Spruch:
I. Der Revision der erstbeklagten Partei wird Folge gegeben.
Das angefochtene Teilurteil wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil im Prozessrechtsverhältnis der klagenden zur erstbeklagten Partei als Teilurteil wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 71.105,60 S (darin 9.642,60 S Umsatzsteuer und 13.250 S Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.
II. Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Zweitbeklagte wollte bei einem deutschen Unternehmen Mobiltelefone mit Freisprecheinrichtung kaufen, um sie an einen ihrer Kunden in Österreich, einen Kreditnehmer der erstbeklagten Partei, weiterzuveräußern. Mangels liquider Mittel strebte sie eine Kreditgewährung durch die klagende Partei zur Kauffinanzierung an. Die Zweitbeklagte erschien bereits zum ersten Gesprächstermin in einer Filiale der klagenden Partei mit dem präsumtiven Abnehmer der Importware. Dieser präsentierte eine Erklärung der erstbeklagten Partei über "Zahlungsmodalitäten". Die klagende Partei verlangte Änderungen. Diesem Begehren wurde entsprochen. Nach Vorliegen der schriftlichen Erklärung der erstbeklagten Partei vom 22. 3. 1995 gewährte die klagende Partei der Zweitbeklagten Kredit. Die Erklärung war an die klagende Partei "für ... (die Zweitbeklagte)" (Anmerkung: Hervorhebung durch den erkennenden Senat) adressiert und hatte folgenden maßgebenden Wortlaut:
"Zahlungsmodalitäten
Wir, die ... (erstbeklagte Partei) ... halten gemäß Ihren Vereinbarungen mit ... (unserem Kunden) ... für die Lieferung von
150 Stk. GSM-Handy …
folgende Zahlungsmodalitäten fest:
Nach Bestätigung der einwandfreien Warenübernahme durch unseren Kunden ..., Ware frei Haus, verzollt und keine Belastung durch Dritte, werden wir den Betrag von
964.440 S inkl. MWSt.
binnen 14 Tagen auf Ihr Konto Nr. ... (Kreditkonto der Zweitbeklagten) ... bei der ... (klagenden Partei) überweisen."
Damit wollte die klagende Partei sicherstellen, "dass die Ware gegenüber der Zweitbeklagten bezahlt und somit deren Konto bei der klagende Partei abgedeckt sein werde". Am 27. 3. 1995 wurde der klagenden Partei ein mit gleichem Tag datiertes und an das Unternehmen der Zweitbeklagten adressiertes "Übernahmeprotokoll" auf Briefpapier der deutschen Verkäuferin gefaxt. Das Original war vom Kunden der erstbeklagten Partei und einem Mitarbeiter der Zweitbeklagten unterschrieben. Es hatte folgenden Wortlaut:
"Hiermit bestätigen wir Ihnen, dass Ihr Herr ... (Mitarbeiter der Zweitbeklagten) ... nach Zahlung und Überprüfung von 150 Stück … GSM-Mobiltelephone die Ware ordnungsgemäß nach Zahlung übernehmen wird."
Gleich nach Zugang dieses Schreibens veranlasste die klagende Partei die Überweisung des Kaufpreises von 964.440 S an die deutsche Verkäuferin. Noch vor Übermittlung des gefaxten Protokolls hatte die klagende Partei bei der erstbeklagten Partei angefragt, "ob überwiesen werde". Darauf wurde geantwortet, "dass bei Vorliegen der Warenübernahmebestätigung durch ... (den Kunden der erstbeklagten Partei) ... überwiesen werde". Die erstbeklagte Partei hatte keine Bestätigung, dass die Ware frei Haus, unverzollt und frei von Rechten Dritter oder überhaupt von ihrem Kunden übernommen worden sei, erhalten. Sie hatte keine Kenntnis über eine Vereinbarung ihres Kunden mit der Zweitbeklagten, wonach ersterer die Ware mit einem Mitarbeiter der Zweitbeklagten "in Deutschland auf Eignung und Ordnungsgemäßheit überprüfen sollte". Das Übernahmeprotokoll vom 27. 3. 1995 hielt die erstbeklagte Partei nicht für ausreichend, eine Leistung an die Zweitbeklagte im Weg über deren Kreditkonto bei der klagenden Partei zu veranlassen. Das teilte sie auch der klagenden Partei mit. Später bestätigte der Kunde der erstbeklagten Partei die Übernahme von 42 Mobiltelefonen. Im Übrigen erklärte er, den Rest nur besichtigt zu haben. Daraufhin überwies die erstbeklagte Partei den dem Wert der übernommenen Ware entsprechenden Teilbetrag auf des Kreditkonto der Zweitbeklagten bei der klagenden Partei.
Die klagende Partei begehrte zuletzt den Zuspruch von 694.396,80 S und brachte vor, die erstbeklagte Partei müsse den Sollsaldo auf dem Kreditkonto der Zweitbeklagten nach den getroffenen Vereinbarungen decken. Das folge aus der urkundlichen Erklärung vom 22. 3. 1995 entsprechend einer vorangegangenen mündlichen Vereinbarung in Verbindung mit dem Übernahmeprotokoll vom 27. 3. 1995. Die Haftung der erstbeklagten Partei ergebe sich demnach aus einer "abstrakten Vereinbarung" (ON 8 S 2), nämlich aus einer "Zahlungszusage aus einem Dokumentengeschäft" (ON 8 S 4), habe sie sich doch verpflichtet, "bei Übernahme der Handies den Kredit bei der klagenden Partei abzudecken". "Diesbezüglich" sei also "eine Zahlungsgarantie abgegeben" worden (ON 51 S 12).
Die erstbeklagte Partei wendete ein, sie habe der klagenden Partei keine Leistung garantiert. Die Streitteile stünden in keiner Vertragsbeziehung. Mit dem Schreiben vom 22. 3. 1995 sei der klagenden Partei bloß zugesichert worden, dass eine Leistung "im Überweisungsfall" auf das dortige Konto der Zweitbeklagten - also nicht etwa auf ein Konto bei einer anderen Bank - erfolgen werde.
Das Erstgericht wies das - auch gegen die Zweitbeklagte erhobene - Klagebegehren insgesamt ab. Die klagende Partei entbehre einer Vertragsbeziehung mit der erstbeklagten Partei, nach der die begehrte Leistung gerechtfertigt sein könnte. Die erstbeklagte Partei habe der klagenden Partei daher keine Zahlung garantiert. Die Erklärung vom 22. 3. 1995 richte sich an die Zweitbeklagte. Selbst wenn sich aber die erstbeklagte Partei durch die Erklärung vom 22. 3. 1995 zu einer Leistung an die klagende Partei verpflichtet haben sollte, sei die festgelegte Zahlungsbedingung nicht erfüllt worden, weil der erstbeklagten Partei niemals eine Bestätigung darüber zugekommen sei, dass deren Kunde die "Ware frei Haus, verzollt" und ohne "Belastung durch Dritte" übernommen habe.
Das Berufungsgericht verurteilte die erstbeklagte Partei mit Teilurteil zur Zahlung von 321.480 S sA und wies das Klagemehrbegehren von 372.916,80 S sA ab. Das im Verhältnis zwischen der klagenden Partei und der Zweitbeklagten ergangene Urteil hob es auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Im Übrigen sprach es aus, dass die ordentliche Revision gegen das Teilurteil nicht zulässig sei. Nach seiner Ansicht ist die Erklärung vom 22. 3. 1995 nicht isoliert zu betrachten. Maßgebend sei vielmehr der "Zusammenhang mit dem zwischen der Zweitbeklagten und ... (dem Kunden der erstbeklagten Partei) ... abgeschlossenen Kaufvertrag über 150 GSM-Handy und dem Zweck der Einbindung der klagenden Partei und der erstbeklagten Partei zur Sicherung dieses Importgeschäftes". Danach habe "die erstbeklagte Partei an die klagende Partei zu Gunsten des bei der erstbeklagten Partei (offenkundig richtig: klagenden Partei) geführten Kontos der Zweitbeklagten den Kaufpreis zu Lasten ihres Kunden ... erbringen" sollen. Zwischen der erstbeklagten Partei und ihrem Kunden bestehe ein "Garantiekreditvertrag". Auf dieser Grundlage habe die erstbeklagte Partei auch der klagenden Partei "versprochen", den gemäß § 880a ABGB garantierten Betrag nach Erfüllung der vereinbarten Bedingung auf ein Konto der Zweitbeklagten zu überweisen. Die Garantiebegünstigte müsse jedoch die Erfüllung der Bedingung für den Abruf des garantierten Betrags beweisen. Dieser Beweis sei nur für den Gegenwert von 50 Mobiltelefonen gelungen. Nicht hervorgekommen sei, dass diese Ware "nicht frei von Rechten Dritter bzw nicht verzollt gewesen" sei. Derartiges sei auch nicht behauptet worden. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil es an der Erfüllung der "Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO" mangle.
