OGH 4Ob28/02z

OGH4Ob28/02z13.3.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griss und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö*****, vertreten durch Dr. Peter Hauser, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei B*****, vertreten durch Moringer & Moser, Rechtsanwälte OEG in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 500.000 S, d.s. 36.336,42 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 6. November 2001, GZ 2 R 221/01v-32, womit das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 24. August 2001, GZ 8 Cg 193/00k-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass sie - einschließlich des bestätigten Teils - insgesamt wie folgt zu lauten hat:

1. Die beklagte Partei ist schuldig, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, a) für Inkassotätigkeiten in Deutschland, insbesondere unter der Bezeichnung "BRD" in ihrem Firmenwortlaut, zu werben, diese anzubieten und durchzuführen, obwohl sie nicht über eine Genehmigung zum Anbieten und Durchführen von Inkassotätigkeiten in Deutschland verfügt,

b) unter der Bezeichnung "BRD" in ihrem Firmenwortlaut für Inkassotätigkeiten in Deutschland zu werben, diese anzubieten und durchzuführen, obwohl sie nicht überragende Bedeutung auf dem Gebiet des Inkassowesens in Deutschland genießt.

2. Die klagende Partei wird ermächtigt, Kopf und Spruch des Punktes 1 dieses Urteils innerhalb von sechs Monaten ab Rechtskraft mit gerichtlicher Geschäftszahl in Fettdruckumrandung, Fettdrucküberschrift und fettgedruckten Streitparteien im redaktionellen Teil je einer Samstag-Ausgabe der Tageszeitungen "Salzburger Nachrichten" und "Süddeutsche Zeitung", jeweils in Normalschrift, wie für den redaktionellen Teil verwendet (hinsichtlich Schriftgröße, Schriftstärke sowie Buchstaben- und Wortabständen) sowie unter den vorstehenden Grundlagen mit Überschriftengröße, wie für Schlagzeilen verwendet, auf Kosten der beklagten Partei veröffentlichen zu lassen.

3. Das Mehrbegehren, der beklagten Partei generell zu verbieten, für Inkassotätigkeiten in Deutschland zu werben, diese anzubieten und durchzuführen, sofern sie nicht überragende Bedeutung auf dem Gebiet des Inkassowesens in Deutschland genießt, wird abgewiesen.

4. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 91.022,60 S (das sind 6.614,87 EUR), darin enthalten 1.039,28 EUR anteilige Umsatzsteuer und 375,54 EUR anteilige Barauslagen, bestimmten anteiligen Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei ist ein Verein, der dem Zweck der Hintanhaltung unlauterer Wettbewerbshandlungen dient. Er übt diese Tätigkeit sowohl durch Beratung und Information seiner Mitglieder als auch durch rechtliche Verfolgung und Abmahnung aus und verfügt über eine dementsprechende Organisation. Seine Struktur, insbesondere die Zusammensetzung der Mitglieder, ist zur Förderung wirtschaftlicher Interessen der Unternehmen geeignet. Der klagenden Partei gehören als Mitglieder ausschließlich Unternehmen an, darunter auch solche, deren Unternehmensgegenstand in den Bereich des Inkassowesens fällt.

Die Beklagte wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 28. 10. 1997 gegründet und ist seit 5. 8. 1998 im Firmenbuch eingetragen. Ihr Sitz ist die politische Gemeinde M*****, zu der auch H***** gehört. Die Gemeinde M***** ist Teil des österreichischen Staatsgebietes, H***** hat die deutsche Postleitzahl D-87568. Am 25. 4. 2001 meldete die beklagte Partei die Sitzverlegung nach Linz beim Firmenbuchgericht an; sie wurde am 23. 5. 2001 eingetragen. Die Beklagte verfügt seit 29. 5. 2001 über einen Gewerbeschein für das Gewerbe der Auskunftei über Kreditverhältnisse; gewerberechtlicher Geschäftsführer ist Karl U*****. Sie betreibt ihre Inkassotätigkeit überwiegend in Deutschland und verfügt über keine Genehmigung der zuständigen deutschen Justizbehörden für ihre Tätigkeit in Deutschland.

