OGH 9ObA150/00z

OGH9ObA150/00z18.10.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Peter Scherz und MR Mag. Dorit Tschögele als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Alois H*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Bernd A. Oberhofer und Dr. Herbert Fink, Rechtsanwälte in Innsbruck, und der auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenientinnen 1) Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Landesstelle Linz, 4021 Linz, Blumauerplatz 1, 2) Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, 4021 Linz, Gruberstraße 77, 3) Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Landesstelle Linz, 4021 Linz, Volksgartenstraße 14, alle vertreten durch Dr. Ludwig Hoffmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei S*****gmbH, *****, vertreten durch Dr. Longin Josef Kempf und Dr. Josef Maier, Rechtsanwälte in Peuerbach, und die auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenientinnen 1) M*****Versicherung AG, *****, vertreten durch Dr. Alfred Roschek, Rechtsanwalt in Wien, 2) D*****Versicherung AG, *****, vertreten durch Puttinger, Vogl und Partner, Rechtsanwälte in Ried, wegen S 840.000,- sA und Feststellung (S 150.000,‑), über die Revisionen der klagenden Partei und der auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenientinnen gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 1. Februar 2000, GZ 12 Ra 247/99a‑60, womit über Berufung der beklagten Partei und der auf ihrer Seite beigetretenen Erstnebenintervenientin das Zwischenurteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgericht vom 14. Juli 1999, GZ 14 Cga 178/99h‑44, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei und der auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenientin M***** Versicherung AG die je mit S 27.237,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 4.539,60 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war seit 9. 3. 1995 als Kraftfahrer bei der Beklagten beschäftigt. In dieser Eigenschaft hatte er am 23. 3. 1995 einen Transport durchzuführen. Er lenkte ein bei der Erstnebenintervenientin haftplichtversichertes Zugfahrzeug mit einem bei der Zweitnebenintervenientin haftpflichtversicherten Sattelanhänger. Auf der Westautobahn wurde ihm von einem nachkommenden Verkehrsteilnehmer, der von den Reifen des Sattelanhängers Rauch aufsteigen sah, ein Signal zum Anhalten gegeben. Er fuhr daraufhin auf einen Autobahnparkplatz, stellte den Motor ab, stieg aus und entdeckte, dass im Bereich der Felge des vorderen rechten Reifens des Sattelanhängers kleinere Flammen züngelten. Als er versuchte, den Brand mit einem aus dem Cockpit seines Fahrzeugs geholten Overall zu löschen, explodierte der Reifen, wodurch er schwerst verletzt wurde.

Die Beklagte gehört zum "S*****‑Konzern", der wie folgt organisiert ist: Sämtliche Fahrzeuge befinden sich im Eigentum der S***** Leasing GmbH. Die Anmeldung der Fahrzeuge erfolgt "aufgrund der vorliegenden Konzessionen der einzelnen S*****‑Firmen". Versicherungsnehmer sämtlicher Fahrzeuge ist die S*****G*****gmbH, der allein die Disposition über sämtliche Fahrzeuge zukommt. Sie trägt auch für sämtliche Fahrzeuge die Versicherungsprämien sowie die Betriebs- und Treibstoffkosten und kassiert auch den Frachtlohn, der den überwiegenden Teil der Einkünfte der "Stadler‑Firmen" darstellt. Bei der S*****G*****gmbH ist auch das gesamte Verwaltungspersonal der "Stadler‑Firmen" angestellt. Ihr gehört auch die Werkstätte.

Die Fahrer sind bei drei weiteren Gesellschaften, zu denen auch die Beklagte zählt, beschäftigt. Sie erhalten ihre Löhne von den Gesellschaften, bei denen sie angemeldet sind. Diese beziehen "ihre Einkommen" von der S***** G*****gmbH, für die sie fahren. Sämtliche Gesellschaften haben ein einheitliches Firmen- und Werksgelände und sind durch ihre Gesellschafter, Geschäftsführer und Prokuristen eng miteinander verwoben.

Den am 23. 3. 1995 durchgeführten Auftrag erhielt der Kläger vom Disponenten der S***** G*****gmbH. Das dabei verwendete Sattelzugfahrzeug war auf eine der Beschäftiger‑Gesellschaften, der Sattelanhänger auf die Beklagte zugelassen.

