OGH 4Ob41/02m

OGH4Ob41/02m22.4.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** GmbH, ***** vertreten durch Held Berdnik Astner Held, Rechtsanwaltskanzlei OEG in Graz, wider die beklagten Parteien 1. K***** GmbH, ***** 2. Dipl.-Ing. Jürgen K*****, beide vertreten durch Kammerlander, Piaty & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 29.069,13 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 9. Jänner 2002, GZ 6 R 240/01p-11, womit der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 23. Oktober 2001, GZ 10 Cg 104/01g-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:

"Der Antrag, den beklagten Parteien mit einstweiliger Verfügung zur Sicherung des Anspruchs der klagenden Partei auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen, worauf die Klage gerichtet ist, aufzutragen, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, die Domain-Namen "www.graz2003.com " und "www.graz2003.org " im Internet zu belegen und/oder zu benutzen und/oder benützen zu lassen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 1.408,61 EUR (darin 234,77 EUR USt) bestimmten Äußerungskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 2.974,24 EUR (darin 496,70 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Alleinige Gesellschafterin der mit Errichtungserklärung vom 3. 3. 1999 gegründeten Klägerin ist die Stadt Graz; ihr Unternehmenszweck ist die Vorbereitung, die Organisation und das Marketing der Stadt Graz in ihrer Eigenschaft als Kulturhauptstadt Europas im Jahre 2003. Die Klägerin ließ am 6. 9. 2000 die Wort-Bildmarke "Graz 2003" registrieren.

Der Zweitbeklagte ist alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter der Erstbeklagten, die mit Gesellschaftsvertrag vom 12. 6. 1996 gegründet wurde; ihr Unternehmensgegenstand ist die Datenverarbeitung und Kommunikationstechnik sowie die Erstellung von Kommunikationslösungen für Unternehmen und öffentliche Einrichtungen unter besonderer Berücksichtigung der neuen Medien. Die Erstbeklagte veranstaltet ua Präsentationen und Multimedia-Events, gestaltet CD-Roms und ist auch im Internet vertreten. Am 17. 2. 1999 ließ der Zweitbeklagte zugunsten der Erstbeklagten den Domain-Namen "wwwgraz2003com", am 8. 7. 1998 den Domain-Namen "www.graz2003.org " im Bewusstsein registrieren, dass die Stadt Graz im Hinblick auf die Vermarktung dieses Ereignisses Interesse an diesen Domain-Namen haben und allenfalls diesbezüglich mit der Erstbeklagten wirtschaftlich zusammenarbeiten werde.

Werden die genannten Internet-Adressen der Erstbeklagten angewählt, gelangt man auf die Startseite der Homepage der Erstbeklagten, auf der sich einleitend folgender Hinweis befindet: "ACHTUNG!! GEFAHR!! Dies ist NICHT die Homepage der 'Graz 2003-Kulturhauptstadt Europas Organisations GmbH', sondern eine private Initiative. 2003 ist Graz Kulturstadt Europas. (...) graz 2003.com ist die private plattform für das etwas andere graz 2003, ist die plattform für künstlerische und kulturelle experimente mit neuen medien, jungen künstlern, zukunftsorientierten menschen und zukunftsweisenden ideen. Wir betonen unsere unabhängigkeit von den offiziellen veranstaltern und der stadt graz. graz 2003.com ist keine sammelurne für die von den offiziellen veranstaltern abgelehnten projektideen, sondern einfach eine der vielen seiten dieser stadt. (...)"

