Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
In einem rechtswirksamen und vollstreckbaren gerichtlichen Vergleich vom 28. 5. 2001 verpflichtete sich die verpflichtete GmbH gegenüber dem betreibenden Gläubiger, die Öffnungszeit eines nicht näher bezeichneten Parkplatzes auf die Zeit von 05.30 Uhr bis 21.30 Uhr zu beschränken und schließlich (Punkt 5.), die Zu- und Abfahrt zum Parkplatz jeweils längstens 30 Minuten nach Ende der Parkzeit durch eine Kette zu versperren und diese frühestens 30 Minuten vor Beginn der Parkzeit am Morgen wieder zu entfernen.
Nach Einholung einer Äußerung der verpflichteten Partei bewilligte das Erstgericht die beantragte Exekution zur Erwirkung von vertretbaren Handlungen, ermächtigte den Betreibenden, auf Kosten der verpflichteten Partei den Parkplatz auf einem bestimmten Grundstück durch einen gewerbsmäßigen Wachdienst täglich versperren und öffnen zu lassen und verpflichtete die verpflichtete Partei zur Zahlung der vorläufig mit 648.000 S bemessenen Kosten dieser Handlung. Nach dem Exekutionsantrag soll die verpflichtete Partei dem Vergleich vielfach dadurch zuwidergehandelt haben, dass der Parkplatz vom 2. bis 13. 7. 2001 in der Nachtzeit überhaupt nicht versperrt und in der Zeit vom 17. 3. bis 23. 7. 2001 nicht vergleichsgemäß durch eine Kette abgesperrt gewesen sei.
Das Rekursgericht wies den Exekutionsantrag ab und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 52.000 S, nicht jedoch 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Abgesehen von der hier nicht relevanten Ausnahme des § 291c EO dürfe bei Exekutionstiteln, die auf zukünftige Leistungen lauteten, die Exekution nur zur Hereinbringung der jeweils bereits fälligen Einzelleistungen bewilligt werden. Der vorliegende Fall sei mit dem Sachverhalt der Entscheidung 3 Ob 47/77 = JBl 1978, 214 vergleichbar, es handle sich um deutlich voneinander abgegrenzte wiederkehrende, nicht in Geld bestehende Leistungen, die künftig zu erbringen seien. Die Erzwingung künftigen Verhaltens sei aber gemäß § 7 Abs 2 EO mangels Fälligkeit unzulässig. Dies sei auch sachgerecht, weil der Verpflichtete nach stRsp das Werk auch nach Bewilligung der Exekution nach § 353 EO selbst fertigstellen könne, solange mit der Durchführung der Ersatzvornahme noch nicht begonnen wurde. Obwohl die von ihr täglich neu zu erbringenden, künftigen Leistungen noch gar nicht fällig seien, hätte die verpflichtete Partei nach dem erstgerichtlichen Beschluss keine Möglichkeit mehr, diese selbst durchzuführen, weil durch die Auftragserteilung an einen gewerbsmäßigen Wachdienst bereits mit der Durchführung der Ersatzvornahme begonnen würde. Demjenigen, der künftige Beeinträchtigungen bzw künftige Eingriffe in seine Rechte verhindern wolle, stehe ohnehin der in die Zukunft wirkende Unterlassungsanspruch zu, der gemäß § 355 EO auch exekutiert werden könne. Im vorliegenden Fall sei Gegenstand des Exekutionstitels aber eindeutig ein positives, aktives Verhalten der verpflichteten Partei, nicht aber die Leistungspflicht, eine bestimmte Handlung nicht zu setzen, das heißt etwas Bestimmtes nicht zu tun.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Wie zu zeigen sein wird, hat das Rekursgericht zu Recht in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung den Antrag auf Bewilligung der Exekution nach § 353 EO abgewiesen.
Allerdings kann die Ansicht der zweiten Instanz nicht geteilt werden, es liege der Entscheidung 3 Ob 47/77 = SZ 50/58 = JBl 1978, 214 = RPflE 1978/55 ein dem vorliegenden vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Wie im Beschluss des Rekursgerichts ohnehin dargestellt, ging es in der zitierten Entscheidung um die Erwirkung des Anspruchs auf Verköstigung aufgrund eines Übergabsvertrags. Im Zusammenhang damit ist auch darauf hinzuweisen, dass der erkennende Senat in der Entscheidung 3 Ob 22/99k (teilweise veröffentlicht in EFSlg 91.211) für die Verpflichtung zu nicht in Geldzahlungen bestehenden Ausgedingsleistungen für die Zukunft von der vom Rekursgericht zitierten Entscheidung JBl 1978, 214 abgegangen ist und diese als Dauerleistungspflichten angesehen hat, die als Einheit zu betrachten seien, weshalb ihre Fälligkeit insgesamt mit Ablauf der Leistungsfrist oder mangels einer solchen sofort eintrete. Dazu kommt, dass es sich in den beiden angeführten Fällen jeweils um Verpflichtungen handelte, die als unvertretbar und daher nach § 354 EO zu vollstrecken angesehen wurden.
Davon unterscheiden sich die der verpflichteten Partei im vorliegenden Fall durch gerichtlichen Vergleich auferlegten Verpflichtungen ganz erheblich, im Besonderen grundlegend die beiden sich aus Punkt 5. des Vergleichs ergebenden Verpflichtungen nicht nur der Formulierung, sondern auch der Natur nach.
Was zunächst die Verpflichtung angeht, täglich spätestens zu einem bestimmten Zeitpunkt die Zufahrt zum Parkplatz durch eine Kette zu versperren, ist der Ansicht des betreibenden Gläubigers und des Erstgerichts (das Rekursgericht enthielt sich einer Stellungnahme) zuzustimmen, dass entgegen der Ansicht der verpflichteten Partei insoweit eine vertretbare Handlung vorliegt. Nach der Rsp (3 Ob 22/99k und weitere E zu RIS-Justiz RS0004706) ist eine Handlung dann iSd § 353 EO vertretbar, wenn sie nicht nur der Verpflichtete, sondern auch ein Dritter vornehmen kann, ohne dass es für den betreibenden Gläubiger einen rechtlichen oder wirtschaftlichen Unterschied macht. Unvertretbar wäre sie dagegen, wenn sie vom Verpflichteten persönlich vorgenommen werden müsste und zur Zeit des Exekutionsakts ausschließlich vom Willen des Verpflichteten abhinge (ebenso Klicka in Angst, EO § 354 Rz 1 mwN; Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 353 Rz 8 und 10). Das Sperren des Parkplatzes durch Anbringen einer Kette an jedem Abend bedeutet eine Handlungsverpflichtung, die in keiner Weise erkennbar an die "Person" der verpflichteten juristischen Person gebunden ist und daher durch jedermann, also auch, wie hier vom Betreibenden vorgeschlagen, durch ein Wachunternehmen, vorgenommen werden könnte. Nicht ohne weiteres gleich zu beurteilen ist aber die "Pflicht", die Kette frühestens 30 Minuten vor Beginn der jeweiligen Parkzeit am Morgen wieder zu entfernen. Aus dem Vergleich geht doch mit hinreichender Deutlichkeit hervor, dass die hier verpflichtete Partei (auf welcher Rechtsgrundlage immer) zur Benützung des Parkplatzes während bestimmter Öffnungszeiten (erkennbar auch für ihre Bediensteten) berechtigt ist. Aus dem Zusammenhang ergibt sich, dass die "Verpflichtung", die Absperrkette frühestens zu einer bestimmten Zeit jeden Morgen zu entfernen, in Wahrheit ein Verbot bedeutet, die Kette vor dem genannten Zeitpunkt zu entfernen. Damit handelt es sich aber tatsächlich um eine Unterlassungsverpflichtung, die nach § 355 EO zu vollstrecken wäre. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Betreibende ein eigenständiges Interesse am Öffnen der Kette hätte, liegt doch dem Vergleich, wie sich aus dessen Ausfertigung ergibt, ein Unterlassungsklagebegehren zugrunde. In Ansehung des allmorgendlichen Entfernens der Absperrkette hat das Rekursgericht den Exekutionsantrag schon deswegen zu Recht abgewiesen, weil eine Vollstreckung nach § 353 EO insoweit nicht in Frage kommt.
