OGH 2Ob227/00x

OGH2Ob227/00x8.9.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hans P*****, vertreten durch das Advokaturbüro Achammer, Mennel, Welte & Partner, Rechtsanwälte in Feldkirch, wider die beklagte Partei Heide P*****, vertreten durch Dr. Markus Ch. Weinl, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 300.000 sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 20. Juli 2000, GZ 2 Nc 26/00z-2, womit der Ablehnungsantrag der beklagten Partei im Verfahren 11 C 7/00w des Bezirksgerichtes Feldkirch teilweise zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antrag auf Zuspruch der Rekurskosten wird abgewiesen.

Text

Begründung

Beim Bezirksgericht Feldkirch ist zu 11 C 7/00w ein Oppositionsprozess zwischen dem Kläger und der Beklagten anhängig.

Die Beklagte hat in ihrem am 9. 6. 2000 beim Bezirksgericht Feldkirch eingelangten vorbereiteten Schriftsatz unter anderem sämtliche Richter/innen des Landesgerichtes Feldkirch als befangen abgelehnt und hiezu im Wesentlichen vorgebracht:

Auch die Richter/innen des Landesgerichtes Feldkirch seien im gegenständlichen Rechtsstreit befangen. Denn der Richter Dr. S*****, welcher als Zeuge einvernommen werden solle, sei früher Richter des Landesgerichtes Feldkirch gewesen und nunmehr Vorsteher des Bezirksgerichtes Feldkirch. Es sei daher zu befürchten, dass Dr. S***** auch zu den Richter/innen des Landesgerichtes Feldkirch nicht nur rein dienstliche, sondern auch seit vielen Jahren freundschaftliche Beziehungen nach wie vor unterhalte. Weiters werde die Befangenheit sämtlicher Richter/innen des Landesgerichtes Feldkirch auf schwerwiegende Verfahrensverstöße gestützt, aus welchen sich die mangelnde Objektivität ergebe. Dies erhärte sich aufgrund der Berufungsentscheidung im Verfahren des Bezirksgerichtes Feldkirch 1 C 56/95t, bei welcher die Richter des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungssenat, bestehend aus Dr. D*****, Dr. F***** und Dr. H***** verhandelt und entschieden haben und die völlig unvertretbare Entscheidung des Erstrichters Dr. S***** vertreten hätten. Nach den Ausführungen des Landesgerichtes Feldkirch vom 13. 2. 1996 sei es nicht geboten oder üblich, vor Abschluss von Vergleichen über Ehegattenunterhalt von Amts wegen die Einkommensverhältnisse der Parteien zu erkunden. Dies sei nicht nur sachlich unrichtig, sondern dokumentiere auch die nicht gegebene Unvoreingenommenheit. Damit werde auch eine völlig falsche Rechtsansicht vertreten, womit offensichtlich der Erstrichter gedeckt werden solle. Das Landesgericht Feldkirch habe als Berufungsgericht (1 R 71/99w) auch im Verfahren des Bezirksgerichtes Feldkirch 11 C 1029/96f schwerwiegende Verfahrensverstöße begangen, aus welchen sich die mangelnde Objektivität ergebe. Weiters habe das Berufungsgericht zu Unrecht das Vorliegen von Verfahrensmängeln im Verfahren 1 C 56/95t des Bezirksgerichtes Feldkirch verneint. Auch sei es nicht von der Hand zu weisen, dass die Kanzlei des nunmehrigen Klagevertreters zu einem Großteil der Richter/innen des Bezirksgerichtes sowie des Landesgerichtes Feldkirch nicht nur rein berufliche, sondern auch freundschaftliche Beziehungen unterhalte. Der Klagsvetreter habe daher auch Insiderinformationen, welche der Beklagten nicht zugänglich seien.

Die von dem Ablehnungsantrag unmittelbar betroffenen Richter Dr. D*****, Dr. F***** und Dr. H***** erklärten in ihrer gemäß § 22 Abs 2 JN abgegebenen Äußerung, sich nicht befangen zu fühlen. Es gebe auch keinerlei Nahebeziehung eines dieser Senatsmitglieder zu der einen oder anderen Partei. In der von der Antragstellerin zitierten Berufungsentscheidung sei auch keine unvertretbare Rechtsansicht vertreten worden, vielmehr habe der Oberste Gerichtshof der gegen diese Entscheidung erhobenen außerordentlichen Revision der Beklagten keine Folge gegeben.

