OGH 6Ob319/99a

OGH6Ob319/99a30.8.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Richard Jan Robert K*****, geboren am 22. März 1985, über den Revisionsrekurs des Minderjährigen, vertreten durch seine Mutter Dipl.Ing. Jana K*****, diese vertreten durch Dr. Isabelle Dessulemoustier-Bovekercke, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 29. September 1999, GZ 43 R 559/99w-238, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 13. April 1999, GZ 16 P 11/96g-218, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern des Minderjährigen, der ua die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, wurde mit Urteil des Arrondissementgerichtes in Utrecht vom 17. 11. 1993 geschieden. Die (ua) gegen den Scheidungsausspruch gerichtete Berufung der Mutter wurde insoweit mit Entscheidung des Gerichtshofes in Amsterdam vom 23. 1. 1997 zurückgewiesen. Die Mutter, der aufgrund des Beschlusses des Erstgerichtes vom 6. 4. 1995 ON 111 die Obsorge zusteht, zog mit dem Kind nach Österreich. Der Vater ist niederländischer Staatsangehöriger, wohnt weiterhin in den Niederlanden, und ist pensionierter UNO-Angestellter. Neben seinen Pensionsbezügen erhält er einen in den Pensionsabrechnungen als "child's benefit" gesondert ausgewiesenen Geldbetrag. Seit März 1998 wird dieser nicht mehr ihm, sondern dem Magistrat der Stadt Wien (AJF) als Unterhaltssachwalter des Kindes gemäß § 9 Abs 2 UVG überwiesen.

Mit am 17. 3. 1999 eingelangtem Antrag begehrte der Minderjährige, vertreten durch seine Mutter, die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung (§ 154 Abs 3 ABGB) einer an das Erstgericht adressierten, zugleich vorgelegten Klage, mit der er vom Vater 80.000 S samt 4 % Zinsen seit 1. 3. 1998 mit folgendem Vorbringen begehrt: Der als "child's benefit" bezeichnete Betrag stelle eine steuerfreie "Kindesunterhaltsunterstützung" dar, die von der UNO zwölfmal jährlich ausgezahlt werde und derzeit 3.044 S monatlich betrage. Sie stehe dem Kind direkt zu und sei kein Teil des Gehaltes oder der Pension des Beklagten. Es handle sich um einen direkten Anspruch des Kindes, weshalb der Betrag seit März 1998 dem Untersachsachwalter ausbezahlt werde, das ihn an das Kind zu Handen der Mutter weiterleite. In der Zeit davor habe der Beklagte diese Zahlungen entgegengenommen, ohne sie an das Kind weiterzuleiten. Der Beklagte sei daher insoweit unrechtmäßig bereichert. Das Kind begehre vorerst - unter ausdrücklichem Vorbehalt der Ausdehnung - 80.000 S für den Zeitraum von Jänner 1996 bis einschließlich Februar 1998. Das Klagebegehren werde auf Bereicherung "sowie jeden erdenklichen Rechtsgrund" gestützt.

Das Erstgericht versagte der Klage die pflegschaftsbehördliche Genehmigung. Gemäß Art 2 Abs 1 LGVÜ sei für die vorliegende Bereicherungsklage das niederländische Gericht zuständig. Es liege keine Unterhaltsklage iSd Art 5 Z 2 LGVÜ, für die auch ein österreichisches Gericht zuständig wäre, vor. Es könne nicht beurteilt werden, ob bei einem Verfahren in den Niederlanden niederländisches Recht oder das Recht der internationalen Organisation, die den Betrag auszahle, anzuwenden sei. Die Erfolgsaussichten seien daher ungewiss. Weiters sei zu befürchten, dass durch die Prozessführung im Ausland hohe Kosten entstehen könnten, sodass die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der Klageführung zu versagen sei.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es traf aufgrund ergänzender Erhebungen folgende Feststellungen:

Laut Auskunft des Lohn- und Gehaltsbüros der Vereinten Nationen gewährt die UNO Kindern von UNO-Beamten zwei Arten von Unterstützungszahlungen. Bei der ersten Variante steht die Gattin ebenfalls in einem Arbeitsverhältnis, dann bekommt der UNO-Beamte eine Unterstützungszahlung für sein erstes Kind, die in seinem Gehalt integriert ist. Bei der zweiten Variante arbeitet die Gattin nicht oder verdient nur geringfügig; der UNO-Beamte bekommt dann eine Unterstützungszahlung für jedes Kind, die nicht Bestandteil seines Gehaltes ist. Normalerweise ist diese Unterstützung durch den Beamten zu beantragen, wenn dies nicht geschieht, und Mutter oder Kind an die UNO herantreten, kann sie aber auch direkt dem Kind gewährt werden. Grundsätzlich wird diese Unterstützung an den Mitarbeiter ausbezahlt, dieser muss aber belegen, dass er die Zahlungen an das Kind weiterleitet. Bei Schwierigkeiten diesbezüglich kann Mitarbeiter geklagt werden, es gibt aber auch die Möglichkeit, diese Unterstützung direkt an das Kind oder die Mutter auszubezahlen. Beide Arten der Unterstützungszahlungen werden regelmäßig bis zum 18. Lebensjahr des Kindes gewährt und können bis zum 21. Lebensjahr verlängert werden. Die Höhe dieser Zahlungen ist in jedem Mitgliedsstaat unterschiedlich.