Die Klägerin bewarb sich bereits im Dezember 1989 um die Nominierung zur Kulturhauptstadt Europas. Im Juni 1998 wurde veröffentlicht, dass die im Rat der Europäischen Union vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten den Beschluss gefasst haben, Graz als Kulturhauptstadt für das Jahr 2003 zu bestimmen. Die Klägerin hat im Hinblick darauf bereits eine Reihe von Werbeaktivitäten für das Ereignis "Graz als Kulturhauptstadt Europas 2003" unter dem Kennzeichen "Graz 2003 Kulturhauptstadt Europas" entfaltet. Zwischen den Streitteilen fanden Gespräche über eine Zusammenarbeit statt. Die Erstbeklagte schlug dabei ein Grundpaket für Hosting und Webspace für ein monatliches Entgelt - je nach Umfang und Aufwand des von der Klägerin gewünschten Services - zwischen 1.500 S und 12.000 S vor, weiters die gemeinsame Vermarktung der strittigen Domain-Namen als Werbeportal, die gemeinsame Konzeption von Werbemaßnahmen für das Ereignis "Graz 2003-Kulturhauptstadt Europas", ein weitreichendes Informationskonzept für Graz-Besucher, dessen Umsetzung durch die Erstbeklagte um einen Tagessatz zwischen 6.000 S und 12.000 S sowie die technische Abwicklung sämtlicher Sonderaktivitäten der Klägerin vor und während der Veranstaltung durch die Erstbeklagte. Die Klägerin stimmte diesen Vorschlägen nicht zu. Die Klägerin hat folgende Domain-Namen für sich reservieren lassen: www.graz003.at ; www.graz03.at ; www.2003graz.at ; www.graz -2003.at.

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragt die Klägerin, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, die Domain-Namen "www.graz2003.com " und "www.graz2003.org " im Internet zu belegen und/oder zu benutzen und/oder benützen zu lassen. Der Firmenbestandteil "Graz 2003" sei der signifikante und unterscheidungskräftige Teil der Firma der Klägerin, der namens-, marken- und firmenrechtlichen Schutz genieße. Als im Eigentum der Stadt Graz befindliche Gesellschaft sei die Klägerin allein befugt, die Tätigkeit der Stadt im Hinblick auf das Jahr 2003 zu vermarkten, zu organisieren und die Stadt Graz zu vertreten. Die Erstbeklagte habe die strittigen Domain-Namen nur deshalb in Anspruch genommen, um von der Klägerin gleichsam als Lösegeld diverse entgeltliche Aufträge zu bekommen, was als sittenwidrig iSd § 1 UWG zu beurteilen sei. Durch die Benutzung der gegenständlichen Domain-Namen durch die Beklagten müssten beim durchschnittlichen Internetbenutzer jedenfalls Verwechslungen entstehen, der erwarte, nach dem Anwählen der strittigen Domain-Namen auf die Homepage der Stadt Graz oder eines von ihr legitimierten Rechtsträgers zu gelangen, weshalb das Unterlassungsbegehren auch auf § 9 UWG gestützt werde.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsantrags. Namensrechtlicher Schutz könne im Provisorialverfahren mangels Behauptung und Bescheinigung eines unwiederbringlichen Schadens nicht gewährt werden. Den Begriff "belegen einer Domain" verstehe die Klägerin als Synonym für "registrieren", wodurch ein unumkehrbarer Zustand geschaffen würde, was im Sicherungsverfahren nicht zulässig sei. Die behaupteten Namens- und Markenrechte bestünden wegen mangelnder Priorität nicht zu Recht. Die Stadt Graz sei Berechtigte des Domain-Namen "www.graz.at " und habe keinen Anspruch auf sämtliche denkbaren Kombinationen, die den Namen "Graz" enthielten. Die Initiative zum Anbieten von Kooperationsmöglichkeiten sei allein von der Klägerin ausgegangen, die zahlreiche Domains innehabe und benütze und so die an Graz und den Veranstaltungen des Jahres 2003 interessierten Internet-Benützer auf ihre eigene Homepage leite. Auf Grund der eindeutigen Texthinweise auf der Homepage der Beklagten sei Verwechslungsgefahr mit den Seiten der Stadt Graz ausgeschlossen. Zahllose Domain-Namen, die für die Klägerin geeignet wären, seien von ihr offenbar aus mangelndem Interesse nicht belegt worden.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt. Die Bezeichnung "Graz 2003" habe Namensfunktion und falle unter den Schutz des § 43 ABGB. Den angesprochenen Verkehrskreisen werde der - unrichtige - Eindruck vermittelt, die Homepage der Beklagten sei eine offizielle Homepage der Stadt Graz. Auch sei davon auszugehen, dass mit der Registrierung der strittigen Domain-Namen ein ad-hoc-Wettbewerbsverhältnis zwischen den Streitteilen entstanden sei. Weil die Beklagten aus dem einzigen Motiv gehandelt hätten, für den Marktzugang der Klägerin ein Hindernis zu errichten, um aus dessen späterer Beseitigung einen finanziellen Vorteil zu ziehen, falle ihnen sittenwidriges Handeln iSd § 1 UWG zur Last.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei. Es habe den Beklagten klar sein müssen, dass die Stadt Graz und ein von ihr geschaffener Rechtsträger unter der Bezeichnung "Graz 2003" mit der Vermarktung und Organisation des Großereignisses befasst sein würden; dies lasse zusammen mit der angebotenen Kooperationsvereinbarung auf die Behinderungs- und Schädigungsabsicht des Zweitbeklagten im Zeitpunkt der Registrierung schließen. Es liege sittenwidriges Verhalten iSd § 1 UWG vor, ohne dass es auf die markenrechtliche Schutzfähigkeit des von der Klägerin benutzten Zeichens sowie auf den Umfang der Vornutzung dieses Zeichens als Domain-Name weiter ankomme. Bestehe aber der Anspruch der Klägerin bereits nach dem UWG zu Recht, sei sie auch zur Behauptung und Bescheinigung eines unwiederbringlichen Schadens nicht verpflichtet. Ob der Anspruch der Klägerin auch nach § 43 ABGB zu Recht bestehe, könne daher dahingestellt bleiben. Mit der aufgetragenen Unterlassung des Belegens und/oder Benutzens der streitgegenständlichen Internet-Domains werde auch kein unwiderruflicher Zustand geschaffen, insbesonders seien die Beklagten damit noch nicht zur Löschung verpflichtet.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht die Sittenwidrigkeit des Handelns der Beklagten unrichtig beurteilt hat; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Die Beklagten bekämpfen die Auffassung des Rekursgerichts, mit der Registrierung der Domain-Namen sittenwidrig iSd § 1 UWG gehandelt zu haben. Sittenwidriges Domain-Grabbing setze eine konkrete Behinderungsabsicht im Zeitpunkt der Registrierung voraus. Eine Gesamtwürdigung der Handlungen der Beklagten zeige, dass die Homepage der Erstbeklagten der Darstellung alternativer Kunstprojekte diene; gegenüber dieser Absicht träten andere Motive völlig in den Hintergrund. Eine Förderung des Wettbewerbs der Erstbeklagten auf Kosten der Klägerin sei angesichts deren eigener vielfältiger Aktivitäten im Internet ausgeschlossen.

