OGH 10ObS294/00h

OGH10ObS294/00h24.10.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter MR Dipl. Ing. Gustav Poinstingl und MR Dr. Richard Warnung (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Maria T*****, vertreten durch Dr. Ronald Rast, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern, 1031 Wien, Ghegastraße 1, vertreten durch Dr. Christian Preschitz und Dr. Michael Stögerer, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 276.808,- sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. Juni 2000, GZ 7 Rs 121/00v-63, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 15. März 2000, GZ 32 Cgs 98/95h-58, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach § 46 Abs 1 ASGG ist die Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.

Die Entscheidung hängt von der Lösung der Rechtsfrage des materiellen Rechtes ab, ob der beklagte Krankenversicherungsträger verpflichtet ist, die Kosten einer Behandlung des inzwischen verstorbenen Versicherten (Ehegatten der Klägerin) mit einer medizinischen Außenseitermethode (nämlich mit dem nicht zugelassenen Arzneimittel "Ukrain") im Rahmen der §§ 83 ff BSVG zu ersetzen. Diese Frage wurde von beiden Vorinstanzen unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Kostenersatz für Außenseitermethoden verneint.

Wie der erkennende Senat in der Entscheidung vom 26. 3. 1996, 10 ObS

52/96 (SSV-NF 10/30 = SZ 69/80 = DRdA 1997, 22 [zust Mazal] = ZAS

1998, 45 [zust Offenberger] = JBl 1997, 126 = RdM 1996, 184 = ARD

4770/47/96 ua) mit ausführlicher Begründung dargelegt hat, ist

Voraussetzung für den Ersatz der Kosten einer medizinischen

Außenseitermethode, dass zuvor eine wissenschaftlich anerkannte

schulmedizinische Behandlung versucht wurde oder nicht

erfolgversprechend gewesen wäre, während die Außenseitermethode

erfolgreich war oder doch nach den bisherigen Erfahrungen ein Erfolg

erwartet werden durfte (ähnlich 9. 4. 1996, 10 ObS 20/95 = SSV-NF

10/33 = SZ 69/87 = RdM 1996, 182 = EvBl 1997/57; vgl auch 10 ObS

2374/96g = SSV-NF 10/121). An dieser Rechtsprechung hat der Senat

ungeachtet der Ausführungen M. Binders (Zur Kostenabdeckung alternativmedizinischer Behandlungsmethoden durch die Krankenversicherung, RdM 1997, 39) zuletzt festgehalten (29. 6. 1999, 10 ObS 382/98v; 31. 8. 1999, 10 ObS 150/99b).

Die Revisionswerberin vertritt die Auffassung, die Ukrain-Therapie sei im Fall ihres Ehegatten notwendig und zweckmäßig gewesen, weil diese Behandlung erfolgreich gewesen sei: Sie habe den nach schulmedizinischer Therapie lebensbedrohlichen Zustand behoben und dem Patienten eine erhöhte Lebensqualität vermittelt. Dabei entfernt sie sich aber von den maßgeblichen Feststellungen der Tatsacheninstanzen im zweiten Rechtsgang, wonach die Besserung des (subjektiven) Allgemeinbefindens des Patienten nicht auf die Verabreichung des Mittels Ukrain, sondern lediglich auf das Aussetzen der Nebenwirkungen der bisher angewendeten schulmedizinischen Interferon-Behandlung zurückzuführen war. Die Verabreichung des Mittels Ukrain führte nach den Feststellungen weder zu einer Rückbildung der Metastasen, noch zu einer sonstigen Verbesserung des Zustandes. Eine Wirkung dieses Mittels konnte - von einem möglicherweise eingetretenen, rechtlich aber unerheblichen Placebo-Effekt abgesehen - überhaupt nicht festgestellt werden.

Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin wurde die Wirksamkeit des Mittels Ukrain auch nicht in der oben zitierten Entscheidung 10 ObS 52/96 abschließend und bindend bejaht. Ohne dass dies dort direkt ausgesprochen wurde, handelte es sich um eine Aufhebung nach § 496 Abs 1 Z 3 ZPO, weil "nach Inhalt der Prozessakten" dem Revisionsgericht "erhebliche scheinende Tatsachen in erster Instanz gar nicht erörtert wurden". Grund für die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht war das Vorliegen von Feststellungsmängeln auf Grund unrichtiger rechtlicher Beurteilung (sog. sekundäre Mängel); die Bestimmung des § 496 Abs 2 ZPO, wonach sich das Verfahren vor dem Prozessgericht im Falle der Z 1 auf die unerledigt gebliebenen Ansprüche und Anträge, im Falle der Z 2 auf die durch den Mangel betroffenen Teile des erstgerichtlichen Verfahrens und Urteils zu beschränken haben, gilt daher hier nicht (vgl Fasching, ZPR**2 Rz 1764; 1774, 1820). Liegen auf unrichtiger rechtlicher Beurteilung beruhende Feststellungsmängel vor, hebt der Oberste Gerichtshof zufolge erhobener Rechtsrüge die Urteile der Vorinstanzen auf und verweist er die Sache an das Erstgericht zurück, dann gelten für das weitere Verfahren vor dem Erstgericht die Bestimmungen des § 496 ZPO sinngemäß, wie wenn die Aufhebung bereits durch das Berufungsgericht erfolgt wäre. Das bedeutet aber, dass eben die Beschränkung des § 496 Abs 2 ZPO nicht gilt und im fortgesetzten Verfahren neues - auch widersprechendes - Vorbringen und neue Beweisanträge - abgesehen vom Fall der Verschleppungsabsicht - unbeschränkt zulässig sind und daher auch neue, von den bisherigen abweichende Feststellungen getroffen werden können. Lediglich abschließend entschiedene Fragen oder abschließend erledigte Streitpunkte können nicht wieder aufgerollt werden (Kodek/Rechberger, ZPO, Rz 5 zur § 496 mwN; RIS-Justiz RS0042435; 10 ObS 422/98a).

Damit hat aber die hier zu lösende Rechtsfrage keine über diesen Einzelfall hinausgehende Bedeutung. Das Berufsgericht hat im Rahmen der Grundsätze der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Kostenersatz für medizinische Außenseitermethoden entschieden und die Rechtslage nicht verkannt. Mangels einer erheblichen Rechtsfrage liegen die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Revision nach § 46 Abs 1 ASGG nicht vor.

Diese Erwägungen führen zur Zurückweisung des Rechtsmittels.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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