Die klagende Partei begehrt von der Beklagten, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, insbesondere unter der Führung der Bezeichnung "BRD" in ihrem Firmennamen für Inkassotätigkeiten in Deutschland zu werben, diese anzubieten und durchzuführen, obwohl sie weder über eine Genehmigung zum Anbieten und Durchführen von Inkassotätigkeiten in Deutschland verfüge, noch überragende Bedeutung auf dem Gebiet des Inkassowesens in Deutschland genieße. Die Klägerin begehrt ferner Urteilsveröffentlichung in je einer Samstagausgabe der "Salzburger Nachrichten" und der "Süddeutschen Zeitung". Die Beklagte biete Inkassotätigkeiten sowohl in Österreich als auch in Deutschland an und werbe dafür. Durch die gewählte Bezeichnung "BRD" vermittle sie den Eindruck eines deutschen Inkassobüros (das über die entsprechende Genehmigung der zuständigen deutschen Justizbehörden verfüge) und täusche auch eine überragende Bedeutung auf dem deutschen Markt vor. Sie verstoße damit gegen §§ 1 und 2 UWG.

Die beklagte Partei beantragt Klageabweisung und wendete ein, sie benötige für die von ihr in Deutschland erbrachten Dienstleistungen keine behördliche Genehmigung. Die von der Klägerin angeführte Beschränkung der Ausübung der Inkassotätigkeit durch die Bestimmungen des deutschen Rechtsberatungsgesetzes widerspreche Art 49 EG, wonach innerhalb der Europäischen Union Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs für Angehörige der Mitgliedsstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaften als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig seien, verboten seien. Dieses Verbot umfasse insbesondere alle Beschränkungen, die geeignet seien, die Tätigkeit des in einem Mitgliedsstaat ansässigen Dienstleistungserbringers zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Ausnahmen von einem Beschränkungsverbot im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit seien nur aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses zulässig; derartige zwingende Gründe, die es für gemeinschaftsrechtlich zulässig erscheinen ließen, die Tätigkeit an die Genehmigung des Gerichtspräsidenten des für Inkassounternehmen zuständigen Gerichtssprengels zu knüpfen, seien nicht vorhanden. Im Übrigen biete die Beklagte ihre Dienstleistungen ausschließlich in der Bundesrepublik Deutschland an, der Firmenbestandteil "BRD" bringe gerade den den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Umstand zum Ausdruck, dass die Gesellschaft speziell für die Bundesrepublik Deutschland ein eigenes Inkassosystem erarbeitet habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte noch fest, Ziel der Beklagten sei es, deutsche Gläubiger als Kunden zu gewinnen, um diesen zustehende Forderungen gegen deutsche Schuldner einzutreiben. Die Beklagte habe vor Erlassung der einstweiligen Verfügung im vorliegenden Verfahren ihre Inkassotätigkeit zumindest überwiegend in Deutschland betrieben. Sie sei zu diesem Zweck auch gegründet worden; der Firmenbestandteil "BRD" solle die vorrangige Orientierung auf die Betreibung von Forderungen gegen deutsche Schuldner zum Ausdruck bringen. Bis zur Erlassung der einstweiligen Verfügung (15. 1. 2001) sei unter der Internetadresse "www.inkasso.at " die Homepage der I***** erschienen, die darauf hingewiesen habe, dass das I***** speziell für die deutschsprachigen Nachbarländer ein eigenes Inkassosystem erarbeitet habe, das sowohl auf die Rechtslage im jeweiligen Land als auch auf die landesüblichen Einbringungsmethoden abgestimmt sei. Nicht festgestellt werden könne, dass der Beklagten im Bereich des Inkassowesens in Deutschland eine besondere Bedeutung im Vergleich zu anderen deutschen Inkassounternehmen, sei es nach Umfang oder Qualität des Unternehmens, zukomme. Nunmehr gelange man über die Internetadresse "www.inkasso.at " zur Homepage der beklagten Pattei. Den Zusatz, wonach speziell für die deutschsprachigen Nachbarländer ein eigenes Inkassosystem erarbeitet worden sei, gebe es nicht mehr. Die Beklagte habe eine eigene Internetadresse unter "www.brd -inkasso.de." Nicht festgestellt werden könne, ob die Beklagte die Voraussetzungen für eine behördliche Erlaubnis eines Inkassounternehmens nach dem deutschen Rechtsberatungsgesetz erfülle.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, das in Art 1 § 1 Z 5 des deutschen Rechtsberatungsgesetzes (dRBerG) geregelte Erfordernis einer behördlichen Erlaubniserteilung für die Ausübung eines Inkassounternehmens zur außergerichtlichen Einziehung von Forderungen sei sachlich gerechtfertigt und die damit verbundene Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, nämlich des Verbraucherschutzes, gerechtfertigt. Der Umstand, dass die Beklagte über eine österreichische Gewerbebewilligung verfüge, sage nichts darüber aus, dass sie auch über die sachliche Eignung für die Erteilung der behördlichen Erlaubnis eines Inkassounternehmens nach dem deutschen Rechtsberatungsgesetz verfüge und damit dem Gebot des Schutzes der Allgemeinheit ausreichend Rechnung trage. Ungewiss sei, ob die Beklagte die fachlichen Voraussetzungen zur Ausübung dieses Gewerbes nach dem deutschen Rechtsberatungsgesetz erfülle. Der Zusatz "BRD" im Firmennamen vermittle im Übrigen den Eindruck einer Befugnis zur Ausübung dieses Gewerbes, sowie den Eindruck, es handle sich um DAS deutsche Inkassounternehmen, ohne dass der Beklagten eine derartige Bedeutung tatsächlich zukomme.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, inwieweit die Bestimmung des § 1 deutsches Rechtsberatungsgesetz eine sachlich gerechtfertigte Beschränkung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit sei und ob durch die Erteilung der österreichischen Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Inkassogewerbes dem eine derartige Beschränkung rechtfertigenden Allgemeininteresse bereits Genüge getan werde. Österreichisches Recht sei anzuwenden, weil sich die Wettbewerbshandlungen der Beklagten (auch) auf den österreichischen Markt auswirkten. Die die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit regelnden Bestimmungen des EG-Vertrags verlangten nach ständiger Rechtsprechung des EuGH nicht nur die Beseitigung jeder Diskriminierung des in einem anderen Mitgliedsstaat ansässigen Dienstleistungserbringers auf Grund seiner Staatsangehörigkeit, sondern auch die Aufhebung aller Beschränkungen - selbst wenn sie unterschiedslos für einheimische Dienstleistungserbringer wie für Dienstleistungserbringer anderer Mitgliedsstaaten gelten - wenn sie geeignet seien, die Tätigkeit des Dienstleistungserbringers, der in einem anderen Mitgliedsstaat ansässig sei und dort rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringe, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Das sich aus Art 1 § 1 Z 5 dRBerG ergebende Verbot, die außergerichtliche Einziehung von Forderungen ohne Erlaubnis des zuständigen Justizverwaltungsorgans vorzunehmen, sei nur dann mit den Prinzipien der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit vereinbar, wenn es in nicht diskriminierender Weise angewendet werde, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet sei, die Verwirklichung des mit ihm verfolgten Ziels zu gewährleisten; es dürfe auch nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich sei. Der freie Dienstleistungsverkehr