In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht im Wesentlichen aus, nach dem Klagevorbringen und den ergänzenden Erhebungen handle es sich beim "child's benefit" um eine Zubuße zum Unterhalt des Kindes, wobei iS der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes Zuwendungen eines Dritten an den Unterhaltsberechtigten, die nicht ausdrücklich mit dem Vorbehalt geleistet würden, den Unterhaltspflichtigen zu entlasten, im Verhältnis zwischen dem Unterhaltsberechtigten und dem Unterhaltspflichtigen als unterhaltsneutral zu gelten hätten. Es ergäben sich hier keine Anhaltspunkte für ein Entlastungsmotiv des Dienstgebers. Wäre das Klagevorbringen in diesem Sinne zutreffend, hätte der Vater die strittigen Beträge unabhängig von seiner sonstigen Unterhaltsverpflichtung an das Kind weiterzuleiten gehabt. Deren Einbehalt stelle einen unberechtigten Eingriff in ein fremdes Recht dar. Dessen ungeachtet existiere aber bereits ein Titel, der den Vater dem Grunde nach zur Leistung der strittigen Beträge an das Kind verpflichte. Denn das Arrondessementgericht Utrecht habe schon mit Beschluss vom 21. 10. 1991, wiederholt mit Beschluss vom 2.11.1992, den Unterhaltsbetrag mit 500 Gulden zuzüglich jeder Leistung, die der Vater aufgrund geltender Gesetze oder Regelungen zugunsten des minderjährigen Kindes erhalten oder beanspruchen könne, festgesetzt. Dieser Beschluss sei für vorläufig vollstreckbar erklärt worden. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der (spätere) Beschluss dem Rechtsbestand nicht mehr angehöre. Der Beschluss sei für die Dauer des Scheidungsverfahrens erlassen worden. Bereicherungsrechtliche Ansprüche seien gegenüber einem Erfüllungsanspruch, der aus dem genannten Titel bestehe, subsidiär. Da es sich beim geltend gemachten Anspruch inhaltlich um einen Unterhaltsanspruch handle, könne dieser zwar nach Art 2 iVm Art 5 Z 2 LGVÜ oder EuGVÜ auch vor dem inländischen Wohnsitzgericht des Kindes geltend gemacht werden. Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Titelschaffung sei aber noch vom österreichisch-niederländischen Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen auszugehen. Eine Vollstreckung des Feststellungsbeschlusses komme aber wegen dessen Unbestimmtheit nicht in Frage. Die niederländische Entscheidung bedürfe der Titelergänzung im Sinn des § 10 EO, die aber in jenem Verfahren, nach dem sich der Hauptanspruch richte, durchzusetzen sei. Im Hinblick auf den Unterhaltscharakter des geltend gemachten Anspruches sei die Titelergänzung im außerstreitigen Verfahren durchzusetzen. Insoweit sei die Klageführung verfehlt. Eine Genehmigungspflicht für den vom Rekursgericht für zutreffend erachteten Antrag auf Titelergänzung im außerstreitigen Verfahren bestehe nicht. Diese Erwägungen hätten zwar nur bis zur Rechtskraft des niederländischen Scheidungsurteiles Geltung. Ab diesem Zeitpunkt bestehe kein Titel mehr. Da der Unterhaltscharakter des Anspruches derart im Vordergrund stehe, sei auch insoweit ein entsprechender Antrag im außerstreitigen Verfahren gerechtfertigt, auch wenn der Vater die strittigen Beträge schon lukriert habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Kindes ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Ausführungen des Rekursgerichtes, dass der niederländische Unterhaltstitel zumindest noch bis zur Rechtskraft der Ehescheidung aufrecht geblieben sei, übersehen den Aktenstand, wonach das Bezirksgericht Innere Stadt Wien als damals zuständiges Pflegschaftsgericht bereits mit Beschluss vom 17. 3. 1993 ON 27, insoweit vom Rekursgericht bestätigt (ON 43), in Änderung der bisherigen Unterhaltsverpflichtung des Vaters aufgrund des niederländischen Titels ab 21. 7. 1991 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 5.900 S festgesetzt hat. Diese Unterhaltsverpflichtung wurde in der Folge durch mehrere Beschlüsse des Pflegschaftsgerichtes erhöht und zuletzt mit 6.300 S monatlich ab 1. 1. 1997 festgesetzt (Beschlüsse des Erstgerichtes vom 25. 3. 1998 ON 178 und des Rekursgerichtes vom 6. 5. 1998 ON 183). Abgesehen davon erklärte sich das Gericht in Utrecht in seiner insoweit unbekämpften Entscheidung (in der ua in erster Instanz auch die Scheidung der Eheleute ausgesprochen wurde) wegen des gewöhnlichen Aufenthaltes des Kindes in Österreich zur Entscheidung über die Obsorge und die Unterhaltsverpflichtung des Vaters gegenüber dem Kind für nicht zuständig (ON 80). Soweit daher das Rekursgericht vom Fortbestand der von ihm zitierten niederländischen Unterhaltsentscheidung bis zur Entscheidung des Gerichtshofes in Amsterdam vom 23. 1. 1997 ausgeht und daraus Schlussfolgerungen über eine mögliche Titelergänzung nach § 10 EO anstellt, sind seine Ausführungen schon aus diesem Grund verfehlt. Es erübrigt sich daher auch ein Eingehen auf die im Revisionsrekurs bekämpfte Rechtsansicht der zweiten Instanz, ein niederländischer Unterhaltstitel könne von einem österreichischen Gericht ergänzt werden, sowie, hier habe eine Titelergänzung im außerstreitigen anstatt im streitigen Verfahren zu erfolgen.

Dennoch haben die Vorinstanzen die Klageführung zu Recht nicht genehmigt.

Der gerügte Verfahrensmangel zweiter Instanz, dem antragstellenden Kind sei keine Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Ergebnissen der vom Rekursgericht gepflogenen Erhebungen eingeräumt und dadurch das Parteiengehör verletzt worden; hätte das Kind zu den Erhebungsergebnissen Stellung nehmen können, hätte sich ergeben, dass der Klageanspruch ein Bereicherungsanspruch sei, der gemäß Art 5 Z 3 LGVÜ der österreichischen Gerichtsbarkeit unterliege, weil hier das schädigende Ereignis eingetreten sei, liegt nicht vor.

