OGH 14Os115/00

OGH14Os115/007.11.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. November 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayerhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krauss als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Dejan A***** wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 erster Satz (zweiter Fall) StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 25. Mai 2000, GZ 20x Vr 8420/99-92, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird in Hinsicht auf den Schuldspruch wegen versuchten schweren Raubes (A) der Wahrspruch der Geschworenen und das darauf beruhende, hingegen im Schuldspruch wegen räuberischen Diebstahls (B), im Erkenntnis über die privatrechtlichen Ansprüche und im Kostenspruch - einschließlich des Beschlusses auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht - unberührt bleibende Urteil samt Strafausspruch und Vorhaftanrechnung aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Geschworenengericht beim Landesgericht für Strafsachen Wien zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Soweit mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten, wurde Dejan A***** des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 erster Satz (zweiter Fall) StGB schuldig erkannt (A).

Danach hat er am 5. Oktober 1999 gemeinsam mit Ferhad C***** einem unbekannt gebliebenen Schwarzafrikaner dadurch, dass er, eine blutige Einwegspritze in der Hand, seinen rechten Arm um dessen Nacken legte, zugleich aber ein Klappmesser mit der Linken an dessen Hals hielt und zwei Kugeln ,Koka" forderte, mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe eine fremde bewegliche Sache mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz abzunötigen versucht.

Der aus Z 4 und Z 10a des § 345 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Zwar wurden nach dem Inhalt des Protokolls über die am 25. Mai 2000 gemäß § 276a StPO neu durchgeführte Hauptverhandlung die niederschriftlichen Angaben des Ferhad C***** nicht verlesen, weshalb die auf eine Verletzung des § 252 Abs 1 StPO gegründete Verfahrensrüge (Z 4) ins Leere geht.

Zu Recht weist die Tatsachenrüge (Z 10a) jedoch darauf hin, dass mit Blick auf die in der Hauptverhandlung vorgekommenen Beweismittel der Wahrspruch der Geschworenen, jedenfalls in Hinsicht auf die Verwendung einer Waffe (§ 143 StGB), auf bloßer Spekulation beruht. Selbst dann nämlich, wenn man trotz der unklaren Formulierung des Hauptverhandlungsprotokolles (vgl Bd II, S 7: "Verlesen werden die bisherige[n] Aktenteile; S 27: "Gemäß § 252 vorl. Abs. StPO werden die beantragten und notwendigen Verlesungen und Feststellungen mit Ausnahme der Aussage des Zeugen C***** vorgenommen.") unterstellt, dass die Aussagen der in der Hauptverhandlung vom 29. Feber 2000 vernommenen Zeugen in der neu durchgeführten vom 25. Mai 2000 durch Verlesung (ungerügt) Eingang gefunden haben, ergibt sich daraus neben dem Verdacht einer dem Anklagesachverhalt ähnelnden anderen Tat nur, dass der Angeklagte dabei beobachtet wurde, wie er mit Ferhad C***** einen Straßenbahnzug bestieg, dort in der Nähe eines Schwarzafrikaners Platz nahm und danach im Besitz einer blutigen Einwegspritze und eines Klappmessers betreten wurde, ohne dass jedoch von irgendeinem Zeugen berichtet worden wäre, A***** habe diese Waffen gegen den Fahrgast zum Einsatz gebracht oder diesen bedroht. Hält man die Tatsache hinzu, dass der Angeklagte dies - auch bei seiner polizeilichen Befragung (Bd I, S 123 ff) - ausdrücklich in Abrede gestellt hat, so zeigt sich, dass, ausgehend von den den Geschworenen vorgeführten Beweismitteln und ungeachtet allfälliger Vorhalte aus den - solcherart nicht im Beweisverfahren vorgekommenen - niederschriftlichen Angaben C***** (Ratz, Zweifelsfragen beim [eingeschränkten] Verlesungsverbot nach § 252 StPO, ÖJZ 2000, 550), der dem Schuldspruch wegen versuchten schweren Raubes zugrundeliegende Wahrspruch der Geschworenen (welche in ihrer Niederschrift [§ 331 Abs 3 StPO] bloß auf eine ihres Erachtens bestehende, gegen den Angeklagten gerichtete "Beweislast" hingewiesen hatten) erheblichen Bedenken begegnet, welche seine und die Aufhebung des Urteils im Schuldspruch wegen dieses Verbrechens (A; § 289 StPO), einschließlich des Strafausspruches, bereits in nichtöffentlicher Sitzung nach sich zieht (§ 285e StPO).

Im zweiten Rechtsgang wird zur Vermeidung von Urteilsnichtigkeit aus § 345 Abs 1 Z 13 zweiter Fall StPO auf eine rechtrichtige Beurteilung der Strafzumessungstatsachen zu achten sein.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte