Normen
ABGB §1418
EO §7
EO §353
EO §372
Lohnpfändungsgesetz §6 Abs3
ZPO §226
ABGB §1418
EO §7
EO §353
EO §372
Lohnpfändungsgesetz §6 Abs3
ZPO §226
Spruch:
Der Exekutionstitel für Ausgedingeleistungen ist genügend bestimmt, wenn ihm die geschuldete Leistung unter Berücksichtigung des Sprach- und Ortsgebrauches und nach den Regeln des Verkehrs zu entnehmen ist. Die tägliche Verköstigung des Ausgedingeberechtigten ist keine vertretbare Handlung des Verpflichteten im Sinne des § 353 EO. Exekution zur Hereinbringung noch nicht fälliger Ausgedingeleistungen ist nicht zulässig. Nur zugunsten der im § 6 Abs. 3 LohnpfändungsG genannten Forderungen ist es zulässig, auf Arbeitseinkommen und gleichgestellte Bezüge Zwangsvollstreckung zur Hereinbringung künftig abreifender Beträge zu führen. Auf andere Exekutionsobjekte kann nur zur Befriedigung fälliger Unterhaltsforderungen gegriffen werden. § 1418 Satz 2 ABGB findet nur Anwendung, wenn Unterhalt in Geld zu leisten ist
OGH 26. April 1977, 3 Ob 47/77 (KG St. Pölten R 522/76; BG St. Pölten 4 E 3447/76)
Text
Mit Anerkenntnisurteil vom 16. 3. 1976, C 1077/75-5, des Bezirksgerichtes St. Pölten wurden die Verpflichteten zur ungeteilten Hand schuldig erkannt, den betreibenden Gläubigern in Zuhaltung des Übergabsvertrages vom 23. Mai 1969 die tägliche Kost zu den ortsüblichen Tageszeiten in ausreichender und bekömmlicher Weise in das rechts vom Hauseingang ebenerdig gelegene Ausnahmszimmer im Haus M-Dorf 3 nachzureichen. Die betreibenden Gläubiger beantragten, ihnen zur Erwirkung dieses Anspruches die Exekution zu bewilligen und sie zu ermächtigen, auf Kosten der Verpflichteten die tägliche Kost für sich einzukaufen, zuzubereiten und zu den ortsüblichen Tageszeiten in das oben bezeichnete Ausnahmszimmer zu bringen. Sie stellten ferner den Antrag, den Verpflichteten die Zahlung der hiedurch für den Monat Oktober 1976 entstehenden und vorläufig mit dem Betrag von 4000 S bestimmten Kosten aufzutragen und zur Hereinbringung der Exekutionskosten die Exekution auf eine den betreibenden Gläubigern angeblich zustehende, näher bezeichnete Forderung zu bewilligen.
Das Erstgericht wies den Exekutionsantrag mit der Begründung ab, daß der Exekutionstitel nicht hinlänglich bestimmt sei und keine Ermächtigung der betreibenden Gläubiger, sich die Verpflegung anderweitig zu beschaffen, enthalte. Wegen der künftigen Mahlzeiten könne die Exekution mangels Fälligkeit nicht bewilligt werden. Im übrigen sei die Vollstreckung des Anspruches nach § 353 EO überhaupt unzulässig, da keine vertretbare Handlung vorliege.
Das Rekursgericht bewilligte die beantragte Exekution nach § 353 EO, ermächtigte die betreibenden Gläubiger, sich auf Kosten der Verpflichteten die ausreichende und bekömmliche tägliche Kost selbst einzukaufen, zuzubereiten und im angeführten Ausnahmszimmer zu den ortsüblichen Zeiten bereitzustellen, und trug den Verpflichteten die Zahlung der hiedurch für die Zeit vom 13. Oktober 1976 (Tag der Antragstellung) bis 31. Oktober 1976 entstehenden und vorläufig mit 2000 S bemessenen Kosten auf. Ferner bewilligte das Rekursgericht zur Hereinbringung der Exekutionskosten antragsgemäß die Forderungsexekution. Das Rekursgericht war der Ansicht, daß der Exekutionstitel hinreichend bestimmt sei, weil ihm unter Berücksichtigung der Regeln des Verkehrs und des Ortsgebrauches die von den Verpflichteten zu erbringende Leistung zu entnehmen sei. Die Bereitstellung der ortsüblichen täglichen Kost stelle keine höchstpersönliche Leistung dar, sondern sei eine vertretbare Handlung im Sinne des § 353 EO, die auch von Dritten vorgenommen werden könne. Die Exekution nach § 353 EO setze nicht voraus, daß die Ermächtigung zur Ersatzvornahme schon im Exekutionstitel erteilt worden sei. Die betreibende Partei sei vielmehr durch das Exekutionsbewilligungsgericht zur Vornahme der zu erzwingenden Handlung zu ermächtigen. Bei den von den Verpflichteten zu erbringenden Leistungen mit Unterhaltscharakter handle es sich nicht um bloß einmalige Leistungen oder selbständige Leistungen, die bloß mehrmals zu erbringen sind, sondern um Teilleistungen innerhalb eines Gesamtschuldverhältnisses, die die Verpflichteten durch ein tägliches Handeln zu erfüllen haben. Bei solchen Schuldverhältnissen sei die Bestimmung des § 406 erster Satz ZPO nicht anwendbar und die Fälligkeit der einzelnen Teilleistungen für die Bewilligung der Anträge nicht erforderlich. Es müsse nur die fortdauernde Verpflichtung an sich fällig sein. Die Vorauszahlung der Kosten könne nur für den bei Einlagen des Exekutionsantrages noch nicht verstrichenen Teil des Monats Oktober 1976 aufgetragen werden.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Verpflichteten Folge und stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Dem Rekursgericht ist beizupflichten, daß der Gläubiger bei Schaffung Klang[2] Durchsetzung eines Exekutionstitels nicht vor praktisch unüberwindliche Hindernisse gestellt werden dürfte. Strenge Anforderungen an die Beschreibung der Leistung im Titel sind nur dort zu stellen, wo dies der Natur der Sache nach möglich ist. (Heller - Berger - Stix, Komm., 189, 192). Dem Erfordernis der Bestimmtheit des Titels ist jedenfalls Genüge getan, wenn ihm die geschuldete Leistung, wie hier, unter Berücksichtigung des Sprach- und Ortsgebrauches und nach den Regeln des Verkehrs zu entnehmen ist.
