Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 22.374 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 3.729, keine Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die beklagte Partei war die Hausbank der Gemeinschuldnerin, über deren Vermögen am 9. 12. 1998 der Konkurs eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt wurde. Die Gemeinschuldnerin unterhielt bei der beklagten Partei ein Geschäfts-(Giro)konto und insgesamt 8 weitere Abstattungskreditkonten. Die Jahresabschlüsse der im Jahre 1992 gegründeten Gemeinschuldnerin wiesen in den Jahren 1992, 1993, 1995, 1996 und 1997 jeweils Verluste in zumeist beträchtlicher Höhe auf. Der Jahresabschluss 1994 zeigte einen Reingewinn von S 126.000. Die kumulierten Verluste der Jahre 1992 bis 1997 - saldiert mit dem Gewinn des Jahres 1994 - betrugen ca S 9,200.000. In den jeweils vom Steuerberater erarbeiteten Jahresabschlüssen wurde jährlich näher ausgeführt, weshalb keine Insolvenzgefahr bestehe.
Trotz des laufenden Kontokorrentkredites und der im Laufe der Jahre aufgenommenen Abstattungskredite war die Gemeinschuldnerin fallweise nicht in der Lage, verschiedene finanzielle Verpflichtungen bei gleichzeitiger Einhaltung der Rückzahlungsraten und des eingeräumten Kontokorrentrahmens zu erfüllen. Deshalb vereinbarte ihr Geschäftsführer mit dem Geschäftsleiter der beklagten Partei, dass kurzfristiger Finanzbedarf über Wechselfinanzierung abgedeckt werde. Die beiden kamen überein, dass bestimmte, in naher Zukunft zu erwartende Zahlungseingänge über Wechsel vorfinanziert werden. Die Gemeinschuldnerin stellte einen Wechsel in der Höhe des zu erwartenden Zahlungseinganges aus, auf diesem verpflichteten sich der Geschäftsführer der beklagten Partei und seine Ehegattin durch ihre Unterschriften wechselmäßig persönlich. Die Wechsel wurden dann durch den jeweils im Einzelfall festgelegten und vorher besprochenen Zahlungseingang abgedeckt.
Nachdem derartige Wechselfinanzierungen mehrfach erfolgt waren, wandte sich der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin 1998 wiederum an die beklagte Partei mit dem Ersuchen nach einer wechselmäßigen Zwischenfinanzierung dringender Zahlungsverpflichtungen. Der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin teilte mit, dass diese in Kürze eine Zahlung von ihrem Kunden K***** über S 470.000 erwarte und diesen Betrag zwischenfinanzieren wolle. Nachdem eine Rückfrage bei der Hausbank dieses Kunden ergeben hatte, dass tatsächlich in Kürze eine Zahlung über diesen Betrag an die Gemeinschuldnerin erfolgen werde, stellte die Gemeinschuldnerin am 29. 7. 1998 einen Wechsel über S 470.000 aus, auf dem sich der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin und seine Ehegattin als Bezogene und Annehmer wechselmäßig verpflichteten; der Wechsel war am 22. 9. 1998 bei der beklagten Partei zur Zahlung fällig. Aufgrund dieses Wechsels schrieb die beklagte Partei dem Geschäftskonto der Gemeinschuldnerin am 30. 7. 1998 S 470.000 gut, wobei vereinbart war, dass der Wechsel mit dem Zahlungseingang des genannten Kunden abgedeckt wird. Tatsächlich leistete dieser Kunde am 28. 8. 1998 die versprochene Zahlung über S 470.000 auf das Geschäftskonto der Gemeinschuldnerin. Die beklagte Partei überprüfte die Zahlungseingänge auf dem Geschäftskonto nicht laufend und bemerkte daher erst bei Fälligkeit des Wechsels am 22. 9. 1998, dass der versprochene Zahlungseingang bereits auf dem Geschäftskonto erfolgt war. Am 22. 9. 1998 wurde die bestehende Wechselverbindlichkeit durch Belastung des Geschäftskontos abgedeckt.
