OGH 10ObS194/01d

OGH10ObS194/01d30.7.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Fellinger sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Fritz Miklau (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Heinz Abel (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Isabella R*****, ohne Beschäftigung, *****, vertreten durch Dr. Friedrich J. Reif-Breitwieser, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Berufsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. März 2001, GZ 10 Rs 89/01h-46, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 25. September 2000, GZ 22 Cgs 5/99g-38, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache, dass die am 1. 9. 1955 geborene Klägerin die Voraussetzungen für die Weitergewährung einer befristet zuerkannten Berufsunfähigkeitspension über den 30. 9. 1998 hinaus nicht erfüllt, ist zutreffend, sodass gemäß § 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO auf deren Richtigkeit verwiesen werden kann. Den Revisionsausführungen ist noch folgendes entgegenzuhalten:

Der Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit tritt in den einzelnen Systemen der österreichischen Pensionsversicherung jeweils unter verschiedenen Bezeichnungen auf, wobei auch der Begriffsinhalt jeweils ein anderer ist. Wenn auch die verschiedenen Sozialversicherungsgesetze im Aufbau einem einheitlichen Schema folgen, schaffen sie doch jeweils eigenständige Regelungssysteme, die an sehr unterschiedliche Sachverhalte anknüpfen. Durch die Bestimmungen über die Wanderversicherung (§ 251a ASVG, § 129 GSVG, § 120 BSVG) hat der Gesetzgeber eine Regelung geschaffen, die eine weitgehende Gleichbehandlung der in verschiedenen Sozialversicherungssystemen erworbenen Versicherungszeiten sicherstellt. Das Wesen der Wanderversicherungsregelung besteht darin, dass alle erworbenen Versicherungszeiten vom zuständigen Träger so behandelt werden, als ob sie bei ihm erworben worden wären (Abs 7 Z 1 der zitierten Gesetzesstellen). Hat ein Versicherter Versicherungsmonate sowohl nach dem ASVG als auch in der Pensionsversicherung nach dem GSVG oder nach dem BSVG erworben, so kommen für ihn gemäß Abs 1 der zitierten Gesetzesstellen die Leistungen aus der Pensionsversicherung in Betracht, der er zugehörig ist. Dies ist nach Abs 3 der zitierten Bestimmungen die Pensionsversicherung, in der die größere oder die größte Zahl von Versicherungsmonaten vorliegt. Die Leistungen bestimmen sich dabei nach den Regelungen, die im Bereich der Pensionsversicherung bestehen, die der zuständige Träger zu administrieren hat. Bei Feststellung der Leistungsansprüche hat dieser nur eigenes Recht anzuwenden. Ist danach ein Wanderversicherter der Pensionsversicherung der Angestellten leistungszugehörig, kann für ihn somit nur der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit nach § 273 ASVG, nicht aber jener der Erwerbsunfähigkeit in Frage kommen, weil der letztgenannte Versicherungsfall im Leistungsrecht nach dem ASVG nicht vorgesehen ist, da Gegenstand der Pensionsversicherung nach dem ASVG unselbständige Erwerbstätigkeiten sind (10 ObS 15/01f; SSV-NF 9/10; 8/25 uva; RIS-Justiz RS0085021, RS0084378, RS0107675).

