Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Klägerin errichtete als Wohnungseigentumsorganisatorin auf ihrer im Alleineigentum stehenden Liegenschaft EZ *****, Grundbuch *****, das Haus *****. Mit Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag vom 8. 2. 1972 hat die Klägerin den Beklagten bzw ihren Rechtsvorgängern entsprechend der Entscheidung der Zentralen Schlichtungsstelle vom ***** die festgesetzten Mindestanteile, jeweils verbunden mit Wohnungseigentum an den einzelnen Objekten, übertragen. Der Klägerin verblieb ein Miteigentumsanteil von *****stel der Liegenschaft, was dem für die Wohnung top Nr 1, die als Hausbesorgerwohnung gewidmet war, parifizierten Mindestanteil entsprach. Als Entgegenkommen an die Wohnungseigentumswerber überwälzte die Klägerin die Errichtungskosten für diese Wohnung nicht, sondern trug sie selbst. Dies kam auch aus der Endabrechnung, die den Wohnungseigentümern zukam, hervor. Die Wohnung top Nr 1 wurde als Hausbesorgerdienstwohnung bis etwa 1981 benützt, stand dann einige Jahre leer und wurde Anfang der Neunzigerjahre von der Klägerin saniert und vermietet. Einige Zeit vor der Renovierung sowie während der Vermietung der Wohnung trug die Klägerin die darauf entfallenden Betriebskosten in der Annahme, Miteigentümerin zu sein und auf Verlangen auch Wohnungseigentümerin werden zu können. Im November 1992 brachte die Klägerin gegen die damaligen Miteigentümer eine Klage auf Abgabe einer ausdrücklichen Einwilligungserklärung in einverleibungsfähiger Form, dass ob den *****stel Mindesteigentumsanteilen der Klägerin das Wohnungseigentum an der Wohnung top Nr 1 einverleibt werde, ein. Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil vom 3. Oktober 1996, 15 R 15/96b, wies das Oberlandesgericht Wien das Klagebegehren mit der Begründung ab, dass Begründung von Wohnungseigentum an Hausbesorgerwohnungen untersagt sei. Die Wohnung top Nr 1 stehe im ideellen Miteigentum aller übrigen Miteigentümer der Liegenschaft. Mit Beschluss vom 28. 9. 1998 wurde auf Antrag der Beklagten die dem Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 3. Oktober 1996 entsprechende Grundbuchsordnung hergestellt, wofür die Klägerin den Beklagten insgesamt S 39.600 zu bezahlen hatte.
Die Klägerin begehrt nun von den Beklagten die Bezahlung von S 500.000 zur ungeteilten Hand als Ausgleichsanspruch. Die Wohnung top Nr 1 werde nunmehr als allgemeiner Teil des Hauses wirtschaftlich von den Miteigentümern durch Vermietung genutzt. Auf Grund des Rechtsirrtums habe die Klägerin für die Beklagten auf ihre Kosten die Wohnung top Nr 1 errichtet, saniert und erhalten. Unter Beachtung des derzeitigen Verwendungszweckes und der nunmehr bestehenden Möglichkeit, die Wohnung durch einen Mehrheitsbeschluss umzuwidmen, sei der Wert der Wohnung mit zumindest S 17.000 pro Quadratmeter, somit mit S 769.930, anzunehmen. Bei der Errechnung des Klagsbetrages von S 500.000 sei berücksichtigt worden, dass die Klägerin aus der Vermietung der top Nr 1 insgesamt S 241.429 an Einkommen erzielt habe.