Ähnlich verhielt es sich mit einer weiteren Wechselfinanzierung. Dabei wurde eine in Aussicht stehende Zahlung der Firma B***** über ca S 400.000 vorfinanziert. Die Gemeinschuldnerin stellte am 17. 8. 1998 einen Wechsel über S 400.000 aus, der wiederum von ihrem Geschäftsführer und seiner Ehegattin als Bezogene und Annehmer gezeichnet wurde. Der Wechsel war am 19. 10. 1998 zur Zahlung fällig. Aufgrund dieses Wechsels wurde dem Geschäftskonto am 18. 8. 1998 ein Betrag von S 400.000 gutgeschrieben, mit dem die Gemeinschuldnerin verschiedene dringende Zahlungsverpflichtungen erfüllte. Die Firma B***** leistete am 15. 9. 1998 die in Aussicht gestellte Zahlung über S 406.666,60 auf das Geschäftskonto der Gemeinschuldnerin. Auch dieser Eingang wurde von der beklagten Partei erst bei Fälligkeit des Wechsels bemerkt, weshalb erst am 19. 10. 1998 ein Betrag von S 400.000 vom Geschäftskonto zur Abgeltung der Wechselverbindlichkeit abgebucht wurde. Die Abdeckung dieser beiden Wechsel bewirkte keine Überschreitung des vereinbarten Kontokorrektkreditrahmens.
Mit der am 7. 12. 1999 beim Erstgericht eingelangten Klage ficht der Kläger verschiedene innerhalb der letzten sechs Monate vor Konkurseröffnung erfolgte Kontobewegungen an und brachte dazu vor, der beklagten Partei sei spätestens seit dem 30. 6. 1998 die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin bekannt gewesen bzw hätte sie ihr bekannt sein müssen. Durch die Zahlungen seien die Gläubiger der Gemeinschuldnerin benachteiligt worden. Die Zahlungen seien in der Absicht erfolgt, die beklagte Partei vor anderen Gläubigern zu begünstigen. Die klagende Partei begehrt (ua) auszusprechen, die von der Gemeinschuldnerin an die beklagte Partei geleisteten Zahlungen vom 22. 9. 1998 in der Höhe von S 470.000 und vom 22. 10. 1998 in der Höhe von S 400.000 zur Rückzahlung von Wechselfinanzierungen seien gegenüber den Gläubigern im Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin unwirksam, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 870.000 sA zu bezahlen.
Die beklagte Partei wendete ua ein, es handle sich bei den beiden angefochtenen Wechselfinanzierungen über S 400.000 und S 470.000 um anfechtungsfeste Zug-um-Zug-Geschäfte, weil die Finanzierungen nur gegen die verbindliche Zusage eines bestimmten Zahlungseinganges gewährt worden seien. Nach Eingang der Zahlungen seien die Wechselverbindlichkeiten vereinbarungsgemäß abgedeckt worden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab, wobei es hinsichtlich der Wechselfinanzierungen ausführte, es handle sich dabei um anfechtungsfeste Zug-um-Zug-Geschäfte. Die Finanzierung der Wechselsummen sei nur gegen die konkrete Abmachung erfolgt, dass die einzelnen Wechselsummen durch ganz bestimmte vorher genau bezeichnete Zahlungseingänge abgedeckt würden. Dass die beklagte Partei das Geschäftskonto nicht laufend überwacht und in beiden relevanten Fällen erst ca ein Monat nach dem Eingang der versprochenen Zahlungen bei Fälligkeit der Wechsel die Abdeckung vorgenommen habe, ändere an der Art des vereinbarten Geschäftes nichts. Im Übrigen wirkten sich die verspäteten Umbuchungen nicht nachteilig für die Gläubiger aus.
Das von der klagenden Partei angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung im Umfange der Abweisung der Anfechtung der beiden Zahlungen über S 470.000 und S 400.000 und sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig.
Das Berufungsgericht schloss sich der Ansicht des Erstgerichtes, es handle sich insoweit um anfechtungsfeste Zug-um-Zug-Geschäfte, an. Nach ständiger Rechtsprechung seien solche Geschäfte nach § 30 und § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO nicht anfechtbar (SZ 57/87; SZ 61/101; 7 Ob 2278/96t). Maßgebend sei, ob es sich nach der Verkehrsauffassung um einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang handle. Jedenfalls werde ein enger zeitlicher Zusammenhang (SZ 61/101; ZIK 1995/53) gefordert. Die gleichzeitige Bewirkung von Leistung und Gegenleistung werde allerdings nicht gefordert. Bei den angefochtenen Zahlungen über S 470.000 und S 400.000 handle es sich um wechselmäßige Zwischenfinanzierungen der späteren Gemeinschuldnerin, wobei von vorneherein klar gewesen sei, dass die beiden Beträge von den Kunden der Gemeinschuldnerin an diese bezahlt würden. Lediglich unter dem Aspekt der alsbaldigen Rückführung seien die wechselmäßigen Finanzierungen durch die beklagte Partei erfolgt. Es sei beiden Parteien auch klar gewesen, dass die vorfinanzierten Beträge mit den Eingängen der Kunden K***** und B***** abgedeckt werden sollten. Der Umstand, dass der Eingang der Zahlungen von der beklagten Partei jeweils erst bei Fälligkeit der Wechsel und somit jeweils ca ein Monat nach Eingang der Zahlungen bemerkt worden sei, hindere die Annahme einer Zug-um-Zug-Abwicklung nicht, zumal der geforderte enge zeitliche Zusammenhang noch als gegeben angesehen werden müsse.
Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht für zulässig, weil eine Rechtsprechung zur speziellen Frage, ob trotz der Belastung des Kontokorrentkontos erst nach Fälligkeit der beiden Wechsel noch ein Zug-um-Zug-Geschäft anzunehmen sei, nicht bekannt sei.
Dagegen richtet sich die Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.
Die beklagte Partei hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, das Rechtsmittel der klagenden Partei zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.
Die Revision ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage - der gegenteilige Ausspruch des Berufungsgerichtes ist nicht bindend - nicht zulässig.
Die klagende Partei macht in ihrem Rechtsmittel geltend, die vom Berufungsgericht zitierten Entscheidungen seien auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht anwendbar. Bei diesen oberstgerichtlichen Entscheidungen habe es sich durchwegs um Sachverhalte gehandelt, bei denen die Anfechtbarkeit von Dauerschuldverhältnissen zu beurteilen gewesen seien. Bei den hier klagsgegenständlichen Zahlungen handle es sich aber weder um die Abdeckung von Kontoüberziehungen noch um die Ausnützung bzw Wiederausnützung und Rückzahlung von Beträgen innerhalb eines Kontokorrentkreditrahmens, sondern um die Rückzahlung von zwei konkreten Wechselfinanzierungen. Es seien durch die beklagte Partei zwei konkret erwartete Zahlungseingänge bevorschusst worden, wobei es sich letztlich um gewöhnliche Kreditgeschäfte gehandelt habe. Ein anfechtungsfestes Zug-um-Zug-Geschäft liege nur dann vor, wenn die beklagte Partei im Zeitpunkt der Rechtshandlung nicht Gläubiger der Gemeinschuldnerin gewesen sei. Im vorliegenden Fall sei die beklagte Partei aber Gläubigerin gewesen, weil sie der Gemeinschuldnerin vorgeleistet habe.
Rechtliche Beurteilung
Hiezu wurde erwogen:
Nach ständiger Rechtsprechung sind Zug-um-Zug-Geschäfte nicht nach § 30, § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO anfechtbar (RIS-Justiz RS0064726; SZ 71/120; zuletzt 6 Ob 100/00w). Bei der Beurteilung der Frage, ob es sich (noch) um ein Zug-um-Zug-Geschäft handelt, ist die Verkehrsauffassung maßgebend (RIS-Justiz RS0064633; König, Die Anfechtungý, 225; Rebernig, Das Phantom des "Zug-um-Zug-Geschäftes" im System der Konkursanfechtung, ZIK 2000, 74 [80]). Insoweit hängt die Entscheidung von den Umständen des Einzelfalles ab, weshalb die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO grundsätzlich nicht gegeben sind. Dass der "time lag" hier zu groß wäre, wird von der klagenden Partei in der Revision gar nicht geltend gemacht. Dass auch ein Wechseldiskont wegen des Zug-um-Zug-Charakters anfechtungsfest sein kann, entspricht der Rechtsprechung (ecolex 1990, 21 = JBl 1990, 666 = ÖBA 1990, 310) und auch der Lehre (Koziol/Bollenberger in Buchegger, Österr Insolvenzrecht4, Rz 12 zu § 31).
Der Ansicht der Vorinstanzen, die hier vom Kläger angefochtenen Zahlungen seien wegen ihres Zug-um-Zug-Charakters nicht nach § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO anfechtbar, entspricht sohin der ständigen Rechtsprechung.
Das Rechtsmittel des Klägers war deshalb zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Über diese Kosten war schon jetzt zu entscheiden, weil sich das Revisionsverfahren auf das vom Berufungsgericht erlassene Teilurteil als eigenen Anfechtungsgegenstand bezieht (RIS-Justiz RS0035972).
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