dürfe nur durch Regelungen, die durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt seien, und nur insoweit beschränkt werden, als dem Allgemeininteresse nicht bereits durch die Rechtsvorschriften Rechnung getragen werde, denen der Dienstleistungserbringer im Heimatstaat unterliege. Gerade das Inkassowesen sei im Hinblick auf den Verbraucherschutz ein sehr sensibler Bereich, müssten doch diejenigen Verbraucher, die eine Inkassotätigkeit in Anspruch nehmen, gegen eine mögliche Schädigung durch derartige Geschäfte geschützt werden, die von Inkassobüros durchgeführt würden, die den Anforderungen an ihre Zahlungsfähigkeit nicht genügten. Es müsse auch für jede eine Inkassotätigkeit in Anspruch nehmende Person sichergestellt sein, dass die organschaftlich für das Inkassounternehmen handelnden Personen fachlich hiezu geeignet sind, die maßgeblichen einschlägigen Vorschriften kennen und auch die erforderliche persönliche Zuverlässigkeit besitzen. Unter diesen Aspekten sei das in Art 1 § 1 Z 5 dRBergG formulierte Erfordernis einer behördlichen Erlaubniserteilung für die Ausübung eines Inkassounternehmens zur außergerichtlichen Einziehung von Forderungen und die damit verbundene Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses (nämlich des Verbraucherschutzes) als sachlich gerechtfertigt anzusehen. Der beklagten Partei sei durchaus zuzugestehen, dass die persönliche Eignung und Zuverlässigkeit ihrer organschaftlichen Vertretung, die für die Erteilung der österreichischen Gewerbeberechtigung schon bejaht worden sei, grundsätzlich auch für die Erteilung der behördlichen Erlaubnis in Deutschland zu unterstellen sei. In diesem Umfang sei dem Allgemeininteresse des Verbraucherschutzes ausreichend Rechnung getragen. Allerdings seien nicht nur die persönliche Zuverlässigkeit und die Eignung des Inkassounternehmens, sondern auch die sachliche Befähigung bzw die ausreichende Sachkunde des Unternehmers für die befugte Ausübung des Inkassogewerbes erforderlich. Die mit der Erteilung der österreichischen Gewerbeberechtigung ausgestellte Bestätigung der sachlichen Eignung der Beklagten könne sich aber nur auf die österreichische Rechtsordnung beziehen, sodass damit nur dokumentiert sei, dass die Beklagte für die Ausübung des Inkassogewerbes in Österreich ausreichende Kenntnisse der österreichischen Rechtsvorschriften besitze. Nicht dokumentiert werde damit allerdings ihre sachliche und fachliche Eignung für die Ausübung dieses Gewerbes im Geltungsbereich einer anderen Rechtsordnung, nämlich jener der Bundesrepublik Deutschland. Die Erteilung der österreichischen Gewerbeberechtigung stelle daher nicht sicher, dass die Beklagte auch die sachliche und fachliche Eignung im Sinn einer Kenntnis der einschlägigen deutschen gesetzlichen Bestimmungen besitze. Eine derartige Kenntnis sei jedoch wesentliches Erfordernis des Verbraucherschutzes, dem somit durch die Erteilung der österreichischen Gewerbeberechtigung nicht ausreichend Genüge getan werde. Das aus Art 1 § 1 dRBerG abgeleitete Verbot einer Inkassotätigkeit ohne behördliche Erlaubnis widerspreche somit nicht den Prinzipien der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit. Im Übrigen sei der von der Beklagten in ihrem Firmennamen verwendete Zusatz "BRD" geeignet, den Eindruck zu erwecken, die beklagte Partei sei nicht nur befugt, in Deutschland Inkassotätigkeit auszuüben, sondern sei auch eines der führenden und größten Inkassounternehmen Deutschlands. Beides treffe hier nicht zu, sodass das Unterlassungsbegehren insgesamt berechtigt sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig und teilweise berechtigt.

