Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichtes insgesamt wie folgt zu lauten hat:
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 150.000 samt 4 % Zinsen seit 1. Juli 1997 binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer S 150.000 samt 4 % Zinsen seit 1. Juli 1997 wird abgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei an Kosten des Verfahrens den Betrag von S 7.457,50 binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit S 11.925 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 16. 8. 1995 ereignete sich auf der A1 in Fahrtrichtung Salzburg im Gemeindegebiet Haag ein Verkehrsunfall, an welchem ein bei der klagenden Partei haftpflichtversichertes Sattelzugfahrzeug sowie ein bei der beklagten Partei haftpflichtversicherter Reisebus beteiligt waren.
Die Klägerin begehrt die Zahlung von S 300.000 mit der Begründung, an die S***** Gebietskrankenkasse und auch an andere Geschädigte, insbesondere an die Insassen des Busses, Schadenersatzzahlungen in der Höhe von zumindest S 3,600.000 geleistet zu haben. Die Ansprüche seien auf Basis einer Haftungsaufteilung von 0:1 vorläufig liquidiert worden und werde der Ersatz von 50 % der liquidierten Schäden unter Anerkennung eines entsprechenden Mitverschuldens des Lenkers des Sattelzugfahrzeuges von der beklagten Partei begehrt. Aus prozessökonomischen Gründen werde die Hälfte von S 600.000, also S 300.000, geltend gemacht.
Den Lenker des Reisebusses treffe insofern ein Verschulden, dass er den besetzten Reisebus derart zum Stillstand gebracht habe, dass das Heck des Fahrzeuges einen halben Meter auf den rechten Fahrstreifen der Autobahn hineingeragt habe, wobei weder die Betriebsbeleuchtung noch die Warnblinkanlage eingeschaltet gewesen seien. Der Reisebus sei ohne ersichtlichen und dringenden Grund verkehrsbehindernd abgestellt worden. Der Lenker hätte auch genügend Zeit gehabt, ein Pannendreieck aufzustellen. Wäre der Reisebus ordnungsgemäß am Pannenstreifen abgestellt worden, hätte sich der Unfall nicht ereignet bzw wären jedenfalls die Unfallsfolgen wesentlich geringer gewesen. Der Lenker des Sattelfahrzeuges habe eine angemessene Geschwindigkeit von 80 km/h eingehalten; als er den stehenden Reisebus erkannt habe, sei ein Wechsel auf den zweiten Fahrstreifen wegen eines sich dort nähernden PKWs nicht möglich gewesen. Die unmittelbar eingeleitete Vollbremsung habe den Unfall nicht mehr verhindern können.
Die beklagte Partei wendete ein, den Lenker des Sattelzugfahrzeuges treffe das Alleinverschulden, weil er mit absolut und relativ überhöhter Geschwindigkeit den Reisebus trotz eingeschalteter Warnblinkanlage infolge Unaufmerksamkeit und offensichtlicher Übermüdung übersehen habe und unter Einhaltung eines Rechtszuges gegen das Heck des bereits am Pannenstreifen abgestellten Busses gefahren sei. Der Lenker des Sattelzugfahrzeuges hätte den Unfall auch durch verhindern können, dass er unter Einhaltung des ordnungsgemäßen Abstandes zum rechten Fahrbahnrand gefahren wäre. Er sei auch rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt worden. Demgegenüber habe der Lenker des Busses betriebsbedingt wegen Dieselgeruches im Businneren anhalten müssen, wobei das Heck des leicht schräg stehenden Busses maximal 30 cm in den ersten Fahrstreifen hineingeragt habe. Der Unfall hätte sich auch dann ereignet, wenn der Bus vollständig am Pannenstreifen gestanden wäre und einen solchen Abstand zur Leitschiene eingehalten hätte, der den Fahrgästen noch das Aussteigen ermöglicht hätte. Es sei dem Buslenker gar nicht möglich gewesen, das Fahrzeug so exakt abzustellen, dass ein ungehindertes Aussteigen an der rechten Fahrzeugseite unter Einhaltung eines Abstandes zur linken Randlinie gewährleistet gewesen wäre und sich der Unfall trotzdem nicht ereignet hätte.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab wobei im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen wurden:
Die Westautobahn verläuft im Bereich der Unfallstelle innerhalb einer Strecke von 400 bis 600 m mit einer leichten Rechtskrümmung übersichtlich sowie ohne nennenenswertes Längs- und Quergefälle. Sie weist in Richtung Salzburg zwei Fahrstreifen und einen Pannenstreifen auf. Der erste (rechte) Fahrstreifen hat eine Breite von 3,6 m, der zweite eine solche von 3,8 m und der Pannenstreifen eine solche von 3,15 m (von der Innenseite der weißen Randlinie bis zur rechten Bordsteinkante). Der Pannenstreifen wird rechts durch eine Bordsteinkante und links durch eine ca 0,2 m breite weiße Randlinie begrenzt. Die Fahrstreifen sind durch eine gelbe Leitlinie getrennt. An die Bordsteinkante anschließend befindet sich ein Grünstreifen mit einer Leitschiene; der Abstand zwischen der Bordsteinkante und der Leitschiene beträgt ca 0,2 m.
Der Unfall ereignete sich bei Nacht. Die Fahrbahn war trocken, es gab keine weiteren Sichtbehinderungen.
In dem in Fahrtrichtung Salzburg fahrenden Reisebus befanden sich 29 Insassen und ein Hilfschauffeur. Als der Lenker des Busses im Fahrzeuginneren Dieselgeruch bemerkte, fuhr er auf den Pannenstreifen und stellte dort den Bus mit eingeschaltetem Abblendlicht und eingeschalteter Warnblinkanlage ab. Dabei stand der Bus etwas schräg, sodass das Heck ca 0,35 m in die Fahrbahn des ersten Fahrstreifens hineinragte. Der Lenker stieg gemeinsam mit dem Hilfschauffeur und zwei weiteren Businsassen auf der rechten Seite des Busses aus und ging nach hinten. Sie öffneten die Motorhaube um nach einem allfälligen Defekt zu suchen. Dabei bemerkte sie, dass der Motorraum voll Diesel war. Das sich im Kofferraum nächst der Hinterachse befindliche Pannendreieck wurde nicht sofort aufgestellt.
Gleichzeitig fuhr das bei der klagenden Partei versicherte Sattelzugfahrzeug mit einem mit 23 t Weizen beladenen Sattelaufleger am ersten Fahrstreifen der A1 in Richtung Salzburg. Der Lenker dieses Fahrzeuges hielt zunächst eine Geschwindigkeit von 77 km/h ein, auf den letzten 109 m vor der Kollision fuhr er gleichbleibend mit ca 80 km/h und Abblendlicht. Es konnte nicht festgestellt werden, dass reger Verkehr herrschte und die Fahrbahn durch vor dem Sattelzug fahrende Fahrzeuge gut ausgeleuchtet war. Der Lenker dieses Fahrzeuges übersah in der Folge den etwas in seinen Fahrstreifen hineinragenden Reisebus völlig und fuhr ungebremst mit ca 80 km/h mit der rechten Frontpartie in die linke Heckseite des stehenden Reisebusses. Das Sattelzugfahrzeug hielt dabei einen leichten Rechtszug zum Pannenstreifen hin ein, wobei es im Zeitpunkt der Kollision ca 0,35 m in den Pannenstreifen hineinragte. Die Überdeckung beider Fahrzeuge betrug somit ca 0,7 m. Zum Zeitpunkte der Kollision stand der Reisebus erst ca 3 bis maximal 5 Minuten am Pannenstreifen. Der Buslenker, der Hilfschauffeur und die beiden Businsassen kontrollierten zu diesem Zeitpunkt gerade den Motor. Obwohl der stehende Reisebus für den Lenker des Sattelzugfahrzeuges trotz Abblendlichts aufgrund der sich am Heck des Busses befindlichen rückstrahlenden Materialien zumindest bereits 50 bis 55 m vorher sichtbar war, konnte eine Einleitung einer Bremsung oder ein Auslenkmanöver des Sattelzugfahrzeuges nach links nicht festgestellt werden. Durch die Wucht des Aufpralls wurde der Reisebus über die Böschung gestoßen, dadurch wurden die restlichen 26 Insassen des Busses zum Teil schwer verletzt.