Der Kläger begehrt Schmerzengeld von S 800.000, den Ersatz von Aufwendungen und Auslagen von S 40.000,- und die Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige ihm aus dem Unfall erwachsende Schäden. Die Haftung der Beklagten ergebe sich "insbesondere" aus § 1014 ABGB iVm § 333 Abs 3 ASVG. § 1014 letzter Halbsatz ABGB werde von der Rechtsprechung auch auf Arbeitsverträge angewendet, sodass sich auch der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber auf die dort normierte Risikohaftung berufen könne. Diese Risikohaftung umfasse auch Ersatzansprüche wegen Körperschäden, daher auch Ansprüche auf Schmerzengeld. Die Haftung setze nach der Rechtsprechung voraus, dass sich ein geschäftsspezifisches Risiko verwirklicht habe; dies sei hier der Fall. Zwar setze bei (nicht vorsätzlich verschuldeten) Arbeitsunfällen das Haftungsprivileg des Arbeitgebers nach § 333 Abs 1 ASVG ein; § 333 Abs 3 idF der 48. ASVG‑Novelle habe dieses Privileg jedoch für den Fall aufgehoben, dass der Arbeitsunfall durch ein Verkehrsmittel verursacht sei, für dessen Betrieb eine erhöhte Haftpflicht bestehe, wobei der Arbeitgeber nur bis zur Höhe der aus einer bestehenden Haftpflichtversicherung zur Verfügung stehenden Versicherungssumme hafte. Dies komme hier zum Tragen. Der hier geltend gemachte Anspruch sei als "Ersatzanspruch aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen" von der bestehenden Haftpflichtversicherung gedeckt. Die Beklagte sei in den Schutzbereich der Haftpflichtversicherung jedenfalls als Mitversicherter einbezogen, wobei es dahingestellt bleiben könne, ob sie Halter, Mithalter oder Betriebsgehilfe des Unfallfahrzeuges gewesen sei. Sie habe auch den Nutzen aus der Verwendung des Fahrzeugs gezogen. Schon die Eigenschaft als Halter des Sattelauflegers rechtfertige ihre Haftung, weil ja der Reifen des Auflegers den Schaden herbeigeführt habe. Im Übrigen seien die Gesellschaften des S*****‑Konzerns organisatorisch und personell derart eng verwoben, dass schon deshalb zumindest von einer Mithalterschaft der Beklagten auch hinsichtlich des Zugfahrzeugs ausgegangen werden müsse. Für die Einbeziehung in den Versicherungsschutz reiche im Übrigen schon der Umstand aus, dass die Beklagte mit Willen des Halters über das Fahrzeug disponiert habe. Jedenfalls umfasse der Versicherungsschutz - da die Beklagte mit Willen des Versicherungsnehmers beim Betrieb des Fahrzeuges tätig geworden sei - den hier geltend gemachten Anspruch, sodass sämtliche Voraussetzungen für die Haftung der Beklagten gegeben seien. Überdies habe die Beklagte wegen eines ihr zuzurechnenden Wartungsmangels ohnedies ein Verschulden am Unfall zu vertreten. Auch nach EKHG sei die Haftung der Beklagten zu bejahen, weil § 3 Z 3 EKHG nicht anzuwenden sei, zumal der Beklagte nicht unmittelbar beim Betrieb tätig, sondern mit der Abwehr einer vom Fahrzeug ausgehenden außergewöhnlichen Betriebsgefahr beschäftigt gewesen sei.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Sie habe keinen Wartungsfehler und daher auch kein Verschulden zu vertreten. Eine Haftung nach den Bestimmungen des EKHG komme im Hinblick auf dessen § 3 Z 3 nicht in Betracht. Für den Haftungsausschluss nach dieser Bestimmung sei entscheidend, dass der Kläger als beim Betrieb des Fahrzeugs tätige Person die Folgen seiner Tätigkeit, seien sie sorglos oder sorgfältig herbeigeführt worden, selbst zu tragen habe. Damit komme das EKHG gemäß seinem § 3 Z 3 nicht zum Tragen, sodass es auf die Frage, ob sich eine gewöhnliche oder eine außergewöhnliche Betriebsgefahr verwirklicht habe, nicht ankomme. § 1014 ABGB sei nicht anwendbar, weil der Tätigkeit des Klägers kein Bevollmächtigungsverhältnis zugrunde gelegen sei und weil der Schaden nicht aus einer für seine Tätigkeit typischen Gefahr entstanden sei. Außerdem treffe den Kläger das alleinige Verschulden am Unfall. Der Beklagten komme überdies das Haftungsprivileg des § 333 ASVG zugute, weil die Schäden nicht durch eine Gefahr entstanden seien, die aus einer erhöhten Haftpflicht resultiere. Das Schadensereignis sei nicht unmittelbar durch den Betrieb des Fahrzeugs entstanden. Der Brand und die daraus resultierenden Schäden des Klägers seien durch die Haftpflichtversicherung nicht gedeckt. Es fehle auch an einem arbeitsadäquaten Kausalzusammenhang. Zudem liege ein unabwendbares Ereignis vor. Die Beklagte sei auch nicht Halter und auch nicht mit Willen des Halters bei der Verwendung des Fahrzeugs tätig gewesen. Auch seien die Ansprüche des Klägers nach den Bestimmungen des Kollektivvertrages für das Güterbeförderungsgewerbe verfristet, die erst im Laufe des Verfahrens erfolgte Ausdehnung des Klagebegehrens überdies verjährt.

