OGH 3Ob26/00w

OGH3Ob26/00w25.10.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton F***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Johannes Patzak und Dr. Johannes Krauss, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien

1. Walter B*****, 2. Karl F*****, 3. Beatrix W*****, 4. Leopoldine P*****, 5. Anna S*****, 6. Helga S*****, 7. Klaus K*****, 8. Ing. Rudolf L*****, 9. Werner W***** und 10. Mag. Florence W*****, sowie

11. Hans Jörg L*****, alle vertreten durch Proksch & Partner OEG, Rechtsanwälte in Wien, wegen Einwendungen gegen den Anspruch, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 5. Oktober 1999, GZ 46 R 1324/99t-12, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Döbling vom 11. Mai 1999, GZ 6 C 224/99a-7, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs ON 15 wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 68.310 (darin enthalten S 11.385 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der danach am 22. 12. 1999 weiters eingebrachte (gleichlautende) Rekurs der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die nun klagende Partei wurde mit dem im Verfahrens 6 C 475/96h des Erstgerichtes ergangenen Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgericht vom 9. 12. 1996, 36 R 781/96m, als Eigentümer der ihr gehörenden 1080/19224 Anteile an einer bestimmten Liegenschaft, mit denen untrennbar Wohnungseigentum an der Wohnung Nr 1 verbunden ist, aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ausgeschlossen, weil nach den Entscheidungsgründen diese Wohnung der Ausübung der Prostitution diene und dies zu einer Störung der Hausordnung und der gebotenen Ruhe im Haus und nicht zuletzt zur Gefährdung der Sicherheit von Leben und Eigentum anderer Hausbewohner geführt habe. Gegen dieses Urteil wurde die ordentliche Revision nicht zugelassen; es wurde den Parteien am 27. 12. 1996 zugestellt. Die außerordentliche Revision der nun klagenden Partei wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 25. 2. 1997, 5 Ob 51/97d, mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen. Dieser Beschluss wurde den Parteien am 14. 4. 1997 zugestellt.

Diese Ausschlussklage wurde gemäß § 22 WEG bei dem betreffenden Anteil im Grundbuch angemerkt.

Die nun beklagten Parteien brachten am 18. 4. 1997 beim Erstgericht den Antrag auf Zwangsversteigerung dieses Anteils ein, der mit Beschluss des Erstgerichtes vom 8. 5. 1997 bewilligt wurde.

Mit der vorliegenden Oppositionsklage begehrt die verpflichtete Partei die Feststellung, der Anspruch der beklagten Parteien auf Ausschluss aus der Wohnungseigentumsgemeinschaft sei erloschen. Der Mieter habe das Objekt nach Kündigung des Bestandverhältnisses am 30. 4. 1997 geräumt. Mit Kaufvertrag vom 28. 4. 1997 habe die klagende Partei das Wohnungseigentumsobjekt an Mag. Dr. Robert Klaus N***** verkauft und übergeben; dieser habe es fünf Monate danach an einen neuen Mieter vermietet.

Die Beklagten wendeten ein, das Lokal sei nicht geräumt worden; nach wie vor werde dort ein Bordell betrieben. Zuhälter und Prostituierte wechselten ständig. Es komme weiterhin zu Belästigungen der übrigen Wohnungseigentümer; die Freier, die in dem Lokal verkehren, urinierten nach wie vor in den Hausflur beim hinteren Ausgang. Der Erstbeklagte sei mit einem Buttersäureattentat bedroht worden, im Lokal selbst komme es wiederholt zu Raufhändeln, sodass schon zweimal die Auslagenscheiben eingeschlagen worden seien; die Prostituierten zeigten sich nackt im Hausflur.

Darauf replizierte die klagende Partei, es werde nicht bestritten, dass in dem Lokal nach wie vor ein Bordell betrieben wird. Die seinerzeitige Fehde, die zu der Ausschlussklage und dem Ausschlussurteil geführt habe, sei aber inzwischen bereinigt; es komme zu keinerlei Belästigungen der Hauseigentümer.