Es wäre für den Lenker des Sattelzugfahrzeuges leicht möglich gewesen, den Unfall durch ein Auslenkmanöver nach links zu vermeiden, ohne dass er dabei die Leitlinie zum zweiten Fahrstreifen überfahren hätte. Gleichzeitig den zweiten Fahrstreifen befahrende Fahrzeuge hätten daran nichts geändert.
Der Lenker des Reisebusses hätte den Unfall nur dann vermeiden können, wenn er das Fahrzeug in einem Abstand von "zumindest" 0,3 m von der rechten Bordsteinkante längsachsenparallel geparkt hätte. Der Reisebus verfügt rechts vorne über eine pneumatische Flügeltür, die nach außen und zur Seite hin aufgeht. Bei einem Seitenabstand von 0,3 m wäre es noch möglich, zwischen dem Bus und der Leitschiene nach hinten zu gehen. Selbst wenn der Bus in einem größeren Abstand als 0,3 m von der rechten Bordsteinkante aber doch vollständig am Pannenstreifen längsachsenparallel abgestellt worden wäre, wäre es zur Kollision gekommen. Dass in einem solchen Fall die Unfallsfolgen geringer gewesen wären, konnte nicht festgestellt werden.
Die österreichische Korrespondenzversicherung der klagenden Partei überwies im Zusammenhang mit dem Unfall an die S***** Gebietskrankenkasse über S 600.000 als Ersatz für Behandlungskosten der verletzten Businsassen. Weiters beglich sie von den Businsassen geltend gemachte Schadenersatzbeträge von zumindest S 1,576.109. Diese Beträge wurden der österreichischen Korrespondenzversicherung von der klagenden Partei ersetzt. Der Lenker des Sattelfahrzeuges wurde wegen fahrlässiger Gemeingefährdung nach § 177 Abs 1 StGB verurteilt.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dem Lenker des Sattelzugfahrzeuges seien mehrere Sorgfaltsverstöße zur Last zu legen. 80 km/h stellten bei eingeschaltetem Abblendlicht eine relativ überhöhte Geschwindigkeit dar, zumal ein Ausleuchten der Fahrbahn durch andere Fahrzeuge nicht habe festgestellt werden können. Weiters habe das Sattelzugfahrzeug entgegen § 46 Abs 4 lit d StVO die weiße Randlinie zum Pannenstreifen überfahren und sei ca 0,35 m in diesen hineingeragt. Schließlich sei dem Lenker des Sattelzugfahrzeuges ein grober Aufmerksamkeitsfehler anzulasten.
Demgegenüber sei dem Lenker des Reisebusses vorzuwerfen, dass er entgegen § 46 Abs 4 lit e StVO den Bus nicht vollständig am Pannenstreifen angehalten, sondern mit dem Heck maximal 0,35 m in den ersten Fahrstreifen hineingeragt und somit ein Hindernis für den nachfolgenden Verkehr dargestellt habe. An sich müsse bei einem am Pannenstreifen befindlichen Fahrzeug eine Warneinrichtung gemäß § 89 Abs 2 StVO nicht aufgestellt werden, weil ein betriebsunfähiges Fahrzeug am Pannenstreifen kein Verkehrshindernis darstelle. Rage ein Fahrzeug aber in die Fahrbahn hinein, so müssten auch Warneinrichtungen aufgestellt werden. Bei Dieselgeruch im Fahrzeuginneren sei der Lenker berechtigt, am Pannenstreifen anzuhalten, um der Ursache nachzugehen. Es sei ihm eine geringe Zeitspanne zur Prüfung der Ursache zuzubilligen, insbesondere zur Beurteilung der Frage, ob er weiterfahren könne. In der Zeitspanne von 3 bis 5 Minuten zwischen dem Stillstand des Reisebusses und der Kollision habe der Lenker des Busses die Prüfung der Ursache des Dieselgeruches aber noch nicht abschließen und bereits eine Warneinrichtung aufstellen müssen. Selbst unter Berücksichtigung des Schutzzweckes des § 46 Abs 3 StVO sei dem Buslenker ein Verstoß gegen § 89 Abs 2 StVO im Hinblick auf das Hineinragen des Busses in den ersten Fahrstreifen mit nur 0,35 m und der Beleuchtung des Fahrzeuges nicht anzulasten. Darüber hinaus wäre der Unfall selbst dann passiert, wenn der Bus ordnungsgemäß zur Gänze am Pannenstreifen abgestellt worden wäre. Es sei daher dem Lenker des Busses bereits mangels Rechtswidrigkeit das Hineinragen des Busses in die aktive Fahrbahn im konkreten Fall nicht anzulasten. Eine Verpflichtung am Pannenstreifen ganz rechts anzuhalten, bestehe nicht.