Die Beklagte bestritt zunächst, Halter des Zugfahrzeugs oder des Anhängers zu sein. In der Tagsatzung vom 27. 3. 1998 bezeichnete sie sich als Halter "des Fahrzeuges" (S 2 in ON 9). In der Tatsatzung vom 8. 6. 1998 berichtigte sie dieses Vorbringen iS der Behauptung, nur hinsichtlich des Sattelauflegers Halter zu sein, nicht aber hinsichtlich des Zugfahrzeuges (S 5 in ON 17).

Das Erstgericht erkannte mit Zwischenurteil das Klagebegehren als dem Grunde nach zu Recht bestehend und vertrat folgende Rechtsauffassung:

Nach § 333 Abs 3 ASVG sei das Haftungsprivileg des Arbeitgebers nicht anzuwenden, wenn der Arbeitsunfall durch ein Verkehrsmittel eingetreten sei, für dessen Betrieb aufgrund gesetzlicher Vorschrift eine erhöhte Haftpflicht bestehe. Im Rahmen der Versicherungssumme treffe daher den (nicht vorsätzlich handelnden) Arbeitgeber einerseits die Gefährdungshaftung als Kraftfahrzeughalter, andererseits die Verschuldenshaftung. Da ein Wartungsmangel als Ursache der Explosion nicht feststellbar gewesen sei, komme eine Verschuldenshaftung der Beklagten nicht in Betracht.

Sie sei allerdings als Halter des LKW anzusehen, wobei daran anzuknüpfen sei, dass im S*****‑Konzern den einzelnen Unternehmen zwar unterschiedliche Aufgaben zugeteilt seien, aber allen gemein der Güterverkehr bzw. -transport sei. Der überwiegende Teil der Einnahmen der Beklagten, deren Aufgabe die Beschäftigung eines Teils der Fahrer sei, komme aus dem Frachtlohn, der zwar von der S***** G*****gmbH kassiert, aber ua von dieser der Beklagten für deren Fahrer gezahlt werde. Damit komme der Beklagten ein Nutzen aus dem Gebrauch der Fahrzeuge zu, sodass sie Mithalter iS des § 5 EKHG sei.

Trotzdem hafte sie nicht nach den Bestimmungen des EKHG, weil dieses in seinem § 3 Z 3 die Haftung des Halters ausschließe, wenn der Verletzte oder Getötete während der Beförderung seine eigentliche berufliche Tätigkeit ausübe.

Allerdings komme § 1014 ABGB zum Tragen. Diese Bestimmung sei auf Arbeitsverträge analog anzuwenden. Der Arbeitgeber habe demgemäß verschuldensunabhängig die mit der konkreten Arbeitsleistung typischerweise verbundenen (also arbeitsadäquaten) Sachschäden zu ersetzen, die das spezifische Risiko der Tätigkeit des Arbeitnehmer verwirklichen. Hier sei das Unfallereignis einer derartigen tätigkeitsspezifischen Gefahr entsprungen.