Der Oberste Gerichtshof hat zwar bereits mehrfach ausgesprochen, dass das Gericht den Parteien Verfahrensvorgänge, die erkennbar für sie wesentliche Tatsachen betreffen, bekanntzugeben und ihnen die Möglichkeit zu eröffnen hat, dazu Stellung zu nehmen. Dies gilt auch für das außerstreitige Verfahren, zumindest als erhebliche zusätzliche, für eine Partei nachteilige Beweisergebnisse vorliegen, zu denen nicht einmal mehr im Rekurs - bzw bei Beweisergänzung durch das Rekursgericht, im Revisionsrekurs - Stellung genommen werden kann (1 Ob 721/81 = SZ 54/124; Okt 7/93; 10 Ob 355/99z). Eine aus der Verletzung dieses Grundsatzes resultierende Nichtigkeit (oder Mangelhaftigkeit) des Rekursverfahrens liegt hier aber deshalb nicht vor, weil der Rechtsschutz der Betroffenen von den vom Rekursgericht ergänzend getroffenen Feststellungen nicht verschlechtert wurde (vgl SZ 54/124). Diese Feststellungen sprechen nämlich weder für noch gegen die Klagebehauptung, dass es sich bei dem als "child's benefit" bezeichneten Beträgen um Zuwendungen an das Kind handle, die diesem persönlich zustünden. Das Rekursgericht geht, wie sich aus seinen rechtlichen Ausführungen ergibt, offenbar ohnehin davon aus, dass die diesbezüglichen Ausführungen der Klage zutreffen. Für die Frage der Genehmigung der vorliegenden Klage ist die weiter ungeklärte Rechtsnatur des "child's benefit", nämlich ob diese Beträge ausschließlich für den Unterhalt des Kindes bestimmt sind und diesem zugute zu kommen haben oder ob sie als Einkommensbestandteil des Vaters anzusehen sind oder gleich der österr. Familienbeihilfe (vgl § 12a FamLAG) zu behandeln sind, nicht relevant.

Dem Pflegschaftsgericht obliegt die Prüfung, ob eine beabsichtigte Klagsführung im wohlverstandenen Interesse des Pflegebefohlenen liegt oder daraus mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Vermögensnachteil droht, etwa durch Belastung mit Prozesskosten (4 Ob 200/97h; EFSlg 62.814, 87.888 ua). Bei der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit einer Klage ist nicht unter Vorwegnahme des Zivilprozesses zu untersuchen, ob der Anspruch besteht (EFSlg 51.234), vielmehr ist unter Einbeziehung aller Eventualitäten lediglich das Prozeßrisiko abzuwägen. Maßgebend ist, ob in vergleichbaren Fällen ein verantwortungsbewußter gesetzlicher Vertreter den Klageweg beschreiten würde. Zu diesem Zweck müssen die Tatsachengrundlagen und deren Beweisbarkeit möglichst vollständig erhoben und der so gewonnene Sachverhalt einer umfassenden rechtlichen Beurteilung unterzogen werden (4 Ob 200/97h ua; RIS-Justiz RS0108029). Die Genehmigung der Klageführung durch den Außerstreitrichter hängt (auch) von den Erfolgsaussichten des angestrebten Prozesses ab. Zu prüfen ist daher nicht, ob irgendeine Klage des Pflegebefohlenen Aussicht auf Erfolg haben kann, sondern ob die konkret zu beurteilende Klage mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird. Damit scheiden alle Überlegungen aus, ob in den Niederlanden gegen den Vater mit Erfolg vorgegangen werden könnte. Daraus ergibt sich im vorliegenden Fall:

Stellt die strittige Zulage keinen Einkommensbestandteil des Vaters dar und ist sie, wie in der Klage und abermals jetzt im Revisionsrekurs behauptet wird, als direkte Unterstützung für das Kind bestimmt und die für die österr. Familienbeihilfe geltende Rechtslage nach dem FamLAG (insbesondere § 12a FamLAG) darauf nicht analog übertragbar, dann handelt es sich um Zuwendung eines nicht unterhaltspflichtigen Dritten an das Kind. Das Herausgabebegehren könnte insoweit, wenn überhaupt, nur auf Bereicherung gestützt werden. Die internationale Zuständigkeit österr. Gerichte kann jedoch im Gegensatz zu der im Revisionsrekurs vertretenen Ansicht nicht auf Art 5 Z 3 LGVÜ (oder nunmehr EuGVÜ) gegründet werden. Denn der Vater (Beklagter im anzustrengenden Verfahren) hat seinen Wohnsitz in den Niederlanden, einem Vertragsstaat des EuGVÜ und des LGVÜ, wo das EuGVÜ wie in Österreich am 1. 12. 1998 in Kraft trat, sodass dieses Übereinkommen (das ohnehin inhaltsgleich mit dem LGVÜ ist) anzuwenden ist (Klauser, EuGVÜ und EVÜ, 33, 35). Personen, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates haben, können vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaates nur gemäß den Vorschriften des 2. bis 6. Abschnittes des Übereinkommens verklagt werden (Art 2 Abs 1, Art 3 EuGVÜ). Gemäß Art 5 Z 3 EuGVÜ kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat, in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, und zwar vor dem Gericht des Ortes, in dem das schädigende Ereignis eingetreten ist. Unter den - vertragsautonom zu bestimmenden (SZ 71/1; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, Kommentar zum EuGVÜ und Lugano Übereinkommen6, Rz 56 zu Art 5 EuGVÜ) - Begriff der unerlaubten Handlungen fallen unterschiedliche Deliktstypen wie Straßenverkehrsunfälle, Umweltbeeinträchtigungen, Schädigung durch fehlerhafte Produkte, Kartellverstöße, unlauterer Wettbewerb, Verletzung von Immaterialgüterrechten udgl. Einer unerlaubten Handlung sind etwa Ansprüche aus der Gefährdungshaftung gleichgestellt, nicht dagegen Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (7 Ob 375/97s = JBl 1998, 515). Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung können nicht beim Gerichtsstand für Deliktsklagen geltend gemacht werden. Das gilt selbst für solche Bereicherungsansprüche, die aus einem Eingriff in Rechtsgüter des Entreicherten herrühren, weil mit ihnen nur die Rückgängigmachung der Entreicherung, nicht aber Schadenersatz begehrt wird (Kropholler aaO, Rz 58 zu Art 5 EuGVÜ mwN in FN 129). Für den geltend gemachten Bereicherungsanspruch kann der Ort des "Schadenseintrittes" sohin im Gegensatz zu der im Revisionsrekurs vertretenen Auffassung nicht maßgebend sein (JBl 1998, 515). Da das angerufene Bezirksgericht Josefstadt somit für die Bereicherungsklage nicht zuständig wäre, bestehen keine Erfolgsaussichten, für diese Klage dem Anspruch des Kindes zum Durchbruch zu verhelfen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob für eine Bereicherungsklage der - vertragsautonom weit auszulegende (3 Nd 506/97 = SZ 70/162 mwN) - Wahlgerichtsstand des Art 5 Z 2 EuGVÜ in Frage käme. Weder in der zu genehmigenden Klage noch im Antrag noch jetzt im Rechtsmittel finden sich dazu irgendwelche Ausführungen. Es muss daher nicht mehr untersucht werden, ob einem Bereicherungsanspruch die Funktion innewohnen kann, dem Kind das Bestreiten seines Lebensunterhaltes zu ermöglichen, zumal diese Aufgabe ohnehin die vom Vater in ausreichender Höhe zur Zahlung auferlegten Unterhaltsbeiträge haben. Der geltend gemachte Bereicherungsanspruch resultiert im übrigen auch nicht aus der familienrechtlichen Beziehung zwischen dem Unterhaltsberechtigten und dem Unterhaltsverpflichteten, sondern steht dem Kind, folgt man den Behauptungen im Klageentwurf, direkt gegen den (ehemaligen) Dienstgeber des Unterhaltspflichtigen zu. Ein allfälliges, im Hinblick auf die Minderjährigkeit des Kindes im außerstreitigen Verfahren geltend zu machendes rückwirkendes Unterhaltserhöhungsbegehren (aufgrund einer höheren Bemessungsgrundlage als bisher angenommen) bedürfte keiner pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung.

Die Vorinstanzen haben daher zu Recht die Genehmigung der beabsichtigten Klageführung verweigert.

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