Ansprüche aus Ausgedingsverträgen werden von der Rechtsprechung den Alimentationsansprüchen im Sinne des § 406 Satz 2 ZPO gleichgestellt (SZ 19/56; vgl. auch Fasching III, 665). Im Prozeß kann daher auch zu künftigen Ausgedingsleistungen verurteilt werden. Aus der Zulässigkeit des Zuspruches künftiger Leistungen ergibt sich aber noch nicht, daß zur Hereinbringung noch nicht fälliger Ausgedingsleistungen auch Exekution geführt werden kann. Die Voraussetzungen des Vollstreckungsanspruches sind ausschließlich nach den Vorschriften der Exekutionsordnung und nicht nach jenen der Zivilprozeßordnung zu beurteilen. Gemäß § 7 Abs. 2 EO kann die Exekution vor Eintritt der Fälligkeit der Forderung nicht bewilligt werden. Liegt ein Titel für Zahlung eines Unterhaltsbetrages oder einer sonstigen Leistung im Sinne des § 406 Satz 2 ZPO vor, so kann gleichwohl die Exekution erst nach Fälligkeit der einzelnen Raten zu deren Hereinbringung, nicht aber zur Durchsetzung des ganzen Rechtes geführt werden. Nur zugunsten der im § 6 Abs. 3 LohnpfändungsG genannten Forderungen ist es zulässig, auf Arbeitseinkommen und gleichgestellte Bezüge Zwangsvollstreckung zur Hereinbringung künftig abreifender Beträge zu führen. Auf andere Exekutionsobjekte kann nur zur Befriedigung fälliger Unterhaltsforderungen gegriffen werden (Neumann - Lichtblau, Komm.[4], 195). Die Vorschriften des § 1418 Satz 2 ABGB, wonach Alimente wenigstens auf einen Monat im voraus bezahlt werden, findet nur Anwendung, wenn Unterhalt in Geld zu leisten ist (Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 359). Auch die Exekution zur Sicherstellung nach § 372 EO ist nur zugunsten von Unterhaltsansprüchen in Form einer Geldrente zulässig. Die Erzwingung künftiger nicht in Geld bestehender Leistungen dieser Art ist daher mangels Fälligkeit unzulässig. Bei den hier nach dem Exekutionstitel geschuldeten Leistungen handelt es sich um keine reinen Dauerleistungen, die durch ein einheitliches Dauerverhalten der Verpflichteten erbracht werden, sondern um deutlich voneinander abgegrenzte wiederkehrende Leistungen (vgl. Bydlinski in Klang[2] IV//1, 195, 209). Auch die vom Rekursgericht herangezogene Rechtsprechung reiht Unterhalts-, Pensions- und Rentenverträge unter die Wiederkehrschuldverhältnisse ein.
Dem Revisionsrekurs ist ferner beizupflichten, daß die tägliche Verköstigung der Ausgedingsberechtigten keine vertretbare Handlung der Verpflichteten im Sinne des § 353 EO ist, weil beim Ausgedinge der Gutsübernehmer im Rahmen des Übergabsvertrages die dem Übernehmer zu gewährende Kost zu bestimmen hatte.
In der vom Rekursgericht zitierten Entscheidung RZ 1957, 167, die eine Exekution zur Erzwingung des Anspruches aus einem Übergabsvertrag auf Beheizung des Auszugszimmers betraf, wurde allerdings, jedoch ohne nähere Begründung, von der Zulässigkeit der Exekution zur Erzwingung künftigen Verhaltens und der Vertretbarkeit solcher Leistungen ausgegangen. Soweit überblickt werden kann, ist diese Auffassung aber vereinzelt geblieben. In einem ähnlichen Fall wurde die Exekution nach § 354 EO als das zulässige Zwangsmittel angesehen (SZ 24/268; vgl. auch JBl. 1926, 10). Die vorstehenden Erwägungen lassen jedoch die beantragte Exekution zur Erzwingung der geschuldeten, nicht in Geld bestehenden künftigen Ausgedingsleistungen der Verpflichteten als nicht zulässig erkennen.
Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und der Beschluß des Erstgerichtes wieder herzustellen.
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