Gemäß § 48 Abs 2 IPRG sind Schadenersatz- und andere Ansprüche aus unlauterem Wettbewerb nach dem Recht jenes Staates zu beurteilen, auf dessen Markt sich der Wettbewerb auswirkt. Sind durch dasselbe Wettbewerbsverhältnis die Märkte mehrerer Staaten betroffen, so sind die Folgen nach dem Recht jedes von ihnen gesondert zu beurteilen (Schwimann in Rummel, ABGB² § 48 IPRG Rz 11 mwN; ÖBl 1998, 225 - Haftgel). Es ist daher zunächst zu prüfen, auf welchen Markt sich die zu untersagende Wettbewerbshandlung auswirkt. Unter Berücksichtigung des erhobenen Begehrens darf jeweils nur derjenige Teil der Wettbewerbshandlung untersagt werden, der auf den Markt desjenigen Landes einwirkt, dessen Wettbewerbsrecht angewendet wird (Sack, Probleme des Inlandswettbewerbs mit Auslandsbezug nach deutschem und österreichischem Kollisions- und Wettbewerbsrecht, ÖBl 1988, 113, 145 [117]; ÖBl 1998, 225 - Haftgel).

Die Klägerin beanstandet die von der in Österreich ansässigen Beklagten in Deutschland ausgeübte Inkassotätigkeit unter Hinweis auf die für eine derartige Tätigkeit fehlende behördliche Erlaubnis nach dem deutschen Rechtsberatungsgesetz und die mit ihrem Auftreten im Geschäftsverkehr verbundene Täuschungseignung. Ihr Begehren ist - zusammengefasst - auf das Verbot gerichtet, für Inkassotätigkeit in Deutschland (insbesondere unter der Bezeichnung "BRD") zu werben, diese anzubieten und durchzuführen, ohne über die erforderliche behördliche Genehmigung (in Deutschland) zu verfügen und ohne überragende Bedeutung in dieser Sparte zu genießen. Sie strebt Urteilsveröffentlichung jeweils in einer österreichischen und einer süddeutschen Tageszeitung an. Daraus wird deutlich, dass sich das gegen die in Österreich ansässige Beklagte gerichtete Unterlassungsbegehren nicht nur auf den deutschen Markt, sondern - zumindest in Ansehung der zu untersagenden Werbung - auch auf den österreichischen Markt bezieht. Indem die Beklagte Inkassotätigkeit in Deutschland ausübt und diese in Deutschland und wohl auch an ihrem Unternehmenssitz in Österreich bewirbt, wirkt sich ihr Verhalten auf beide Märkte aus. Seine Beurteilung unterliegt nach den Grundsätzen des § 48 Abs 2 IPRG österreichischem und deutschem Recht. Inländische Gerichtsbarkeit und örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes sind mit Rücksicht auf den Unternehmenssitz der Beklagten in Österreich, von dem die beanstandeten Handlungen ausgingen, nicht zweifelhaft (§ 83c Abs 1 JN).

Gemäß Art 1 § 1 dRBerG bedarf die geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, einschließlich der Rechtsberatung und der Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen einer Erlaubnis der zuständigen (Justiz)Behörde. Dieser Bewilligungspflicht unterliegen nach Z 5 dieser Bestimmung Inkassounternehmer (Inkassobüros) für die außergerichtliche Einziehung von Forderungen. Die Erlaubnis darf nach Abs 2 der Bestimmung nur erteilt werden, wenn der Antragsteller die für den Beruf erforderliche Zuverlässigkeit und persönliche Eignung sowie genügend Sachkunde besitzt (eine Bedürfnisprüfung findet bei Staatsangehörigen eines Mitgliedsstaats der Gemeinschaft nicht statt). Die Vorinstanzen haben nun festgestellt, dass die Beklagte über eine Bewilligung für die Ausübung des Inkassogewerbes nach § 127 Z 16 der österreichischen Gewerbeordnung verfügt, ihre Inkassotätigkeit jedoch vorwiegend in Deutschland betreibt und für diese Tätigkeit in Deutschland keine Erlaubnis der dafür zuständigen Justizbehörden nach Art 1 § 1 des dRBerG besitzt. Sie konnten nicht feststellen, ob die Beklagte die Voraussetzungen für eine entsprechende Erlaubnis erfüllt.

Lehre und Rechtsprechung in Deutschland vertreten einhellig die Auffassung, der in Art 1 § 1 dRBerG für die rechtsbesorgende Tätigkeit vorgesehene Erlaubniszwang diene nicht nur berufsständischen Interessen, sondern auch dem allgemeinen Interesse an einer zuverlässigen Rechtspflege. Wer daher ohne Erlaubnis eine solche Tätigkeit ausübe, handle wettbewerbswidrig im Sinn des § 1 dUWG, ohne dass es weiterer Unlauterkeitsmomente bedürfte (Baumbach/Hefermehl Wettbewerbsrecht21 § 1 UWG Rz 623 mwN). Die Beurteilung nach § 1 öUWG führt zu keinem anderen Ergebnis.