Die Beklagten beantragen die Klagsabweisung im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Klägerin die stets als Hausbesorgerwohnung gewidmete top Nr 1 von allem Anfang an entgegen den Bestimmungen des WEG mit dem Plan mitparifizieren habe lassen, um sich Wohnungseigentum an dieser Wohnung zu verschaffen. Das Leistungsbegehren sei unschlüssig, weil die Summe der dort genannten Beträge abzüglich der eingestandenen S 241.429 nicht den Klagsbetrag ergebe. Es sei nicht einzusehen, weshalb die Beklagten "das räumliche Wohlbefinden" fremder Personen (nach-)finanzieren sollten. Die Beklagten wenden compensando bis zur Höhe des Klagsbetrages die Einnahmen der Klägerin aus der Vermietung der top Nr 1 mit S 241.429 bis zur Höhe des Klagsbetrages ein.
Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung mit S 500.000, die Gegenforderung mit S 241.429 als zu Recht bestehend und gab dem Klagebegehren mit S 258.571 samt Anhang zahlbar zur ungeteilten Hand statt. In rechtlicher Hinsicht gelangte es zu dem Ergebnis, dass die Begründung von Wohnungseigentum an einer Hausbesorgerdienstwohnung von vornherein unzulässig gewesen sei, es handle sich um allgemeine Teile des Hauses. Die Klägerin habe daher eine rechtlich unmögliche Konstruktion gewählt, mag auch allen Teilen die Nichtigkeit der Vereinbarung erst viel später aufgefallen sein. Dies habe zur Rückabwicklung führen müssen. Die Ausgleichspflicht komme erst in Betracht, wenn eine neue Festsetzung der Werte erfolgt sei bzw die sich daraus ergebende Verschiebung in den Liegenschaftsanteilen stattgefunden habe. Es habe daher eine Restituierung der rechtsirrtümlich geleisteten Zahlungen einerseits von den Beklagten an die Klägerin hinsichtlich der Baukostenanteile, die Wirtschaftsführungskosten und Kosten der Generalsanierung, andererseits von der Klägerin an die Beklagte hinsichtlich der vereinnahmten Mietzinse zu erfolgen. Die Kosten für die Herstellung des Grundbuchsstandes seien nach § 4 Abs 2 WEG von den Beklagten zu tragen.
Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien Folge und hob das angefochtene Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Auch das Berufungsgericht teilte die Rechtsansicht, dass auf Grund der zwingenden Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes über den Mindestanteil und die Festsetzung der Nutzwerte (früher Jahresmietwerte) die Hausbesorgerwohnung bei der Festsetzung der Nutzwerte außer Anschlag zu bleiben habe. Nach der Rechtsprechung sei die Festsetzung eines Nutzwertes für die Hausbesorgerwohnung einer Eigentumswohnanlage nichtig. Es habe eine Neufestsetzung des Nutzwertes auf Antrag jedes Miteigentümers zu erfolgen, was hier geschehen sei. Der Ausgleichsanspruch entstehe aber erst nach Neufestsetzung der Werte und der sich daraus ergebenden Verschiebungen in den Liegenschaftsanteilen. Die dabei anzustrebende entgeltliche anteilsmäßige Übertragung der bisher einer Wohnung zugeordneten Mindesteigentumsanteile (der Klägerin) auf die übrigen Miteigentümer der Liegenschaft sei ein Ausfluss der im § 4 Abs 2 WEG normierten, auch in diesem Fall in Betracht kommenden Ausgleichspflicht. Da hier den Wohnungseigentümern die ehemalige Hausbesorgerwohnung als allgemeiner Teil des Hauses zur gemeinschaftlichen Nutzung (auch Vermietung) zugefallen sei, berechne sich die Höhe des Entgelts nach der Größe, Ausstattung, Lage etc des Objektes, nicht aber etwa nach der Größe des Grundanteils. Der hier in Frage kommende Wert der Wohnung sei nicht gleich der Summe der für diese Wohnung getätigten Aufwendungen. Das Erstgericht werde im fortzusetzenden Verfahren den von der Klägerin beantragten Sachverständigenbeweis zum Wert der Wohnung top Nr 1 durchzuführen haben. Stichtag sei der 28. 9. 1998, der Zeitpunkt der Durchführung der Anteilskorrektur im Grundbuch.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil es an Judikatur dazu fehle, wie bei der notwendigen Korrektur der Nutzwerte der Ausgleichsanspruch eines damit aus der Miteigentumsgemeinschaft ausscheidenden Wohnungseigentumsorganisators für eine Wohnung zu berechnen sei. Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Berufungsgericht "die Sachentscheidung über die Berufung" aufzutragen.