Jedenfalls wäre ein Verschulden des Buslenkers im Vergleich zu jenem des Sattelzugfahrzeuges zu vernachlässigen.
Das von der klagenden Partei angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, die ordentliche Revision sei nicht zulässig.
Das Berufungsgericht konsedierte den Ausführungen in der Berufung, dass die Unfallsfolgen höchstwahrscheinlich geringer gewesen wären, wenn der Bus zur Gänze auf dem Pannenstreifen abgestellt worden wäre. Daraus sei aber für die klagende Partei nichts zu gewinnen. Auszugehen sei davon, dass das Sattelzugfahrzeug mit relativ überhöhter Geschwindigkeit gefahren sei. Es habe eine technische Notwendigkeit bestanden, den Bus am Pannenstreifen abzustellen, weil im Bus Dieselgeruch wahrnehmbar gewesen sei. Dieser Geruch sei ein Alarmzeichen für mögliche akute Gefahren (Brand, Verschmutzung der Fahrbahn etc) gewesen, das beachtet hätte werden müssen. Es sei dem Buslenker eine Zeitspanne von 3 bis 5 Minuten zuzugestehen, um die Ursache des möglichen technischen Gebrechens zu suchen und abzuklären, ob er weiterfahren könne, erst dann müsse er ein Pannendreieck aufstellen. Ein solches wäre nur deshalb notwendig gewesen, weil der Bus mit seinem Heck 35 cm in den ersten Fahrstreifen hineingeragt habe. Das Verschulden des Buslenkers liege darin, dass er den Bus nicht zur Gänze auf den Pannenstreifen abgestellt habe. Sein Verschulden sei aber gegenüber den massiven Sorgfaltsverstößen des Lenkers des Sattelzuges so gering, dass es zu vernachlässigen sei. Dies um so mehr, als es dem Lenker des Sattelzuges durch ein leichtes Auslenken nach links möglich gewesen wäre, den Unfall zu verhindern.
Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde. Diese ist wegen rechtskräftiger Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch das Erstgericht rechtzeitig.
Die beklagte Partei hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, das Rechtsmittel der klagenden Partei zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht - wie im Folgenden noch darzulegen sein wird - von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist, sie ist auch teilweise berechtigt.
Die klagende Partei macht in ihrem Rechtsmittel geltend, es sei dem Lenker des Reisebusses vorzuwerfen, dass er den Bus so abgestellt habe, dass die linke hintere Ecke 35 cm in den ersten Fahrstreifen hineingeragt habe; weiters habe er sich zumindest 3 bis 5 Minuten Zeit gelassen um ein Pannendreieck aufzustellen. Diese beiden Verschuldenskomponenten seien jedoch keineswegs so leicht, dass sie vernachlässigt werden könnten. Der Oberste Gerichtshof habe in der Entscheidung ZVR 2000/62 ausgeführt, dass ein auf einem Fahrstreifen einer Autobahn auch nur zum Teil zum Stillstand gebrachtes mehrspuriges Fahrzeug eine äußerst gefährliche Situation darstelle, weshalb jedenfalls eine außergewöhnliche Betriebsgefahr vorliege. Richtigerweise liege ein erhebliches Verschulden des Lenkers des bei der beklagten Partei versicherten Fahrzeuges vor, welches mit 50 % einzuschätzen sei.