Das Rekursgericht hat - ebenso wie im Vorprozess im Streit um den Domain-Namen "www.graz2003.at " - eine konkrete Behinderungsabsicht der Beklagten angenommen. Es hat die von ihm übernommenen Feststellungen des Erstgerichts dahin verstanden, dass der Zweitbeklagte die Domain-Namen für die Erstbeklagte in Behinderungs- und Schädigungsabsicht habe registrieren lassen. Diesen Schluss zog das Rekursgericht aus dem Umstand, dass den Beklagten bei Registrierung habe bewusst sein müssen, dass die Stadt Graz oder ein von ihr geschaffener Rechtsträger unter der Bezeichnung "Graz 2003" mit der Vermarktung und Organisation des Großereignisses Kulturhauptstadt befasst sein werde, und dass die Beklagten der Klägerin sodann eine Zusammenarbeit angeboten hätten. Diese Beurteilung wird dem festgestellten Sachverhalt allerdings nicht gerecht.

Das Erstgericht hat festgestellt, dass der Zweitbeklagte die Domain-Namen "im Bewusstsein registrieren (ließ), dass die Stadt Graz im Hinblick auf die Vermarktung dieses Ereignisses Interesse an den Domain-Namen haben und allenfalls diesbezüglich mit der Erstbeklagten wirtschaftlich kooperieren wird". Dass der Zweitbeklagte dabei etwa hoffte, auf den streitgegenständlichen Domains Werbeeinnahmen zu erzielen, hat das Erstgericht hingegen hier nicht für bescheinigt erachtet. Wenn das Erstgericht in der rechtlichen Beurteilung meint, die Beklagten hätten "aus dem einzigen Motiv gehandelt, für den Marktzugang der Klägerin ein Hindernis zu errichten, um aus dessen späterer Beseitigung einen finanziellen Vorteil zu ziehen", handelt es sich dabei um eine im Revisionsrekursverfahren überprüfbare rechtliche Schlussfolgerung; es bleibt daher zu untersuchen, ob der festgestellte Sachverhalt die Beurteilung rechtfertigt, die Beklagten hätten mit der Registrierung des Domain-Namen sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG gehandelt.