Auch wenn den Feststellungen des Erstgerichtes, wonach die Klägerin insgesamt 175 Versicherungsmonate, davon 44 Monate einer Pflichtversicherung nach dem ASVG, 99 Monate einer Ersatzzeit nach dem ASVG und 32 Monate einer Pflichtversicherung nach dem GSVG, erworben hat, offensichtlich der verdichtete Versicherungslauf über das gesamte Berufsleben der Klägerin zum Stichtag 1. 12. 1998 zugrundeliegt (vgl die entsprechende Aufstellung im Pensionsakt), ergibt sich doch aus dem im Verfahren erster Instanz verlesenen Pensionsakt und auch aus den von der Klägerin selbst vorgelegten Mitteilungen über ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw Pensionsvorschuss (Beilage E) sowie dem Versicherungsdatenauszug vom 2. 6. 2000 (Beilage F), wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, zweifelsfrei, dass die Klägerin auch in den maßgebenden letzten 15 Jahren vor dem Stichtag die größere Zahl von Versicherungsmonaten in der Pensionsversicherung nach dem ASVG und dort wieder ausschließlich im Bereich Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten erworben hat, sodass die Leistungszuständigkeit dieses Versicherungsträgers gegeben ist. Auch im Verfahren erster Instanz hat die Klägerin ihr Klagebegehren ausdrücklich darauf gestützt, dass sie als berufsunfähig iSd § 273 Abs 1 ASVG einzustufen sei (vgl Schriftsatz vom 14. 6. 1996 - ON 14). Soweit die Klägerin erstmals in den Rechtsmittelschriften unter Hinweis auf die Zahl der in der Pensionsversicherung nach dem ASVG und in der Pensionsversicherung nach dem GSVG erworbenen Beitragsmonate die Leistungszuständigkeit der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft zu begründen versucht, ist ihr entgegenzuhalten, dass für die Leistungszugehörigkeit nach § 251a Abs 3 ASVG bzw § 129 Abs 3 GSVG nicht die Beitragsmonate sondern die Versicherungsmonate entscheidend sind, wozu auch Ersatzmonate gehören. Der erkennende Senat sieht sich daher nicht veranlasst, das Verfahren gemäß § 413 Abs 4 ASVG zu unterbrechen und beim Landeshauptmann die Einleitung des Verfahrens darüber anzuregen, welcher Versicherungsträger leistungszuständig ist (vgl SSV-NF 3/156). In der Tatsache, dass vom Gesetzgeber für die Frage der Leistungszugehörigkeit die dem Versicherungsfall zeitlich vorangehenden Lebensverhältnisse für maßgeblich erachtet werden, kann auch keine unsachliche Regelung erblickt werden (vgl VfGH 22. 11. 1963, B 349/1962 - zitiert in Teschner/Widlar MGA, ASVG 70. ErgLfg Anm 1 zur Bestimmung des § 245, welche für die Frage der Leistungszugehörigkeit - Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter oder Angestellten - ebenfalls auf die Versicherungszugehörigkeit in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag abstellt).

Aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit ist aus der Pensionsversicherung der Angestellten die Berufsunfähigkeitspension zu leisten (§ 222 Abs 1 Z 2 lit b ASVG). Die besonderen Leistungsvoraussetzungen für die Berufsunfähigkeitspension finden ihre Regelung im § 273 ASVG. Die Vorinstanzen haben daher die Frage, ob ein Pensionsanspruch der Klägerin wegen geminderter Arbeitsfähigkeit besteht, zutreffend nach den Voraussetzungen des § 273 ASVG geprüft. Nach den maßgebenden Feststellungen kann die Klägerin die ihr unter Berücksichtigung ihres medizinischen Leistungskalküls und ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit noch zumutbaren Verweisungstätigkeiten einer Kassiererin im Großhandel und innerhalb des Betriebes sowie Bürohilfstätigkeiten in der Material- und Sachverwaltung verrichten. Die Klägerin ist daher nicht berufsunfähig iSd § 273 Abs 1 ASVG. Daran vermag auch der Umstand, dass die Klägerin während der Zeit der Gewährung der befristeten Berufsunfähigkeitspension von der beklagten Partei auch Pflegegeld - zuletzt noch in Höhe der Stufe 1 - bezogen hat, nichts zu ändern, weil zum einen der Gewährung eines Pflegegeldes der Stufe 1 allein noch keine entscheidende Aussagekraft über das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Berufsunfähigkeit iSd § 273 Abs 1 ASVG zukommt und zum anderen die bei der Klägerin bestehenden und auch der Pflegegeldgewährung zugrundeliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei der Erstellung des medizinischen Leistungskalküls ohnedies Berücksichtigung gefunden haben. Auch der Bescheid des Landesinvalidenamtes über die Minderung der Erwerbsfähigkeit der Versicherten nach dem BEinstG ist für die Entscheidung über den Antrag auf Berufsunfähigkeitspension nicht bindend (SSV-NF 1/24 uva; RIS-Justiz RS0084367).

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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