OGH 6Ob20/01m

OGH6Ob20/01m15.3.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Cornelia S*****, vertreten durch Braunegg, Hoffmann & Partner Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei W*****, vertreten durch Dr. Georg Mittermayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung und Entfernung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 8. November 2000, GZ 40 R 290/00v-12, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 17. April 2000, GZ 9 C 388/99d-7, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der von der Revision vertretenen Ansicht hat das Berufungsgericht die Zustimmung des Vaters der Klägerin zur (weiteren) Nutzung der Kellerräume für den Betrieb einer Transformatorenstation für das vorliegende Gebäude wie auch für andere Stromabnehmer nicht als Bittleihe beurteilt. Seine Auffassung steht mit den Auslegungsgrundsätzen des bürgerlichen Rechts in Einklang und ist schon deshalb nicht zu beanstanden, weil die (auszulegende) "Gestattungserklärung" ausdrücklich auf die Punkte III.3 und IV.6 der Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit elektrischer Energie aus dem Niederspannungsnetz des Elektrizitätsversorgungs- unternehmens hinweist und festhält, dass die Beistellung des Kellerraumes in Entsprechung dieser Verpflichtungen aus dem Stromlieferungsvertrag kostenlos erfolgt. Damit steht aber die getroffene Vereinbarung der Annahme einer freien, jederzeitigen Widerruflichkeit als unabdingbarer Voraussetzung für die Annahme eines Prekariums (RIS-Justiz RS0019212 und RS0019221) entgegen. Dass auch die Klägerin an diese Vereinbarung gebunden ist, ergibt sich schon daraus, dass ihrer 1990 getroffenen Strombezugsvereinbarung gleichfalls die genannten Bedingungen der Rechtsvorgängerin der Beklagten in der damals geltenden Fassung zugrunde gelegt wurden. Die Auffassung des Berufungsgerichts, wonach die unter Punkt IV.6 genannte Verpflichtung des Abnehmers auch für die Klägerin gelte und eine titellose Benutzung ihr gegenüber ausscheide und zwar gleichgültig, ob die Rechteeinräumung als Servitut oder als Leihe qualifiziert werde, bedeutet somit keine auffallende Fehlbeurteilung.

Die Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH zur Frage, ob der österreichische Gesetzgeber die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen richtlinienkonform umgesetzt hat, ist schon deshalb entbehrlich, weil schon nach innerstaatlichem Recht Klauseln in Verbraucherverträgen, die entgegen Treu und Glauben ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis zu Lasten des Verbrauchers herbeiführen, sittenwidrig sind.

Die von der Revision angesprochene Sittenwidrigkeit der Vereinbarung könnte aber nur dann vorliegen, wenn die Interessenabwägung eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen oder bei einer Interessenkollision ein grobes Missverhältnis zwischen den verletzten und geförderten Interessen ergäbe (Krejci in Rummel ABGB3 Rz 55 zu § 879; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht11 I, 159; RdA 1997, 499; RdW 1998, 199). Der Oberste Gerichtshof hat bereits erkannt, dass die in den allgemeinen Versorgungsbedingungen eines Elektrizitätsversorgungs- unternehmens enthaltene Klausel, nach der Versorgungseinrichtungen, die auf Kosten eines Stromabnehmers errichtet wurden, auch für weitere (zukünftige) Abnehmer verwendet werden können, nicht sittenwidrig sei (SZ 58/72 = RIS-Justiz RS0016584). Dass die Klägerin durch die getroffene Vereinbarung über die Zurverfügungstellung des Kellerraumes auf Dauer über Gebühr belastet werde, ist aber auch deshalb nicht zu erkennen, weil weder die seit 15. 7. 1998 noch die davor geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten bzw ihrer Rechtsvorgängerin einer Auflösung der Vereinbarung aus wichtigem Grund entgegenstehen. Punkt

6.3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen 1998 sieht vor, dass der Grundstückseigentümer eine Verlegung der Einrichtungen verlangen kann, wenn sie die widmungsgemäße Verwendung des Grundstücks unzumutbar beeinträchtigen. Nach Punkt IV.6 der davor geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist die Nutzung von auf der Liegenschaft aufgestellten Transformatorenanlagen für andere Zwecke als die Stromversorgung des betreffenden Abnehmers insoweit eingeschränkt, als das Elektrizitätsversorgungs- unternehmen den Transformator für andere Zwecke nur nutzen darf, soweit es ohne Benachteiligung des Abnehmers möglich ist. Das Berufungsgericht hat das in erster Instanz erstattete Vorbringen der Klägerin als nicht ausreichend schlüssig in Richtung auf eine unzumutbare Beeinträchtigung der widmungsgemäßen Verwendung beurteilt. Eine erhebliche Rechtsfrage ist insoweit nicht zu erkennen. Ob Prozessbehauptungen zur Unzumutbarkeit der widmungsgemäßen Verwendung ausreichend waren, ist keine erhebliche Rechtsfrage.

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