§ 333 Abs 3 ASVG erfasse nicht nur die Gefährdungshaftung sondern auch alle Fälle, in denen der Arbeitgeber nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts hafte, soweit der Versicherer leistungspflichtig sei. Er komme daher auch bei der verschuldensunabhängigen Erfolgshaftung des Gewalthabers nach § 1014 ABGB zum Tragen. Nach § 4 AKHB 1988 seien keinerlei Ersatzansprüche aus Personenschäden von der Versicherung ausgeschlossen; sie umfasse gemäß § 1 Abs 1 AKHB auch die Haftung des (Mit‑)halters für die Verletzung oder Tötung des Lenkers durch die Verwendung des Fahrzeugs. Daher sei auch die Ersatzpflicht nach § 1014 ABGB von der Versicherung gedeckt, sodass iVm § 333 Abs 3 ASVG der Anspruch des Klägers dem Grunde nach zu Recht bestehe. Verfristung sei ebensowenig eingetreten wie Verjährung.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung in ein das Klagebegehren abweisendes Endurteil ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

Es billigte die Rechtsausführungen des Erstgerichtes, mit denen dieses die Haftung der Beklagten wegen Verschuldens oder nach dem EKHG verneinte. Es bestehe aber auch kein Anspruch nach § 1014 ABGB. Zwar umfasse diese Bestimmung grundsätzlich auch den Ersatz von Personenschäden; diese seien aber nach den §§ 333 ff ASVG im Arbeitsrecht aus der Risikohaftung ausgenommen. Die Neufassung des § 333 Abs 3 ASVG durch die 48. ASVG‑Novelle habe daran nichts geändert. Nach wie vor setze die Haftung des Arbeitgebers vorsätzliche Schadenszufügung voraus, sodass für die Kraftfahrzeug‑Haftpflichtversicherung kein Anlass bestehe, einen Versicherungsschutz für ein Haftungsrisiko anzubieten, das gar nicht bestehe. Dem Gesetzgeber könne nicht unterstellt werden, er habe allen Arbeitnehmern - und nur diesen - unabhängig vom EKHG und von jeglichem Verschulden einen vollen Schmerzengeldanspruch sowie den Ersatz des gesamten weiteren aus der Körperverletzung resultierenden Schadens einräumen wollen; er habe - zu Recht - die Risikohaftung nach § 1014 ABGB nicht bedacht und sie daher auch nicht in den Versicherungsschutz der gesetzlichen Haftung einbeziehen wollen. Es wäre geradezu absurd und mit dem Wesen einer Haftpflichtversicherung nicht vereinbar, Deckung für eigene Schäden des Versicherungsnehmers zu gewähren. Schließlich habe der Gesetzgeber der 48. ASVG‑Novelle die angestellten Lenker den anderen Lenkern gleichstellen, sie aber nicht besserstellen wollen. Die gegenteilige Ansicht würde zudem dazu führen, dass der ebenfalls mit der 48. ASVG‑Novelle eingeführte Anspruch auf Integritätsabgeltung für den Bereich des Kraftfahrzeugverkehrs völlig inhaltsleer wäre. Die gemäß § 2 Abs 1 KHVG 1994 in den Versicherungsschutz fallenden Ersatzansprüche umfassten daher nicht die aus § 1014 ABGB abgeleiteten Ersatzansprüche für Eigenschäden eines Arbeitnehmers, der beim Betrieb des versicherten Fahrzeugs mit dem Willen des Arbeitgebers (Versicherungsnehmers) tätig werde. Ob die Beklagte überhaupt Mithalterin des versicherten Fahrzeugs gewesen sei und ob den Kläger ein Mitverschulden am Unfall treffe, könne daher dahingestellt bleiben.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber analog zu § 1014 ABGB auch arbeitsadäquate Personenschäden des als Lenker beim Betrieb eines KFZ tätigen Arbeitnehmers zu ersetzen habe, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.

Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen des Klägers und der auf seiner Seite beigetretenen Nebenintervenientinnen wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, jeweils mit dem Antrag, die Berufungsentscheidung im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Zwischenurteils abzuändern.

