OGH 1Ob45/02b

OGH1Ob45/02b22.3.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei Solita Christa S*****, vertreten durch Mag. Johannes Götsch, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte und widerklagende Partei Dipl. Ing. Dr. Helmuth S*****, vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Ehescheidung infolge außerordentlicher Revision der klagenden und widerbeklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 14. November 2001, GZ 4 R 470/01y-42, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden und widerbeklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Während die Wertung, ob die wesentliche Grundlage für die Fortführung der Ehe bei einem Teil subjektiv zu bestehen aufgehört hat, dem irrevisiblen Tatsachenkomplex zuzurechnen ist (8 Ob 2119/96t = SZ 70/19), stellt die Frage, ob die Ehe objektiv unheilbar zerrüttet ist, eine auf Grund der Feststellungen zu entscheidende Rechtsfrage dar (RIS-Justiz RS0043432; 10 Ob 258/99k). Unheilbare Ehezerrüttung im Sinn des § 49 EheG ist dann anzunehmen, wenn die geistige, seelische und körperliche Gemeinschaft zwischen den Ehegatten und damit die Grundlage der Ehe objektiv und wenigstens bei einem Ehegatten auch subjektiv zu bestehen aufgehört haben (RIS-Justiz RS0056832). Die Frage, wann die unheilbare Zerrüttung der Ehe eintrat, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab (5 Ob 132/00y). Eine im Interesse der Rechtssicherheit zu korrigierende Fehlbeurteilung des vorliegenden Einzelfalls ist den Vorinstanzen, die die aufgezeigten, von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze beachtet haben, nicht vorzuwerfen, zumal das Berufungsgericht ausführlich dargelegt hat (S 27 des Berufungsurteils), auf Grund welcher Feststellungen des Erstgerichts es zu dem Schluss gelangte, die Ehe sei mit dem Zeitpunkt der Einbringung der Scheidungsklage objektiv und zumindest auf Seiten der Klägerin auch subjektiv zerrüttet gewesen.

Es entspricht weiters der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer neuen Verfehlung und der Zerrüttung im Allgemeinen nicht vorhanden ist, wenn die Ehe so tief zerrüttet ist, dass eine weitere Zerrüttung nicht mehr eintreten konnte (RIS-Justiz RS0056939; RIS-Justiz RS0056921). Ob noch eine Vertiefung der Zerrüttung als möglich anzusehen ist oder bereits ausgeschlossen werde kann, ist ebenso wie die Gewichtung des beiderseitigen Fehlverhaltens eine Frage des Einzelfalls, die mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht revisibel ist.

Schließlich ist es gesicherte Rechtsprechung, das bei Zumessung der Verschuldensanteile auch berücksichtigt werden muss, dass spätere schwere Eheverfehlungen eines Ehegatten nur Folge früherer, wenngleich in ihrem Schuldgehalt geringer wiegender, vom anderen Ehegatten zu vertretender Vorkommnisse sind (RIS-Justiz RS0057416; RS0057464). So ist die zwischen den Streitteilen eingetretene Entfremdung nach den Feststellungen unter anderem darauf zurückzuführen, dass sich die Klägerin zur Enttäuschung des Beklagten zunehmend von gemeinsamen Freizeitaktivitäten zurückzog. Sie unternahm nicht den Versuch, zu einer dem Wesen der Ehe entsprechenden einvernehmlichen Lösung zu gelangen, sondern arrangierte vielmehr selbst - vorerst ohne unmittelbares Zutun des Beklagten -, dass dieser Fernreisen mit einer gemeinsamen Bekannten unternahm. Sie verheimlichte dem Beklagten nicht bloß unwesentliche alltägliche Details des Ehelebens, sondern hielt ihn etwa über die Renovierung einer Garconiere, die sie von ihrem Vater erhalten hatte, nicht auf dem Laufenden und deponierte Gegenstände bei Freundinnen, wobei sie diese und ihre Kinder darüber informierte, was dem Beklagten gesagt werden dürfe (S 29 des Ersturteils), sodass der Beklagte den - unrichtigen - Eindruck gewann, die Klägerin verfüge über kein Vermögen (S 17 des Ersturteils). Auch reagierte sie nicht auf Vorhalte des Beklagten, zuviel Geld auszugeben (S 18 des Ersturteils). Bei dieser Sachlage kann aber keine Rede davon sein, dass die Vorinstanzen das stets nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilende (RIS-Justiz RS0056369) (Mit)Verschulden der Klägerin grob unrichtig bejaht hätten.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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