OGH 8ObA146/01f

OGH8ObA146/01f20.12.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter MR Dr. Werner Hartmann und Dr. Anton Wladar als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Helga S*****, vertreten durch Dr. Alfred Hawel und Dr. Ernst Eypeltauer, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Dr. Günther Grassner, Rechtsanwalt, 4020 Linz, Elisabethstraße 1 als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der C***** GmbH, ***** wegen S 337.482,02 brutto sA (Revisionsinteresse S 334.803,05 brutto sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 3. April 2001, GZ 11 Ra 62/01v-11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 24. Oktober 2000, GZ 11 Cga 87/00d-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1.) Das durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der beklagten Partei am 31. Juli 2001 unterbrochene Verfahren wird aufgenommen. Die Bezeichnung der beklagten Partei wird wie im Urteilskopf ersichtlich berichtigt.

2.) Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, dass es in seinem stattgebenden Teil (Punkt 1.) zu lauten hat: "Es wird festgestellt, dass die Klagsforderung mit S 334.803,05 brutto samt 9 % Zinsen vom 1. Oktober 2000 bis 30. Juli 2001, sowie 9 % Zinsen aus

S 308.893,94 vom 6. April 2000 bis 31. Juli 2000 und aus S 311.572,91 vom 1. August 2000 bis 30. September 2000 zuzüglich der Verfahrenskosten erster Instanz von S 55.175,-- (darin S 8.047,50 Umsatzsteuer und S 6.890,-- Barauslagen), des Berufungsverfahrens von

S 21.183,-- (darin S 3.530,50 Umsatzsteuer) und des Revisionsverfahrens von S 15.255,-- (darin S 2.542,50 Umsatzsteuer) als Konkursforderung zu Recht besteht."

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Vor Eingehen in die Sache selbst war über den am 13. 12. 2001 beim Obersten Gerichtshof eingelangten Antrag des Masseverwalters vom 11. 12. 2001, das durch die Konkurseröffnung über das Vermögen der Beklagten unterbrochene Revisionsverfahren gemäß § 7 Abs 2 KO fortzusetzen, zu entscheiden:

Wie der erkennende Senat erhoben hat, wurde über das Vermögen der Beklagten am 31. 7. 2001 der Konkurs eröffnet und der Einschreiter zum Masseverwalter bestellt. Die Klägerin hat ihre Forderung (mit Nettobeträgen) einschließlich aller im Verfahren aufgelaufener Kosten im Konkurs angemeldet; der Masseverwalter hat diese in der Prüfungstagsatzung zur Gänze bestritten. Der am 9. 11. 2001 angenommene Zwangsausgleich wurde mit Beschluss des Konkursgerichtes vom 21. 11. 2001 bestätigt und der Konkurs mit Beschluss vom 12. 12. 2001 aufgehoben.

Die Revision der Beklagten wurde dem Obersten Gerichtshof am 7. 6. 2001 - somit vor Konkurseröffnung - zur Entscheidung vorgelegt. Ist die Unterbrechung im Rechtsmittelverfahren nach dem vom Erstgericht durchzuführenden Vorverfahren eingetreten, dann ist im Sinne der Zuständigkeitsbestimmung des § 165 Abs 1 ZPO nach der Aktenvorlage an das Rechtsmittelgericht dieses zur Entscheidung über den Aufnahmeantrag zuständig (RIS-Justiz RS0097353). Mangels Parteienantrages ist das Leistungsbegehren auch noch im Rechtsmittelverfahren amtswegig in ein Feststellungsbegehren zu ändern und ist die Parteienbezeichnung zu berichtigen (RIS-Justiz RS0065967). Die vor Konkurseröffnung dem Kläger entstandenen Verfahrenskosten sind ebenfalls als Konkursforderung festzustellen (SZ 26/233; 7 Ob 2299/96f ua).

Die hier vorliegende rechtskräftige Bestätigung des Zwangsausgleichs hat nur materiellrechtliche Auswirkungen auf die dem Ausgleich unterliegenden Forderungen, sodass auf Grund der im Zivilprozess grundsätzlich geltenden Parteien-(Dispositions-)maxime die Tatsache des Ausgleichs nur auf einen entsprechenden Einwand des Schuldners berücksichtigt werden darf. Alle Einreden des materiellen Rechts unterliegen aber dem auch in Arbeitsrechtssachen im Rechtsmittelverfahren geltenden Neuerungsverbot, sodass der erst während des anhängigen Rechtsmittelverfahrens angenommene Zwangsausgleich selbst bei Vorliegen eines - hier gar nicht gestellten - Parteienantrages nicht mehr berücksichtigt werden könnte. Treten den Anspruch aufhebende oder hemmende Tatsachen erst nach dem Zeitpunkt ein, bis zu dem der Verpflichtete davon im gerichtlichen Verfahren wirksam Gebrauch machen konnte, so steht ihm lediglich die Oppositionsklage (§ 35 EO) offen (ÖBl 1989, 144; 2 Ob 2434/96d), soweit nicht das Bewilligungsgericht auf die aktenkundige Tatsache des Abschlusses eines Zwangsausgleiches ohnedies Bedacht zu nehmen hat (RIS-Justiz RS0000045).