Sittenwidriges Domain-Grabbing kommt nach der Rechtsprechung in zwei Spielarten vor: Eine Domain wird entweder in der Absicht erworben, für einen Mitbewerber ein Vertriebshindernis zu errichten (Domainblockade), oder es wird mit der Registrierung eines fremden Kennzeichens die Absicht verfolgt, vom Inhaber des Kennzeichens einen finanziellen Vorteil für die Übertragung des Domain-Namens zu erlangen (Domainvermarktung; 4 Ob 139/01x = MR 2001, 245 - Täglichalles.at mwN). Sowohl die Domainblockade als auch die Domainvermarktung sind Fälle des sittenwidrigen Behinderungswettbewerbs.

Sittenwidriger Behinderungswettbewerb liegt vor, wenn ein Unternehmer durch das Mittel der Behinderung des Mitbewerbers zu erreichen sucht, dass dieser Mitbewerber seine Leistung auf dem Markt nicht oder nicht mehr rein zur Geltung bringen kann. Dazu müssen die beanstandeten Maßnahmen nicht ausschließlich auf die Schädigung oder Vernichtung des Konkurrenten gerichtet sein; unlauterer Behinderungswettbewerb liegt vielmehr schon dann vor, wenn eine bestimmte Wettbewerbshandlung, die an sich dem Begriff des Leistungswettbewerbs zu unterstellen und daher zunächst unbedenklich ist, durch das Hinzutreten besonderer Umstände im Einzelfall zu einer unmittelbar gegen den Mitbewerber gerichteten Behinderungsmaßnahme wird, die es diesem erschwert, wenn nicht überhaupt unmöglich macht, seine Leistung auf dem Markt entsprechend zur Geltung zu bringen und damit für die Zukunft einen echten Leistungsvergleich ausschließt (stRsp ua 4 Ob 11/98s = ÖBl 1998, 229 - Nintendo mwN; s auch Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht22 § 1 dUWG Rz 208).

Die für die Annahme eines Behinderungswettbewerbs ganz allgemein aufgestellten Grundsätze müssen auch dann gelten, wenn der Erwerb eines Domain-Namens zu beurteilen ist (s BGH I ZR 216/99 = WRP 2001, 1286 - Mitwohnzentrale.de). Sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG wird demnach durch die Registrierung eines Domain-Namens nur gehandelt, wenn dessen Erwerber damit auch beabsichtigt, den Zeicheninhaber in wettbewerbswidriger Weise zu behindern. Das wird bei einem Angebot, den Domain-Namen dem Zeicheninhaber zu verkaufen, regelmäßig der Fall sein, weil erst die Behinderungseignung den finanziellen Forderungen den notwendigen Nachdruck verleihen wird (4 Ob 246/01g).

Nach dem im vorliegenden Fall festgestellten Sachverhalt hat der Zweitbeklagte die strittigen Domain-Namen für die Erstbeklagte nicht registrieren lassen, um sie der Stadt Graz zum Kauf anzubieten, sondern um sich diesbezüglich der Stadt Graz als Partner einer entgeltlichen Zusammenarbeit andienen zu können. Der Zweitbeklagte hat damit zwar in der Absicht gehandelt, mit Hilfe der Domain-Namen Einnahmen zu erzielen und sie damit auch in einem gewissen Sinn zu vermarkten; das allein reicht aber nicht aus, um ihm sittenwidriges Handeln im Sinne des § 1 UWG vorwerfen zu können. Gegen eine Behinderungsabsicht des Zweitbeklagten kann (wie schon im Vorverfahren) ins Treffen geführt werden, dass die Stadt Graz zum Zeitpunkt der Registrierung der Domain nicht unter der Bezeichnung "Graz2003" aufgetreten ist. Sie war zwar schon als Kulturhauptstadt für das Jahr 2003 bestimmt; es war aber noch offen, unter welcher Bezeichnung und in welcher Form sie dieses Ereignis vermarkten würde. Dafür hätten verschiedene Möglichkeiten bestanden; die Verbindung von "Graz" und "2003" mag zwar naheliegen, sie ist aber nicht der einzige Weg, um das Ereignis "Graz als Kulturhauptstadt im Jahr 2003" einprägsam zu beschreiben. Für ihre Internetpräsenz stand und steht der Stadt Graz der Domain-Namen "graz.at" zur Verfügung, sie hätte daher schon diesen Domain-Namen für Informationen über ihre Aktivitäten als Kulturhauptstadt verwenden können. Selbst wenn sie aber Wert darauf gelegt hätte, bereits im Domain-Namen der Informationswebsite zum Ausdruck zu bringen, dass sie 2003 Kulturhauptstadt Europas sein werde, so wäre es möglich gewesen, den - offiziellen Stellen vorbehaltenen - Domain-Namen "graz2003.gv.at" oder - was durch die Klägerin ohnehin geschehen ist - den Domain-Namen "graz-2003.at" registrieren zu lassen. Dazu kommt hier noch, dass nunmehr - nach dem Obsiegen im Vorprozess - der Klägerin - neben anderen Domains mit ähnlichen Zeichen - auch der (attraktive und naheliegende) Domain-Name "graz2003.at" für ihre (Werbe-)Aktivitäten im Internet zur Verfügung steht. Von einer Behinderung der Klägerin durch Belegen der hier strittigen Domains durch die Erstbeklagte oder von der Errichtung von Hindernissen für den Marktzugang kann unter diesen Umständen keine Rede sein. Allein aus dem Angebot einer Zusammenarbeit zwischen den Streitteilen kann aber noch nicht auf eine Behinderungsabsicht der Beklagten geschlossen werden. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch findet daher in § 1 UWG keine Stütze.

Die Klägerin hat ihren Anspruch auch auf § 43 ABGB gestützt. Der Schutz des § 43 ABGB setzt voraus, dass entweder das Recht zur Führung eines Namens bestritten (Namensbestreitung) oder ein Name unbefugt gebraucht wird (Namensanmaßung) und dass der Namensgebrauch schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt. Schutzwürdige Interessen werden schon dann verletzt, wenn der - unzutreffende - Anschein erweckt wird, dass zwischen dem Berechtigten und demjenigen, der den Namen gebraucht, ideelle oder wirtschaftliche Beziehungen bestehen (Aicher in Rummel, ABGB³ § 43 Rz 16; Schwimann/Posch, ABGB² § 43 Rz 27, jeweils mwN; 4 Ob 320/99h = ÖBl 2000, 134 [Kurz] - ortig.at; 4 Ob 246/01g ua).

"Graz" ist als Name der Stadt Graz eine geographische Herkunftsbezeichnung und kann als Herkunftsbezeichnung von jedermann verwendet werden. Als Name hingegen ist sein Gebrauch der Stadt Graz vorbehalten. Die Klägerin als 100-%ige Tochter der Stadt Graz führt "Graz 2003" in ihrer Firma und leitet ihr Recht am Namen "Graz" von der Stadt Graz ab. Der Zweitbeklagte hat mit der Registrierung der Domain-Namen "graz2003.com" und "graz2003.org" bereits einige Zeit vor Gründung der Klägerin Namen und Jahreszahl miteinander verbunden, um damit auszudrücken, dass das Jahr 2003 ein besonderes Jahr für Graz sein werde. Mit der Verwendung der Bezeichnung "graz2003" für eine Website, die über Kulturinitiativen im Zusammenhang mit dem Ereignis "Graz als Kulturhauptstadt 2003" informiert, wird "Graz" nicht nur als beschreibender Hinweis sondern auch als Name gebraucht, weil die Bezeichnung "graz2003" auf die Stadt Graz und ihre Funktion als Kulturhauptstadt im Jahr 2003 hinweist und daher annehmen lässt, die Stadt Graz drücke damit ihre besondere Bedeutung im Jahr 2003 aus. Unter diesem Blickwinkel verwenden die Beklagten mit den Domain-Namen "graz2003.com" und "graz2003.org" "Graz" als Namen; zum Namensgebrauch sind sie ohne Einwilligung der Stadt Graz nicht befugt (vgl 4 Ob 246/01g).

