OGH 8Ob46/02a

OGH8Ob46/02a7.3.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** Versicherungs AG, *****, vertreten durch Kubac, Svoboda & Kirchweger, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Franz P*****, Wirtschaftstreuhänder - Steuerberater, *****, als Masseverwalter im Konkursverfahren der Firma C*****, vertreten durch Bachmann & Bachmann, Rechtsanwälte in Wien, wegen 8.598,07 EUR sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 11. Oktober 2001, GZ 1 R 208/01m-10, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 12. März 2001, GZ 2 C 1827/00s-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Parteien haben die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die klagende Versicherung hat mit der späteren Gemeinschuldnerin am 6. 11. 1995 eine Vereinbarung über einen “Werkstättenvorschuss" zu Abgeltung von schwebenden Reparaturkosten in Höhe von 1 Mio S getroffen. Danach sollten die Reparaturkosten im Weg der Direktverrechnung gegenzuverrechnen sein. Für den Fall des Konkurses wurde vereinbart, dass der noch aushaftende Vorschuss sofort zur Rückzahlung fällig sein sollte. Auch sonst konnte die Vereinbarung über den Vorschuss von beiden Seiten ohne Angabe von Gründen jeweils zum Monatsende gekündigt werden. Nach der Konkurseröffnung über das Vermögen der Gemeinschulderin am 25. 10. 1999 wurde bereits am 5. 11. 1999 der Beschluss gefasst, das Unternehmen zu schließen. Der Masseverwalter setzte das Vertragsverhältnis aufgrund der Vereinbarung über den “Werkstättenvorschuss" nicht fort. Die klagende Versicherung meldete im Konkurs S 173.121 als Konkusforderung an. Ferner erklärte sie die Aufrechnung ihrer “Rückzahlungsforderung" in Höhe von S 335.217 gegen Reparaturrechnungen der Masse, jedoch einseitig und ohne Zustimmung des Masseverwalters.

Mit ihrer Klage begehrte sie nunmehr S 118.312 als aushaftenden Betrag aus dem Werkstättenvorschuss und stützt sich darauf, dass der Rückzahlungsanspruch als Masseforderung entstanden sei. Dieser könne auch mit den ebenfalls nach Konkurseröffnung entstandenen Reparaturkostenforderungen aufgerechnet werden. Es handle sich um einen Bereicherungsanspruch gegenüber der Masse, weil es sich um ein der Gemeinschuldnerin anvertrautes, ihr nicht gehörendes Gut handle. Die Höhe der “Konkursforderung" sei vom Masseverwalter auch anerkannt worden. Die Forderung habe sich erst durch weitere, nach Konkurseröffnung erbrachte Reparaturleistungen der Gemeinschuldnerin verringert.

Der beklagte Masseverwalter beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im Wesentlichen ein, dass es sich beim Rückforderungsanspruch der Klägerin nur um eine Konkursforderung handle, die zur Zeit der Konkurseröffnung bereits bestanden habe und als Konkursforderung auch anerkannt worden sei. Im Ergebnis handle es sich um ein Art “Darlehen" der Versicherung, jedenfalls nicht um eine Masseforderung. Der beklagte Masseverwalter habe das Vertragsverhältnis auch nicht fortgesetzt und festgehalten, das er einer Kompensation mit dem nach Konkurseröffnung entstandenen Forderungen aus Reparaturleistungen nicht zustimme. Es handle sich auch um kein aussonderungsfähiges Gut, da es nicht separat verwahrt worden sei. Auch sei das Klagebegehren der Höhe nach nicht nachvollziehbar.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und folgerte rechtlich, dass eine nachvollziehbare Aufschlüsselung des Klagegebehrens nicht erfolgt sei. Auch handle es sich bei dem offenen Betrag um eine Konkursforderung. Der zweiseitige Vertrag sei vom Masseverwalter nicht fortgesetzt worden. § 21 KO kommt im Hinblick auf die Erfüllung durch die Klägerin nicht zur Anwendung. Auch die Voraussetzungen für eine Aufrechnung entsprechend § 20 Abs 1 KO lägen nicht vor. Ebensowenig sei ein Anspruch aus einer Bereicherung nach § 46 Abs 1 KO gegeben, da der Betrag zur Verrechnung gewidmet worden sei. Auch stellten nur solche Bereicherungen Masseforderungen dar, die erst im Zuge des Konkursverfahrens eintreten. Anders als in dem zu 7 Ob 1996/95 entschiedenen Fall habe hier der Masseverwalter auch nach Konkurseröffnung nicht mehr für die Konkursmasse Reparaturleistungen in Rechnung gestellt.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Klägerin nicht Folge. Es verneinte einen Verfahrensmangel im Zusammenhang mit der mangelnden Aufschlüsselung des Klagebegehrens unter anderem damit, dass das Erstgericht nicht gehalten gewesen wäre, einen Zeugenbeweis zum Zweck der Aufschlüsselung der Klagsforderung zuzulassen. Ferner widersprach es der Ansicht der Klägerin, dass eine Masseforderung nach § 46 Z 6 KO vorliege. Die Rückzahlung des Restes des Werkstättenvorschusses sei durch die Eröffnung des Konkursverfahrens bedingt, bzw insoweit die Vereinbarung beendet gewesen, sodass entsprechend §§ 14 Abs 2 und 14 KO nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Rückforderung erst mit oder nach dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung entstanden sei. Der Rückzahlungsanspruch sei entsprechend § 14 Abs 2 KO schon aufgrund der Vereinbarung vom 6. 11. 1995 entstanden. Eine ungerechtfertigte Vermögensverschiebung zugunsten der Konkursmasse liege jedenfalls nicht vor.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht unter Bezugnahme der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu 7 Ob 1596/95 als zulässig, da damals in der Vereinbarung eines “Werkstättenvorschusses" eine Schuldübernahme in Form eines Dauerschuldverhältnis zu erkennen gewesen sei, in das der Masseverwalter gemäß § 21 Abs 1 KO konkludent eingetreten wäre. Insoweit könne sich aber noch eine Erörterungsbedürftigkeit des Vorbringens über die Aufrechnung von weiteren von der Gemeinschuldnerin gelegten Rechnungen ergeben. Könnte sich dadurch doch ein Einvernehmen des Masseverwalters im Sinne eines Eintrittes nach § 21 Abs 1 KO ergeben.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Klägerin ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruchs des Berufungsgerichtes unzulässig.