Die Klägerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig, er ist aber im Ergebnis nicht berechtigt. Unstrittig ist, dass die Hausbesorgerwohnung infolge rechtsgeschäftlicher und/oder tatsächlicher Zweckbestimmung einer ausschließlichen Benützung durch einen Wohnungseigentümer entzogen ist (und auch nach dem WEG 1948 war). Sie steht im schlichten Miteigentum der Liegenschaftsmiteigentümer (5 Ob 1/91 = WoBl 1992/20 (Call), RIS-Justiz RS0082974, RS0082927, RS0082912, RS0082959). Die Vereinbarung, dass die Klägerin Wohnungseigentümerin der als Hausbesorgerwohnung gewidmeten Einheit werden könne, bildet einen Verstoß gegen § 1 Abs 4 WEG und ist als solcher nichtig (5 Ob 1/91, RIS-Justiz RS0082983, RS0082927).
Die Parteien haben hier also eine rechtlich unmögliche Konstruktion gewählt, die nicht Bestand haben konnte, mag auch den Vertragsparteien die Nichtigkeit der Vereinbarung erst später aufgefallen sein, wie dies hier feststeht. Dies muss letztlich zur Rückabwicklung und zur Herstellung der gesetzmäßigen Grundbuchsordnung führen (5 Ob 1/91, RIS-Justiz RS0082974). Auch in diesem Fall kommt eine Ausgleichspflicht in Betracht (5 Ob 1/91, RIS-Justiz RS0082974, 5 Ob 153/86, Derbolav in ImmZ 1979, 7, Würth/Zingher20, § 4 WEG, Rz 6, Würth in Rummel II2 § 4 WEG, Rz 2). Die Ausgleichsansprüche werden - wie schon das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - bei der bücherlichen Eintragung der Übertragung der Eigentumsanteile (5 Ob 1/91) fällig. Zu beachten ist aber, dass die Klägerin nur jeweils gegen den einzelnen Miteigentümer der Liegenschaft Ausgleichsansprüche, und zwar abhängig von den Eigentumsverschiebungen, hat (5 Ob 1/91). Es kann naturgemäß nur das ausgeglichen werden, was dem einzelnen Miteigentümer zukommt. Ein Gesamthandanspruch besteht daher nicht. Aus diesen Erwägungen heraus ergibt sich auch schon die weitere Vorgangsweise. Der Sachverständige wird zu ermitteln haben, welchen Wert die den einzelnen Beklagten zukommenden Liegenschaftsanteile haben. Dabei wird die Größe, Ausstattung und Lage des Objektes top Nr 1, die von der Klägerin getätigten Investitionen udgl auch wertbestimmende Parameter sein. Nicht hingegen ist von einem möglichen Verkaufspreis einer (rechtlich gar nicht existierenden) Eigentumswohnung auszugehen, da hier eben keine Eigentumswohnung, sondern Liegenschaftsanteile übertragen werden. Der Wert des Liegenschaftsanteils richtet sich nicht nur nach der Größe des Grundanteils, sondern auch nach den Werten, in dessen Genuss der Berechtigte durch die Übertragung gelangt. Das Erstgericht wird im fortzusetzenden Verfahren den beantragten Sachverständigenbeweis durchzuführen haben und der Sachverständige wird im Sinne der oben dargelegten Ausführungen den Wert der an die einzelnen Beklagten übertragenen Liegenschaftsanteile zum Stichtag 28. 9. 1998 (Tag der Durchführung der Anteilskorrektur) zu ermitteln haben.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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