Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 13.725 (darin enthalten S 2.287,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Mit Mietvertrag vom 10. 8. 1989 mietete der Beklagte von der Klägerin deren Einfamilienhaus in B***** gegen den mit S 9.000 wertgesichert vereinbarten monatlichen Mietzins zuzüglich der Übernahme der S 2.700 pro Quartal übersteigenden Betriebskosten.
Das Mietverhältnis endete am 31. 8. 1995. Da sich der Beklagte aber mit der Begründung, das Mietverhältnis sei unbefristet, auszuziehen weigerte, war die Klägerin gezwungen, die Räumung des Hauses klagsweise zu betreiben: Mit Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 4. 6. 1997 wurde der Beklagte verpflichtet, der Klägerin das Bestandobjekt binnen 14 Tagen geräumt zu übergeben. Die vom Beklagten dagegen erhobene Revision wurde vom Obersten Gerichtshof mit Beschluss vom 14. 4. 1999, 7 Ob 85/99x, zurückgewiesen.
Inzwischen hatte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 4. 8. 1997 mitgeteilt, dass sich das Bestandobjekt nicht mehr in ordnungsgemäßem und gebrauchsfähigem Zustand befinde; insbesondere sei das Dach undicht, die Türen und Fenster seien sanierungsbedürftig. Wegen andauernder Unbenützbarkeit des Mietobjekts werde eine Mietzinsminderung geltend gemacht. In der Folge zahlte der Beklagte keinen Mietzins mehr und kam auch seiner Verpflichtung zur Zahlung der Betriebskosten nur unvollständig nach.
Sofort nach Erhalt des erwähnten Schreibens des Beklagten beauftragte die Klägerin einen Dachdecker mit der Reparatur des Daches. Weiters beauftragte sie einen auf die Reparatur und Instandsetzung von Holzfenstern spezialisierten Tischlermeister damit, die Fenster und Türen des Mietobjekts zu besichtigen und allenfalls zu reparieren. Beiden Professionisten und einem von der Klägerin ebenfalls beauftragten Baumeister gelang es aber in der Folge trotz wiederholter Versuche weder schriftlich, noch telefonisch, noch per Fax eine Terminvereinbarung mit dem Beklagten zustande zu bringen. Dieser behauptete wiederholt, zu den vorgeschlagenen Terminen ortsabwesend zu sein und erklärte, darauf zu bestehen, dass das Dach sowie Fenster und Türen nicht nur repariert, sondern erneuert werden müssen. Vom Beklagten wurde dadurch die Behebung allfälliger Mängel verhindert.
Die Klägerin begehrte zuletzt (nach mehrmaliger Klagsausdehnung) den Zuspruch von S 309.418,77 (sA) an rückständigen Benützungsentgelten (Mietzins) für die Monate Juli 1997 bis inklusive Juni 1999 und rückständigen Betriebskosten.
Der Beklagte wendete ‑ soweit noch revisionsgegenständlich ‑ ein, er sei, da sich das Bestandobjekt nicht in gebrauchsfähigem Zustand befinde, zu einer Mietzinsminderung "auf null" berechtigt. Das Ziegeldach sei undicht, die Haustür biete keinen Schutz gegen Einbruchsversuche und Witterungseinflüsse und sei sanierungsbedürftig, sämtliche Fenster und Türen seien zu erneuern.