Die Beklagte macht in ihrer Revision geltend, Art 1 § 1 dRBerG schränke ihre Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit als Inhaberin einer österreichischen Gewerbeberechtigung gemeinschaftsrechtswidrig ein und sei daher für die Beurteilung ihres Verhaltens nicht zu berücksichtigen. Die Rechtsordnungen Österreichs und Deutschlands seien im Bereich der Erlangung der für ein Inkassogewerbe erforderlichen Bewilligung sowie auch hinsichtlich der Ausübung dieses Gewerbes weitgehend wesensgleich. Es bestehe eine inhaltliche Übereinstimmung jener Vorschriften, die die Rechte und Pflichten von Inkassomandataren und die Einbindung von Inkassogewerben in die Rechtsordnung regelten. Dem Rechtsschutzgedanken der deutschen Regelung werde vollinhaltlich durch § 127 Z 16 der österreichischen Gewerbeordnung bzw durch die entsprechende Gewerbeberechtigung Rechnung getragen, sodass es keiner weiteren Prüfung bedürfe, ob die Beklagte die sachlichen und fachlichen Voraussetzungen zur Ausübung dieses Gewerbes nach den deutschen Bestimmungen erfülle.

Dem ist zu entgegnen:

Für die Abgrenzung der Niederlassungs- von der Dienstleistungsfreiheit ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH maßgeblich, ob die Tätigkeit in einem anderen Mitgliedsstaat auf Dauer angelegt ist oder nur vorübergehenden Charakter hat, insbesondere ob sich der Betreffende auf Dauer in die Wirtschaft des Aufnahmestaates integrieren will oder ob er beabsichtigt, (nur) grenzüberschreitende Dienstleistungen zu erbringen, ohne die überwiegende Einbindung in die Wirtschaft seines Herkunftsstaates aufzugeben (EuGH C 55/94 -Gebhard, Slg 1995 I 4165; Schwarze, EU-Kommentar, Art 43 EGV Rz 2 mwN). Welche dieser beiden Grundfreiheiten im Sinn dieser Abgrenzung im vorliegenden Fall zum Tragen kommt, ist im Ergebnis ohne Bedeutung, weil jede von ihnen Beschränkungen verbietet, die - wenngleich nicht diskriminierend - so doch geeignet sind, die Ausübung der garantierten Freiheiten zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (Schwarze EU-Kommentar Art 43 Rz 47 ff mwN und Art 49 Rz 58 ff mwN; EuGH, C-55/94-Gebhard, Slg 1995 I 4165; C-272/94-Guiot, Slg 1995 I 1905; C-3/95-Broede, Slg 1996 I-6511; C-222/95 Parodi Slg 1997 I 3899).

Als Beschränkungen im Sinn des Art 49 EGV versteht der EuGH in ständiger Rechtsprechung auch sogenannte "doppelte Belastungen", die darin bestehen, dass der grenzüberschreitend tätig werdende Dienstleistungserbringer im Empfangsstaat - bedingt durch die Unterschiedlichkeit der Rechtsordnungen - weitere Zulassungserfordernisse erfüllen muss. Diese können darin bestehen, dass er eine weitere behördliche Genehmigung beantragen oder zusätzliche Befähigungsnachweise erbringen muss. Diese belasten den grenzüberschreitend tätigen Dienstleistungserbringer im Vergleich zu den im Empfangsstaat ansässigen stärker und verstoßen nach Lehre und Rechtsprechung des EuGH - mangels entsprechender Rechtfertigung - gegen Art 49 EGV (Schwarze, EU-Kommentar Art 49 Rz 77 ff und 83 mwN; Eilmannsberger, Zur Reichweite der Grundfreiheiten des Binnenmarktes, JBl 1999, 346 ff und 434 ff [364 f], insbesondere FN 150 mwN; EuGH C 272/94 - Guiot, Slg 1995 I 1905; EuZW 2000, 344).

Die Tätigkeit des beklagten Inkassounternehmens in Deutschland setzt nach Art 1 § 1 Z 5 und Abs 2 dRBerG eine - bisher nicht eingeholte - Erlaubnis der zuständigen Justizbehörde voraus, die nur dann erteilt werden darf, wenn der Antragsteller die für den Beruf erforderliche Zuverlässigkeit und persönliche Eignung sowie genügende Sachkunde besitzt. Die durch diese Bestimmung verwirklichte Beschränkung ist - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte - mit den Grundsätzen der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit unter den nachstehenden Voraussetzungen vereinbar:

Sie darf nur in nicht diskrimierender Weise angewendet werden, muss aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Zieles zu gewährleisten und sie darf nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH C 76/90 - Säger, Slg 1991 I 4221; C-55/94 - Gebhard, Slg 1995 I 4165; C-3/95 - Broede, Slg 1996 I 6511; EuZW 2000, 344; Schwarze, EU-Kommentar Art 43 Rz 53; Art 49 Rz 64 und 94; Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union Art 49 Rz 113 f und 128 f und Art 43 Rz 97). Der freie Dienstleistungsverkehr darf auch nur insoweit beschränkt werden, als dem Allgemeininteresse nicht bereits durch die Rechtsvorschriften Rechnung getragen ist, denen der Dienstleistungserbringer im Heimatstaat unterliegt (EuGH, C-3/95, Broede, Slg 1996 I-6511; Schwarze EU-Kommentar Art 49 Rz 64; Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union Art 43 Rz 97 mwN und Art 49 Rz 113 f und 128 f).

Die durch Art 1 § 1 dRBerG bewirkte Beschränkung ist im Sinn dieser Rechtsprechung gerechtfertigt. Der Einholung einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs bedarf es nicht:

Dass diese Bestimmung diskriminierend angewendet würde, behauptet auch die Beklagte nicht. Als einen Eingriff rechtfertigende, zwingende Gründe des Allgemeininteresses anerkennt der EuGH in ständiger Rechtsprechung den Schutz der Verbraucher vor irreführender Werbung (Schwarze, EU-Kommentar § 49 Rz 101 mwN; EuGH, C-222/95 - Parodi Slg 1997 I 3899), ebenso wie die Sicherung der Einhaltung bestimmter Berufsregeln und die Sicherung der Funktionsfähigkeit der Rechtsprechung im Interesses des Schutzes der Dienstleistungsempfänger (EuGH, C-76/90 - Säger Slg 1991 I 4221; C,3/95 - Broede, Slg 1996 I-6511 zur gewerbsmäßigen gerichtlichen Einziehung fremder Forderungen; Schwarze, EU-Kommentar Art 49 Rz 101 mwN; Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union Art 49 Rz 128).

Die nach Art 1 § 1 dRBerG erforderliche behördliche Erlaubnis für die Ausübung eines Inkassobüros ist auch geeignet, das Ziel des Schutzes des Dienstleistungsempfängers sicherzustellen und geht nicht über das hinaus, was zur Erreichung des Allgemeininteresses erforderlich ist (zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Verboten siehe EuGH C 55/94 - Gebhard Slg 1995 I 4165; C 3/95 Broede, Slg 1996 I 6511; Schwarze, EU-Kommentar Art 49 Rz 106 mwN). Gerade das Inkassowesen ist ein im Hinblick auf den Schutz des Dienstleistungsempfängers als Verbraucher sehr sensibler Bereich, in dem sichergestellt werden muss, dass die in diesem Geschäftszweig Tätigen über die entsprechende persönliche und fachliche Eignung verfügen. Sie müssen nicht nur persönlich zuverlässig sein (dieser Nachweis könnte schon durch Erteilung der österreichischen Gewerbeberechtigung erbracht sein), im Interesse der angestrebten Rechtssicherheit ist im Rahmen der durch Art 1 § 1 Abs 2 dRBerG geforderten "genügenden Sachkunde" auch eine profunde Kenntnis der einschlägigen Rechtsvorschriften gefordert. Dass diese Sachkenntnis deutscher Rechtsvorschriften nicht schon durch die Erteilung der österreichischen Gewerbeberechtigung vorweg geprüft wurde, unterliegt keinem Zweifel. Mit Erteilung der österreichischen Gewerbeberechtigung wurde der Beklagten wohl die sachliche Eignung in Bezug auf die österreichische Rechtsordnung bestätigt, nicht jedoch dokumentiert, dass sie auch über eine entsprechende Eignung im Geltungsbereich einer anderen Rechtsordnung verfügt. Das Ziel des in Art 1 § 1 dRBerG vorgesehenen behördlichen Genehmigungsverfahrens, die entsprechende Kenntnis einschlägiger Rechtsvorschriften zum Schutz der Dienstleistungsempfänger sicherzustellen, konnte daher nicht schon durch die österreichische Gewerbeberechtigung erreicht werden. In diesem Sinn hat auch der EuGH ausgesprochen, dass, solange es an einer Richtlinie für die gegenseitige Anerkennung von Diplomen, Prüfungszeugnissen oder sonstigen Befähigungsnachweisen für einen bestimmten Berufszweig fehlt, die Behörden eines Mitgliedsstaates, bei denen ein Angehöriger eines anderen Mitgliedsstaats, der über einen derartigen Befähigungsnachweis zur Ausübung dieses Berufs in seinem Herkunftsstaat verfügt, einen Antrag auf Genehmigung zur Ausübung dieses Berufs stellt, zu prüfen haben, inwieweit die in den Diplomen oder Befähigungsnachweisen bescheinigten Kenntnisse und Fähigkeiten, die der Betroffene in seinem Herkunftsstaat erworben hat, den nach den Vorschriften des Aufnahmestaats verlangten Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechen (C-104/91 - Borrell Slg 1991 I-3003).