Die Beklagte und die auf ihrer Seite beigetretenen Erstnebenintervenientin beantragen, die Revisionen zurückzuweisen, hilfsweise, ihnen nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen sind zulässig. Die Rechtsprechung wendet seit längerem die im letzten Halbsatz des § 1014 ABGB normierte verschuldensunabhängige Ersatzpflicht des Gewaltgebers für mit der Erfüllung des Auftrages verbundene Schäden des Gewalthabers auch auf das nicht mit Geschäftsbesorgungen verbundene Arbeitsverhältnis analog an SZ 56/86 = DRdA 1984/1 S 32 <Jabornegg>; ZAS 1987, 85 <Kerschner> = DRdA 1988, 132 <Jabornegg>; SZ 61/45; SZ 68/212; RIS‑Justiz RS0019522). Die bisher dazu ergangenen Entscheidungen habe aber sämtlich dienstbedingte Sachschäden des Arbeitnehmers an von ihm beigestellten bzw. zu dienstlichen Zwecken verwendeten eigenen Sachen zum Gegenstand. Dies findet seine Ursache darin, dass bis zur schon mehrfach erwähnten Einschränkung des durch § 333 ASVG normierten Haftungsprivilegs eine Haftung des (nicht vorsätzlich handelnden) Arbeitgebers von vornherein nicht in Betracht kam. In der Lehre wurde dazu wiederholt die Auffassung vertreten, dass sich die Haftung nach § 1014 ABGB grundsätzlich auch auf Personenschäden beziehe und der Arbeitgeber nur wegen § 333 ASVG im Arbeitsverhältnis nicht für Personenschäden des Arbeitnehmers verschuldensunabhängig hafte (Bydlinski, Die Risikohaftung des Arbeitnehmers 17; Kerschner, Die Reichweite der Arbeitgeberhaftung nach § 1014 ABGB, in Tomandl, Haftungsprobleme im Arbeitsverhältnis (1991) 65 f). Seit der mit der 48. ASVG‑Novelle erfolgte Einschränkung des Haftungsprivilegs haftet aber nunmehr - vom Fall vorsätzlicher Schädigung abgesehen - der Arbeitgeber für durch einen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer gedeckte Personenschäden des Arbeitnehmers bis zur Höhe der aus einer bestehenden Haftpflichtversicherung zur Verfügung stehenden Versicherungssumme (DRdA 1994/11; DRdA 1994/27; ZVR 1995/122; 9 ObA 126/98i). Da der Oberste Gerichtshof überdies die Auffassung vertreten hat, dass von der gesetzlichen Kraftfahrzeug‑Haftpflichtversicherung keinerlei Ersatzansprüche aus Personenschäden ausgeschlossen sind (DRdA 1994/11 <Apathy>), stellt sich daher seit der 48. ASVG‑Novelle die Frage, ob § 333 Abs 3 ASVG neben der Verschuldenshaftung und der Haftung des Arbeitgebers als Halter nach dem EKHG auch eine allenfalls aus § 1014 ABGB abzuleitende verschuldensunabhängige Haftung des Arbeitgebers für Körperschäden des Arbeitnehmers umfasst. Diese Frage wurde bisher von Rechtsprechung noch nicht geprüft und auch in der Lehre nur in einem Aufsatz Oberhofers (ÖJZ 1994, 730), der darin den von ihm hier als Klagevertreter eingenommenen Standpunkt vertritt, erörtert.

Da das Berufungsgericht seine das Klagebegehren abweisende Entscheidung primär mit der Verneinung eines aus § 1014 ABGB abzuleitenden Anspruchs des Klägers begründet, die (vorgelagerte) Frage nach der (Mit‑)Haltereigenschaft der Beklagten aber offen ließ, kommt daher die in den Revisionsbeantwortungen begehrte Zurückweisung der Revisionen nicht in Betracht.

Allerdings ist in diesem Verfahren die aufgezeigte Rechtsfrage nicht zu klären, weil hier ein Obsiegen des Klägers aus folgenden Überlegungen von vornherein nicht in Betracht kommt.

Da ein Verschulden der Beklagten am Unfall nicht erwiesen ist, kommt nur mehr ihre Haftung nach dem EKHG oder nach § 1014 ABGB in Betracht. Beide Haftungsgründe können aber nur zum Tragen kommen, wenn die Beklagte als Halter bzw. Mithalter zu qualifizieren ist. Dies gilt auch für eine allfällige Haftung nach § 1014 ABGB, weil die Anwendung des § 333 Abs 3 ASVG das Vorliegen eines Versicherungsschutzes durch die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung voraussetzt, der aber hier - wie noch zu zeigen sein wird - von der Haltereigenschaft der Beklagten abhängt. Diese bestreitet aber, als Halter in Anspruch genommen werden zu können, wobei sie ihre Haltereigenschaft hinsichtlich des Anhängers offenkundig unterstellt, hinsichtlich des Zugfahrzeuges aber bestreitet; nur auf die Haltereigenschaft am Zugfahrzeug könne es aber ankommen.