Das Erstgericht gab der Klage statt; es stellte fest, dass das Eigentumsrecht des Geschäftsführers der klagenden Partei, Mag. Dr. Robert Klaus N*****, am 9. 6. 1997 im Grundbuch vorgemerkt wurde und die Rechtfertigung dieser Vormerkung am 23. 12. 1997 erfolgte, und dass weiters das Bestandobjekt mit Mietvertrag vom 17. 9. 1997 vom neuen Wohnungseigentümer an Ivana S***** vermietet wurde.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die klagende Partei habe innerhalb der dreimonatigen Frist des § 22 Abs 3 WEG die Wohnung verkauft. Dass der Käufer dieser Wohnung nun der Geschäftsführer der klagenden Partei sei, also offenkundig ein Strohmann, könne an diesem Sachverhalt nichts ändern, weil dieser Strohmann die Wohnung ja auch in einem allfälligen Versteigerungsverfahren hätte erwerben können. Wenn, wie von den Beklagten behauptet, nach wie vor in dieser Wohnung ein Bordell betrieben werde und von diesem für die übrigen Miteigentümer unzumutbare Belästigungen ausgehen sollten, müssten die Miteigentümer neuerlich eine Ausschlussklage gegen den nunmehrigen Eigentümer einbringen; die ursprüngliche Wohnungseigentümerin habe aber dem Urteilsspruch entsprochen und ihren Wohnungseigentumsanteil veräußert. Mehr sei auch in einem allfälligen Versteigerungsverfahren nicht zu erreichen. Es erweise sich daher der Anspruch der Beklagten auf Ausschluss der klagenden Partei als bereits erfüllt, sodass das Exekutionsverfahren nicht mehr fortgesetzt werden könne.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf; es sprach aus, der Rekurs gegen diese Entscheidung sei zulässig, weil zur Frage der "Räumung" nach einem Urteil gemäß § 22 WEG - soweit ersichtlich - keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Unter Zugrundelegung der Entscheidung 5 Ob 2431/96b (SZ 70/4 = WoBl 1997/98 [R. Oberhofer]) führte das Berufungsgericht weiters aus, das Erstgericht habe, ausgehend von seiner nicht gebilligten Rechtsansicht, zur Frage der Räumung des Wohnungseigentumsobjektes keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Die Beantwortung dieser Frage sei jedoch wesentlich und zwischen den Parteien strittig. Das Erstgericht werde nach Verfahrensergänzung Feststellungen darüber zu treffen haben, ob die klagende Partei das Wohnungseigentumsobjekt tatsächlich geräumt hat oder ob es, wie die beklagten Parteien meinen, nur zu Scheingeschäften gekommen ist und eine tatsächliche Räumung des Objektes nicht erfolgte. In diesem Zusammenhang sei von Bedeutung, dass in dem Wohnungseigentumsobjekt weiterhin ein Bordell betrieben werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der klagenden Partei ist berechtigt.

Die nun klagende Partei wurde auf Klage der Mehrheit der übrigen Miteigentümer mit rechtkräftigem Urteil aus der Eigentumsgemeinschaft ausgeschlossen (§ 22 WEG). Die Ausschlussklage war gemäß § 22 Abs 3 Satz 1 WEG angemerkt worden.

Dieses Urteil bewirkt noch nicht die Ausschließung; vielmehr kann gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 WEG nach Ablauf von drei Monaten nach dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils auf Antrag eines Miteigentümers die Versteigerung des Miteigentumsanteils und des allenfalls damit verbundenen Wohnungseigentums nach den Bestimmungen der EO über die Zwangsversteigerung durchgeführt werden. Der Ausgeschlossene bleibt also ungeachtet des rechtskräftigen, ja selbst des vollstreckbaren Urteils bis zum Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren vollberechtigter Mit-(und Wohnungs)eigentümer (Würth in Rummel, ABGB**2 Rz 3 zu § 22 WEG).

Im hier vorliegenden Fall wird die Oppositionsklage auf Abschluss eines Kaufvertrags zwischen der Klägerin als bisheriger Wohnungseigentümerin mit ihrem Geschäftsführer als Käufer gestützt. Dieser Kaufvertrag wurde innerhalb der - ab Zustellung des Beschlusses des Obersten Gerichtshofes, mit dem die außerordentliche Revision zurückgewiesen wurde, am 14. 4. 1997 laufenden - dreimonatigen Frist des § 22 Abs 3 Satz 2 WEG abgeschlossen; die Rechtfertigung der Vormerkung des Eigentumsrechtes des Erwerbers wurde am 23. 12. 1997 im Grundbuch eingetragen.

Die verpflichtete Partei begehrte, gestützt auf diesen Umstand, die Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens; nachdem ihrem Antrag im Exekutionsverfahren nicht stattgegeben wurde, begehrt sie wegen des erfolgten Verkaufes ihres Miteigentumsanteils das Urteil, der Anspruch der beklagten Parteien auf Ausschluss der klagenden Partei aus der Wohnungseigentümergemeinschaft sei erloschen.

Diese Klage ist aus folgenden Überlegungen berechtigt:

Gemäß § 135 EO hat die Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens ua die Folge, dass die bewilligte Versteigerung gegen jeden späteren Erwerber der Liegenschaft durchgeführt werden kann. Bei Veräußerung der Liegenschaft geht die Zwangsversteigerung gegen den Erwerber weiter (Heller/Berger/Stix 1095; s auch 3 Ob 305/98v, veröff in JUS Extra Z 2802). Da § 234 ZPO im Exekutionsverfahren nicht gilt, kann die Zwangsversteigerung nicht gegen den früheren grundbücherlichen Eigentümer als Verpflichteten fortgeführt werden. Wird dem Parteiwechsel auf Schuldnerseite im Exekutionsverfahren - wie dies hier bisher der Fall ist - nicht Rechnung getragen, so hat der frühere Verpflichtete gegen den betreibenden Gläubiger die Einwendungen nach § 35 EO (Oppositionsklage), weil seine Schuld erloschen ist (Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht4, 19).

Aus diesem Grund ist der Oppositionsklage des früheren Miteigentümers, der nach wie vor als Verpflichteter im Zwangsversteigerungsverfahren in Anspruch genommen wird, stattzugeben. Ab der bücherlichen Einverleibung bzw hier Rechtfertigung der Vormerkung des Eigentumsrechts des Erwerbers wäre das Zwangsversteigerungsverfahren gemäß § 135 EO mit diesem fortzuführen gewesen.

Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass dieses Urteil nicht zur Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens überhaupt führt, sondern dass es gegen den Erwerber fortzuführen ist. Auf die vom Berufungsgericht relevierten Rechtsfragen ist in diesem Verfahren nicht einzugehen, sondern erst über allfällige Einwände des nunmehrigen Wohnungseigentümers.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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