Ein gelinderes Mittel als die Einholung der Erlaubnis der deutschen Justizbehörden ist im vorliegenden Fall nicht zu erkennen, zumal nicht feststeht, dass die Beklagte die Voraussetzungen der geforderten behördlichen Erlaubnis erfüllt.

Soweit daher Art I § 1 dRBerG eine Beschränkung der angeführten Grundfreiheiten mit sich bringt, ist diese nach den wiedergegebenen Grundsätzen der Rechtsprechung des EuGH gerechtfertigt. Die Vornahme einer Inkassotätigkeit in Deutschland ohne die dafür erforderliche behördliche Erlaubnis verwirklicht einen Verstoß gegen § 1 dUWG (Baumbach/Hefermehl Wettbewerbsrecht21 § 1 Rz 623 mwN).

Der von der Beklagten verwendete Firmenzusatz "BRD" enthält im gegebenen Zusammenhang sowohl eine - unrichtige - Angabe über die Qualifikation des Unternehmens als auch über seine Bedeutung. Es erweckt bei den angesprochenen Verkehrskreisen den nach den Feststellungen unrichtigen Eindruck, die Beklagte betreibe in Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften ein Inkassounternehmen in Deutschland und dieses Unternehmen nehme eine Sonderstellung im betreffenden Geschäftszweig ein. Sie verwirklicht damit einen Verstoß gegen § 3 dUWG (Baumbach/Hefermehl Wettbewerbsrecht21 § 3 Rz 407 und 416) und § 2 öUWG.

Das Unterlassungsbegehren ist jedoch - wie die Beklagte in ihrer Revision zutreffend aufzeigt - zu weit gefasst. Die Klägerin begehrt generell das Verbot einer Inkassotätigkeit in Deutschland (und deren Bewerbung) solange die Beklagte weder über eine Genehmigung in Deutschland verfügt, noch in Deutschland eine überragende Bedeutung auf diesem Gebiet genießt. Der dabei verwendete Zusatz "insbesondere unter Führung der Bezeichnung BRD" verdeutlicht das Unterlassungsgebot, schränkt das Begehren jedoch nicht ein, sodass der Beklagten die Inkassotätigkeit in Deutschland jedenfalls solange und unabhängig von der Bezeichnung "BRD" verboten wäre, als sie in diesem Geschäftszweig nicht überragende Bedeutung hätte. Ein derartig weit gefasster Titel stünde mit dem von der Klägerin aufgezeigten wettbewerbswidrigen Verhalten nicht in Einklang. Das zu allgemein gefasste Klagebegehren war daher auf den tatsächlich erwiesenen Wettbewerbsverstoß einzuschränken, wodurch die Klägerin im Verhältnis zu ihrem Unterlassungsbegehren ein Minus zugesprochen erhält.

Der Revision wird teilweise Folge gegeben und das über den Wettbewerbsverstoß hinausgehende generelle Begehren abgewiesen. Die von den Vorinstanzen zugesprochene Veröffentlichung in den Salzburger Nachrichten wie auch in der Süddeutschen Zeitung steht mit § 25 öUWG und § 23 Abs 2 dUWG in Einklang.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 43 Abs 1, 50 Abs 1 und 52 Abs 1 ZPO. Das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen wird in Anbetracht der vorgenommenen Einschränkung des Unterlassungsgebots mit drei Viertel zu einem Viertel bewertet, sodass der Klägerin die Hälfte ihrer Kosten (drei Viertel der Barauslagen) als Ersatz zustehen.

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