Die Klägerin erwiderte, der Beklagte bewohne das Bestandobjekt uneingeschränkt. Die Feststellung allfälliger Schäden und deren Reparatur scheitere am Verhalten des Beklagten, der Dachdecker und Tischler trotz mehrfacher Aufforderung Besichtigung und Reparatur verwehre und nur eine Gesamterneuerung des Daches und einen Austausch aller Fenster und Türen dulde.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit S 282.318,77 sA statt und wies ein (auf einem Rechenfehler beruhendes) Mehrbegehren von S 100 ab. Über einen Teilbetrag (betreffend Betriebskosten) von S 27.000 wurde ‑ ungerügt ‑ nicht entschieden; darauf ist daher hier nicht weiter einzugehen. Ausgehend von dem von ihm festgestellten, bereits eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt, führte das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht aus, der Beklagte benütze das Besatndobjekt seit 1. 9. 1995 titellos und habe ab diesem Zeitpunkt ein angemessenes Benützungsentgelt in Höhe des vereinbarten Mietzinses sowie die gesamten Betriebskosten zu bezahlen. Wenngleich im Februar 1999 von Sachverständigen mietzinsmindernde Mängel am Bestandobjekt festgestellt worden seien, sei dem Beklagten ein Anspruch auf Minderung nicht zuzubilligen, weil er "trotz unzähliger Versuche" der Klägerin und der von dieser beauftragten Professionisten die Mängelbehebung verhindert habe. Er sei daher verpflichtet, Benützungsentgelt für ein mängelfreies Objekt zu bezahlen. Die Betriebskostenabrechnung sei mangels substantiierter Bestreitung als ordnungsgemäß anzusehen.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Der Klägerin stehe ab Beendigung des Bestandvertrages per 31. 8. 1995, unabhängig davon, ob und wie die Bestandsache über die vereinbarte Bestandzeit hinaus weiter verwendet wurde und ob der Bestandnehmer während der Verzögerung der Rückstellung einen messbaren Nutzen am Bestandobjekt hatte, ein angemessenes Benützungsentgelt zu. Dieses entspreche im Regelfall dem vereinbarten Mietzins. Der für das Gegenteil beweispflichtige Beklagte habe die Angemessenheit des eingeklagten "Mietzinses" ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Zinsminderung bestritten und weder die Abweichung der Vorschreibungen vom (wertgesichert) vereinbarten Mietzins eingewendet, noch den Beweis der Angemessenheit eines geringeren als des vereinbarten Mietzinses angetreten. Teil des angemessenen Benützungsentgelts seien auch die aufgelaufenen Betriebskosten. Der Beklagte habe die Behebung allfälliger Mängel verhindert und habe dadurch einen allfälligen Zinsminderungsanspruch verloren. Habe der Bestandnehmer ‑ wie hier der Beklagte ‑ von Anfang an die Absicht gehabt, die Instandsetzung nur nach seinen Vorstellungen zu dulden, ohne den Nachweis für die Unzulänglichkeit der vom Bestandgeber ins Auge gefassten Sanierungsmaßnahmen zu erbringen, so sei eine Mietzinsminderung nicht erst ab der (faktischen) Hinderung des Bestandgebers an der Mängelbehebung, sondern rückwirkend schon ab Eintritt der Gebrauchsbeeinträchtigung ausgeschlossen. In einem solchen Fall sei der Bestandnehmer nicht anders zu behandeln, als wenn er den Umständen, die den Gebrauch des Bestandobjektes hinderten, zugestimmt hätte.
Seinen Ausspruch der Zulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Berufungsgericht damit, es fehle aktuelle höchstgerichtliche Rechtsprechung zu den rechtlichen Konsequenzen, welche die Hinderung vom Bestandgeber bereits veranlasster Maßnahmen zur Wiederherstellung eines mit Mängeln behafteten Bestandobjektes im Hinblick auf die von Gesetzes wegen eingetretene Zinsminderung (‑befreiung) nach sich ziehe.