OGH 3Ob47/02m

OGH3Ob47/02m20.3.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Mag. Viktor Gottfried R*****, vertreten durch Dr. Erich Proksch, Rechtanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) C***** AG, ***** (zu AZ 15 Cg 102/93d des Handelsgerichts Wien), und 2.) A***** AG, ***** (zu AZ 15 Cg 39/94s des Handelsgerichts Wien), beide vertreten durch Dr. Paul Doralt und andere Rechtanwälte in Wien, wegen Aufhebung und Rückabwicklung eines Kaufvertrags, hier wegen Ablehnung von Richtern, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 18. Jänner 2002, GZ 13 Nc 1/02z-3, womit der Ablehnungsantrag der klagenden Partei im Berufungsverfahren AZ 4 R 230/00y, 4 R 231/00w des Oberlandesgerichts Wien gegen die Mitglieder von dessen Senat 4, insbesondere den Senatspräsidenten Dr. Dietrich Derbolav, den Vizepräsidenten Dr. Wolfgang Pöschl und den kaufmännischen Laienrichter KR Dkfm. Walser zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger lehnte nach Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung in einem Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Wien sämtliche Mitglieder von dessen Gerichtsabteilung 4, insbesondere zwei namentlich genannte Berufsrichter und einen Laienrichter, als befangen ab.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das genannte als gemäß § 23 letzter Halbsatz JN zuständiges Gericht diesen Ablehnungsantrag aus in der Sache liegenden Erwägungen ab.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Rekurs des Klägers ist zulässig (§ 24 Abs 2 JN), aber nicht berechtigt.

Gemäß § 19 Z 2 JN kann ein Richter in bürgerlichen Rechtssachen abgelehnt werden, wenn ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Nach stRsp ist ein Richter dann als befangen anzusehen, wenn Umstände vorliegen, die es nach objektiver Prüfung und Beurteilung rechtfertigen, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen; das Wesen der Befangenheit besteht in der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche psychologische Motive. Es genügt, dass eine solche Befangenheit mit Grund befürchtet werden muss, wenn mit Rücksicht auf die gegebenen Verhältnisse die Besorgnis nicht von der Hand zu weisen ist, dass bei seiner Entscheidung andere als rein sachliche Erwägungen eine Rolle spielen könnten.

Der erkennende Senat erachtet dazu die Entscheidungsgründe des (hier als Erstgericht entscheidenden) Oberlandesgerichts Wien für zutreffend, die Rechtsmittelausführungen dagegen für nicht stichhältig (§ 526 Abs 3 iVm § 500a ZPO).

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger selbst in seinem Ablehnungsantrag die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung für die Zeit von (nur) 10 Minuten als üblich erachtet, weshalb dies keinesfalls als Ausdruck einer Befangenheit (wohl nur des in diesem Punkt allein in Betracht zu ziehenden Senatsvorsitzenden) angesehen werden kann. Da es auch nach dem Rechtsmittelvortrag um die letzte Verhandlung des Senats 4 an diesem Verhandlungstag handelte, konnte dieser Senat auch nicht unter Zeitdruck stehen, weshalb schon deshalb keine Gefahr bestand, er werde allfälligen längeren Rechtsmittelvorträgen der Parteien nicht mit der gebotenen Aufmerksamkeit Gehör schenken. Der Rekurswerber vermag auch nicht darzulegen, inwieweit aus dem Übersehen eines Aktenstücks in umfangreichen Akten auch nur der Anschein einer Voreingenommenheit abgeleitet werden könnte. Nichts anderes gilt für die behauptete Prognose des Vorstandsvorsitzenden der zweitbeklagten Partei - somit des Organs des Prozessgegners des Ablehnungswerbers - über das Ergebnis des Berufungsverfahrens. Einen Kontakt des Genannten mit den Mitgliedern des abgelehnten Senats, aus dem auch nur Verdachtsgründe für eine Befangenheit abgeleitet werden könnten, hat der Kläger in seinem Antrag auch gar nicht behauptet. Auf die Mitwirkung des abgelehnten Senatsvorsitzenden an einer Entscheidung, mit der ein Verfahrenshilfeantrag des Klägers wegen Aussichtslosigkeit abgewiesen wurde, hat der Kläger seine Ablehnung nicht gestützt. Darüber hinaus hat der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 1 Ob 13/90 = EvBl 1990/145 (ebenso in 6 Ob 607/93) in einer solchen Mitwirkung keinen Ablehnungsgrund gesehen. An dieser Rechtsauffassung ist festzuhalten.

Der Umstand, dass aus (früheren) Amtshandlungen des abgelehnten Richters (hier wohl nur des Senatsvorsitzenden) im Zusammenhang mit einer vom Obersten Gerichtshof ausgesprochenen Nichtigerklärung einer Entscheidung wegen Befangenheit einer anderen Angehörigen des Senats) ein Amtshaftungsanspruch abgeleitet werden könnte, stellt allein keinen tauglichen Ablehnungsgrund dar (5 Ob 335/98w = RdW 1999, 350).

Dass nicht ein gesamter Gerichtshof wegen Befangenheit pauschal abgelehnt werden kann, sondern nur namentlich bezeichnete Richter aus bestimmten Gründen und pauschal und ohne Anführung bestimmter Gründe zu namentlich bezeichneten Richtern eingebrachte Ablehnungserklärungen nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt sind, entspricht gleichfalls stRsp (RIS-Justiz RS0045983). Dasselbe hat auch zu gelten, wenn namentlich nicht genannte Richter eines Berufungssenats mit mehr als drei Mitgliedern abgelehnt werden. Eine Mehrzahl von Richtern kann nur durch Ablehnung jedes einzelnen von ihnen sowie durch Angabe detaillierter konkreter Ablehnungsgründe in Ansehung eines jeden einzelnen Richters erfolgreich abgelehnt werden (1 Ob 623/92 = EFSlg 72.770 mwN).

Demnach kann dem Rechtsmittel kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 40 ZPO.

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