Was die Pflicht zum Versperren des Parkplatzes an jedem Abend angeht, stellt sich die Frage, nach welchen Regeln eine Vollstreckung möglich ist. Die Problemstellung ist hier ähnlich wie bei Exekutionstiteln, bei denen eine in einem Verbot bestehende Dauerpflicht als unvertretbares Handeln formuliert ist (Höllwerth aaO § 355 Rz 2, der in den von ihm zitierten Fällen teilweise Doppelverpflichtungen sieht). Nach einem Teil der Lehre und einer zweitinstanzlichen Entscheidung (Nachweise bei Höllwerth aaO § 355 Abs 2) seien solche Dauerpflichten nicht nach dem primär für einmalige Erfüllungshandlungen konzipierten § 354 EO, sondern nach § 355 EO durchzusetzen (so bereits Jelinek, Zwangsvollstreckung zur Erwirkung von Unterlassungen 49, der für analoge Anwendung dieser Bestimmung eintritt). Zur Frage der Abgrenzung zwischen § 354 und § 355 EO ist allerdings wiederum auf die mehrfach zitierte Entscheidung 3 Ob 22/99k hinzuweisen, nach der § 354 EO durchaus auch zur Durchsetzung von Dauerpflichten geeignet erscheint.
§ 353 EO eignet sich in Wahrheit viel weniger zur Durchsetzung von andauernden Pflichten als § 354 EO. Darüber hinaus erscheint in einem Fall wie dem vorliegenden der Weg der Umdeutung einer Pflicht zur wiederholten Vornahme zweifelsfrei vertretbarer Handlungen in eine jedenfalls unvertretbare Unterlassungspflicht nicht gangbar. Wäre nach der materiellen Rechtslage ein Anspruch des betreibenden Gläubigers auf ein Erfolgsverbot, etwa in dem Sinn, dass die verpflichtete Partei die Benützung des Parkplatzes während bestimmter Nachtstunden verhindern müsste, anzunehmen, könnte dafür durchaus ein Unterlassungstitel geschaffen werden, der nach der stRsp gemäß § 355 EO vollstreckt werden könnte (Näheres siehe bei Klicka aaO § 355 Rz 4 mit Kritik an der "systematischen Ungereimtheit" der Praxis). Gegenüber einem derartigen Erfolgsverbot enthält aber der vorliegende Exekutionstitel eine viel speziellere Verpflichtung, die mit der nachbarrechtlichen Rsp, wonach die Wahl der konkreten Maßnahmen zur Abwehr von Beeinträchtigungen stets dem Schuldner überlassen bleiben muss (Nachweise etwa bei Klicka aaO), nicht im Einklang steht. Anders als bei Unterlassungspflichten steht es hier der verpflichteten Partei gerade nicht frei, auf welche Weise sie den angestrebten Erfolg bewirkt.
