten) weitere Arbeiten (Malerei, Boden, Türen) in dem Objekt veranlasst. Nach dem Einlangen von zahlreichen Rechnungen für die Sanierung des Magazins wurden von der klagenden Partei Nachforschungen angestellt und die beteiligten Personen zu dem Sachverhalt in der Zentrale der MA 17 befragt. Die Beklagte wurde Ende September 1999 mit den Rechnungen konfrontiert und ihr der Vorwurf gemacht, dass sie sich das Objekt auf Kosten der klagenden Partei habe herrichten lassen. Sie wurde aufgefordert, das Magazin sofort zu räumen; die Beklagte war dazu bereit, wenn ihr die von ihr selbst für das Objekt aufgewendeten Beträge ersetzt werden, was die klagende Partei ablehnte. Die Beklagte kündigte das Magazin außergerichtlich zum 31. 7. 2000 auf, sie stellte zu diesem Zeitpunkt das Objekt geräumt an die klagende Partei zurück. Bis zur Rückzahlung bezahlte sie den im Mietvertrag vereinbarten Mietzins.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, dass ein wesentlicher Geschäftsirrtum vorliege. Der Mietvertrag sei zwischen der Beklagten als Mieterin und dem zuständigen kaufmännischen Referenten der Klägerin F***** als Stellvertreter der Klägerin auf Vermieterseite abgeschlossen worden. Diese sei bei Mietvertragsabschluss davon ausgegangen, dass Mag. R***** von der Rechtsabteilung der Klägerin die Zustimmung zum Mietvertragsabschluss auf Grund der im Aktenvermerk festgehaltenen Gründe erteilt habe. Sowohl Mag. R***** als auch F***** seien bei der Zustimmungserklärung bzw bei Abschluss des Mietvertrages der Überzeugung gewesen, dass es sich um ein desolates und feuchtes Objekt handle, das jahrelang nicht habe vermietet werden können. Diese Vorstellung habe die Beklagte durch ihre Information herbeigeführt, jedoch mit keinem Wort erwähnt, dass bereits eine Mauertrockenlegung mit einem Kostenaufwand von S 400.000,-- durchgeführt worden sei. Beide genannten Personen hätten somit über den Zustand des Magazins geirrt. Darin sei ein Geschäftsirrtum zu erblicken, weil der Ausstattungs- und Erhaltungszustand beim Abschluss eines Mietvertrages wertbildend sei. Die Beklagte sei nach eigenen Angaben an der Anmietung des Magazins nur zu dem von ihr angebotenen geringen Mietzins interessiert gewesen, hätte es zu einem höheren Mietzins jedoch nicht angemietet. Da die Beklagte zu anderen Bedingungen den Mietvertrag nicht abgeschlossen hätte, liege ein wesentlicher Irrtum vor. Insgesamt seien sämtliche Voraussetzungen des § 871 Abs 1 ABGB gegeben, sodass dem Rechtsgestaltungsbegehren der Klägerin stattzugeben sei. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil im klagsabweisenden Sinne ab. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision - im Hinblick auf den Einzelfallcharakter des vorliegenden Sachverhaltes - nicht zulässig sei und führte im Wesentlichen folgendes aus:

Erste Voraussetzung einer Irrtumsanfechtung sei das Vorliegen eines Irrtums in dem Sinne, dass es zu einer Diskrepanz zwischen dem rechtsgeschäftlichen Willen des Vertragspartners und zu einer Willenserklärung kommt, die auf eine unzutreffende Vorstellung von der Wirklichkeit zurückzuführen wäre.

Die Beklagte sei nach den erstgerichtlichen Feststellungen als Leiterin des Kundendienstzentrums für den 3., 4. und 11 Bezirk die Vorgesetzte jenes Mitarbeiters gewesen, der für den Abschluss von Mietverträgen und auch des vorliegenden Mietvertrages zuständig gewesen sei. Die Erstellung des schriftlichen Mietvertrages und seine Unterzeichnung für die Klägerin sei in die ihm im Rahmen der Hierarchie der klagenden Partei eingeräumte Zuständigkeit und Vertretungsberechtigung gefallen. Das "Ersuchen" der Beklagten, den Mietvertrag auf Grund der von der Beklagten ihrem Referenten übergegebenen Aktenvermerk zu erstellen, sei vom Referenten nach der unangefochtenen Feststellung als dienstliche Weisung aufgefasst worden, durch die er sich veranlasst gesehen habe, den Mietvertrag entsprechend dem Inhalt des Aktenvermerkes vorzubereiten. Infolge der Ausführung einer Weisung der Vorgesetzten habe der Referent somit keinen selbständigen rechtsgeschäftlichen Willen zum Vertragsabschluss als Vertreter der Klägerin gebildet, sondern den ihm durch Weisung von der Beklagten überbundenen Erklärungsinhalt in die Vertragsurkunde übernommen und zum Vertragsinhalt gemacht. Für ein Abweichen der Vorstellung des willensbildenden Organs vom erklärten Inhalt des rechtsgeschäftlich geäußerten Willens bleibe somit kein Raum.

Die Klägerin müsse sich sowohl das Wissen der Beklagten als ihrer Mitarbeiterin über die Investitionen in das vermietete Objekt zurechnen lassen, ebenso wie die vom Erstgericht festgestellte Erklärung der Mitarbeiterin der Rechtsabteilung, dass diese im Namen der Klägerin mit einem Vertragsabschluss mit der Beklagten als einer Dienstnehmerin der Klägerin einverstanden sei. Da die Beklagte somit auf Grund ihrer Stellung in der Betriebsorganisation der klagenden Partei die über alles informierte Vorgesetzte des mit dem Mietvertragsabschluss betrauten Mitarbeiters gewesen sei und in dieser Funktion durch Weisung selbst den der Klägerin zuzurechnenden rechtsgeschäftlichen Willen gebildet habe, bleibe für eine Irrtumsanfechtung kein Raum. Da zur Tatsache eines Vertragsschlusses mit der Beklagten als einer Mitarbeiterin der Klägerin die Zustimmung der Rechtsabteilung der Klägerin vorgelegen habe, erübrige sich auch eine Prüfung der Frage, ob allenfalls ein verpöntes Insichgeschäft vorliegen könnte.