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen diesem Ausspruch, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (§ 508a Abs 1 ZPO), ist die Revision des Beklagten mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, ein Bestandnehmer, der die Behebung von den bedungenen Gebrauch der Bestandsache hinderlichen oder einschränkenden Mängeln ‑ etwa durch dauernde Verweigerung des Zutritts für die Handwerker ‑ verhindere, habe keinen Anspruch auf Zinsminderung nach § 1096 ABGB, entspricht der herrschenden Lehre und Rechtsprechung. Dies wird im schon vom Berufungsgericht zitierten Schrifttum (vgl auch Würth/Zingher, Miet‑ und Wohnrecht20 Rz 13 zu § 1096 ABGB) ebenso wie in zweitinstanzlichen Entscheidungen einhellig vertreten und ist bislang auf keinerlei Kritik gestoßen. Insofern kann die diesen Rechtssatz enthaltende oberstgerichtliche Entscheidung 1 Ob 225/60 = RIS‑Justiz RS0024625, auch wenn keine weitere Entscheidung des Obersten Gerichtshofs aus jüngerer Zeit vorliegt, als gesicherte Judikatur bezeichnet werden, zumal die vom Beklagten zur Stützung seiner (erstmals in der Revision vertretenen) Gegenmeinung vorgebrachten Argumente nicht zu überzeugen vermögen. Im Übrigen kommt der Beklagte ohnehin, ausgehend von der hA (vgl Würth in Rummel ABGB2 Rz 10 zu § 1096 mwN; Binder in Schwimann ABGB2 VI Rz 68 zu § 1096 mwH; Dittrich/Tades ABGB35 E 112 zu § 1096 mwN)), dass die Zinsminderung eine Gewährleistungsfolge eigener Art sei, weiters, dass die Schadensminderungspflicht (§ 1304 ABGB) auf Zinsbefreiungen nach § 1096 ABGB nicht anzuwenden sei und den Bestandnehmer keine Verpflichtung zur Schadensbehebung treffe, selbst zum Ergebnis, dass der Vermieter gegen den eine Mängelbehebung verhindernden Mieter einen Schadenersatzanspruch in Höhe des Mietzinsminderungsanspruchs habe. Auch nach Ansicht des Beklagten wird also die Zinsminderung gemäß § 1096 in einem solchen Fall durch einen - allerdings geltend zu machenden ‑ Schadenersatzanspruch kompensiert. Der betreffenden Rechtsfrage kommt daher keine erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu. Auch sonst vermag der Beklagte keine im Sinne dieser Gesetzesstelle revisionswürdige Rechtsfrage aufzuzeigen. Das vom Berufungsgericht relevierte und nun von ihm aufgegriffene Problem, ob die Zinsminderung von vornherein (schon ab Gebrauchsbeeinträchtigung) nicht eintrete oder erst ab faktischer Hinderung der Mängelbehebung durch den Bestandnehmer erlösche, stellt sich nämlich im vorliegenden Fall gar nicht. Eine zeitliche Differenz zwischen den beiden genannten Ereignissen (Eintritt der Gebrauchsminderung bzw Hinderung der Mängelbehebung) könnte entweder darauf zurückzuführen sein, dass der Bestandnehmer seiner Anzeigepflicht nach § 1097 ABGB nicht "ohne Verzug" nachkommt oder dass der Bestandgeber auf die Anzeige nicht unverzüglich entsprechende Maßnahmen ergreift. Beides war hier nicht der Fall: Der Beklagte hat die Klägerin mit Schreiben vom 4. 8. 1997 auf angeblich den Gebrauch des gemieteten Wohnhauses hindernde Mängel hingewiesen. Dass diese (für ihn gemäß § 1097 ABGB bei sonstigem Schadenersatz verpflichtende) Anzeige entgegen dem gesetzlichen Auftrag nicht unverzüglich nach Auftreten der Mängel erfolgt wäre, wurde von keiner der Parteien behauptet. Die Klägerin hat darauf ungesäumt ("sofort nach Erhalt des Briefes des Beklagten", Ersturteil Seite 7) Professionisten beauftragt. Das festgestellte Verhalten des Beklagten diesen gegenüber kann (wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat) zweifellos nur dahin interpretiert werden, dass er von vornherein und sogleich Reparaturen verhindern wollte. Damit lag aber zwischen dem Eintritt der angeblichen Gebrauchsstörung und der Hinderung der Mängelbehebung im vorliegenden Fall keine beachtenswerte zeitliche Differenz. Auf die betreffende Rechtsfrage ist daher hier nicht weiter einzugehen.
Mangels Vorliegens eines tauglichen Revisionsgrundes war das Rechtsmittel des Beklagten sohin zurückzuweisen. Dabei konnte sich der Oberste Gerichtshof gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision aus dem Grunde des § 502 Abs 1 ZPO ausdrücklich hingewiesen.
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