Halter ist, wer das Fahrzeug auf eigene Rechnung in Gebrauch und die Verfügungsgewalt darüber hat. Dies ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Der Betrieb erfolgt auf eigene Rechnung des Halters, wenn er den Nutzen aus der Verwendung zieht und die Kosten trägt. Der Nutzen kann in der Erlangung wirtschaftlicher oder ideeller Vorteile liegen. Für die Tragung der Kosten ist vor allem auf die Unterbringung, Instandhaltung, Bedienung, Versicherung, Steuer etc abzustellen. Die freie Verfügung ermöglicht es, über die Verwendung des Kraftfahrzeuges zu entscheiden und korreliert mit der Möglichkeit zur Gefahrenabwendung. Auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis, wie z.B. auf das Eigentum oder ein Mietrecht am Fahrzeug, kommt es dabei nicht an; ebensowenig darauf, auf wen das Fahrzeug zugelassen ist oder wer Versicherungsnehmer der Haftpflichtversicherung ist. Maßgebend ist nur, dass der Halter tatsächlich in der Lage ist, die Verfügung über das Fahrzeug auszuüben (Apathy, Kommentar zum EKHG Rz 10 ff zu § 5; Schauer in Schwimann, ABGB VIIIý Rz 9 ff zu § 5 EKHG, jeweils mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Keine dieser Voraussetzungen trifft aber hier auf die Beklagte zu. Nach den Feststellungen kommt die alleinige Verfügung über die betroffenen Fahrzeuge - also sowohl über das Zugfahrzeug als auch über den Anhänger - der S***** G*****gmbH zu, die auch Eigentümerin der Fahrzeuge ist und die Kosten des Betriebs trägt. Die Rolle der Beklagten beschränkt sich darauf, den von ihr beschäftigten Lenker zur Verfügung zu stellen (darin unterscheidet sich der hier zu beurteilende Fall vom der vom Kläger zitierten Entscheidung DRdA 1994/11 zugrundeliegenden Sachverhalt; dort war das Kraftfahrzeug samt Lenker zur Verfügung gestellt worden). Sämtliche für die Haltereigenschaft maßgebenden Kriterien sind daher ausschließlich bei der S***** G*****gmbH gegeben, nicht aber bei der Beklagten. Aus der dazu vom Kläger zitierten Belegstelle DRdA 1994, 145 (Glosse Apathys zu DRdA 1994/11), aus der er ableitet, dass die Stellung der Beklagten als Betriebsgehilfe ausreiche, ist für ihn nichts zu gewinnen, zumal Apathy nur festhält, dass der Halter gemäß § 19 Abs 2 EKHG für diejenigen Personen, die mit seinem Willen beim Betrieb des KFZ tätig sind, haftet. Damit wird aber in keiner Weise zum Ausdruck gebracht, dass der Betriebsgehilfe zum Halter und Mitversicherten wird. Auch dem Hinweis auf Apathy, EKHG Rz 15 zu § 6 ist derartiges nicht zu entnehmen. Dass - wie das Erstgericht ins Treffen führt - die Beklagte indirekt wirtschaftlich vom Frachtauftrag profitiert, weil sie ja ihre Einnahmen vom Fahrzeughalter herleitet, reicht zur Annahme einer Mithalterschaft nicht aus (Apathy, Kommentar zum EKHG, Rz 14 zu § 5; Schauer, aaO, Rz 11 zu § 5 EKHG; die Entscheidung SZ 31/120 betrifft einen in keiner Weise vergleichbaren Sachverhalt).