Wenngleich auf die Tatsache der Konkursaufhebung und ihre Folgen in jeder Lage des Verfahrens - auch im Revisionsstadium (SZ 51/178; 9 ObA 57/91) - Bedacht zu nehmen ist, darf nicht unbeachtet bleiben, dass der Beschluss über die Aufhebung des Konkurses - wie sich bereits aus den eingangs wiedergegebenen Daten ergibt - noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist. Die Funktion des Masseverwalters endet nicht schon mit Erlassung des Aufhebungsbeschlusses, sondern erst mit dessen Rechtskraft. Sämtliche Wirkungen der Konkursaufhebung treten - gleichgültig, welcher Aufhebungsgrund vorliegt - erst mit der Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses ein. Bis dahin dauern die Konkurswirkungen fort (SZ 40/149; 1 Ob 503/94; 8 Ob 13/95; 8 ObA 247/97z). Erst mit Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses erlangt der Gemeinschuldner wieder seine volle Verfügungsfähigkeit und tritt anstelle des Masseverwalters in schwebende Prozesse ein, die infolge Fehlens einer dem § 7 Abs 1 KO entsprechenden Bestimmung nicht neuerlich unterbrochen werden (SZ 39/64; SZ 51/178; 9 ObA 57/91; 9 ObA 159/98t).

Trotz des am 12. 12. 2001 ergangenen Aufhebungsbeschlusses ist daher auf die Konkurswirkungen wie aus dem Spruch ersichtlich Bedacht zu nehmen.

In der Sache selbst kann gemäß § 510 Abs 3 ZPO auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils verwiesen werden. Ergänzend ist anzumerken:

Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass Vereinbarungen, wonach das Gehalt zu einem späteren Zeitpunkt als am Schluss eines jeden Kalendermonats fällig sei, im Hinblick auf die §§ 15, 40 AngG gemäß § 879 ABGB nichtig sind. Dass die Klägerin - wie in der Revision geltend gemacht wird - die Gehaltszahlungen jeweils zwischen 13. und 15. des Folgemonats immer zur Kenntnis genommen habe, ohne urgiert zu haben, ändert nichts daran, dass ihre Forderung nach nunmehr pünktlicher Zahlung des Gehalts berechtigt war (Arb 10.605; 9 ObA 135/01w; RIS-Justiz RS0028177). Von einer Verwirkung des Austrittsrechtes kann in diesem Zusammenhang nicht die Rede sein. Dass die Klägerin die verspäteten Gehaltszahlungen jahrelang hingenommen hat, hat nur zur Folge, dass sie den Arbeitgeber vor einem Austritt wegen dieser verspäteten Zahlungen warnen und ihm Gelegenheit geben muss, nunmehr rechtzeitig zu zahlen (Arb 10.218; 9 ObA 188/99h; RIS-Justiz RS0028967), was die Klägerin unbestrittenermaßen durch ihr Schreiben vom 16. 3. 2000 (Beil./B) getan hat (Seite 6 des Ersturteils). Sollte die Beklagte die zur Verfügung stehende Zeit bis zum Monatsende für die zur pünktlichen Entgeltzahlung erforderlichen Dispositionen als nicht ausreichend erachtet haben, wäre es ihre Sache gewesen, auf die in ihrer Sphäre gelegenen organisatorischen Schwierigkeiten hinzuweisen und unter gleichzeitiger Inaussichtstellung einer positiven Erledigung um eine entsprechende Fristerstreckung zu ersuchen (9 ObA 86/93; 9 ObA 202/93 ua). Feststellungen über ein "Unrechtsbewusstsein" des Geschäftsführers der Beklagten waren nicht erforderlich, weil es für die Verwirklichung des Austrittsgrundes des § 26 Z 2 AngG gleichgültig ist, ob das Entgelt in Benachteiligungsabsicht, aus Nachlässigkeit oder aus Unvermögen des Arbeitgebers vorenthalten oder geschmälert wird (ArbSlg 10.147; 9 ObA 301/00f; RIS-Justiz RS0028879). Abgesehen davon lag - entgegen den Ausführungen in der Revision - keine bloß einmalige Zahlungsverzögerung vor, sondern war zu Monatsende März 2000 nicht nur das Gehalt für diesen Monat sondern auch jenes für Februar 2000 zum überwiegenden Teil unberichtigt (Seite 6 des Ersturteils).

Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

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