Das Oberlandesgericht Innsbruck sprach aus, dass die Ablehnung sämtlicher Richter des Landesgerichtes Feldkirch nicht berechtigt sei und führte hiezu folgendes aus:

Gemäß § 19 Z 2 JN könne ein Richter abgelehnt werden, wenn ein zureichender Grund vorliege, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Abgelehnt werden könne immer nur ein Richter als Person, niemals das Gericht als Institution. Die Ablehnung eines ganzen Gerichtes sei daher nur möglich, wenn für jede einzelne Person detaillierte Ablehnungsgründe angegeben werden. Nötigenfalls müssten detailliert gegen jeden einzelnen Richter des Gerichtes konkrete Befangenheitsgründe dargetan werden, es sei denn, dass ausnahmsweise der geltend gemachte Befangenheitsgrund auf alle Richter eines Gerichts in gleicher Weise zutreffe. Wie der Oberste Gerichtshof schon mehrfach ausgesprochen habe, liege eine unzulässige undifferenzierte Pauschalablehnung eines Gerichtshofes als Institution dann nicht vor, wenn dem Antrag zu entnehmen sei, dass bei jedem einzelnen Richter im Wesentlichen dieselben Ablehnungsgründe vorliegen. Die Beklagte habe im Antrag sämtliche Richter des Landesgerichtes Feldkirch abgelehnt, letztlich aber nur gegen die Richter des Berufungssenates Dr. D*****, Dr. F***** und Dr. H***** unzutreffende Ablehnungsgründe vorgebracht. Von der Beklagten würden also pauschal alle Richter des Landesgerichtes Feldkirch abgelehnt, ohne dass sie in der Lage wäre, hinsichtlich jedes einzelnen Richters oder hinsichtlich jeder einzelnen Richterin Ablehnungsgründe anzuführen, was aber nach den dargestellten Grundsätzen unzulässig sei. Soweit die Beklagte sämtlichen Richtern des Landesgerichtes Feldkirch in ihrem Ablehnungsantrag unterstelle, der Klagevertreter erhalte von diesen "Insiderinformationen", handle es sich um einen durch nichts bewiesenen Vorwurf eines strafbaren Verhaltens.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass dem Ablehnungsantrag gegen den Präsidenten, den Vizepräsidenten und sämtliche Richter des Landesgerichtes Feldkirch stattgegeben und die Rechtssache gemäß § 30 JN zur Entscheidung über die Ablehnungsanträge hinsichtlich sämtlicher bei den Bezirksgerichten Vorarlbergs tätiger Richter dem Landesgericht Innsbruck zugewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist gemäß § 24 Abs 2 JN zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 dritter Satz, § 528a ZPO). Im Übrigen hält der erkennende Senat die Begründung des angefochtenen Beschlusses für zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz, § 528a ZPO). Den Rechtsmittelausführungen ist kurz noch Folgendes entgegenzuhalten:

Im Rahmen unzulässiger Pauschalablehnungen offenbar rechtsmissbräuchlich ausgesprochene substanzlose Verdächtigungen und Beschuldigungen, die wegen ihres mangelnden Tatsachengehaltes nicht auf ihre abstrakte Berechtigung überprüft werden können und die ihren Grund offenbar in der Missbilligung vorangegangener Entscheidungen haben, sind völlig unbeachtlich und stehen der Verhandlung und Entscheidung der nach der Zuständigkeitsordnung berufenen betroffenen Richter nicht hindernd entgegen (RIS-Justiz RS0046011).

Dies trifft im vorliegenden Fall insbesondere für die durch nichts bescheinigte Behauptung zu, der Klagevertreter habe aufgrund von angeblichen freundschaftlichen Beziehungen zu einem Großteil der Richter des Landesgerichtes Feldkirch Insiderinformationen, die der Beklagten nicht zugänglich seien. Auch die geäußerte Befürchtung, der von der Beklagten als Zeuge geführte Vorsteher des Bezirksgerichtes Feldkirch unterhalte zu den Richtern des Landesgerichtes Feldkirch seit vielen Jahren freundschaftliche Beziehungen, beruht auf unbewiesenen Mutmaßungen. Mit einer im Jahr 1996 ausgesprochenen Befangenheit der Richter des Bezirksgerichtes Feldkirch hat die nunmehr (auch) behauptete Befangenheit der Richter des Landesgerichtes Feldkirch nichts zu tun. Nicht nachvollziehbar ist auch, warum wegen behaupteter Verfahrensverstöße in bestimmten Rechtsmittelsachen sämtliche Richter des Landesgerichtes Feldkirch befangen sein sollen.

Die Rechtsmittelwerberin erkennt selbst, dass die - angebliche - Unrichtigkeit einer Gerichtsentscheidung nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund bildet (RIS-Justiz RS0046019). Verfahrensmängel oder eine unrichtige Beweiswürdigung rechtfertigen in der Regel eine Ablehnung nicht, es sei denn, die Verstöße wären so schwerwiegend, dass sie die mangelnde Objektivität des Richters erkennen lassen (RIS-Justiz RS0045916, RS0046090). Im vorliegenden Fall bestehen aber keine Hinweise auf eine entsprechende Voreingenommenheit der betreffenden Rechtsmittelrichter, geschweige denn sämtlicher Richter des Landesgerichtes Feldkirch (vgl auch 3 Ob 176/97x).

Dem Rekurs war somit ein Erfolg zu versagen.

Eine Kostenersatzpflicht ist im Ablehnungsverfahren nicht vorgesehen (3 Ob 176/97x mwN).

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