Das Berufungsgericht hat im Ergebnis einen Mangel des erstgerichtlichen Verfahren im Zusammenhang mit der Frage der Aufschlüsselung des Klagebegehrens verneint. Dieser kann nach ständiger Rechtsprechung auch nicht mehr in der Revision geltend gemacht werden (vgl Kodek in Rechberger ZPO2 § 502 Rz 3 ebenso MGA ZPO15 § 503 E 33 mzwN zuletzt ÖBl 2001, 131).

Soweit die Klägerin im Übrigen geltend macht, dass zu dem “Werkstättenvorschuss" vereinbart worden sei, dass der Betrag in voller Höhe zur Rückzahlung fällig werde, soweit das Ausgleichs- oder Konkursverfahren eröffnet wird und ab diesem Zeitpunkt eine grundlose Bereicherung der Masse nach § 46 Abs 1 Z 6 KO vorliege, ist sie auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 25. 10. 2001 zu 8 Ob 222/01g zu verweisen. Auch in diesem Verfahren war vereinbart, dass der aushaftende Betrag aus dem “Werkstättenvorschuss" mit Konkurseröffnung über das Vermögen der Gemeinschuldnerin in voller Höhe fällig wird. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, wonach diese Vereinbarung dahin auszulegen sei, dass die Wirkung ipso iure mit Konkurseröffnung eintrat und der Masseverwalter infolge dessen weder Anlass noch Möglichkeit hatte, eine Erklärung nach § 21 KO abzugeben, wurde dabei nicht als Fehlbeurteilung qualifiziert. Ausgehend davon wurden auch Feststellungen über die Beendigung des “Werkstättenvorschusses" - Vertragsverhältnis als nicht erforderlich erachtet.

Die Voraussetzungen für eine Masseforderung im Sinne des § 46 Abs 1 Z 6 KO, wonach Ansprüche aus einer grundlosen Bereicherung der Masse auch Masseforderungen darstellen, liegen nicht vor. Eine grundlose Bereicherung der Masse ist nur dann gegeben, wenn in diese Konkursmasse nach Konkurseröffnung irgendein fremdes Vermögensobjekt eingelangt ist und dabei jeder Grund der Leistung an die Masse fehlt, der Grund weggefallen ist oder der mit der Leistung verfolgte Zweck nicht eingetreten ist, es sich also um einen Anspruch im Sinne der §§ 1431 ff, 1041 ff ABGB handelt (vgl RIS-Justiz RS0065108 mzwN etwa SZ 44/165, SZ 52/154 ua). Es muss die “grundlose Bereicherung ja im Zuge des Konkursverfahrens eintreten (vgl OGH 31. 8. 1994, 8 Ob 4/94 = JBl 1995, 520 [Holzner] uwN). Auch entspricht es der ständigen Lehre und Rechtsprechung, dass vertragliche Regelungen den gesetzlichen Bestimmungen über das Bereicherungsrecht vorgehen (vgl ebenfalls die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 25. 10. 2001, 8 Ob 222/01g mzwN). Hier beruht die Vermögensverschiebung - ebenso wie der Rückforderungsanspruch - nicht nur auf einen Vertrag sondern ist auch bereits vor Konkurseröffnung aufgrund dieses Vertrages eingetreten. Von dem in dem von der Klägerin herangezogenen Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 14. 7. 1995 zu 7 Ob 1596/95 beurteilten Sachverhalt unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt schon dadurch, dass damals von einem konkludenten Eintritt des Masseverwalters in eine Schuldübernahme in Form eines Dauerschuldverhältnisses ausgegangen wurde. Hier wurde aber ausdrücklich festgestellt, dass der Masseverwalter nicht in die Vereinbarung eingetreten ist. Soweit die Klägerin schließlich behauptet, dass sich aus der Entscheidung SZ 54/153 ableiten lasse, dass für die Aufrechnung keine konkursrechtlichen Sonderbestimmungen vorhanden wären, sondern ausschließlich die Bestimmungen der § 1438 ff ABGB maßgeblich wären, ist dem schon entgegen zu halten, dass damals - so wie allgemein in den in dem Rechtsatz zu RS0033974 mit mzwN festgehaltenen Entscheidungen - dies nur für Masseforderungen ausgesprochen wurde, während es hier eben um eine Konkursforderung geht. Insgesamt vermag es die Revision der Klägerin jedenfalls nicht, eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darzustellen. Mangels Vorliegens einer solchen Rechtsfrage war die Revision daher ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruches des Berufungsgerichtes zurückzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Da die Zurückweisung der Revision nicht beantragt wurde, waren auch keine Kosten zuzusprechen (vgl zuletzt OGH 8 Ob 94/01h mwN).

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