Die Revision der erstbeklagten Partei ist zulässig; dieses Rechtsmittel ist auch berechtigt. Unzulässig ist dagegen die außerordentliche Revision der klagenden Partei.
Rechtliche Beurteilung
I. Zur Revision der erstbeklagten Partei:
1. Der erkennende Senat sprach jüngst in der Entscheidung 1 Ob 163/00b (= ÖBA 2001, 477 mwN) aus, dass die Frage, ob in einer Haftungserklärung eine vom Grundgeschäft losgelöste Garantiezusage zu erblicken sei, im Weg der Vertragsauslegung zu klären sei. Diese müsse nach den §§ 914 und 915 ABGB unter Bedachtnahme auf Sinn und Zweck des Geschäfts sowie auf die Übung des redlichen Verkehrs erfolgen. Maßgebend sei weder allein der Wille des Erklärenden noch das subjektive Verständnis des Erklärungsempfängers, entscheidend sei vielmehr der objektive Erklärungswert der Willensäußerung. Bleibe die Haftungserklärung ihrem Wortlaut nach unklar, so sei bei deren Auslegung auf die konkreten Umstände, insbesondere auf den Geschäftszweck und die Interessenlage, Bedacht zu nehmen (ebenso zuletzt 7 Ob 221/00a = ÖBA 2001, 659). Habe die Haftungserklärung erkennbar die Sicherung des Begünstigten gegen allfällige Einwendungen aus dem Valutaverhältnis oder sonst eine Verstärkung seiner Rechtsstellung im Vergleich zur bloßen Bürgschaft zum Ziel, so spreche das, auch wenn der Ausdruck "Garantie" nicht verwendet werde, nachdrücklich für die Annahme einer solchen Haftungserklärung. Die Selbständigkeit des Garantievertrags betreffe nur die Verpflichtung des Garanten, nicht aber das Vorliegen von Tatsachen, die für das Rechtsverhältnis von Bedeutung seien, das durch die Garantie gesichert werden solle. Es entspreche dem Zweck der Garantie, wenn sie vom Bestehen bestimmter Tatsachen, die zu einem anderen Rechtsverhältnis zählten - so etwa vom Nachweis der Warenlieferung aus dem Vertragsverhältnis zwischen dem Begünstigten und dem Garantieauftraggeber -, abhängig sei. Durch eine solche Abhängigkeit werde eine Akzessorietät der Verpflichtung des Garanten nicht begründet, weil der Garant seine Zahlungspflicht damit im Allgemeinen lediglich an die Erfüllung einer der Absicherung dem Auftraggeber gegenüber dienenden Bedingung (sog. "Effektivklausel") knüpfe.
2. Nach den soeben erläuterten, die Auslegung von Garantieerklärungen beherrschenden Grundsätzen, an denen festzuhalten ist, verdeutlicht schon der klare Wortlaut der Erklärung vom 22. 3. 1995, dass die erstbeklagte Partei nicht etwa für die Rückzahlung des der Zweitbeklagten von der klagenden Partei gewährten Kredits garantieren, sondern nach dem objetiven Erklärungswert ihrer Willensäußerung nur zum Ausdruck bringen wollte, dass eine allfällige Leistung an die Zweitbeklagte als Garantiebegünstigte nur auf deren Kreditkonto bei der klagenden Partei als Zahlstelle erfolgen werde. Ein Garantievertrag kann nur zwischen der erstbeklagten Partei und der Zweitbeklagten zustande, wobei sich die Garantiezusage auf das Rechtsverhältnis zwischen der Zweitbeklagten und dem Kunden der erstbeklagten Partei als Valutaverhältnis bezog. Diese Auslegung wird auch durch den vom Erstgericht festgestellten Erklärungszweck gestützt, sollte doch nur sichergestellt werden, "dass die Ware gegenüber der Zweitbeklagten bezahlt und somit deren Konto bei der klagende Partei abgedeckt sein werde". Dass die Erklärung vom 22. 3. 1995 keine "Bankgarantie" zugunsten der klagenden Partei ist, stimmt überdies mit dem subjektiven Verständnis jenes Mitarbeiters der klagenden Partei überein, der an der Erwirkung dieser Erklärung beteiligt war (ON 34 S 8). Die erstbeklagte Partei bestritt ihre Passivlegitimation daher zu Recht. Sie sagte der klagenden Partei persönlich keine Leistung zu, sondern verpflichtete sich bloß, eine allfällige Garantieleistung an die Zweibeklagte auf deren Kreditkonto bei der klagenden Partei als Zahlstelle zu erbringen.
