OGH 10ObS263/00z

OGH10ObS263/00z3.10.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Gründler und Dr. Dietmar Strimitzer (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Ernst H*****, Textilhändler (Geschäftsführer), ***** vertreten durch Mag. Georg E. Thalhammer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, vertreten durch Dr. Paul Bachmann und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen vorzeitiger Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. Mai 2000, GZ 7 Rs 72/00k-24, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 15. Dezember 1999, GZ 14 Cgs 178/98p-18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, dass der Kläger die Voraussetzungen für die Zuerkennung der vorzeitigen Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 131c GSVG nicht erfüllt, ist zutreffend, weshalb es ausreicht, auf ihre Richtigkeit zu verweisen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO). Sie steht auch mit der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs im Einklang (SSV-NF 11/145; 12/142; 10 ObS 107/98b - ARD 5026/16/99; 10 Ob 412/98f - ARD 5060/5/99; 10 ObS 109/99y - ARD 5089/16/00; 10 ObS 373/99x; RIS-Justiz RS0109275).

In der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätige unterscheiden sich von unselbständig beschäftigten Personen grundsätzlich darin, dass sie ihr Unternehmen selbständig und eigenverantwortlich leiten, dessen Aufgaben planen und durchführen und deshalb auch ihren Betrieb selbständig organisieren können. Deshalb kann ein solcher Erwerbstätiger, der das 55. (57.) Lebensjahr vollendet hat, erst dann als erwerbsunfähig gelten, wenn er außerstande ist, jener selbständigen Erwerbstätigkeit auch unter Berücksichtigung insbesondere wirtschaftlich zumutbarer Organisationsmaßnahmen nachzugehen. Ein selbständig Erwerbstätiger, der Dienstnehmer beschäftigt, kann anders als ein unselbständig Erwerbstätiger, der die Gestaltung seiner Tätigkeit kaum beeinflussen kann, zumeist Arbeiten - insbesondere solche, die Anforderungen an die physische Leistungsfähigkeit stellen und die er vor Absinken seiner Arbeitsfähigkeit selbst verrichten konnte - weitgehend an Dienstnehmer delegieren und hat damit die Möglichkeit, unter Vermeidung solcher Arbeiten, die seine Leistungsfähigkeit überschreiten, trotz gesundsbedingter Einschränkungen seine selbständige Erwerbstätigkeit weiter auszuüben. Entscheidend ist daher nicht, ob der Kläger in der Lage ist, seine Tätigkeit in der früher tatsächlich ausgeübten Form weiterhin zu verrichten, sondern ob er unter Berücksichtigung der Einschränkungen seines Leistungskalküls in der Lage ist, seine selbständige Erwerbstätigkeit weiter auszuüben, wobei auch eine mögliche Umorganisierung des Betriebes in Betracht zu ziehen ist. Kann er auf diese Weise Arbeiten, die er bisher verrichtete und die ihm nicht mehr möglich sind, vermeiden, so wäre er weiterhin in der Lage, jener selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne des § 131c Abs 1 Z 3 GSVG wie in den letzten 60 Kalendermonaten nachzugehen. Damit wird der älteren Versicherten nach dieser Gesetzesstelle eingeräumte Schutz nicht eingeschränkt, sondern eben nur der Besonderheit Rechnung getragen, dass selbständig Erwerbstätige durch die ihnen zur Verfügung stehende Möglichkeit, ihr persönliches Arbeitsgebiet durch Umorganisierung weitgehend selbständig zu bestimmen, Arbeiten, die sich nicht mehr (wie bisher) persönlich zu leisten imstande sind, an Mitarbeiter übertragen können.

Die Revisionsausführungen versuchen darzulegen, der Kläger habe die kalkülüberschreitenden Arbeiten, nämlich die Auslagendekoration (mit häufigem tiefen Bücken) nicht delegieren können, weil Dekorateure in die Beschäftigungsgruppe 3 des Kollektivvertrages mit einem Gehalt von S 12.890 bis S 20.120, allenfalls sogar in die Beschäftigungsgruppe 4 einzustufen seien und Zahlungen für solche Angestellte die finanzielle Kraft des Klägers überstiegen.

Dabei lässt er das zutreffende Argument des Berufungsgerichtes außer Acht, dass es der Einstellung eines Auslagendekorateurs gar nicht bedurft hätte, weil der Kläger weiterhin die Dekoration zum großen Teil selbst hätte vornehmen können und nur die ausgeschlossenen Arbeiten in "häufigem tiefen Bücken unter Kniehöhe" unter seiner Anleitung und Aufsicht von einem an sich nicht notwendigerweise qualifizierten Arbeitnehmer durchführen zu lassen brauchte. Eine solche Verteilung der Aufgaben hätte auch keine Einkommensbuße bewirkt. Ob der Kläger "Millionenverluste" erwirtschaftet habe, ist für die rechtliche Beurteilung ohne Belang, weshalb dazu keine Feststellungen getroffen werden mussten.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch aus Billigkeit sind nicht ersichtlich.

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