OGH 6Ob63/02m

OGH6Ob63/02m18.4.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ilse J*****, vertreten durch Dr. Alexander Haas, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Dr. Armin B*****, vertreten durch Dr. Helmut Destaller ua Rechtsanwälte in Graz, wegen 21.801,85 EUR (300.000 S) und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 8. Jänner 2002, GZ 3 R 113/01i-23, womit über die Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 16. März 2001, GZ 22 Cg 211/00d-15, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin unterzog sich einer Unterleibsoperation, die mit einem elektrischen Operationsgerät durchgeführt wurde. Der Arzt klärte die Patientin über die typischen Operationsrisken auf, nicht aber über die denkbare Gefährdung durch einen "Kriechstrom" (Risikowahrscheinlichkeit: 1 : 100.000). Nach den getroffenen Feststellungen entstand die 3 mm große Darmperforation durch einen Stromdefekt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionswerberin führt gegen die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen ein Privatgutachten ins Treffen und rügt die Unterlassung der Einholung eines zweiten gerichtsärztlichen Gutachtens. Sie macht damit keinen tauglichen Revisionsgrund geltend, weil das Berufungsgericht den gerügten Verfahrensmangel erster Instanz behandelt und verneint hat. Daran ist der Oberste Gerichtshof nach ständiger Rechtsprechung gebunden (RS0042963). Dass in den Aufklärungsblättern des Krankenhauses generell über das geringfügige Risiko von Stromschäden aufgeklärt wird, ist zwar ein Indiz dafür, dass trotz der äußerst geringen statistischen Wahrscheinlichkeit der Verwirklichung des Risikos eine Aufklärungspflicht des Arztes bestehen könnte. Diese hängt aber von den Umständen des Einzelfalls ab. Der Arzt muss grundsätzlich nicht auf alle nur denkbaren Folgen der Behandlung hinweisen (RS0026529, zuletzt 6 Ob 156/01m). Die eine Verletzung der Aufklärungspflicht verneinende Entscheidung des Berufungsgerichts steht mit der oberstgerichtlichen Rechtsprechung im Einklang, dass der Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht jedenfalls dann nicht zu überspannen ist, wenn die Operation für den Patienten dringlich ist und vitale Bedeutung hat. Nur bei fehlender Dringlichkeit ist auch über wenig wahrscheinliche nachteilige Folgen, also über ein statistisch unwahrscheinliches Risiko, aufzuklären. Die Revisionswerberin vermag keine unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit aufzugreifende rechtliche Fehlbeurteilung aufzuzeigen.

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