2. 1. Die klagende Partei verficht in der Revisionsbeantwortung den Standpunkt, sie habe für die Zweitbeklagte "eine Zahlung getätigt". "Damit" sei "die Forderung der Zweitbeklagten als Begünstigter gegenüber der erstbeklagten Partei als Garant auf die klagende Partei übergegangen". Diese Ausführungen könnten sich auf einen Forderungsübergang nach § 1358 ABGB beziehen. Auf einen solchen Sachverhalt wurde das Klagebegehren im Verfahren erster Instanz allerdings nicht gestützt, behauptet wurde vielmehr nur ein eigener vertraglicher Zahlungsanspruch. Das nunmehrige Vorbringen der klagenden Partei ist daher schon als unzulässige Neuerung unbeachtlich. Die Revisionswerberin verkennt außerdem, dass sie mit der Zahlung an den deutschen Lieferanten der Zweitbeklagten keine Schuld bezahlte, für die sie gegenüber diesem Lieferanten selbst haftete. Im Falle eines Forderungsübergangs könnte sie überdies nur in die Gläubigerrechte des deutschen Lieferanten gegen die Zweitbeklagte eingetreten sein. Es kann ferner auch nicht eine allfällige Forderung der garantiebegünstigten Zweitbeklagten gegen die erstbeklagte Partei schon kraft Gesetzes auf die klagende Partei übergegangen sein, hat doch die klagende Partei durch die Zahlung an den deutschen Lieferanten nicht eine Verbindlichkeit der erstbeklagten Partei als Garantiebeauftragte ihres Kunden und Garantin der Zweitbeklagten, sondern eine eigene Kreditschuld im Verhältnis zur Zweitbeklagten erfüllt. Es ist daher nicht weiter verwunderlich, dass die klagende Partei keine Rechtsgrundlage für den Übergang einer allfälligen Garantieforderung der Zweitbeklagten gegen die erstbeklagte Partei kraft Gesetzes aufzuzeigen vermag.
Soweit sich die klagende Partei schließlich noch auf die Abtretung einer allfälligen Garantieforderung der Zweitbeklagten gegen die erstbeklagte Partei beruft, ist dieses Vorbringen wegen des Neuerungsverbots gleichfalls unbeachtlich.
3. Gemäß § 508a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an einen Ausspruch des Berufungsgerichts gemäß § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden. Die dem Berufungsgericht bei Auslegung der Erklärung vom 22. 3. 1995 unterlaufene gravierende Fehlbeurteilung ist im Interesse der Wahrung der Rechtssicherheit gemäß § 502 Abs 1 ZPO durch die Wiederherstellung des Ersturteils zu korrigieren.
4. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens stützt sich auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Der im Berufungsverfahren verzeichnete Streitgenossenzuschlag ist nicht zuzuerkennen, weil der erstbeklagten Partei nur eine Person als klagende Partei gegenüberstand und die Zweitbeklagte durch einen anderen Rechtsanwalt vertreten wird.
II. Zur außerordentlichen Revision der klagenden Partei:
Nach Ansicht der Revisionswerberin ist die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur "formellen Garantiestrenge" uneinheitlich. Im Anlassfall geht es jedoch nicht darum, unter welchen Bedingungen die erstbeklagte Partei eine Garantieleistung an die klagende Partei zu erbringen hat. Der Klageanspruch scheitert im Lichte der Erwägungen unter I. vielmehr schon daran, dass die erstbeklagte Partei nicht Garantieschuldnerin der klagenden Partei ist.
Das Rechtsmittel dient somit in erster Linie der Erörterung nicht präjudizieller Rechtsfragen. Im Übrigen führt die klagende Partei in einem Begründungsgemenge teilweise eine in dritter Instanz unzulässige Beweisrüge aus und bekämpft inhaltlich ferner den - mangels Zulassung des Rekurses an den Obersten Gerichtshof - unanfechtbaren Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts im Verhältnis der klagenden Partei zur Zweitbeklagten.
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei ist demnach mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO, von deren Lösung die Entscheidung abhinge, zurückzuweisen.
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