Ob der Anschein erweckt wird, dass zwischen dem Berechtigten und demjenigen, der den Namen gebraucht, ideelle oder wirtschaftliche Beziehungen bestehen, ist, ebenso wie bei der Beurteilung einer durch den Domain-Namen hervorgerufenen Verwechslungsgefahr (ÖBl 2000, 72 - Format; MR 2001, 194 [Pilz] = Öbl 2001, 225 [Kurz] - cyta.at mwN; MR 2001, 330 [Thiele] - dullinger.at; zuletzt 4 Ob 56/02t - amade.at), nicht allein nach dem Domain-Namen, sondern auch nach dem Inhalt der dazugehörigen Website zu beurteilen (4 Ob 246/01g).

Nach dem festgestellten Sachverhalt gelangt man nach dem Anwählen der strittigen Domain-Namen auf die Startseite der Homepage der Erstbeklagten, die den deutlichen, nicht zu übersehenden Hinweis darauf enthält, dass man sich nicht auf der Homepage der Erstbeklagten befinde. Damit liegt aber - anders als im Fall der Entscheidung 4 Ob 246/01g - eine klare Abgrenzung zwischen dem Inhaber der angewählten Domain-Namen und der Klägerin, deren Firma die Wortfolge "Graz 2003" enthält, vor; der unzutreffende Eindruck von Beziehungen zwischen dem Inhaber der Domain-Namen und der Klägerin kann daher bei dieser Sachlage nicht entstehen.

Der von der Klägerin in ihrer Revisionsrekursbeantwortung vertretenen Auffassung, ein Namensträger müsse unter jeder von ihm gewünschten top-level-Domain im Internet auftreten können, ist entgegenzuhalten, dass aus der Befugnis des Namensträgers, aus seinem Namen einen Domain-Namen abzuleiten, nicht zwingend sein Anspruch folgt, dass ihm der Domain-Name, soweit nicht ein anderer Rechte am gleichen Namen geltend machen kann, vorbehalten bleibt. Durch die Registrierung eines Namens als Domain wird nicht das Recht eines anderen, den Namen zu verwenden, bestritten, sondern - bezogen auf die Registrierung als Domain - ein konkurrierendes Recht behauptet. Der Umstand, dass dem Namensträger damit die Registrierung in derselben Top Level Domain verwehrt ist, ist lediglich eine technisch bedingte Folge (Viefhues in Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht, Teil 6 Rz 225ff; gegen eine Qualifizierung der Domain-Registrierung als Namensbestreitung auch Höhne, Namensfunktion von Internet Domains, ecolex 1998, 924 [926]; aA Schanda, Anm zu ecolex 1999/281 - Sattler.at, unter Hinweis auf LG Düsseldorf, NJW-RR 1999, 626 - ufa.de; s auch Aicher in Rummel, ABGB3 § 43 Rz 3; Kapferer/Pahl, Kennzeichenschutz für Internet-Adressen ["domains"], ÖBl 1998, 275 [279]). Hiezu kommt hier noch, dass es sich bei der Namensträgerin um eine inländische Gebietskörperschaft handelt, die betroffene top-level-domain jedoch nicht .at ist.

Kann somit die bloße Domainregistrierung in den top-level-Domains com. und org. noch nicht als Bestreitung des Namens einer inländischen Gebietskörperschaft beurteilt werden, kommt damit auch § 43 ABGB (ebenso wie die - jeweils Verwechslungsgefahr voraussetzenden - §§ 9 UWG oder 10 Abs 1 MSchG) nicht als Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch in Betracht.

Dem Revisionsrekurs ist Folge zu geben und der Sicherungsantrag abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 41 Abs 1 ZPO, für das Rechtsmittelverfahren iVm § 50 Abs 1 ZPO. Die Entlohnung der Äußerung über das Maß des Tarifs (doppelter Einheitssatz) ist durch die erhöhten Herstellungskosten für die umfangreichen Beilagen (Telefongebühren für Ausdrucke aus dem Internet) gerechtfertigt (§ 21 Abs 1 RATG).

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