Die vom Kläger ins Treffen geführte enge Verwobenheit der Gesellschaften des S*****‑Konzerns kann angesichts der klaren Feststellungen über die für die Haltereigenschaft maßgebenden Umstände nicht dazu führen, die alleinigen Haltereigenschaft der S***** G*****gmbH in Frage zu stellen und eine Mithalterschaft der Beklagten zu begründen. Zwar ist der Oberste Gerichtshof erst vor kurzem in einer die S***** G*****gmbH betreffenden Entscheidung von einer Mithalterschaft dieser Gesellschaft im Hinblick auf eine aus den dort getroffenen Feststellungen abgeleitete Gesellschaft bürgerlichen Rechts der in Betracht kommenden Konzerngesellschaften ausgegangen (2 Ob 2/99d). Der dort festgestellte Sachverhalt weicht aber - vor allem hinsichtlich Kostentragung und Verrechnung - in mehrfacher Hinsicht vom hier festgestellten Sachverhalt ab. Abgesehen davon, dass der Kläger im vorliegenden Verfahren zwar eine enge organisatorische und persönliche Verwobenheit, nicht aber das Vorliegen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts behauptet hat, hält die zitierte Entscheidung überdies ausdrücklich fest, dass die Teilhaber einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Halter eines von der Gesellschaft betriebenen Kraftfahrzeuges anzusehen sind, sofern nicht besondere Umstände nachgewiesen werden, aus denen sich die mangelnde Verfügungsmacht eines Teilhabers ergibt. Solche Umstände wurden aber hier nachgewiesen, weil feststeht, dass die alleinige Verfügung über die Fahrzeuge der S***** G*****gmbH zukommt und die Rolle der Beklagten auf die Beistellung von Lenkern reduziert ist.

Dass die Beklagte im Laufe des Verfahrens in Widerspruch zu anderen Prozessbehauptungen - offenkundig verkennend, dass ihre Eigenschaft als Zulassungsbesitzer hiefür nicht entscheiden ist - die Haltereigenschaft bezüglich des Anhängers zugestanden hat, ist nicht entscheidend. Die Haltereigenschaft ist eine Rechtsfrage (Apathy, aaO, Rz 11 zu § 5; Schauer, aaO, Rz 11 zu § 5 EKHG; beide weisen darauf hin, dass die in manchen Entscheidungen verwendete Formulierung, die Haltereigenschaft sei weniger ein rechtliches, als vielmehr ein wirtschaftliches oder tatsächliches Verhältnis, diesem Ergebnis nicht widerspricht, sondern nur zum Ausdruck bringen soll, dass es auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis zum Fahrzeug nicht ankommt). Jedenfalls im hier zu beurteilenden Fall, in dem sich aus den Feststellungen klar ergibt, dass die Beklagte auch hinsichtlich des Auflegers nicht Halter ist, und in dem überdies die Beklagte ihre Haltereigenschaft hinsichtlich des gesamten LKW‑Zuges bestritten hat, kann dem Zugeständnis, Halter des Anhängers zu sein, keine bindende Wirkung zukommen.

Dazu kommt, dass die Beklagte selbst auf der Grundlage ihres Zugeständnisses nicht als Halter in Anspruch genommen werden könnte. Sie und die auf ihrer Seite beigetretene Nebenintervenientin machen nämlich zu Recht geltend, dass unter den hier gegebenen Umständen nur die Haltereigenschaft am Zugfahrzeug entscheidend sein kann.