Hiezu wurde erwogen:
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den bei dem Unfall verletzten Businsassen um unbeteiligte Dritte handelt. Ihnen gegenüber hafteten sowohl der Halter des Reisebusses als auch jener des Sattelzugfahrzeuges gemäß § 8 Abs 1 EKHG solidarisch (Apathy, Kommz EKHG, Rz 3 zu § 8 mwN). Hat ein solidarisch haftender Beteiligter oder dessen Haftpflichtversicherer dem geschädigten Dritten den ganzen Schaden ersetzt oder zumindest mehr als seinem internen Anteil entspricht, dann hat er einen Rückgriffsanspruch gemäß § 11 Abs 1 EKHG (Apathy, aaO, Rz 3 zu § 11 mwN). Für die Aufteilung im Innenverhältnis bestimmt § 11 Abs 1 EKHG die Reihenfolge der Zurechnungsgründe (Apathy, aaO, Rz 17 zu § 11), wobei die Geltendmachung eines Verschuldens des Lenkers die Prüfung der Gefährdungshaftung nach dem EKHG nicht ausschließt (Apathy, aaO, Rz 3 zu § 1 mwN).
Wie der Oberste Gerichtshof in der in der Revision zitierten Entscheidung ZVR 2000/62 ausgeführt hat, schafft ein auf einem Fahrstreifen einer Autobahn (auch nur zum Teil) zum Stillstand gebrachtes mehrspuriges Fahrzeug eine äußerst gefährliche Situation, die weit über die vom gewöhnlichen Betrieb ausgehende Gefahr hinausgeht (vgl auch 2 Ob 35/01p). Stehen einander grobes Verschulden und außergewöhnliche Betriebsgefahr gegenüber, wird für letztere eine Quote von 25 % in Ansatz gebracht (ZVR 2000/62), handelt es sich um ein gravierendes (wenngleich nicht grobes) Verschulden, so ist für die außergewöhnliche Betriebsgefahr eine Quote von 1/3 in Ansatz zu bringen (2 Ob 35/01p). Selbst wenn man daher der Ansicht wäre, das Verschulden des Lenkers des Reisebusses könnte vernachlässigt werden, hätte die vom Bus ausgehende außergewöhnliche Betriebsgefahr berücksichtigt werden müssen.
Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen ist aber das Verschulden des Buslenkers doch so, dass es nicht vernachlässigt werden kann. Wenngleich ihm wegen des Dieselgeruches nicht angelastet werden kann, dass er sein Fahrzeug angehalten hat (§ 46 Abs 3 StVO), wäre er verpflichtet gewesen, sein Fahrzeug zur Gänze auf dem Pannenstreifen abzustellen (§ 46 Abs 3 iVm Abs 4 lit e StVO). Selbst wenn es ihm aber nicht möglich gewesen wäre, den Bus zur Gänze am Pannenstreifen abzustellen, wäre er gemäß § 89 Abs 2 StVO verpflichtet gewesen, unverzüglich ein Pannendreieck aufzustellen. Wenngleich eine kurze Prüfung, ob der Stillstand des Fahrzeuges einen längeren Aufenthalt zur Folge hat, zu tolerieren ist (ZVR 2000/27), übersteigt ein Zeitraum von 3 Minuten - von einem solchen ist zugunsten der beklagten Partei auszugehen (ZfRV 1997, 212 mwN) - jedenfalls bei den hier gegebenen besonders gefährlichen Verhältnissen (Dunkelheit, Autobahn) jenen Zeitraum, der im Sinne des § 89 Abs 2 StVO bis zum Aufstellen einer Warneinrichtung toleriert werden kann.
Gegenüber dem schon von den Vorinstanzen zutreffend dargelegten groben Verschulden des Lenkers des Sattelzugfahrzeuges ist nach Ansicht des erkennenden Senates ein Mitverschulden des Lenkers des Reisebusses von 1/4 anzunehmen.
Daraus folgt, dass der Revision teilweise stattzugeben und der klagenden Partei die Hälfte des (unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von 50 %) geltend gemachten Schadens von S 300.000 zuzusprechen war.
Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 43, 50 ZPO. Mit Ausnahme der Barauslagen im Sinne des § 43 Abs 1 ZPO waren die Kosten gegenseitig aufzuheben.
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