OGH 1Ob7/02i

OGH1Ob7/02i29.1.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Rudolf T*****, vertreten durch Dr. Herwig Hammerer und Dr. Alois Autherith, Rechtsanwälte in Krems an der Donau, wider die Antragsgegnerin Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen Feststellung des Nichtbestehens einer Kostenersatzpflicht gemäß § 31 Abs 3 WRG (Streitwert S 149.490,--) infolge Revisionsrekurses des Antragstellers (Revisionsrekursinteresse S 115.087,50) gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau als Rekursgericht vom 7. September 2001, GZ 1 R 138/01a-50, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Krems an der Donau vom 6. März 2001, GZ 1 Nc 33/96k-43, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Revisionsrekurswerber hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Dem Antragsteller wurde von der Bezirksverwaltungsbehörde bescheidmäßig die Entfernung unsachgemäß im Hof und im überdeckten Hofbereich seines Anwesens gelagerten Wirtschaftsdüngers im Ausmaß von 320 m3 aufgetragen. Diesem Auftrag entsprach der Antragsteller innerhalb der ihm gesetzten Frist nicht. Daraufhin erteilte die Wasserrechtsbehörde zwei Personen gemäß § 31 Abs 3 WRG den Auftrag, den Wirtschaftsdünger zu entfernen, was auch geschah. Gefahr im Verzug war insofern gegeben, als aus dem Dünger ausfließende Jauche nicht nur im Boden versickerte, sondern direkt in den Hausbrunnen eindrang und so das Grundwasser verunreinigte. Insbesondere floss Jauche auch auf ein benachbartes Grundstück und gelangte in den Bereich des dort befindlichen Brunnens, dessen weitere Nutzung eingestellt werden musste. Mit Bescheid vom 30. 7. 1996 verpflichtete die Wasserrechtsbehörde den Antragsteller zum Ersatz der Kosten, die durch die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlich gewordenen Maßnahmen aufgelaufen waren, nämlich "Maschinenkostenstunden" im Betrag von S 23.400 und Lagerkosten für 450 m3 Stallmist á S 250 im Betrag von S 112.500, insgesamt somit unter Hinzurechnung von 10 % Umsatzsteuer S 149.490. Vor Erteilung des Auftrags zur Entfernung und Zwischenlagerung des Wirtschaftsdüngers an jene Personen, die den Auftrag durchführten, holte die Wasserrechtsbehörde verschiedene Anbote ein und wählte danach das günstigste Anbot aus.

Fristgerecht begehrte der Antragsteller gemäß § 117 Abs 4 WRG die Außerkraftsetzung des zuvor genannten Bescheids vom 30. 7. 1996 und den Ausspruch, dass keine Verpflichtung zum Ersatz der Kosten durch den Antragsteller bestehe. Er bestritt, dass Jauche in den Hofbereich des Nachbarhauses eingedrungen sei, gestand aber im Zuge seiner gerichtlichen Einvernahme am 16. 7. 1998 ausdrücklich zu, dass die von der Wasserrechtsbehörde verordnete Zwischenlagerung notwendig und zweckmäßig gewesen sei, und führte in diesem Zusammenhang aus, dass es ihm "nur um die Höhe der verrechneten Kosten gehe". Die Antragsgegnerin wendete ein, die sofortige Entfernung des Stallmistes aus dem Hofbereich des Anwesens des Antragstellers sei dringlich notwendig gewesen; es seien verschiedene Unternehmen zwecks Entfernung des Mistes kontaktiert und der Auftrag im Sinne des § 31 Abs 3 WRG sei ordnungsgemäß erteilt worden. Die von den Auftragnehmern gelegte Rechnung, zu deren Begleichung der Antragsteller aufgefordert worden sei, sei angemessen, nachvollziehbar und rechnerisch richtig.

Das Erstgericht verpflichtete den Antragsteller zur Zahlung der Lager- und Transportkosten im Gesamtbetrag von S 91.740,50. Die Menge des abtransportierten Mistes habe 450 m3 betragen. Es habe seitens der Wasserrechtsbehörde Vorsorge getroffen werden müssen, dass kein Dünger und keine Gülle ins Trinkwasser versickere. Die teuerste Art der Lagerung (mittels Containers) hätte S 66.000, die günstigste Form der Lagerung S 8.662,50 gekostet. Die Transportkosten beliefen sich mit Rücksicht auf die aufgewendete Zeit auf S 25.740,50. Insgesamt erschienen daher Kosten von S 91.740,50 als angemessen. Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es den Antragsteller zur Zahlung von insgesamt S 149.490 verpflichtete; es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Antragsteller habe die Wassergefährdung verursacht, es sei Gefahr im Verzug vorgelegen. Strittig sei lediglich die Höhe der Lagerungskosten, die nach Ansicht des Antragstellers S 8.662,50 ausmachten, während die Antragsgegnerin S 123.750 aus diesem Titel für gerechtfertigt erachte. Bei Gefahr im Verzug habe die Wasserrechtsbehörde rasch zu reagieren und sich eines Unternehmens zu bedienen, das die Maßnahmen in gebotener Eile durchzuführen in der Lage sei. Sie sei nicht verpflichtet, Kostenvoranschläge einzuholen. Die Höhe des von dem beigezogenen Unternehmen verlangten "Werklohns" könne die Behörde nicht beeinflussen. Trotz der Dringlichkeit habe die Wasserrechtsbehörde verschiedene Angebote eingeholt und daraus das günstigste ausgewählt. Zum damaligen Zeitpunkt sei kein Unternehmen greifbar gewesen, das die erforderlichen Maßnahmen zu günstigeren Bedingungen hätte durchführen können. Die in Rechnung gestellten Kosten seien daher notwendig und auch zweckmäßig gewesen. Der Antragsteller hätte es selbst in der Hand gehabt, durch eigene Maßnahmen oder die Namhaftmachung eines anderen (kostengünstiger arbeitenden) Unternehmens die Kosten zu minimieren. Das finanzielle Risiko für Notmaßnahmen im Sinne des § 31 Abs 3 WRG könne nicht auf die Allgemeinheit überwälzt werden.