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsstattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Berufungsentscheidung zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Interesse der Rechtssicherheit zulässig; sie ist auch berechtigt.

Die Rechtsmittelwerberin macht zusammengefasst geltend, trotz freiwilliger Räumung durch die Beklagte sei sie durch die Klagsabweisung beschwert, weil sie bei Klagsstattgebung und Rückabwicklung des Vertrages Anspruch auf angemessenes Benützungsentgelt, sohin auf die Differenz zwischen angemessener Miete und von der Beklagten tatsächlich bezahlter Miete habe; die Handlungsweise der Beklagten könne nicht als Willensbildung für die Klägerin umgedeutet werden, vielmehr habe die Beklagte - sei es auch unter Ausnützung ihrer Organstellung bei der Klägerin - andere Organe der Klägerin durch Irreführung zur verfahrensgegenständlichen Willensbildung und -erklärung veranlasst; zumindest sei die Willensbildung im Bereich der Klägerin nicht allein durch die Beklagte, sondern unter Mitwirkung anderer Personen erfolgt; bei der Irrtumsanfechtung komme es auf den Irrtum des Stellvertreters an, wenn ein Rechtsgeschäft von einem Stellvertreter abgeschlossen werde, hier vom zuständigen Referenten; auch die Zustimmung der Mitarbeiterin der Rechtsreferates sei nur durch Irreführung zustandegekommen; die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes würde dazu führen, dass Verträge einer juristischen Person mit eigenen Mitarbeitern bzw Organen bei Irreführung durch diese überhaupt nicht mehr angefochten werden könnten.

Diesen Ausführungen ist im Wesentlichen zuzustimmen. Hingegen sind die Thesen des Rekursgerichtes, die Klägerin (Vermieterin) müsse sich das Wissen der Beklagten (Mieterin) als ihrer Mitarbeiterin über die Investitionen in das vermietete Objekt zurechnen lassen, für eine Irrtumsanfechtung bleibe kein Raum, weil die Beklagte die über alles informierte Vorgesetzte des mit dem Mietvertragsabschluss betrauten Mitarbeiters gewesen sei und in dieser Funktion durch Weisung selbst den der Klägerin zuzurechnenden rechtsgeschäftlichen Willen gebildet habe, nach Auffassung des erkennenden Senates nicht haltbar.

Der Mietvertrag wurde von der Beklagten mit dem hiefür zuständigen Referenten der Klägerin geschlossen. Maßgeblich für die Anfechtung wegen Irrtums und List ist daher dessen (gegebener) Willensmangel (6 Ob 281/00t = EvBl 2001/78), was - jedenfalls wegen eines von der Beklagten veranlassten wesentlichen Geschäftsirrtums, wenn nicht wegen List (vgl RIS-Justiz RS0014816) - zur Vertragsauflösung ex tunc führt. Hätte sich dieser Mitarbeiter nicht in einem Irrtum über den Zustand des Objektes befunden, sondern mit der Beklagten zusammengewirkt, um die Klägerin zu schädigen, wäre der Mietvertrag im Übrigen wegen Sittenwidrigkeit infolge Kollusion unwirksam. Zu keinem für die Beklagte günstigeren Ergebnis würde man gelangen, wenn man mit dem Berufungsgericht annehmen wollte, der zuständige Referent habe infolge Ausführung einer Weisung keinen selbständigen rechtsgeschäftlichen Willen zum Vertragsabschluss als Vertreter der Klägerin gebildet. Dann wäre die Beklagte als in Wahrheit auch für die Klägerin abschließend anzusehen, was zur (wegen gleichartiger Interessenlage zumindest sinngemäßen [vgl 4 Ob 71/00s = EvBl 2000/176]) Anwendung der für die Gültigkeit von Insichgeschäften entwickelten Grundsätze führte. Insichgeschäfte sind im Allgemeinen unzulässig; Zulässigkeit ist nur ausnahmsweise gegeben, insbesondere bei Genehmigung oder wenn jede Gefährdung des Vertretenen ausgeschlossen ist (Strasser in Rummel3 § 1009 ABGB Rz 21 mwN; RIS-Justiz RS0028129, RS0019350 ua). Nichts davon trifft hier zu: Die Interessenkollision ist evident; die zustimmende Mitarbeiterin der Rechtsabteilung war nach den vorinstanzlichen Feststellungen für eine Genehmigung des Mietvertragsabschlusses gar nicht zuständig; überdies wurde auch sie von der Beklagten in Irrtum geführt. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes ist somit unzutreffend, diejenige des Erstgerichtes hingegen zutreffend, weshalb dessen Urteil wiederherzustellen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Es handelt sich um eine Bestandstreitigkeit gemäß § 49 Abs 1 Z 5 JN, im Hinblick auf die Einheit der Rechtsordnung auch iSd § 10 Z 2 lit a RATG, § 16 Abs 1 Z 1 lit c GGG. Wegen der Abänderung der Berufungsentscheidung waren die gesamten Kosten des bisherigen Verfahrens neu zu berechnen (EvBl 1969/143; SZ 59/10; AnwBl 1997/7417).

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