In der dazu zitierten Entscheidung SZ 24/310 führte der Oberste Gerichtshof - noch vor dem Inkrafttreten des EKHG und daher zu § 17 KFG 1947 - aus, dass ein Anhänger - selbst kein Kraftfahrzeug iS des § 1 Abs 1 KFG 1947 (vgl nunmehr § 2 Abs 1 Z 1 und 2 KFG 1967) - nur durch die von einem anderen Fahrzeug ausgehende Zugwirkung in Bewegung gesetzt wird und deshalb - sobald er mit dem Zugfahrzeug verbunden wird - in rechtlicher Hinsicht mit diesem eine Einheit bildet und ausschließlich dem Betrieb des Zugfahrzeugs zuzurechnen ist (SZ 24/310 unter ausdrücklichem Hinweis auf die vergleichbare Situation beim Abschleppen von Kraftfahrzeugen; siehe zu letzterem nunmehr SZ 51/176; ZVR 1971/84; RIS‑Justiz RS0058334). Diese Auffassung, nach der der Anhänger nicht für sich allein, sondern nur als Teil der mit der Zugmaschine gebildeten Betriebseinheit "in Betrieb" sein kann, liegt auch der Rechtsprechung zum EKHG zugrunde (ZVR 1982/284; ZVR 1971/55; ZVR 1969/177; SZ 41/43). Sie entspricht auch der in Deutschland herrschenden Auffassung, die ebenfalls die Betriebsgefahr des Kraftfahrzeuges auf dessen Anhänger erstreckt (Full, Zivilrechtliche Haftung im Straßenverkehr, Rz 93 ff zu § 7 dStVG; Geigel, Der Haftpflichtprozess22 S 752 Rz 17). Dabei herrscht Einigkeit darüber, dass sich ein Unfall auch dann im Betrieb des Kraftfahrzeuges (also des Zugfahrzeuges) ereignet, wenn der in den Unfall verwickelte Anhänger vorübergehend aus der Betriebseinheit gelöst wird, weil eine solche vorübergehende Lösung die Betriebseinheit nicht auflöst (ZVR 1982/284; ZVR 1971/55; ZVR 1969/177; SZ 41/43; zur deutschen Rechtslage: Full, aaO, Rz 94; Geigel, aaO, S 752 Rz 17). Von dieser Auffassung abzugehen, besteht keine Veranlassung. Damit kann aber im hier zu beurteilenden Fall nicht zweifelhaft sein, dass der Anhänger nur als Teil der Betriebseinheit mit dem Zugfahrzeug "in Betrieb" iS des EKHG war, dass diese Betriebseinheit dadurch, dass der LKW‑Zug wegen des Brandes an der Achse zum Stillstand gebracht wurde, nicht gelöst wurde und dass als Halter dieser Betriebseinheit nur der Halter des Zugfahrzeuges - und damit nicht die Beklagte - angesehen werden kann. Dass der Brand ausschließlich den Reifen des Anhängers betraf, ändert daran nichts, weil der Anhänger nicht für sich allein, sonder nur als Teil der dem Halter des Zugfahrzeuges zuzurechnenden Betriebseinheit "im Betrieb" iS des EKHG sein konnte.

Wie bereits ausgeführt, scheidet damit nicht nur die Haftung der Beklagten nach dem EKHG aus; auch ihre Haftung nach § 1014 ABGB kommt daher von vornherein nicht in Betracht. Wie ausgeführt, hätte diese Haftung zur Voraussetzung, dass der Schaden durch die Haftpflichtversicherung gedeckt ist, was wiederum voraussetzen würde, dass die Beklagte selbst Mitversicherte iS des § 2 Abs 2 KHVG wäre. Mitversichert sind nach dieser Gesetzesstelle der Eigentümer, der Halter und Personen, die mit Willen des Halters bei der Verwendung des Fahrzeugs tätig sind oder mit dem Fahrzeug befördert werden oder die den Lenker einweisen. Nichts davon trifft aber auf die Beklagte zu. Da somit für die Beklagte kein Versicherungsschutz besteht, kommt § 333 Abs 3 ASVG nicht zum Tragen, sodass sich im Ergebnis die Abweisung des Klagebegehrens durch das Berufungsgericht als zutreffend erweist.

Auf die die Zulässigkeit der Revision rechtfertigenden Rechtsfragen im Zusammenhang mit § 1014 ABGB kommt es daher nicht mehr an.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Unter dem Gesichtspunkt der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bestand für die Beklagte und für die auf ihrer Seite beigetretene Erstnebenintervenientin keine Notwendigkeit, zu den beiden Revisionen des Klägers und der auf seiner Seite beigetretenen Nebenintervenientinnen (je) zwei gesonderte Revisionsbeantwortungen zu erstatten, zumal bei Erstattung der ersten Revisionsbeantwortung der Beklagten und der auf ihrer Seite beigetretenen Erstnebenintervenientin bereits beide Revisionen zugestellt waren. Es sind ihnen daher jeweils nur die Kosten einer Revisionsbeantwortung zu ersetzen (MietSlg XXXVIII/4). Der von ihnen verzeichnete Streitgenossenzuschlag gebührt ihnen nur im Umfang von 20 %, weil ihre Vertreter im Revisionsverfahren jeweils nur eine Person vertreten und ihnen insgesamt 4 Personen gegenüberstehen (§ 15 RATG). Zum Kostenersatz ist nur der Kläger, nicht aber die auf seiner Seite beigetretenen Nebenintervenientinnen, zu verpflichten (EvBl 1974/71; MietSlg XXXVIII/4 uva).

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