Der Revisionsrekurs des Antragstellers ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurswerber gesteht zu, dass es wegen Gefahr im Verzug erforderlich gewesen sei, den unsachgemäß auf seinem Anwesen gelagerten Wirtschaftsdünger zu entfernen, dass eine Menge von etwa 450 m3 Dünger abtransportiert worden sei und dass er für die Kosten der erforderlich gewordenen Maßnahmen in "angemessener Höhe" hafte. Er sei aber nur verpflichtet, den notwendigen und zweckmäßigen Aufwand zu ersetzen. Aus dem im Verfahren erster Instanz eingeholten Sachverständigengutachten ergebe sich, dass sich die angemessenen Kosten der Freilandlagerung - wie sie hier vorgenommen wurde - auf S 8.662,50 und die Transportkosten auf S 25.740 beliefen. Dies ergebe als angemessene Kosten der Ersatzvornahme den Betrag von S 34.402,50, der der Antragsgegnerin zustehe.

Gewiss hat der nach § 31 Abs 3 WRG Verpflichtete nur die notwendigen und zweckmäßigen Kosten der erforderlichen, von der Wasserrechtsbehörde veranlassten Sanierungsmaßnahmen zu tragen (SZ 66/37; VwSlg 8773 (A) uva; Raschauer, Kommentar zum WRG Rz 12 zu § 31). Bei der Verpflichtung des Verursachers nach § 31 Abs 3 WRG geht es primär um Schadenverhütungs- bzw Schadenbegrenzungs- oder um Sanierungsmaßnahmen, die unverzüglich zu setzen sind. Die Behörde kann den gesetzmäßigen Zustand durch eigene Organe herstellen oder sich dazu Dritter bedienen (SZ 66/37). Im vorliegenden Fall kam zwischen der Wasserrechtsbehörde und dem Unternehmen, dessen sie sich zur Entfernung des Stallmistes bediente, ein zivilrechtliches Vertragsverhältnis zustande (SZ 59/140; 1 Ob 12/90). Die Wasserrechtsbehörde hat vor Erteilung des Auftrags, ohne dass sie hiezu verpflichtet gewesen wäre (ZfV 1980/1798; Raschauer aaO), Kostenvoranschläge eingeholt und sodann ohnehin das Unternehmen mit dem kostengünstigsten Angebot mit der Durchführung der erforderlich gewordenen Maßnahmen betraut, obwohl an sich die "Sorge" um die kostengünstigste Lösung für die zuverlässige Beseitigung des Stallmistes und dessen Lagerung gemäß § 31 WRG den Antragsteller selbst traf (vgl ZfV 1980/1798). Soweit die Behörde nach den ihr zur Verfügung stehenden Anboten das Unternehmen mit dem kostengünstigsten Angebot beauftragte, um ihrer Verpflichtung nach § 31 Abs 3 WRG nachzukommen, war dies gewiss zweckmäßig und notwendig, denn die Entfernung des Düngers duldete keinen Aufschub. Die Behörde war deshalb mangels kostengünstigerer Angebote dazu verhalten, ein zivilrechtliches Vertragsverhältnis mit jenen Anbietern einzugehen, die das günstigste Anbot erstellt hatten, auf deren Preisgestaltung sie daher keinerlei Einfluss nehmen konnte. Um ihrer Verpflichtung nachzukommen, war die Beauftragung dieses Unternehmens geradezu geboten. Anders lägen die Dinge nur dann, wenn die Behörde im Bewusstsein eines preislich weit überhöhten Angebots den Auftrag erteilte, obwohl sie ohne weiteres und sofort andere Möglichkeiten zur Erfüllung der ihr vom Gesetz aufgetragenen Pflicht hätte ergreifen können.

Damit hat die Antragsgegnerin die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit des von ihr getätigten Aufwands dargetan (vgl VwGH in ÖWWV 1982, 198), widerspräche doch eine längere Zeit in Anspruch nehmende Vorgangsweise zur Erlangung kostengünstigerer Angebote, dem Gesetzesbefehl, bei Gefahr im Verzug Maßnahmen unmittelbar anzuordnen und unverzüglich durchführen zu lassen (VwGH in ÖWWV 1978, 165). Die Notkompetenz der Wasserrechtsbehörde kann nur dann Wirksamkeit entfalten, wenn sie unverzüglich einsetzt (vgl Zeilmayr in GDZ 1977, 603 [604]).

Der hier vorliegende Fall ist mit dem in VwSlg 8773 (A) wiedergegebenen Sachverhalt nicht ganz zu vergleichen. Dort wurde nämlich eine zu große Menge an Ölbindemitteln in Rechnung gestellt, die zur Behebung des Schadens nicht erforderlich und zweckmäßig war. Im vorliegenden Fall war aber die Verbringung des Stallmistes und dessen Lagerung auf einem anderen Gelände unbestrittenermaßen notwendig und zweckmäßig, wenngleich die mit dieser Tätigkeit betrauten Unternehmer einen Preis in Rechnung stellten, der dem Antragsteller überhöht erscheint.

Dem Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 117 Abs 6 WRG iVm § 44 EisbEG. Dem Antragsteller gebühren für sein erfolgloses Rechtsmittel keine Kosten (1 Ob 96/01a mwN).

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