Da sich aus dem Exekutionstitel auch nicht etwa eine Dauerverpflichtung, sondern vielmehr eine zur wiederholten (täglichen) Vornahme einer Handlung findet, ist auch die allein in Betracht kommende Exekution nach § 353 EO nicht zu bewilligen, wie das Rekursgericht richtig erkannte. Der in der Entscheidung 3 Ob 22/99k beschrittene Weg scheitert schon daran, dass hier von einer als Einheit zu betrachtenden Dauerleistungspflicht keine Rede sein kann. Es hat daher dabei zu verbleibenden, dass (abgesehen vom Fall des § 291c EO) die Exekution zur Bewirkung der noch nicht fälligen Einzelleistungen nicht bewilligt werden kann (3 Ob 47/77; Jakusch aaO § 7 Rz 70 f; der zu 3 Ob 22/99k beurteilte Sonderfall liegt ja hier, wie dargelegt, nicht vor; die anscheinend gegenteilige, die Frage der Fälligkeit nicht behandelnde Entscheidung RZ 1957, 167 wurde bereits zu 3 Ob 47/77 mit Recht abgelehnt). Abgesehen von der Frage der Fälligkeit erscheint gerade im vorliegenden Fall die Durchsetzung der Verpflichtung zur Vornahme wiederholter vertretbarer Handlungen nach § 353 EO auch sachlich unangemessen. Abgesehen von den geradezu horrenden Kosten der Ersatzvornahme von monatlich 1.090,09 EUR (= 15.000 S), würde bereits die Versäumung des Vorlegens der Kette an einem einzigen Tag zur Ersatzvornahme auf die Dauer der Gültigkeit des Exekutionstitels führen, steht doch bei der Exekution nach § 353 EO der verpflichteten Partei anders als nach § 291c Abs 2 EO keine besondere Einstellungsmöglichkeit zur Verfügung und verwirklicht die spätere Aufnahme der titelgemäßen Handlungen keinen der in § 39 EO aufgezählten Einstellungsgründe. Zu Recht weist auch bereits das Rekursgericht auf die herrschende Ansicht (6 Ob 207/72 = SZ 46/1 = EvBl 1973/117; Höllwerth aaO § 353 Rz 34; Klicka aaO § 355 Rz 13) hin, wonach der Verpflichtete die exequierte Handlung selbst vornehmen kann, solange mit der Durchführung der Ersatzvornahme noch nicht begonnen wurde. Diese Möglichkeit titelgemäßen Handelns mit der Folge, dass zumindest eine Klage nach § 35 EO die Einstellung der Exekution bewirken könnte, käme bei der Bewilligung der Exekution nach § 353 EO für die Durchsetzung von wiederholten Handlungspflichten nicht in Betracht. Die Erfüllung der erst künftig zu erbringenden Leistungen könnte ja niemals nachgewiesen werden. Demnach eignet sich § 353 EO (anders als § 355 EO, nach dem auf jede titelwidrige Unterlassung mit Beugestrafen reagiert werden kann, die den Verpflichteten idR zur künftigen Befolgung des Exekutionstitels veranlassen werden), überhaupt nicht zur Durchsetzung wiederholter Leistungspflichten, deren Erfüllung nicht nachholbar ist, wie es auch für die vorliegend geschuldeten Handlungen zutrifft. Während Lieferverpflichtungen (vgl ZBl 1925/7 und Klicka aaO § 354 Rz 5) in der Regel nachgeholt werden können, weshalb eine Ersatzvornahme der jeweiligen Einzelleistungen über gesonderte Exekution nach § 353 EO unter Umständen möglich und sinnvoll ist, scheitert bei Verpflichtungen wie der vorliegenden die Exekution auf Vornahme jeder Einzelleistung an der Unmöglichkeit (an einem bereits vergangenen Tag den Parkplatz zu versperren), die Vollstreckung erst künftiger Handlungen an der jeweils mangelnden Fälligkeit. Zusammenfassend ist festzuhalten:
Die Verletzung einer nicht nachholbaren täglichen Handlungspflicht (in casu: Sperre eines Parkplatzes durch Vorlegen einer Kette zu einer bestimmten Uhrzeit) kann nicht nach § 353 EO vollstreckt werden.
Aus den bereits dargelegten Erwägungen beruft sich die betreibende Partei zu Unrecht auf die Entscheidungen RZ 1957, 167 und 3 Ob 22/99k (wobei sie offenbar selbst erkennt, dass die zuletzt genannte einen Fall des § 354 EO betraf). Auf die Entscheidung SZ 24/168 kann sich die verpflichtete Partei ebenfalls nicht mit Recht berufen, betraf diese Entscheidung doch einen Zivilprozess und befasst sich mit der Vollstreckung überhaupt nicht.
Ihrem Revisionsrekurs kann daher nicht Folge gegeben werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO iVm §§ 50, 40 ZPO.
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